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Nr. 27

Dienstag, de« S. Februar 1825.

99. Jahrgang

Eine außenpolitische Rede Chamberlains.

Der Weg zur Beruhigung Europas.

London, 2. Febr. Gestern abend hielt der englische Außen­minister Austen Lhamberlain auf einem Bankett der Vereini­gung der Juweliere und Goldarbeiter eine außenpolitische Rede. Er sprach über die Frage des europäischen Friedens, über den Völkerbund und die ägoptische Frag«. Einleitend sagte er, daß die Aufgabe jedes Außenministers darin bestehen müsse, den Weltfrieden neu zu begründen. Sein Verkehr mit vielen aus-^ ländischen Ministern habe ihm die Ungewißheit und di« Unruhe de« gegenwärtigen **ro- päifche« Lage

offenbar gemacht. Dar alte Europa wäre tn den Feuern des großen Weltkrieges zerstört worden. Ein neues habe man leider noch nicht schaffen können. In gewissen Phasen unserer Ent­wicklung von der alten zur neuen Ordnung der Dinge habe Amerika eine bedeutsame und entscheidende Roste gespielt. Aber Europa müsse seine Rettung selbst vollbringen, und e» werde dabei vom Ausland unterstützt werden, sobald es sein« eigenen Kräfte gebrauche und Selbstsicherheit zeige. Man müsse be­greifen, oast Europa heute noch an den Unruhen des Krieges leid« und daß die erste Aufgabe der Staatskunst darin bestehen müsse, die neue Ordnung zu stabilisieren und die Widerstände zu beseitigen, die sich dem Fortschritt hemmend in den Weg stellen.

Der Völkerbund stehe noch in den ersten Anfängen seiner Ent­wicklung. Man dürfe nicht zu viel von ihm verlangen. Er sei aber trotzdem dazu berufen, die moralischen Kräfte der Welt zu einer neuen Gerechtigkeit und einem neuen Frieden zu sammeln. Aber ehe der Völkerbund seine Brauchbarkeit beweisen könne, müsse noch ein schwieriger Weg zurückgelegt werden.

Es set gesagt worden, daß sein sThamberlainsj Besuch in Paris und Rom zu dem Zweck gemacht worden sei, eine Front gegen diesen ohne jenen herzustellen. Nichts hätte ihm ferner gelegen. Seine Aufgabe hätte lediglich darin bestanden. Mei­nungsverschiedenheiten zu beseitigen, denn Meinungsverschieden­heiten könnten nicht als Bruch der alten Freundschaft gedeutet werden. Die erste Aufgabe, die er sich gestellt habe, wäre di« Erneuerung und Verständigunq der engen Beziehungen zwischen England und seinen alten Verbündeten gewesen. Frankreich braucht «in« Bürgschaft gegen die Wiederholung des Unrechts, das es in den letzten Jahren erfahren habe (?) und bevor Frank­reich nicht ein« solche Sicherheit erhalten habe, würde England nicht zu seinem Geld« kommen.

Zum Notenwechsel mit Deutschland über die Besetzung de, Kölner Zone

sagt Lhamberlain, daß er den Ton und den Geist der den >chen Antwort und die Rede des Reichskanzlers am Freitag bedauere. Er sei aber nicht gewillt, so fuhr er fort, sich an der Diskussion, die in dieser Weise geführt wird, zu beteiligen. Er begnüge sich damit, von einem Satz in der Rede des Reichskanzlers Notiz zu nehmen, nämlich, daß die Reichsregierung entschlossen sei, Ver­

fehlungen gegen die Entwaffnung, die von den Alliierten be­wiesen werden, oder auf anderem Wege zur Kenntnis der deut­schen Regierung gelangen, wieder gutzuchachen. Er weise bei dieser Gelegenheit nochmals auf den letzten Satz der alliierten Note hin, der scheinbar der Aufmerksamkeit der deutschen Re­gierung entgangen set, nämlich auf den, der besagt daß die Alliierten ihrerseits entschlösse« seien, ihre vertrag, liehen Verpflichtungen genau z» erfüllen.

Der Rest der Rede war eine länger« Auseinandersetzung über den Standpunkt der englischen Regierung in der ägyptischen Frage. Lhamberlain betonte, daß nach den fehlgeschlagenen Friedensbemühungen und in Anbetracht der ägyptischen Oppo­sition auch gegen die Versöhn-ungspolitik Macdonalds Aegypten eine Lektion hätte ertetlt werden müssen. Aber die englisch« Regierung wäre ihrerseits bereit alles was in ihren Kräften steht, zur Besserung der Lage in Aegypten zu tun.

Die Aufnahme in Berlin.

Berlin, 8. Febr. Dt«Zeit" schreibt zu der Rede Lhamber- lains: Der englische Außenminister hat in seiner Rede auch di« Antwort de, Reichskanzler» Luther auf die Rede Herriots in den Kreis seiner Betrachtungen gezogen. Es muh einigermaßen befremden, daß der englische Minister bet der Beurteilung der Kanzlerrede deren Ton und Charakter mit einer schlechten Zen­sur bedenkt. Wir halten es keineswegs für eine glückliche Lei­stung des Außenministers, daß er eine Rede, die sicher in allen Einzelheiten sorgfältig bedacht war, wie die des Kanzlers so von Äen herab beurteilt, daß er sich den Anschein gibt, als müsse er es ablehnen, auf «in« in dieser Art geführte Entgegnung ein­zugehen. Will mau es nicht lieber dem Reichskanzler und den deutschen Ministern selbst überlassen, den Ton zu bestimmen, in dem sie es für richtig halten zu sprechen? Wie wenig Grund im übrigen zu einer solchen Kritik an der Kanzlerrede gegeben ist, geht aus den Aeuherungen der französischen Presse hervor. In Frankreich hat man in Kreisen, die rechts von Herriot stehen, erklärt, die Rede Luthers sei die vernünftigste, die man seit langer Zeit gehört habe. Lhamberlain steht also mit dem Ein­druck, den er gehabt hat, ziemlich allein da.

Englands Standpunkt zur Entwaffnungsfrage.

London, z. Febr. Der englische Standpunkt zur Frage einer Entwaffnungskonferenz kann, wie der Vertreter der T«l--llnion aus gut unterrichteter Quelle erführt, folgendermaßen umschrie­ben werden: Die Möglichkeit der Konferenz hängt von dem Ge­lingen des Genfer Protokolls ab, über das noch keine Entschei­dung gefallen ist. Kommt es zu einer Einigung zwischen den beteiligten Mächten, dann wird eine Entwaffnungskonferenz of­fenbar überftüsfig, kommt es nicht dazu, dann fragt man sich, worin der besondere Vorteil einer von den Vereinigten Staaten einzuberufenden Konferenz liegen sollte. Der ganze Plan ist noch nicht ausgereift, obwohl einige Blätter für ihn Stimmung machen.

Herriots Sonntagsrede.

Keine Antwort an den Reichskanzler

Immer wieder Frankreichs Sicherheit.

Paris, 2. Febr. Man hatte erwartet, daß Herriot auf die Rede des Reichskanzlers gestern Antwort geben würde. Er wohnte zwar der großen Demonstration im Trocadero für die Errichtung eines Friedensdenkmals auf den Schlachtfeldern bei und hielt auch eine lange Rede, aber als eine eigentliche Ant­wort auf die Ausführungen de» Reichskanzlers kann dies« nicht angesehen werden. Charakteristisch Ist, daß der Abgeordnete Paul Boncour auch eine Rede halten sollt« Aber auf pazi­fistischen Kundgebungen scheint es ihm, seitdem er Vizepräsident des Studienkomitees des Obersten Krieasrates ist, nicht mehr wohl zu sein, und deshalb lieh er sich entschuldigen.

Nach verschiedenen Rednern ergriff Herriot das Wort und er­klärte, daß die Kundgebung, der über 5000 Menschen beiwohn­ten, die schönst« sei, der er beiaewohnt habe, seitdem alle Völker sich erhoben, als Frankreich seinen pazifistischen Aufruf erließ. Herriot erinnerte daran, daß man den Soldaten während des Krieges immer wieder gesagt hatte, sie müßten sich opfern, es sei der letzte Krteg, Voll Stolz beruft Herriot sich auf zwei Handlungen seiner Laufbahn, nämlich auf di« Londoner Konfe­renz. wobei er den klugen Gedanken hatte, Schiedsgerichte in allen strittigen Fragen des Dawesplans einzuführen und das Genfer Protokoll! Niemals im Laus« der Geschichte Hab« man größere Anstrengungen gemacht, um den Böllern den Frieden zu geben, aber natürlich ein Frieden im Sinne Herriots mit Ga­rantien und mit Sicherheiten. Er verteidigte sich dagegen, ver­rückt oder ein Idealist zu sein. Er sei auch nicht der schlicht« Bürger, als den ihn die guten Bürgerlichen seden Tag yinstell- ten. Er habe keine kriegerischen Hintergedanken.

Aber Frankreich sei allzulange das Opfer seiner geographi­schen Situation gewesen, weshalb es seine Sicherheit brauche, um di« Aufgabe der Demokratie durchführe« z» tönuenl Illusionen könne man jedoch nicht haben. Es werde eine schwere Aufgabe sein, die schrecklich« Gewohnheit des Kriege« aus der Welt zu schaffen. Um den Frieden zu verwirklichen, brauche man ebenso viel Kräfte der Ausdauer als man brauche, um Krieg zu führen. Man brauche Radikalismus, aber auch Idea­lismus. Es genüge nicht, daß ein Volk allein friedlich gesinnt se«. Die Menschen würden erst dann frei ausatmen können, wenn au« Völker den Frieden wollte». Ein Volk allein könne nicht den Weg zun, Frieden betreten. Der Kampf um den Frieden, ben er führe, sei schwierig. Aber er wolle ihn fortsetzen, von dem wedanken getragen, daß er ftir die Mütter und Kinder arbeite.

Donmecgue über die Sicherheitrfrage.

Zur selben Stunde hielt der Präsident der Republik, Dou» mergue, auf einem Bankett eine Rede, worin er sich ebenfalls mit der Sicherheitsfragc beschäftigte. Frankreich habe immer als Schlachtfeld gedient. Kein anderes Land have an seinem Fleisch und Blut jo sehr gelitten wie Frankreich. Kein anderes Land habe soviel Ruinen aufzuweifen. Diese Ruinen, diese Zer­störungen und die ungenügend« Sicherheit Frankreichs würden chm in fortwährend« Erinnerung gebracht. Infolgedessen müsse Frankreich seine Freunde auffordern, den Krieg zu vermeiden und «inzusehen, welche Schwierigkeiten Frankreich zu überwinden habe. Die Solidarität der Völker, welche den Krieg vor 1918 zu Ende gebracht hätte, müsse aufrecht erhalten werden. Frank­reich habe unzweifelhaft zahlreiche Beweii« dafür gegeben, daß es die Solidarität der Alliierten anstrebe. Ein Beispiel hierfür sei die Zustimmung zum Dawcsplan und seine Haltung bei der letzten Völkerbundstagung in Genf. Frankreich müsse sich dar­über beklagen, daß die Zusicherungen, di« man ihm gegeben habe und von denen seine Sicherheit abhänge, nicht gehalten worden seien Dadurch seien Frankreichs Verpflichtungen umso härter. Solange Frankreichs Sicherheit nicht vollkommen gewährleistet sei. solange es immer wieder die Bedrohung des unerwarteten Angriffs vor sich sehe, werde es in seinen Mitteln und tn seiner Tätigkeit lahmgelegt sein. Infolgedessen brauch« Frankreich seine Sicherheit. Die Rede erregte stürmischen Beifall.

Abrückr» der Sozialisten von Herriot.

Paris, 2. Febr. Auf dem Sozalistenkongreß des Seinever­bandes wurde gestern ein Antrag auf weitere Unterstützung Her- rtots abgelehnt. Angenommen wurde ein Antrag, wonach die Partei ihre Entschlußfreiheit zurückgewinnt und der Regierung nur noch bedingte Unterstützung gewährt. Das Ergebnis der Ab­stimmung rief große Bewegung hervor und wird auch in politi­schen Kreisen als Anzeichen für di« wachsende Unzufriedenheit der Sozialisten mit der Politik des Kabinetts Herriot gedeutet.

Die Krise in Preußen.

Die Bemühungen Braun's ergebnislos.

Berl»n, 2. Febr. Die Besprechungen des preußischen Ministerpräsidenten Brau» mit dem Fraktionsvorsitzenüen der Deutschen Bolkspartei, »ou Lampe, find ergebnislos verlausen. Man rechnet damit, daß Brau« seine Be. miibunaen endgiiltia einstellen werde.

Neueste Nachrichten.

Der englische Außenminister Lhamberlain kritisiert« in einer Rede in Birmingham heftig die Aeußerungen d«s deutschen Reichskanzlers über die RSumungsfrage.

»

Der französische PrLfideüt Doumergue hat durch eine Rede zum Sicherheitsproblem Frankreichs einen starken politi- scheu Erfolg danongetragen.

Der sozialistische Parteitag des Seine-Departements be« schloß gegen eine sehr starte Minderheit die weitere Unterstützung des Kabinetts Herriot.

*

Der preußische Ministerpräsident Braun führte auch gestern seine Kabinettsbildnngsoersuche ergebnislos fort.

*

Das Lohnabkommen für die Eisenbahnarbeitcr wurde von sämtlichen beteiligte« Oranisationen zum 1. März ge­kündigt.

De« Hanptnorstand der Deutsche« demokratischen Partei billigte die Haltung der Reichstagsfraktion zu« Kabinett Luther.

Entscheidung nicht vor Mittwoch. -

Berlin, 2. Febr. Heute abend fand im Landtag eine interfraktionelle Sitzung des Zentrums, der Demokraten und der Sozialdemokraten statt- Ministerpräsident Braun berichtete über seine Versuche, ein Kabinett zu bilden und erklärte, Laß er die Versuche fortsetzen werde, da er noch nicht alle Möglichkeiten für erschöpft halte. Wie die Tele- graphen-Union von unterrichteter Seite erfährt, jst damit zu rechnen» daß Braun «och einmal mit der Fraktion der Deutschen Bolkspartei verhandeln wird. Jedenfalls werde er seinen Auftrag nicht vor Mittwoch oder Donnerstag zurückgeben. Aus Kreisen der Deutschen Bolkspartei wird mitgeteilt, daß Braun in der heutigen Besprechung mit Dr. von Campe die Frage stellte, ob die Deutsche Volks­partei zur Koalition zurückkehren wolle. Diese Frage wurde verneint.

Die Kandidatur Horious.

Düsseldorf, 2. Febr. Wie die Düsseldorfer Nachrichten erfahren, ist die Zentrumsfraktion erneut an den Landes­hauptmann Horion herangetreten, um mit ihm Fühlung wegen der Ministerpräsidentschaft in Preußen zu nehmen. Horion wird in den nächsten Tagen nach Berlin fahren, um sich mit den Führern der Zentrumsfraktion in Ver­bindung zu fetzen. _

Die Rrrhrentschüdigurrgen.

Berlin, 2. Febr. Gegen die Vorwürfe, die der Regie­rung wegen der Auszahlung von über 600 Millionen Eoldmark Ruhrkampf- und Micum-Entschädigungen an die Schwerindustrie des Ruhrgebiets gemacht werden, wird derB. Z." zufolge von Regierungsseite eingewandt, datz nämlich die von der Industrie in Anrechnung gebrachten Schäden, di« sich aus einer bis 28prozentigen Natural­abgabe der Produktion an die Micum ergeben, noch weit höher als die nun vergüteten Summen errechnet waren. Das außerdem ein großer Teil dieser Vergütung bereits vor Jahresfrist von der Reichsregierung zunächst im Kre­ditwege unter Zuhilfenahme von Post- und anderen Be­triebsgeldern der Industrie habe gestundet werden müssen, um die Stillegung und völligen Zusammenbruch unter den Micumlasten zu verhindern, als die eigenen Kreditmög­lichkeiten der Industrie im Ausland erschöpft waren, so datz es sich nur zu einem Teil um neuerliche Voraus­zahlung, beim Rest aber um die Streichung von Schulden gehandelt habe, die di« Industrie nur provisorisch im Ver­trauen auf die Zusage des ersten Kabinetts der großen Koalition übernommen hatte. Die Pauschalauszahlungen an die einzelnen Jndustrieverbände seien erfolgt, weil die erheblich größeren Einzelforderungen sozusagen im Akkord- wege auf die jetzt bekanntgegebenen Summen beträchtlich herabgemindert worden seien, also gewissermaßen um den Regierunsorganifationen die Pro-rata-Errechnung der Entschädigungen auf die tausende von Einzelbeträgen zu ersparen. Im übrigen aber handele es sich natürlich um im einzelnen genau nachgeprüfte Forderungen der einzel­nen Geschädigten, worüber die Belege den Abgeordneten zur Einsicht ständen.

Wie die Tclegraphen-Ilnion erfährt, wird die dem Haushaltausschuß des Reichstags von der Reichsregierung in Ausficht gestellte Denkschrift zu der Frage der Ersatz­leistung für die unter dem Micumsystem von der Industrie ausgeführten Reparationslieferungen dem Ausschuß in wenigen Tagen zugehen.