8. Seite — Nr. 119
-kagolder Tagblatt »Der Gesellschafter'
Donnerstag, den 29. Juni 193S
»Stttze Fracht" vom Sveevbek«....
Obst-Verladebahnhos in Bühl/Baden
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Lrobeeren auf der Reise
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Badisches Obst im «KchneUg,
Erdbeeren und Kirschen, die beiden so köstlichen Früchte, werden in diesen Wochen, sagen wir Gott sei Dank, in rauhen Mengen geerntet. Bei uns im Nagoldtal ist das Gedeihen dieser „zarten" Früchte wegen des weniger günstigen Klimas nicht so möglich, und deshalb interessiert es auch uns, wo dieses Obst so herrlich gedeiht und warum es so schnell nach der Aberntung an Ort und Stelle im grogdeutschen Land zu haben ist.
Als Frühobstkammer des Reiches gilt das südwestdeutsche Hauptanbaugebiet am Oberrhein, in Baden und in der Saarpfalz. Uns am nächsten liegt die Ortenau (Kinzig-, Rench- und Bühlertals. Zehntausende fleißiger Bauernhände ernten täglich diese köstlichen Früchte, die der Käufer am liebsten taufrisch verzehren möchte. In dieser Erkentnis und vor allem auch deshalb, weil frisches Obst zu den empfindlichsten Gütern der Volkswirtschaft zählt und nur eine schnelle und schonliche Beförderung dieser leicht verderblichen Erzeugnisse den Absatz in weitesten Verbraucherkreisen fördern kann, läßt die Reichsbahn einen Schnellgüterzug — den O b st e x p r e ß — verkehren, der im 99 Kilometertempo die Früchte in knapp 12 Stunden vom Oberrhein zur Reichshauptstadt und zur Wasserkante bringt.
Das Bild links zeigt den Obstverladebahnhof in Bühl/Baden. Dieses Städtchen ist die Zentrale der deutschen Frühobstkammer. Unzählige, große und kleine, mit Spankörben hochgestapelte Lieferwagen und Fuhrwerke bringen die Früchte zunächst zur Obstgroßmarkthalle, wo dann nach den Bestimmungen des Reichsnährstandes (Festsetzung der Höchst- und Mindestpreise für Sorte Art und Menge) der Verkauf vor sich geht. Wenn dieser durch die Händler getätigt ist, setzt der Versand der zahllosen Span-
evzns in grotzdeuifche Gaue
körbe sofort ein. Innerhalb kurzer Zeit ist ein Schnellgüterzug fertig und wieder in wenigen Stunden (in Karlsruhe, Weinheim und Darmstadt werden Wagen vom Murgtal bzw. aus der Saarpfalz angehängt) wenn der Großstädler noch in den Federn liegt, rollt der „duftende Zug" im Bahnhof an. Wenige Minuten später weiden die Früchte in der Obstmarkthatte, wie frisch gepflückt zum Verkauf angeboten. Das Obst von den sonnigen Hängen des Schwarzwaldes, der Bergstraße und der Pfälzer Haardt ist ein begehrter Artikel des Großstädters. Dazu gehören natürlich auch vor allem der köstlich mundende Pfirsich, gute Birnen und der edle Tafelapfel. Und so, wie der Norddeutsche das Obst aus unserer badischen Nachbarschaft für begehrenwert hält, werden auch wir uns daran gütlich tun zum Nutzen der Landwirtschaft und der Volksgesundheit. rh.
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daß inLhina das Erklimmen hoher Berge ein beliebtes Mittel zur Büßung begangener Sünden darstellt. Jede Provinz besitzt eine Anzahl solcher Wallfahrtsberge. Allerdings dünkt die wirkliche Besteigung vielen älteren oder behäbigen Chinesen als mit zu großen Strapazen verbunden. Solche Personen wissen sich zu helfen. Sie versammeln sich vor einem künstlich aus Pa- pier angefertigten Berg, feiern ein Fest davor und beten sitzend die eingebildete Gottheit des papierenen Berges an. Echte Wallfahrer haben vor derartigen Wallfahrern nur wenig Achtung
uns nennen ihre Veranstaltungen „Hock- und Fretzgesellsthaften".'
daß in Indien ein wahrhaftiges Sprachengewirr herrscht. Es gibt 40 verschiedene Sprachen mit 222 Dialekten. Von tausend Indern beherrschen bloß 17 die englische Sprache in Wort und Schrift. Die hindostanische Sprache und das Urdu sind gewiß ebenso verbreitet wie das Englische.
daß Schmetterlinge durchaus nicht so schlechte Flieger sind, für die man sie bisher angesehen hat. Der aus dem Süden stammende Totenkopfschwärmer wäre zum Beispiel bestimmt bei uns schon längst ausgestorben, wenn die erwähnte Ansicht sich bewahrheiten würde. Es ist erwiesen, daß die bei uns lebenden Totenkopfschmetterlinge steten Zuzug von Artgenossen aus ihrer Heimat Griechenland und anderen Valkanlündcrn erhalten. Da diese Tiere dabei Wege von mehr als 1000 Kilometer, die sie über die Alpen führen müssen, zurückzulegen gezwungen sind, kann wohl niemand behaupten, daß sie schlechte Flieger waren. Ganz ähnlich verhält es sich bei den Oleanderspinnern, die sich ebenfalls bei uns mit Hilfe südlicher Artgenossen fortpflanzen.
daß sich Frauen nicht immer schminken, um den Männern zu gefallen, sondern dies mitunter auch mit der gegenteiligen Absicht tun. In Tibet ist es nämlich gebräuchlich, daß Frauen und Mädchen sich die Gesichter mit Ruß beschmieren. Sie sagen, daß es geschieht, um nicht bei den Lamas das Gefühl der Liebe wachzurufen. Da diese bekanntlich zur Ehelosigkeit verurteilt sind, wollen die Tibeterinnen ihnen die Bürde des Zölibats nicht erschweren.
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Ltz-LMAen/Äe cL? nettL/r-.
aacki der Oebraucksamoci tuno oder verfeinert nack folgendem kezcpt:
V41 Milch.
50 8 (r gell Lüste kfll) Zucker.
H Päckchen lle. Oetker llcuülliozucksr. 1 Päckchen llr. Oetker Loflenpulvec.
Oanille-Lesikmuck, SM Mich (Wasser), tki.
Man bringt die Milch mit Zucker und vanillinzucker zum kockon. Sobald sie kackt, nimmt man sie von der Kochstelle, gibt das mit Milch und Eigelb verquirlte Sostenpuloek unter llükcen binein und lästt noch einige Male aufkochen, vamit sich keine haut bildet, cübct man die Sofie wälnenü des krkaltens häufig um. Kur; vor dem klnrichten wird das Eiweiß zu Schnee geschlagen und unter die gut gekühlte Soste gezogen. -
Man reicht sie zu frischem, gyückeüem Obst, z.ll. Erdbeeren, sokannisbeeren. himbeeren. entsteinten Kirschen usw. oder Obstsalat aus beliebigen fruchten. Litte ousfclineidonk
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„Ach wo! Angeguckt haben sich die beiden schon noch. Und miteinander gesprochen auch. Aber bloß so ganz kalt und höflich. Und einer ist dem andern aus dem Weg gegangen."
„Und wenn nun der Rögg oder wie er heißt, auf ihn geschossen hat?"
„Mann, was quatschen Sie denn da! Der wird doch nicht auf seinen künftigen Schwager schießen! Nee, das ist ganz ausgeschlossen!"
„Ach so, er will dem seine Schwester heiraten! Aber wenn sie nun erbt? Oder sind Kinder von dem Baron da oder andere Geschwister noch?"
„Nee, die erbt alles allein." - - ,
„Das ganze große Gut?"
„Klar, das gehört ihr jetzt alles."
„Da könnte man aber doch meinen..."
„Nee, nee, bilden Sie sich da nur nichts ein, Zinnberg ist auch nicht kleiner oder schlechter als Altschönau. Und Geld hat Rögg auch, mehr sogar als Facius..."
„Aber wer soll denn nachher auf den Baron geschossen haben, Menschenskind? So ohne allen Grund knallt man doch nicht 'nen Mitmenschen nieder!"
Der Wirt geht an die Theke zurück und schenkt für sich selber aus der Flasche ein.
„Mir auch noch 'nen Korn, Herr Wirt, und dann 'n kleines Helles dazu..."
Der Dicke entspricht seinem Wunsch.
„Ja", sagt er dann und setzt sich wieder zu seinem Gast an den Tisch, „das können Sie sich wohl denken, daß das hier Aufregung gegeben hat. Der Kibelke war da..."
„Wer ist 'n das wieder?"
„Der größte Bauer im Dorf, aber sonst 'n ganz manierlicher Kerl, der hat nämlich zusammen mit Herrn von Rögg den Baron gefunden. Ich sage Ihnen, aufgeregt war der, mindestens fünf Schnäpse hat er trinken müssen, ehe er's Maul aufmachen konnte..."
„Kann ich mir gut vorstellen, muß auch nicht schön
sein» wenn man plötzlich so 'nen Toten vor sich auf'm Weg sieht."
„Plötzlich? I wo, die haben ihn doch gesucht. Weil sie seinen Hund gehört haben, der wo bei dem Toten ausgehalten hat und immer lauthals darauflos gebellt hat."
„Ja, ja", meint der Gast nachdenklich, „so 'n Hund ist manchmal besser wie 'n Mensch."
„Ist auch wahr. Und gar nicht ranlassen wollte er die zwei. Von hinten hat der Kibelke kommen und ihn festhalten müssen."
„Was Sie nicht sagen! Das ist doch wahrhaftig 'ne Geschichte für... hm... für 'n Tierschutzkalender, so 'n treues Tier!"
Der Wirt stimmt ihm durch ein träges Kopfnicken bei.
„Und gar keine Spuren hat man gefunden?"
„Wie denn? Wo doch das scheußliche Wetter draußen war. nichts wie Sturm und Regen..."
„Na ja, da geht das natürlich nicht. Ja, was so alles passiert in der Welt!"
Auch zu dieser reichlich allgemeinen Wahrheit nickt der dicke Wirt. Aber dann wird er aus seiner Ruhe gescheucht. Ern kleines Mädel holt ein paar Zigarren für den Vater. Und gleich hernach kommt der Postbote in das Gastzimmer.
„Keine Post für mich?"
„Nee, gar nichts, muß nur noch nach Zinnberg..."
„Und auch nichts Neues über den Mord?"
„Auch nicht!"
Geschwind kippt der Postbote sein Glas hinunter und macht sich wieder auf den Weg. Der Wirt kehrt zu seinem Gast zurück.
„Hören Sie mal", sagt der jetzt, „kann ich bei Ihnen wohnen?"
„Natürlich, oben habe ich zwei Zimmer. Haben Sie hier was zu tun?"
Der andere nickt.
„Ja, ich Hab 'ne Vertretung!"
„Sehen aber gar nicht aus wie so 'n Städter..."
„Bin ich auch nicht, war früher selber aus 'm Gut als Inspektor. Aber das wurde nachher an Siedler aufgeteilt, und seitdem bin ich stellungslos. Hab mich nun um 'ne Vertretung umgesehen... "
„Und was haben Sie denn?"
„Ich will's Ihnen gleich mal zeigen", sagt er und öffnet einen kleinen Koffer. „Schokolade, Kakao, Bonbons, Lebkuchen..."
„Na", meint der Wirt, „wenn Sie länger bleiben, kaufe ich Ihnen schon auch was ab. Aber bei den Bauern werden Sie wohl nicht viel Glück haben."
Der Vertreter zuckt resigniert die Schultern.
„Leben möchte der Mensch schließlich auch", tut er niedergeschlagen. Und dann ist, als keime eine Hoffnung auf in ihm. „Aber vielleicht werde ich auf den großen Gütern was los, oder in den Forsthäusern... die Leute brauchen ja auch nicht gleich zu bezahlen. Wenn sie nur bei mir bestellen, meine FirmaLibt lange Kredit. Und mit Teilzahlungen ist sie auch einverstanden ..."
„Müssen das eben mal Probieren. Aber fangen Sie nicht hier in der Gaststube an, wenn nachher die Bauern zu mir kommen: halten Sie sich lieber an die Frauen, die kaufen eher solche Schleckereien..."
Verständnisvoll nickt ihm der andere zu. „Hab ich schon oft genug feststellen können", sagt er. Und später sitzt er denn auch mit den Bauern zusammen, ohne auch nur ein Wort von seinem Beruf und seiner Ware zu erwähnen, unterhält sich famos mit ihnen, als gehöre er zum Dorf, und auch in seinen Ausgaben ist er gar nicht kleinlich. Dagegen hat natürlich der Wirt nichts einzuwenden.
„Muß doch ganz hübsch verdienen mit dem Schokoladenzeug", überlegt er.
„überhaupt kriegen Sie heute 'neu Zimmernachbar", sagt er, als der Gast sich nach seinem Quartier erkundigt.
„Nanu, das ist bei Ihnen ja wie im Hotel!"
„Vorhin ist 'n Bote vom Rittergut dagewesen, ein Versicherungsinspektor hat da zu tun, der will hier übernachten."
„Hm", meint der Reisende, „wenn ich Ihnen da 'n guten Rat geben darf: seien Sie vorsichtig mit dem Versicherungsfritzen, lassen Sie sich mit dem ja nicht ein, sonst schwatzt der Ihnen noch so 'ne Versicherung auf... decken Sie sich lieber mit meinen Sachen ein, das ist was Reelles!" .
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„Der Herr läßt sich nicht abweisen, er sagt, er müsse Sie unbedingt sprechen..."
„Dann führen Sie ihn in den kleinen Salon, ich komme gleich dorthin", entscheidet Gina von Facius.
Unschlüssig dreht sie die Besuchskarte in den Händen. Sie ist gar nicht aufgelegt, mit diesem Vertreter der Versicherungsgesellschaft zu sprechen.
Sie möchte allein sein mit ihrer Trauer und mit jenen Gedanken, von denen sie nicht weiß, ob sie sie nicht schon Zweifel nennen soll, Zweifel an den Worten ihres Verlobten. Und nun läßt dieser hartnäckige Ver- sicherungsbeamte nicht locker.
^ (Fortsetzung folgt.)