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Der Weihnachlsbrief der Petra Holl
Erzählung von Alfred Hein
^ RSK. Die junge Frau Petra Holl redete sich, während sie die sTeltower Rübchen für ihr einsames Mittagsbront schabte, immer jivieder zu: Sei doch tapfer! Aber es war nicht leicht, die Tränen M hemmen, wenn man in der Wohnung ein Stockwerk höher he» Wiedersehensjubel hörte. Dort war Herr Raabe auf Urlaub heimgekommen, umjauchzt vom Lachen seiner Frau und vom Hallo feiner drei Rangen. Petra aber mit Klein-Mareile würde allein Weihnachten feiern müssen; denn Arnulf, ihr Man», wird das Fest an der Front begehen — wer weiß wo. Er war Bordfunker in einem Vonibenflugzeug, das immer wieder nach Eng- »and flog. Ursprünglich hatten Arnulfs Briefe ihr die Hoffnung »ringen dürfen, dass es unterm Tannenbaum ein Wiedersehen gäbe. Noch als sie den Baum kaufte, hatte sie ihn mit diesem Wiedersehensgedanken gleichsam eingeweiht. Dann aber war eines Tages die andere Nachricht da: Du mußt es verstehen.
Liebste, wenn ich nun doch nicht komme. Bedenke, dag es ums Lanze geht bei unseren England-Flügen. Diese Flüge bringen eben auch den Urlaubs- und Festkalender in Unordnung. Jeden- jalls bin ich bis auf weiteres hier unabkömmlich. Ist auch ganz in der Ordnung. Das mußt Du einsehen. Glaub mir, ich hätte gern unser Mareile, von dem Du so lieb erzählst, daß es schon lanfen und „Papa" sagen kann, aus dem Schoß geschaukelt, und «as ich mit Dir getan hätte, brauch ich ja wohl nicht schriftlich «nszumachen. Aber trotzdem lassen wir uns beide ebenso wenig unterkriegen wie hier die ganze Front. Kopf hoch, Petra, und gelacht, daß ich's bis hierher spüre. Immer Dein Arnulf."
Das war der Brief, der alles wendete und den sie wohl jetzt beantworten muß, wenn ihr Mann nicht zu Weihnachten mit leeren Händen trübe Gedanken spinnen soll. Das Mareile schlief noch immer. Die Mutter warf einen zärtlichen Blick ins Körbchen: ganz so keck wie der Vater sah's aus, und das verhieß ja Glück, wenn Mädchen dem Vater ähneln — und dann deckte sie bas Kleine, das seine Benutzen herausgestrampelt hatte, leise und behutsam zu, damit es ja nicht aufwacht.
! Nun saß Frau Petra am Schreibtisch ihres Mannes und wagte endlich den Brief zu formen, der sic schon seit Tagen innerlich beschäftigte. Denn Arnulf sollte das Herz nicht schwer werden. Zu jenen, die vor lauter Sehnsucht sentimentales Zeug flöten, gehörte sie nicht. Sie wußte: wäre es irgendwie gegangen, hätte fi« ihren Mann auch zu Weihnachten daheim gehabt. Weil es nicht ging, mußte sie ihm eben in die Ferne ein Herz voll Weihnachts- frrude schicken. So schrieb sie, daß sie zwar sehr sehnsüchtig sei. baß aber auch diese Sehnsucht ihr das Weihnachtsfest verschönen «erde; denn sie beweise ihr, wie innig lieb sie beide sich haben — gerade weil man sich nichts geben könne als dieses Sehnen Die Siegesgewißheit, die sein Brief atme, schenke den Kriegs Weihnachten die echte Weihe. Und wenn sie ans Mareile dächte, daun ließe sich ja all das Ungewöhnliche leicht ertragen; denn bas Mareile würde gewiß einst noch viele Weihnachten erleben, die in einen besseren Frieden gebettet sein werden als der frühere war.
^ Frau Petra hielt im Schreiben inne und strich sich eine in die Stirn gefallene blonde Locke zurück. Ihre klugen grauen Augen sahen mehr nach innen als in die Welt hinaus. So wurde sie nicht gewahr, daß sich ein Lauscher durch die Küchentür auf den Küche und Wohnzimmer verbindenden Balkon geschlichen hatte und dort die Kamera zückte. '
' Es war trotz des Dezembers ein fast frühlingwarmer Tag; Frau Holl hatte das Fenster einen Spalt breit aufgemacht, und durch diesen Spalt nun photographierte der Eindringling keck die vor sich hin Sinnende im Halbprosil.
Auch als sie den schönen blonden Kopf wieder neigte und mit einem fast verklärten Lächeln noch einige besonders zärtliche Worte an den Schluß des Weihnachtsbriefes setzte, merkte sie nicht, »atz sie abermals geknipst wurde.
Erst als sie sich mit einem seligen Wohlgesühl, innerlich vollkommen frei und heiter, in den Schreibtischstuhl ihres Mannes «ie in die Arme des Fernen zurücklehnte, da sprang sie. den gerade wieder Photographierenden erblickend, init mehr gespielter als echter Empörung auf:
„Klaus, du?"
Es war der jüngste Bruder ihres Mannes, der siebzehnjährige Klaus. „Fein, was, Petra? Nun wird sich Arnulf freuen —"
„Du hast mich ohne meine Erlaubnis geknipst!"
„Ra klar, kleies Mädchen", meinte Klaus. „Sonst wär's doch !>ar nicht rausgekommen —"
: „Was — rausgekommen?"
^ „So wie du wirklich aussehen kannst, wenn du an Arnulf schreibst. Wenn du dich auf Kommando hinsetzst, machst du ein Mmliches Photographiergesicht.",
^Mäßige- dich, du Frechdachs!"
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Ragolder Tagblatt „Der Gesellschafter*
„Was heißt da: Müßige dich?" wurde Klaus großspurig. „Altes Geheimnis der Dunkelkammerkunst. Fast alle Leute machen, wenn sie wissen, sie werden photographiert, immer ein Gesicht, wie sie's in Wirklichkeit nie haben. Aber adjüs! Ich entwickle die Bilder noch schnell! Dann hat Arnulf einen illustrierten Weih- nachtsbrisf. Die kriegt sonst niemand, weder an der Front noch in der Heimat. Siehste woll!" Und weg war der Klaus.
Als Arnulf den Brief und die drei Bilder Petras erhielt, da mußte er immer wieder die Schreibende auf diesen Bildern betrachten. Denn die ganze Ticf.e ihrer Seele lag in dem Antlitz der Briefschreibenden wie das Innere einer Rose ausgebreitet. So schön wird also ihr Gesicht, wenn sie sich nach mir sehnt und an mich schreibt. Nein, nicht nur die Briefworte lächelten ihn an — Petra lächelte wirklich. Der Klaus ist ein Tausendkerl. Der muß später PK.-Vildberichter der Luftwaffe werden!
Es war Arnulf, als am Weihnachtsabend ein paar Stunden Ruhe auch für ihn begannen, zumute, als wäre Petra selbst gekommen und hätte all die tapfere Liebe mitgebracht, die ihre Briefworte aussprachen. Froh wie als Kind knabberte er den Pfefferkuchen, den mit anderen kleinen Liebesgaben das Päckchen von daheim enthielt.
Holls Leutnant trat heran. Man saß im Quartier um einen kleinen Tannenbnum herum.
„Na, Holl, Schönes geschenkt bekommen?"
„Sehr Schönes."
„Darf man wißen?" fragte der Leutnant.
„Ja, wie soll ich's sagen", lächelte Holl versonnen, „gibt es etwas Schöneres, als zu entdecken, daß die Frau, die man liebt, noch schöner ist als am ersten Tag. da man sie sah?"
verschiedenes
Etraßburg — erste deutsche Weihnachtsbaumstadt
Der Tannenbaum im Schmuck seiner brennenden Kerzen ist für uns alle das Sinnbild der deutschen Weihnacht. Wenn deutsche Menschen vom Schicksal um die halbe Welt verschlagen werden, wenn ihr Herd in der Fremde unter südlicher Sonne steht — sie werden doch immer versuchen, irgendwo ein iannenähnliches Bäumchen zu finden, das sie schmücken können und das ihnen das schönste deutsche Fest ins Haus bringt. In den weihnachtlichen Bräuchen, deren schönster gerade der brennende Lichterbaum ist, sind uralte germanische Symbole eng verwoben mit dem Glauben der christlichen Heilandsgeburt. So wie wir heute den Tannenbaum zum Weihnachtsfest in unser Haus holen und ihn schmücken, so pflegten unsere germanischen Vorfahren in den Heiligen Zwölf Nächten der Göttin Verchta zu Ehren grüne Tannenbäume vor ihre Häuser zu stellen und den Eingang des Hauses mit frischen grünen Zweigen zu umkränzen. Und in dem Hellen Kerzenglanz unseres Weihnachtsbaumes lebt etwas fort von dem Lichtglauben unserer Väter. Um die gleiche Zeit des Weihnachtsfestes feierten sie das Mittwinterfest, den Tag, an dem sich der Jahresring schloß, das Dunkel überwunden war und das Licht sieghaft zurückkehrte, denn von nun an steigt ja der Sonnenball wieder höher und das Jahr verjüngt sich aufs neue. Die lodernden Feuer, die vor tausend Jahren an diesem Mittwinteroder Julfest ihren Freudenschein in die Winternacht warfen, die Feuerräder, die brennend von den Bergen rollten, wurden nicht ganz vergessen, als das Christentum seinen Einzug hielt, und so wurde auch die Heilandsgeburt allmählich mit brennenden Kerzen gefeiert.
Der eigentliche Siegeszug des Weihnachtsbaumes freilich begann erst mit der Reformation. Bis dahin kannte man nur die aus germanischen Zeiten übernommene Sitte, Tannengrün als Schmuck für das Haus zu verwenden. Sebastian Brandt erzählt schon 1194 in seinem Narrenschiff, daß diese Sitte im Elsaß damals üblich gewesen sei. Interessant ist auch die Tatsache, daß nach der Reformation zuerst die Protestanten die Sitte des Weihnachtsbaumes pflegten und daß die Katholiken dann später diesen Brauch übernahmen. Zuerst freilich wurde der brennende Kerzenbaum noch heftig befehdet, und vor allem die Geistlichkeit zog gegen ihn zu Felde. Die „Unsitte des brennenden Baumes" wurde als Abgötterei und der Bedeutung des christlichen Festes unwürdig bezeichnet.
Die Ausbreitung des Weihnachtsbaumes in Deutschland nahm vom Elsaß ihren Ausgang. Hier erwähnen die Urkunden des 16. Jahrhunderts zuerst den weihnachtlichen Tannenbaum. In den Archiven der Stadt Schlettstadt hat man Rechnungen gesunden, die den Ankauf von Weihnachtsbäumen durch die Stadtverwaltung belegen. Im Jahre 1604 erschien ein deutsch geschriebenes Buch von einem unbekannten Verfasser, das den lateinischen 'Titel trug: ..Memorabilia quaedem Argentorati observata" und in dem es heißt: „aufs Weihnachten richtet man Dannenbäum zu Straßburg in den Stuben griff, daran bemerken man rollen
Samstag, de« LI. Dezember 1»40
(Rosen) aus vielfarbigem papier geschnitten, Aepfel. Oblaten^ Zischgold, Zucker" usw.
Immer weitere Kreise eroberte sich der Weihnachtsbaum. Wenn sein Vordringen langsam ging, so lag dies wohl nicht zuletzt daran, daß er noch einen beträchtlichen „Nebenbuhler" hatte,' und zwar in der damals viel verbreiteten „Weihnachtspyramide'^ die besonders im Vogtland, im Erzgebirge, in Berlin und Hamburg gebräuchlich war. Auch das Wsihnachtsgestell der oft- und nordfriesischen Inseln und der „Christblock", wie man ihn in Ost« fricsland, Westfalen und Obermeiningen aufstellte, wichen erst' allmählich dem Siegeszug des Weihnachtsbaumes.
Der Dichter Jung-Stilling berichtet 1760 von einem „hell erleuchteten Lebensbaum mit goldenen Nüssen". In Goethes Auf-' Zeichnungen finden wir die Schilderung eines Weihnachtsfestes, das er bei dem Kupferstecher Stock 1765 in Leipzig feierte, wo nach seiner Schilderung der brennende Lichterbaum auf dent! Gabentisch stand. Als der Weihnachtsbaum erst einmal „Mode" wurde, hat es natürlich auch an Auswüchsen nicht gefehlt, die sich ganz besonders zeigten, als man die Bäume gleich fix und fertig ausgeputzt ins Haus geliefert bekam. Erst allmählich brach sich die Sitte Bahn, den Baum mit Liebe selbst auszuputzen und ihm dadurch etwas Persönliches zu geben.
Heute ist der Weihnachtsbaum für uns das schönste Sinnbild der Weihnachtsfreude und des Hellen Lichtes, das am Weihnachtsabend hoffentlich jedem Deutschen ins Herz strahlt.
Die „Urgroßmutter von Chile" gestorben
Dieser Tage ist in Punta Arenas, in Chile, eine Frau, Dorothea Franchiguai, gestorben, welche das Alter von 14S Jahren erreicht hat. Sie wurde tatsächlich und nachweislich in dem Orte Chiloe im Jahre 1795 geboren. Man nannte sie drüben allgemein die „Urgroßmutter von Chile".
Rätsel-Ecke
Große Ferien
Wer nicht viel Geld im Beutel hat,
Fährt ins Wort unfern der Stadt.
Wer sich dagegen bester steht.
Fährt nach der Insel Wort verdreht.
Merkwürdig
Das Pferd kann's sein und das Kamel,
Beim Esel gehst du auch nicht fehl!
Lieft du's von vorn, liest du's von hinten:
Es ist kein Unterschied zu finden. ^
Aufgepaßt!
Es ist ein Raubfisch, schlimmer Mörder,
Doch schmeckt er gar nicht schlecht.
Wenn du den Kopf ihm anders machst,
^ft es gewiß nur recht.
D-ck> wenn o-r Kopf verloren geht,
Das Gegenteil von ratsch entstepr.
Guter Ra- !
Pack mit Eins die Arbeit an,
Sie wird dir als Zwei erscheinen!
Sieh Einszwei dann und wann,
Lucken ist gesund, nicht weinen!
Hüte dich, Glück zu erjagen Nur durch Zwei- Zufallsuhr!
Zweieins läßt sich zwar ertragen,
Aber doch in Maßen nur!
Sonderbar!
Ein Schmetterling; Ums Köpfchen bring die Jugend ging.
Guten Appetit!
Mit „T" gefüllt, bist hungrig du,
Wird er dir herzlich winken!
Mit „K" gefüllt, bist durstig du,
Holst du kür draus zu trinken.
Der durchgebrannte Schüler „Er" wurde zweimal an die Wand gestellt hierauf marschierte er durch Wald und Feld.
Auflösung der Rätsel
von Nr. 294 (14. Dezember 1940
Lichtscheues Gesindel: Maul Wurst Maulwurf.
Scherzrätsel: Neugier, Neger.
Begreiflich: erhält, erholt.
bckilcst, mslir klar, bock- j bswsitsts Ksnlncbsnclurckciis gswürrts kstittsrkslstmirttumg
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