s. Seite - Nr. 88
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
Freitag, de« 12. April Mg
ben, dann erkennt man unschwer den Eeisteszustand, in dem sie sich jetzt, nach dem deutschen Schlag, befinden, schreibt der „Volk. Beobachter". Chamberlain schilderte seinem Parlament das Gefecht vor Narvik in folgender grotesker Form: Fünf britische Zerstörer „zum Kampfe gestellt", wobei die Deutschen durch Küstenbatterien und neu montierte Kanonen unterstützt worden feien. Bei dieser Aktion seien die englischen Zerstörer „Hunter" und „Hardy" versenkt, der Zerstörer „Hotspur" schwer beschädigt und der Zerstörer „Hostile" gleichfalls beschädigt worden. Nur das fünfte Schiff „Havoc" fei nicht getroffen worden. „Dann (!) unternahm das Eros der Zerstörer eine entscheidende Aktion gegen überlegene Streitkräfte, nach deren glücklicher Durchführung es sich zurückzog." Was das für ein Eros war — nachdem von den fünf eingesetzten Schiffen vier außer Gefecht gesetzt waren — verriet der große Seemann Neville Chamberlain leider nicht.
Aber etwas anderes hat er mit dieser komischen Schilderung unfreiwillig verraten: daß die Reutermeldung, die die Besetzung norwegischer Häfen am Atlantik durch die deutschen Seestreitkräfte geleugnet hat, frech erlogen war. Chamberlain hat es nun doch für nötig gehalten, die durch die letzten Ereignisse furchtbar niedergeschlagene englische Oeffentlichkeit auf die eben geschilderte Weise mit der Erkenntnis vertraut zu machen, daß auch das hoch im Norden gelegene Narvik fest in deutscher Hand ist, deshalb ein Hinweis auf die Küstenbatterien und die „neu montierten" Kanonen.
Sein französischer Kollege Paul Reynaud hat sich noch schlechter als Chamberlain selbst aus der Affäre gezogen. Er ließ sich auf die wirkliche Lage überhaupt nicht ein, sondern erging sich in wilden Drohungen gegen Deutschland. Dabei unterlief ihm folgender unfreiwilliger Witz: Er sagte, Deutschland werde nun alles, was es an Lebensmitteln in Dänemark und Norwegen vorfinds, aufessen. Dann würden diese Vorräte erschöpft sein und Deutschland müsse die beiden nordischen Länder auch noch mit durchfüttern. Für diese Aeußerung dürfte er von seinen Londoner Vorgesetzten einen tüchtigen Rüffel bekommen! Denn jede englische Hausfrau weiß, daß ein Drittel der Butter und des Specks, den sie bisher auf ihren Tisch brachte, aus Dänemark stammte! Gerade das nun unvermeidliche Ausbleiben der dänischen Zufuhren hat die ganze englische Oeffentlichkeit'in den letzten 48 Stunden auf das schwerste beunruhigt und die Regierungsstellen bereits veranlaßt, eine weitere scharfe Kontingentierung der Fettbestände anzukündigen. Reynauds dummes Geschwätz kann auf die Briten also nur wie offener Hohn wirken.
Auch Lord Halifax — neben Chamberlain und Churchill der Hauptverantwortliche für diesen Krieg — hat das schlechte Gewissen eine Erklärung abgenötigt. Und zwar eine Erklärung, die sich durchaus im bekannten Rahmen seiner Politik hält: er sagte nämlich, daß eine Verständigung zwischen der norwegischen Regierung und Deutschland nichts an Englands Versprechen ändern würde, Norwegen militärisch zu unterstützen. Mit anderen Worten, Halifax bleibt der Politik der Kriegsausweitung und der „Hilfeleistung" für die kleinen Neutralen gegen deren eigenen Willen treu. Er war aber ausnahmsweise ehrlich genug, den wahren Grund wenigstens anzudeuten: Er erklärte, daß die Fortsetzung der Kampfhandlungen in Skandinavien „auch im eigenen englischen Interesse liege", und fügte, damit ja keine Mißverständnisse aufkommen können, gleich hinzu, daß Britannien entschlossen sei, alle norwegischen Handelsschiffe zu beschlagnahmen, die es irgendwo finde. Kommentar überflüssig!
Kleine Nachrichten M§ aller Wett
Auszeichnung. Der deutsche Gesandte in Belgrad, von Heeren, überreichte dem stell». Ministerpräsidenten Dr. Matschek das ihm vom Führer verliehene Eroßkreuz des Ordens vom Deutschen Adler.
Neue Hochwafserwelle der Dan-u. Die Donau und ihre Nebenflüsse sind erneut bis zum Hochwasser gestiegen. Bei Neusatz brach ein Damm am König-Alexander-Kanal. Ilm die bereits größtenteils überflutete Stadt zu entlasten, wurde auch die andere Kanalseite durchstochen, so daß sich ein großer Teil des Wassers über freies Feld ergoß.
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(50. Fortsetzung.)
Rechts und links schwangen sich zwei Geheimpolizisten, die ihre Marken vorwiesen, auf das Trittbrett, und das Auto rollte ab. Nur wenig Publikum stand vor dem Bölkerbunds- palast, denn man hatte Karner so rasch nicht erwartet.
* * *
Anne wartete und wartete, doch Karner kam nicht. Die Unruhe in ihr verstärkte sich.
Sie begab sich in den Vorraum zurück und erhielt von den Journalisten die Auskunft, daß Karner den Völkerbundspalast bereits verlassen habe.
Sie erschrak und fuhr sofort nach dem Hotel.
Ihr- Besorgnis steigerte sich, als sie erfuhr, daß Karner noch nicht eingetroffen war.
Anne wartete zwei Stunden, dann begab sie sich zur Polizei-Direktion und teilte mit, daß Herr Karner verschwunden sei. Man war aufs stärkste bestürzt. Aber man glaubte noch nicht an einen verbrecherischen Anschlag. Man forschte nach Karner. Nach wenigen Augenblicken spielte bereits der Telegraph. Auch der Genfer Rundfunksender schrie es in das Schweizerland.
Man wartete, daß sich Karner melden sollte.
Aber kein Ruf ging ein, und die Bestürzung wuchs.
Man forschte nach dem Auto . . . fand es eine Stunde von Genf entfernt. Leer! Spuren deuteten darauf hin, daß die Insassen hier von einem anderen Auto erwartet worden waren und mit diesem die Fahrt nach Frankreichs Grenze zu fortgesetzt hatten.
Da wußte man, daß man es mit einem verbrecherischen Anschlag auf Karner zu tun hatte, daß Karner entführt worden war.
Eine Welle der Entrüstung ging durch die Schweiz.
A *
Am Abend suchte der Staatssekretär von Alten Anne Walthaus im Hotel aus. Er war ganz blaß vor Aufregung, denn er wußte, was für ungeheure Folgen das Verschwinden Karners für Deutschland mit sich bringen konnte.
Er unterrichtete Anne, die zwar blaß aber doch gefaßt war, von den Ermittelungen der Polizei und versprach ihr. daß
oie deutsche Delegation nichts unterlassen werde, was für die Befreiung Karners nützlich wäre.
Das war eigentlich eine Phrase, denn die deutsche Delegation war ratlos und . . . konnte eigentlich nichts tun. sondern mußte sich auf die Arbeit der Polizeibehörde verlassen.
Die allerdings arbeitete fieberhaft.
Die Grenze nach Frankreich wurde sofort gesperrt.
* »
Der Sekretär Heinze kam *blaß in Hallendachs Arbeits- zimmmer gestürzt. Hallendach sah verwundert auf.
»Was gibts. Herr Heinze?"
»Der Sender meldet soeben . . . Herr Karner sei in Genf spurlos verschwunden."
Der Sessel flog um, und Hallendach erhob sich ungestüm.
„Was ist geschehen?" fragte er heißer. „Was? Was? Sagen Sie es noch einmal!"
„Herr Karner ist verschwunden. Man sucht ihn und vermutet, daß er über die französische Grenze gebracht wurde."
Hallendach zitterte am ganzen Körper. Seine Finger krumpften sich m wilder Aufregung zusammen. Die furchtbare Eröffnung packte ihn so stark, daß er wankte.
Er hatte gefühlt, daß Karner in sein Verderben fuhr.
Dann raffte er sich wieder aus und versuchte ein Lächeln.
„Er . . . ist Karner!" sagte er zu Hemze. »Ich . . . traue ihm alles zu. Jetzt heißt es. den Kopf nicht verlieren."
Und dann hatte er sich wieder in der Gewalt.
Am gleichen Tage rief er die Arbeiter der Werke in zwei Gruppen zusammen und teilte ihnen mit, daß Herr Karner in Genf verschwunden sei. ermahnte sie aber, ihre Pflicht weiter zu tun, damit in der Stromerzeugung keine Stockung einträte.
Dann sprach er mit dem Inder Karsavari. ,
Der war sehr ruhig Auch er schien seinem Herrn alles, aber auch alles zuzutrauen.
„Wird die Stromerzeugung trotz Herrn Karners Abwesenheit stockungslos weilergehen?" fragte er ihn.
Karsavari nickte. Hallendach fiel ein Stein vom Herzen.
» «
Am nächsten Tag kam Anne Walthaus aus Genf zurück und berichtete Hallendach alles.
Ihre Seele war voll Trauer, aber sie richtete sich an der festen Zuversicht Hallendachs auf.
„Wäre ich ein Mann." sagte sie mit blitzenden Augen, „nicht ruhen und rasten würde ich. bis ich ihn wiedergefunden hätte."
Hallendach nickte. „Wie geht es mir, Fräulein Walthaus?
Ich bin hier festgebannt Und alle Welt kennt mich. Ich war immer froh, daß mich die Natur groß und stattlich werden ließ Jetzt wünschte ich. daß ich ein kleiner, unscheinbarer Kerl wäre, damit ich Karner aus den Klauen Englands befreien könnte.
»Sie glauben, daß England . . .?"
„Ja! England ist Karners unversöhnlichster Feind."
Da dachte Anne an Gemma Ramsay, die Gattin des englischen Botschafters, und ein unmöglicher Gedanke kam ihr.
»Ich will zu ihr!" dachte sie. „Vielleicht kann sie mir einen Fingerzeig geben."
Und am gleichen Tag noch fuhr sie nach Berlin,
« «
Als Anne in Berlin weilte, ließ sich der Japaner Baron Doschlwara bei Hallendach melden. Er war m Begleitung seines Sekretärs Pay Hong.
Hallenbach ahnte, daß ihn besondere Gründe, die vielleicht mit Herrn Karners Verschwinden zusammenhtngen, herführten. und empfing ihn sofort.
»Sie ahnen, was uns zu Ihnen führt?" fragte der Asiate. Er verbeugte sich lächelnd, wobei er seine gelben Zähne zeigte. Hallenbach hatte den Eindruck, in ein Affengesicht zu schauen. Baron Hoschiwara war von geradezu abschreckender Häßlichkeit.
Hallendach verneinte.
Wieder das stereotype Lächeln der beiden Japaner.
„Die lapamsche Regierung nimmt an Herrn Karner und seinem Programm. Freiheit der Welt, starken Anteil. Das japanische Volk in gleichem Maße. Herrn Karners Auftreten Hai das japanische Volk begeistert, denn noch nie ist ein Europäer so für die gelbe Rasse eingetreten."
Hallendach sah Baron Uoschiwara schweigend an und nickte.
Aber der Japaner wartete jetzt auf ein Wort von ihm. Hallendach spürte es, aber er schwieg trotzdem und wartete, bis der Japaner wieder sprach.
»Es ist der japanischen Regierung bekannt, daß Herr Karner in Englands Händen ist."
Das Wort wirkte. Hallenbach fuhr auf, sah Baron Doschi- waro erregt an und sagte rasch: „lind . . . Baron Hoschi- wara . . . was sollen Sie mir im Auftrag ihrer Regierung sagen?"
Der Asiate fletschte wieder die Zähne und sagte dann langsam: »Nicht ... die japanische Regierung, Mister Hallendach, sondern die Liga der japanischen Patrioten sendet mich und läßt Ihnen durch mich einen Vorschlag machen."
(Fortsetzung folgt.).