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öattr, Kt» Rückwe» an. Schweigend folg- »cn die Vasallen uni» Dienstmannen; nur der Rosse Hufschlag und des Windes Brausen, dessen Loden aber merklich nachgelassen harte, all- terdrachen die nächtliche Stille. Das erste Grauen der Morgendämmerung fing schon an fich im Osten zu zeigen, als der Zug die Burg Stter- dingcn erreichte. Jldegerte, die um des Neffen Leben, den sie mit wahrhaft mütterlicher Zärtlichkeit liebte, auch in peinvollcr Angst geschwebt hatte, eilte den Ankommenden entgegen und war -ochentzückt, ihre dösen Träume nicht erfüllt zu sehen.
Als Vater und Sohn allein waren, erzählte der Letztere alles, was fich mit ihm in Hartenstein zugetragen. Mehrercmale unterbrach der biedre Graf den Erzähler durch Ausrufe des Erstaunens; als er abes de» teuflischen Racheplan des nichtLwürdigen Fast in seiner ganzen Klarheit erfuhr, da konnte er seines Zornes nicht mehr Meister werden. Ec sprang entrüstet auf und rief: „Fehde dem abscheulichen Wüthc?ich auf Tod und Leben! So lange dieser DAwicht auf Erden hauset, wird er Fluch um fich her verbreiten. Aber, so Gott will, hoffe ich seinen Schandthatcn ein Ziel zu setzen und das Land von dieser entsetzlichen Geißel zu befreien. Alles will ich daran setzen, um sein Raubnest zu zerstören und ihn selbst in den Pfuhl der Hölle zu senden, dessen Zierde zu seyn, er schon längst verdiente. Noch heute soll ein Herold ihm den Kampf ansagcn, wenn er ihm die arme Jutta nicht ausliefcrt. Sie ist jetzt Dein Weib und das Weib muß dem Manne folgen!"
„Ach, er wird Dein Begehr verlachen und auf die Unübcrwindlichkeit seines Felsenschloffes troften. Ec, der die Gesetze der Natur entheiligt', wird auch kein Gesetz der Völker achten. Du wirst durch diesen Schritt seinen Grimm noch mehr reizen und wenn er ihn nicht bald in meinem Blute kühlen kann, so muß mein armes Weib ein Opfer seiner wüthigen Rache werden. Nein, mein Vater, mäßige Dich in Deiner Entrüstung, Du wirst doch den Zorn des Schicksals nicht von unfern Häuptern wenden. Laß uns die wenigen Stunden meines Lebens in ernster, stiller und männlicher Trauer feiern. Wir wollen beten zu Gott, daß er inir Math verleihe, würdig zu sterben, Dir aber Kraft gc- dc, meine» Verlust als Mann zu ertragen. Wir «ollen uns noch einmal der Gegenwart freuen «rd alle die schönen Tage vor unsre Erinnerung rvfen, die Derne Vater- und meine Kindesliebe u»S gegenseitig erschufen. Dann aber laß mich hingehn: daß ich wenigstens einen Thcil meines HMbdrs löse und mich, da ach den Schwur nickt halte» und das Gebot des ÄüthrichS nicht erfüllen kann, seiner Rache stellen und von meiner Km« den Todcsstreich adwenden kann!"
,/Mein-gut» , edler Sv-H»!" ries Erich beweg« und drückte den armen Waldemar fest sw seine Brust: „Nein, nein, bas darf nimmermehr geschchn! Auf solche entsetzliche Weise sollt' ich Dich verlieren i Welch ein Vater müßte ich seyn, könnt' ich das zugcben, ja, könnt' ich Dir nur Gelegenheit gönnen, Deinen Vorsa« auszuführen. Du wirst Dich meinem väterliche» Befehle unterwerfen, mein Waldemar; denn mir bist Du unter allen lebenden Wesen den größten Gehorsam schuldig! Verzweifle jedoch noch nicht an einem möglich guten Ausgange der fürchterlich scheinenden Sache. Wer weiß, ob nicht die Furcht vor meinen ernsten Maßregeln den bösen Fast zu einer Milderung seines harren «innes stimmt? Schon zweimal hat er die Stärke meines Arms gefühlt, ich habe seine Macht gebrochen und ihm gezeigt, daß er nich- UiiüberwinSlich ist. Vielleicht erwägt er die» und geht mit sich selbst zu Rathe, wen» ich mich ihm r» furchtbarem Ernste zeige. Vielleicht wählt er das Bessere und läßt fich jetzt nicht mehr vom blinden Grimme leiten, der ihm selbst doch auch nur Verderben bringen kann. Laß uns diesen letzte» Versuch wagen, eh' Du dem Jammer und der Verzweiflung Dich in die Arme wirfst!"
Er rief einen Knappen und befahl ihm, de» alte» Sueno herzuseadcn. Dieser erschien nach einigen Minuten. Er war einer der älteste» Diener des Grafen uao diesem »ebst vielen 'andern aus Dänemark nach Deutschland gefolgt. Erich konnte fich auf seine Gewissciihafligkeit, Treue und Klugheit verlasse», darum Halle er ihn zu seinem Ver trauten erhoben und ihm schon manches Geschäft von Wichtigkeit anverkraur.
„Ich bedarf heute Deines Dienstes," redetk der Graf den treuen Dänen an: ,,m einer sehr mißlichen Sache. Ich kann Dir nicht verhehlen, daß vielleicht einigsGefahr dabei ist. doch—"
„Wann hat Sueno je vor Gefahre» fiel) gescheut unterbrach ihn der redliche Diener — „besonders wo cs das Wohl seines guten Herr« galt. Je schwieriger und gefahrvoller das Geschäft ist, dcstomehr reizt es meinen Eifer. Ihr solltet das doch wohl schon lange wissen, edler Graf!"
„Ich weiß cS, und darum übergehe ich Dich auch heute nicht, obwohl mir einigermaßen um Dich bange ist Denn ich will zu dem abscheulichen Raubgrafen Dich senden, der keines Völkerrecht-Gesetze anerkennt, der selbst den ewigen Gott nicht fürchtet und jedes Frevels fähig ist."
„Sendet mich immerhin, guter Herr. Ich stehe zu Hartenstein eben so gut im Schutze des Höchsten, als hier zu Otterdinge», im Hause des Friedens und der Eintracht. Was soll ich dort ausrichtcn'i"
(Fortsetzung folgt.)