6. Seite — Nr. 88
Nagolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
Donnerstag, den 11. April IM
Im Innern eines Panzerwerks
Lin schweres Geschütz. hochgelurbell und feuerbereit.
lPresse-Bild-Zen'trale, Zander-M.-K.)
2n Zusammenarbeit von Kriegsmarine, Armee und Luftwaffe wurde die größte Truppenlandung durchgeführt, die es bisher in so kurzer Zeit gegeben hat. Dabei liegen die Gebiete, um oie es sich handelt, teilweise bis über 10Ü0 Kilometer von unseren Ausgangshäfen entfernt, die norwegische Küste besonders wurde von den Engländern zur Domäne ihrer Seemacht gezählt. Ein kühnes Unternehmen verlangt kühnen Einsatz unter Einrechnung der Gefahr, aber nicht unter Scheu vor ihr. Dänemark in unserer Hand und der Schutz der norwegischen Küste, verstärkt durch Landungen, durchgefllhrt. Das ist das Ergebnis eines kurzen Tages, das Ergebnis erster und ernster militärischer Ereignisse am 9. April. Dazu kommt noch, daß an Norwegens. Küste durch die deutsche Luftwaffe britische Seestreitkräfte vernichtend geschlagen wurden.
„Besetzung war Unvermeidlich-
Amerikanische Stimmen zur deutschen Gegenaktion
New Port, 10. April. Die Presse setzt ihre Berichterstattung über den überwältigenden Erfolg der deutschen Streitkräfte fort und gibt beispielsweise ihrer Enttäuschung über das abermalige Versagen Englands als selbsterklärter „Verteidiger der Demokratien" Ausdruck. Die amerikanischen Blätter sehen sich veranlasst, den kühlen Abstand von den neuesten europäischen Ereignissen zu wahren. Das Hearst-Blatt „New York Daily Mir- ror" nennt die Besetzung unvermeidlich und meint, Deutschland habe nur verhindert, was England im Weltkriege durch Ueber- wültigung Griechenlands bereits an anderer Stelle versucht habe, nämlich eine lebenswichtige Verbindung Deutschlands mit der Außenwelt abzuschneiden. Deutschland sei im Recht, wenn es darauf Hinweise, daß England selbst verkündete, es könne in diesem Krieg keine Neutralität geben und die Neutralen müßten an dem Krieg gegen Deutschland teilnehmen. „Philadelphia Inquirer" schreibt, die Lehre, die Amerika ziehen müsse, sei, daß dieser Krieg die Vereinigten Staaten nichts angehe, und daß die Amerikaner niemehr auf dem Schlachtfeld versuchen sollten, Europa vor sich selbst zu retten.
Englands „unüberwindliche- Sunderland- Flugzeuge
Berlin, 10. April. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen konnte das Oberkommando der Wehrmacht den Abschuß eines der von den Engländern so vielaevriesenen Fernauiklärunos«
Mgvoote vom Muster Sunderland, der sog. „fliegenden Schlachtschiffe" melden.
Am 8. April wurde eines dieser Flugboote bei den Shetland-Inseln und am 9. April ein anderes über Oslo abgeschossen. Wenn es noch einer Widerlegung der von der britischen Propaganda behaupteten „Uniiberwindlichkeit" der Sunderland-Flugzeuge bedurft hätte, so wäre dies durch die beiden deutschen Erfolge erbracht. Aber die von den Engländern selbst gegebene Beschreibung des Sunderland-Flugbootes zeigt, daß es in keiner Weise den viel schnelleren modernen deutschen Kampfflugzeugen gewachsen ist. Das britische Flugboot ist ein viermotoriger Fernaufklärer, der mit mehreren beweglichen Maschinengewehren ausgerüstet und mit sechs bis acht Ve- satzungsmitgliedern bemannt ist. Er erreicht eine mittlere Stundengeschwindigkeit von 320 Kilometern bei einer Eesamtslug- ftrecke von ungefähr 3000 Kilometern. Aber die gute Ausrüstung und lang dauernde Seetüchtigkeit muß dennoch gegenüber einem schnellen und beweglichen Feind versagen.
Was bedeutet die Diskoni- senkung?
Erleichterte Finanzierung der Kriegs- und Wirtschafts- Maßnahmen
Der Diskontsatz der Reichsbank ist ein Gradmesser für die Lage am Geldmarkt. Ueber die Höhe des Diskonts entscheidet das jeweilige Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage. Wenn bei knappen Notenbeständen ein großer Bedarf an Krediten besteht, erhöht sich der Diskontsatz. Verfügt aber die Neichsbank über ausreichende flüssige Geldbestände, wird der Kredit zu ermäßigten Zinssätzen angeboten. Es sind
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Gewaltige Dimensionen
haben die deutschen Eisenbahngeschütze mit ihrer riesigen Reichweite. (Scherl Bilderdienst, Zander-M.-K.j
aber nicht allein die Verhältnisse am Geldmarkt maßgeblich, sondern die Diskontpolitik der Deutschen Reichsbank hängt sehr wesentlich von der Beurteilung der gesamten finanziellen und wirtschaftlichen Lage des Reiches ab. Wenn sich die Reichsbank nach eingehenden Beratungen im engsten Einvernehmen mit den zuständigen Reichsämtern ein Urteil gebildet hat, gibt sie dis neuen erhöhten oder verminderten Diskontsätze öffentlich bekannt und diskontiert dann zu diesem Satz die ihr angebotenen Wechsel. Das heißt also, sie gibt den Besitzern von Wechseln das bare Geld für ihre Akzepte und zreht von der Wechselsumme den Diskontsatz, die Zinsen, ab Der von der Neichsbank bekanntgegebene Diskontsatz regelt automatisch auch die Diskontsätze, die von Len privaten Banken in Anrechnung gebracht werden.
Die neue Diskontsenkung ist ein Schlußpunkt nach der günstigen Entwicklung des Geldmarktes in den letzten Monaten. Der Krieg hat eine weitgehende Umstellung der Industrie und der Wirtschaft mit sich gebracht. Die Güter» erzeugung ist vielfach auf eine neue Basis gestellt worden. Nach der Beendigung dieser Umstellung werden natürlich die erledigten Kredite für eine neue Verwendung frei, und so ist es ganz natürlich, daß die jetzt nach und nach zurück- kommenden Gelder auf eine neue Anlage warten. Die Reichsbank will mit herabgesetzten Diskontsätzen neue Wirt- jchaftsmöglichkeiten schaffen und entscheidend mit dafür sorgen, daß die finanzielle Durchführung der wichtigen Kriegsaufgaben des Reiches und der deutschen Wirtschaft reibungslos erfolgen kann.
Die Reichsbank hat nicht nur den Diskontsatz, sondern auch den Lombardsatz um ein halbes Prozent herabgesetzt. Im Gegensatz zum Wechselverkehr besteht die Lombardsicherung nicht nur in der Unterschrift von mehreren als zahlungsfähig bekannten Personen, sondern in der Verpfändung und Beleihung von Wertpapieren, Hypothekenscheinen und Waren oder den entsprechenden Urkunden, mit denen der Besitz nachgewiesen wird. Die Banken behalten sich in der Regel beim Lombardgeschäft das Recht vor, bei der nicht pünktlichen Rückzahlung der Lombarddarlehen oder der Zinsen das Pfand ohne irgend eine gerichtliche Mitwirkung öffentlich zum Markt- oder Börsenpreis zu verkaufen. Weil sich die Lombardgeschäfte nicht immer so glatt abwickeln lassen, wie die einfachen Diskontgeschäfte, ist der Lombardsatz in der Regel um ein bis zwei Prozent böber als der Diskontsatz.
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(49. Fortsetzung.)
„Lord Bellock, ich will dem Dolmetscher die Arbeit ersparen und Ihnen in der Sprache Ihrer Heimat antworten. Ich glaube, die werden alle Delegierten verstehen. Hören Sie mich an! Den dritten Tag sitze ich hier unter Ihnen und höre Worte. Was war das Ergebnis Ihrer früheren Tagungen? Worte! Und wenn es kluge Worte waren, die man sprach. Es fehlt die Tat!"
Laut und scharf schrie er es in den Saal. Alles Ruhige war mit einem Schlage von ihm abgefallen. Leidenschaftlich sprach er.
„Es fehlt die Tat!"
Das Wort traf. Die Spannung im Saale stieg.
„Und Sie können nie zur Tat kommen, denn es geht Ihnen ja nie um die Weltwirtschaft, sondern trotz aller großen Worte um die eigene Volkswirtschaft. Sie haben ja gar nicht den Willen, zu bessern, zu helfen, denn dann mühten Sie opfern. Helfen, heißt opfern."
Die Journalisten schrieben fieberhaft.
Sie können nie zur Tat kommen, auf die die Menschheit wartet, solange hier Herren und Knechte zusammensitzen."
Als das Wort erscholl, standen wie mit einem Schlage die Delegierten Chinas, Indiens, unterstützt von den Russen und anderen abhängigen Staaten, auf und brachen in einen wilden Beifall aus. Sie schrien dem kühnen Sprecher begeistert zu. Es nützte nichts, daß die anderen Delegierten und die Tribüne versuchte, sie niederzuzischen. Sie setzten sich durch.
Karner hob die Hand zum Zeichen, daß er weitersprechen wolle.
Und rasch ward Ruhe.
„Ich habe eine Erfindung gemacht. Der Sprecher der englischen Delegation hat recht. Sie ist über alle Maßen gewaltig, so gewaltig, daß ich, als sie mir gelungen war. nur zwei Wege hatte: entweder wahnsinnig darüber zu werden oder mit diesem Werk die Welt einen Ruck weiterzubringen. Das letztere will ich. Das ist für mich sittliche Pflicht."
Jedes Wort war ein Schlag, unter dem sich die Gegner duckten, und das die Freunde Karners in stärkster Weise begeisterte.
Selbst die Tribüne war vor Spannuno still.
„Es geht so nicht weiter! Die Welt kann nicht mehr länger in dieser jämmerlichen, verlogenen Weise weiterregiert wekden. Jedes Volk muß das Recht zur Freiheit haben. Freiheit der Welt! Ist das nicht die selbstverständliche Forderung. Mit welchem Recht hat England Indien, Aegypten. China und andere Staaten unter der Fuchtel. Mit keinem Schein des Rechts. Alle zivilisatorische Arbeit, die es dort geleistet hat, tat es doch nur mit dem Willen zur Ausbeutung."
Die Unruhe im Saale schwoll an. Von den Tribünen wurde gepfiffen. Karner wartete, bis wieder Ruhe eintrat.
„Die Zeiten des Faustrechts sind vorbei. Der letzte Krieg ist fast verwunden .. . und es ist ärger auf der Welt denn je. Die Welt hat nichts gelernt. Die Großmächte haben nichts gelernt. Es ist bei dem Wort geblieben. Ich aber will die Tat. Geben Sie den Völkern die Freiheit, rüsten sie ehrlich ab, daß endlich einmal Ihr stolzes Wort Kultur zu Recht besteht. Ich werde nur solchen Staaten meinen Strom liefern, die Rechts- und nicht Raubstaaten sind. Ich will mit meiner Erfindung Ihre Machtpositionen, die Sie in unverantwortlicher Weise ausgenutzt haben, nicht stützen."
Da schrie der Saal auf. Die Delegierten waren nicht mehr zu halten, denn das Wort war zu kühn.
Es war zu viel, daß durch diesen Saal einmal einer ohne jede Rücksicht, ein Fanatiker der Wahrheit, diese Wahrheit aussprach.
„Ja! Ich sage es noch einmal!" schrie Karner in das Tosen , hinein, das darauf wie mit einem Schlage abbrach. „In verbrecherischer Weise. Nur ein Beispiel: Wollen Sie es leugnen, Lord Bellock, daß Ihre Regierung an den gewissen- . losen chinesischen General Tschang-Tscheide bis jetzt über zwei . Millionen Pfund gezahlt hat, nur damit das Land nicht zur ^ Ruhe kommt, damit Ihre Machtposition feststeht. Wenn die Tausende und Abertausende, die Sie durch Ihr verfluchtes Geld, das Sie dem chinesischen Briganten in die Hände gaben, in den Tod jagten, auferstehen würden, wahrscheinlich, sie würden das Gewissen von ganz England zu Tode Hetzen. Jede ' Politik, die nicht vor dem Leben Ehrfurcht hat, ist verflucht- Soll ich noch weiter erzählen? Soll ich die Blütgeschichte Englands aufrollen? Soll ich mit den anderen Staaten abrechnen? Denken Sie nur an die Schmach des Marokkokrieges."
Der ungeheuere Ernst der Karnerschen Rede, in der sein großes, starkes Herz schlug, hielt alle in Bann.
„So kann die Weltgeschichte nicht weitergehen. Jedes Volk muß sich seiner Freiheit freuen dürfen. Ich will den Wohl- , stand, den Handel, keines Volkes zertrümmern. Das wird
nicht eintreten, sondern das Gegenteil. Ich glaube fest, daß England mit einem freien Indien besser handeln wird, als mit dem geknechteten."
lL machte eine Pause und atmete tief auf. Keiner störte ihn.
' „Allen Völkern werde ich meinen Strom bringen, allen ' Völkern zu den gleichen Bedingungen, aber nie den Völkern, die andere unter der Fuchtel haben. Das ist mein letztes . Wort!"
Karner setzte sich. Eine Sekunde war Stille..
Dann brach es los. Beifall und Protest kämpften mit- einander. Aber der Beifall setzte sich durch, und die Vertreter der alliierten Großmächte fühlten, daß es auf der Welt doch noch andere Völker gab.
Die Journalisten hatten Karners Rede fiebernd nachgeschrieben. Sie waren von der unerwarteten, ungeheueren Sensation noch ganz benommen.
Die englische Delegation saß ohne eine Miene zu verziehen. Lord Bellock war der einzige, der Mühe hatte, seine Erregung zu meistern.
„Wir werden nicht mehr mit Ihnen, sondern nur mit der 'deutschen Regierung verhandeln, Herr Karner!" rief er erregt.
Karner stand auf, schüttelte dem Vorsitzenden der deutschen Delegation die Hand und verließ den Saal so aufrecht und ruhig, wie er ihn betreten hatte.
Zu Anne, die im Dorraume wartete, trat plötzlich ein eleganter Herr mit schwarzem Spitzbart und fragte: „Habe ich die Ehre mit Mademoiselle Walthaus?"
„Ja! Was wünschen Sie?"
„Herr Karner läßt Sie ins Korrefpondenzzimmer bitten. Er möchte Ihnen einige Telegramme diktieren."
Anne folgte daraufhin sogleich dem ooranschreitenden Herrn, der sie ins Korrespondenzzimmer führte und sie bat, einstweilen Platz zu nehmen. Herr Karner werde sofort erscheinen.
Dann verabschiedete er sich wieder und verließ den Raum
Anne wartete, aber sie fühlte eine seltsame Unruhe im Herzen. ^ .
Karner trat durch die Vorhalle. Sein Auge suchte Anne und er wunderte sich, daß er sie nicht sah. Doch fühlte er sich nicht beunruhigt.
Ruhig trat er durch die fpalierbildenden Journalisten. Er wurde hundert Male geknipst.
Unten wartete das Auto.
Karner stieg ein. (Fortsetzung folgt.)