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Ragolder Tagblatt „Der Gesellschafter'
Die Mundharmonika
Tine Geschichte von Heinrich Zerkaulen
Later Helmholtz setzt die Geige mit einem Ruck ab. Der letzte (Ton hängt schmerzhaft zerrissen im Raum, der letzte Ton torkelt geradezu, bis er irgendwo aufschlagend verstummt. „Ich habe es 'ja gewußt, es geht nicht mehr —"
Weiter sagt der Alte nichts. Der Klang seiner Stimme gleicht dem zerrissenen Eeigenton. Und als auch der an den Wänden zersprungen ist, wird es sehr still im Zimmer.
Mutter Helmholtz nickt. Ihre alten Hände, verarbeitet und steif, rasten dennoch nicht, und ihre Gedanken auch nicht. Jetzt beugt sie sich tieser über die Arbeit, denn ihr Mann soll das Lächeln in ihren Augen nicht sehen. Er könnte es falsch deuten. Das will sie vermeiden. Sie lächelt ja nicht über ihn und dir Geige.
„Alles zu seiner Zeit. Mutter. Das mußt du verstehen. Was in der Jugend kleidet, das patzt im Alter nicht mehr. Und überhaupt, wir haben ja den Rundfunk."
Vater Helmholtz geht wieder ins Amt, seitdem der Sohn, der Max, im Felde steht. Je emsiger zu Hause gearbeitet wird, desto rascher ist der Krieg aus, denkt Vater Helmholtz. Deshalb macht er wieder Dienst. Und es ist über seinem täglichen Kommen und Gehen mit einem Schlage die alte Ordnung wieder eingekehrt, die an vierzig Jahre den kleinen Haushalt vom Morgen bis zum Abend in sicheren Geleisen fuhr. Nur das mit der Geige, das schaffen die Finger nicht mehr...
Als habe Frau Helmholtz ihres Mannes Gedanken erraten, sagt sie unvermittelt: „Meinst du?" Hell und froh klingt das eher ein Kampfruf als eine Frage.
Seit der Max im Felde steht, hcK auch Frau Helmholtz ihre Arbeit wieder ausgenommen. Das Hausmädchen ist zu der Schwiegertochter gewandert, dort ist sie bei den Enkeln richtiger am Platze. Maxens Frau hat sich zwar dagegen gewehrt. Wie sie sich damals gewehrt hatte, als Mutter es durchsetzte, ihr Klavier an den jungen Haushalt abzugeben.
Helmholtz hatte das übertrieben gefunden. Um der Wahrheit die Ehre zu geben, schön süchtig war er damals geworden: ausgerechnet das Klavier, die einzige Freude, die Mutter sich gönnte!
Der Geigenkasten ist zur Ruhe gebracht. Hoch oben auf dem Bücherschrank quetscht er im äußersten Winkel von Decke und Wand, damit er keinem in die Augen fällt. Mutter findet den Platz lieblos: „Weiter nach hinten geht es wohl nicht?"
Der Alte gibt es auf. Er sagt nichts dazu. Doch wird in Zukunft zu Mutters Klavier auch noch des Vaters Geige fehlen. Mit einem Wort: wenn Max aus Urlaub kommt, gibt es im Elternhaus keine festliche und persönliche Musik, ihn zu empfangen. Vater Helmholtz bockt. Er will seinen Abendspaziergang heute allein machen.
Die Mutter widerspricht nicht. Aber da sie erkennt, immer in guter Deckung durch die Gardine, daß Vater endgültig um die Ecke verschwunden ist, langt ihre Hand in die Tasche der Mantelschürze. Wieder spielt das große, bunte Lächeln in ihren Augen, als sich eine Mundharmonika zwischen ihren alten, verarbeiteten
Fingern findet. Schon kommen die Melodien von ihren Lippen, weich fließend, lauter Soldatenlieder. Lieder, wie sie der Mann einst gesungen hat in Flandern. Neue Lieder, wie sie der Sohn heute wohl singen mag in Flandern.
„Soll die Harmonika für einen Pimpf sein oder für einen Fortgeschrittenen?" hatte das Fräulein hinter dem Ladentisch gefragt, als Mutter heimlich das Instrument kaufte. Sie war rot geworden vor dem Fräulein. „Für mich soll sie sein", hatte sie zaghaft geantwortet und sich sehr geschämt dabei.
Jetzt freilich braucht sie sich nicht mehr zu schämen. Sie spielt schon wie ein alter Landser. Das viele Heben während der vielen Stunden, die Vater im Amt ist, hat sich gelohnt. Wenn jetzt die alten und die neuen Lieder im Rundfunk gespielt werden, kann Mutter tadellos mithalten. Wenn der Max auf Urlaub kommt, soll er staunen. Er und der Alte!
Ja, es sind frohe Gedanken, zauberhafte Gedanken, die einer beim Harmonikaspiel haben kann. Die ganze Gegenwart um sich herum läßt sich vergessen, weil einer nur noch an die Zukunft zu denken braucht. So versunken kann er in seine Gedanken sein, daß er sogar überhört, wie jemand die Wohnung betritt.
Und es betritt ein Soldat die Wohnung. Max hat unverhofft Urlaub. Und diese Ueberraschung, die ihn selber wie ein Sturm des Glückes im Felde traf, denkt er nun ebenso den Seinen in Haus und Herz zu tragen.
Die Eltern haben Besuch? Und Harmonika spielt der Besuch? Sollte es ein Kamerad sein? Max lacht. Nicht zu zählen waren die Harmonikas, die sich den eisigen Wartewinter über in die Bunker der Westfront hinfanden. Max hat sich auch solch ein Ding organisiert, selbstverständlich. Das Klavier konnte er nicht mitnehmen in den Krieg. Aber Krieg ohne Musik? Das gibt es ja nicht —
Donnerwetter, der Kamerad da drinnen spielt nicht schlecht. Bißchen schwach im Rhythmus noch. Bißchen nach Heimkriegerweise. Da muß die Front noch ein wenig Mumm in die Sache bringen. Also langt sich der Soldat Max die Mundharmonika aus den Schäften und legt los. Zack und zack. Er öffnet auch ein wenig die Tür, nur auf einen Spalt, damit die da drinnen hören können, wie ein Landser seine Lieder bläst.
Weil aber die Tür ihren eigenen Kopf hat, weil sie auf Spaltbreite nicht eingestellt sein will und eigenmächtig so weit aufgeht, wie es ihr paßt, bricht die Melodie jäh ab — und dann ziehen für eine lange Weile nur Wellen des Glücks durch die altvertrauten Räume. Und diese sind stumm.
Da Vater Helmholtz endlich nach Hause kommt — der Abendspaziergang hat seine Stimmung nur wenig gebessert, es taugt eben nicht, wenn einer allein laufen mutz — da springt ihm Harmonikaspiel schon auf der Treppe entgegen. Und so voller Jubel klingt das, so voller Ueberschwang, daß der Alte, aufs neue gereizt, denkt: Schallplattenmusik im Rundfunk! Soldatenlieder — natürlich! Da muß die Mutter aufdrehen, da rappelt der Kasten in voller Lautstärke! Da stehen alle Türen offen! Da steht man vom Flur aus bis in das Wohnzimmer hinein! Da sicht man... Da sieht Vater Helmholtz so lange hin, bis ihm dis Augen blind werden wollen, blind vor lauter Seligkeit und Dank.
Samstag, den 12 . Oktober lW
JettschrMenschau
— Die Herbst-Ausgabe der „Schwabenland". Viel wurde schon über den Weinbau und das Weintrinken in Schwaben geschrieben, aber noch lange nicht alles, was wissenswert und ergötzlich ist. Das beweist die Plauderei von August Lämmle in der Oktober-Ausgabe der illustrierten Heimatzeitschrift „Schwabenland" in der lustige und besinnliche Anekdoten und Berichte aus länati vergangenen Tagen zum Vortrag gelangen. Alte Stiche und Zeichnungen, die der Plauderei bergegeben sind, und eine Reib» schöner Großaufnahmen, wie auch die weiteren dem Herbst unterstellten Beiträge und Gedichte sichern allein schon dem Heft in der bekanntlich unter Mitwirkung des Landesfremdenverkehrz, Verbandes Württemberg-Hohenzollern herausgegebenen reprijsen. tativen Heimatzeitschrift unseres Gaues eine besondere Beachtung Dazu gesellt sich noch eine weitere Fülle von anderen Beiträgen die Landschaft, Menschen und Kultur der schwäbischen Heimat behandeln und die allesamt wie immer sorgfältig bebildert wurden. Erwähnt seien nur das Bildnis eines Historikers, das Her, mann Hirsch zum 75. Geburtstag von Professor Johannes Haller geschrieben hat und der Beitrag, der dem Meister der deutschen Tiermalerei, Geh. Hofrat Professor Heinrich von Zügel zu dessen 90. Geburtstag gewidmet ist. Die Heimatreitsckrikt .Schwabenland" ist in der Buchhandlung G. W. Zaiser, Nagold erhältlich.
Ratsel-Erke
Wer kennt die Stadt?
Meine Erste ist ein Monat,
Meine Zweite ist ein — Land,
Und das Ganze ist 'ne große Stadt im Jtalienerland.
Fürwörter
„Sie" und „es" ist die erste nicht, die zweite bin ich immer selbst.
Ein Name ist es — geht dir auf ein Licht — wenn eins und zwei du nun zusammenhältst.
Zwei gute Dinge
Ruhe gibt das Wort dem Herzen Und befreit von Seelenschmerzen.
Kopflos - ruht dein Körper aus In dem kleinen, grünen Haus.
Modisches
Ein schönes Wort hat jede dann gern,
Geköpft ist es nur Auserwählten fern;
Läßt du an ihm noch ein Zeichen fort,
Dann beim Gericht begegnest du dem Wort.
Auflösung der Rätsel
von Nr. 234 (5. Oktober 1940)
1. Italiener: Galilei.
2. Zoologisches: Ameise, Meise.
3. Veränderlich: Blei, Ei.
4 Gefühlvoll: Sch (wärme) rei.
5. Kleine Aenderung: Bremen, Bremsen.
0. Rätsel:' Stuhl.
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Stadt Nagold
Ausgabe
äer Lebensmittelkarten
für den Bersorgungszeitraum 21.10.1940 bis 17.11.1940 In Nagold (ohne Stadtteil Iselshausen) Rathaus:
A—K am Montag, 14. 10. 1940, 14—18 Uhr L-Z am Dienstag, 15. 10. 1940, 14—18 Uhr.
70«?Zoo
Im Stadtteil Iselshausen (Geschäftsstelle):
A-K am Dienstag, 15. 10. 1940, 17—18 Uhr L—Z am Dienstag, 15. 10. 1940, 18-19 Uhr.
Nagold, den 11. Oktober 1940. Der Bürgermeister. Stadt Nagold und Gemeinde Emmingen
Der Franzosen-Kalmdei
Das sind sie!
für RM. 1.20 vorrätig i» der
Erfassung äer wehrpflichtigen ckes Seburtsjahrgangs 1922
Alle Wehrpflichtigen des Geburtsjahrgangs 19 2 2 haben sich in der Zeit vom 18. Oktober bis 23. Oktober 1940 während der üblichen Dienststunden zur Anlegung des Wohr- stammblattes auf dem Rathaus, Zimmer 4, persönlich zu melden. Die Dienstpflichtigen des Stadtteils Iselshausen auf der dortigen Geschäftsstelle und die Dienstpflichtigen der Gemeinde Emmingen am 18. Oktober 1940.
Mitzubringen sind: Geburtsurkunde, 2 Paßbilder, Größe 37:52 mm, Arbeitsbuch, Führerschein, Kennkarte usw.
Näheres im „Gesellschafter" Nr. 230.
Die Wehrpflichtigen, die noch nicht im Besitz einer Kennkarte sind, haben diese gleichzeitig unter Vorlage von 4 für die Kennkarte besonders vorgeschriebenen Lichtbildern. Geburtsurkunde und eine Bescheinigung über die Staatsangehörigkeit, zu beantragen.
Nagold, den 11. Oktober 1940.
_ Der Bürgermeister.
Stadt Nagold uud Gemeinde Emmingen
pseräevormusterung 1940
Die Musterung findet statt: rn Nagold am Mittwoch, den 16. 10. 1940, um 11.16 Uhr, Hindenburgplatz.
in Iselshausen am Mittwoch, den 16. 10. 1940 um 12,30 Uhr, Mühlstraße.
in Emmingen am Dienstag, den 15. 10. 1940, um 11.55 Uhr, Bahnhofsplatz.
Wegen den Einzelheiten verweise ich auf die Bekanntmachung des Herrn Landrats vom 1. Oktober 1940 (Gesellschafter Nr. 231). Siehe auch Aushang am Rathaus. Nagilld, den 8. Oktober 1940
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zwischen Stuttgart und
Der Bürgermeister.