K. Seite — Nr. 81
Nazolder Tagblatt »Der kesellschafter-
«amstaq. den 22. April igzg
Aus der Wirtschastswoche
„Einkreisung" soll weitere Ausbeutungswirtschaft sichern — Alles Gold strömt nach Amerika — Aber 23 Millionen
Unterstützte in USA. — Die Schweiz erstickt in Milch
Mit Entrüstung stellt man in London und Paris fest, das; Rumänien und Griechenland gar nicht begeistert sind von den höchst überflüssigen einseitigen Garantien Englands, und daß sie vermutlich keineswegs so schnell bereit sein werden, diese Garantien in zweiseitige Militärbündnisse umzugestalten, wie das bei Polen geglückt zu sein scheint. Dabei sind die tatsächlichen berechtigten Interessen Englands nirgends angetastet worden. Echte politische Interessen Englands stehen nirgends auf dem Spiel. Wenn England trotzdem alle Register der Einkreisungspolitik spielen lägt, obwohl ihm von deutscher Seite mehr als einmal die Zusicherung gegeben wurde, datz bei einem Eingehen auf die berechtigten Forderungen Deutschlands England keinerlei Feindseligkeiten von deutscher Seite zu erwarten habe, so mutz es auf anderem Gebiet eine Beeinträchtigung seiner Stellung befürchten. Es glaubt sie auf wirtschaftlichem Gebiet sehen zu müssen. Man darf ja nicht vergessen, datz neben der Politik und der „Grand fleet" die Wirtschaftsmacht Londons eine der stärksten Klammern für das englische Empire ist. Und diese Klammer fühlt England locker werden. Seine Wirt-- schaftsmacht beruhte darauf, datz alle Reichtllmer englischer Besitzungen in Form riesiger Handelsgewinne in London zusammenströmen. Dieser weltbeherrschende Handel ist Zweck und Ziel nicht nur der englischen Kolonialpolitik, sondern der englischen Politik überhaupt von jeher gewesen. Ihn sieht England bedroht durch die neuen Wirtschaftsmethoden, di« die Achsenmächte entwickelt haben. Dabei ist es nicht so, datz diese Methoden dem englischen Handel an sich gefährlich werden, nein, die Gefahr liegt vielmehr darin, datz sich im Laufe der Zeit die deutschen Handelsmethoden als die besseren erwiesen haben, und zwar insbesondere für die Staate«, die mit Deutschland Handel treiben. Der gegenseitige Nutzen, auf dem diese Methoden aufgebaut sind, steht in einem klaffenden Gegensatzzudenaltenbritisch e n Welthandelsmethoden, deren Ziel gerade umgekehrt die Ausbeutung eines wirtschaftlich und politisch Schwächeren gewesen ist. Dieser ausbeuterische Charakter des sogenannten Welthandels tritt immer klarer zutage. Daraus resultiert der Haß Englands gegen Deutschland, und darum bemüht man sich, dieses neue Deutschland einzukreisen, damit es nicht durch die Entwicklung seiner neuen Handelmethoden die gesamte Weltwirtschaft revolutioniert.
Selbstverständlich wird dieses Ziel wie immer mit dem Mäntelchen der Menschenfreundlichkeit und Humanität umhüllt. Nach der altbewährten Methode schreit man „Haltet den Dieb!" und bezichtigt gerade Deutschland der Ausbeutung seiner Handelspartner. Die Völker werden sich daher in nächster Zukunft mehr und mehr mit der Frage zu beschäftigen haben, welche Handelsmethoden denn nun eigentlich ausbeuterisch sind, die deutschen oder die demokratischen. Wir können dem in Ruhe entgegensehen.
Nehmen wir nun einmal einen Abschnitt aus der Weltwirtschaft heraus. Sie beruht, wie ihre eifrigsten Verfechter immer wieder betonen, auf der völligen Freiheit, auf der Möglichkeit des mehrseitigen Handelsverkehrs im Gegensatz zum zweiseitigen Handelsverkehr, d. h. sie beruht auf dem Golde als dem allgemeingültigen Zahlungsmittel resp. «ms goldgedeckten Devisen. Wenn diese Weltwirtschaft zum Nutzen aller funktionieren soll, so mühte jedes Land in der Lage sein, den Spitzenausgleich seines Handelsverkehrs notfalls durch Gold vornehmen können. Es müßte also jeder Staat in dem seiner Größe und wirtschaftlichen Bedeutung entsprechendem Umfange Gold besitzen. Wie steht es nun aber mit dieser gerechten Verteilung des Goldes im Zeichen der freien Weltwirtschaft? Ist nicht das allein schon ein Beweis für das völlige Versagen dieser Weltwirtschaft, daß alles Gold nach Amerika strömt? Bis zu 100 Millionen Dollar betrugen die gegenwärtigen
Eoldverschiffüngen nach Neuyork an'einem einzigen Lage.' Dabei besitzen die USA. mit 36 Milliarden RM. Gold be-- reits bei weitem mehr als die Hälfte des gesamten Goldbestandes der Welt in Höhe von 62,2 Milliarden RM. Gold. Lst das etwa auch eine Folge der deutschen Methoden? DM wohl kaum. Denn während Amerika 1914 mit 7,9 Mrd. von 41I Mrd. Weltgoldbestand noch nicht ein Fünftel des gesamten Goldes besaß, hatte es im Jahre 192L bereits 16,5 Mrd. von 39,6 Mrd. Weltgoldbestand, also bereits erheblich mehr als ein Drittel. Niemand aber wird behaupten können, daß es 1922 schon die berüchtigten „deutschen Handelsmethoden" gegeben hätte. Hier wiederholt sich nur das, was sich in der Vergangenheit in England abgespielt hat. Damals zog London das ganze Gold der Welt an sich. Heute ist ihm in dem erstarkten Amerika ein noch rücksichtsloserer und robusterer Konkurrent entstanden. Und so erklärt sich der Strom des Goldes nach USA. als eine natürliche Folge des Welthandels alten Stils, der mehr und mehr zu einem ausgesprochenen Raubhandel geworden ist.
Einem Raubhandel, der genau so wie einst in England nur einerckleinen Schicht Raffgieriger zugute kommt, während das eigene Volk dabei in furchtbarster Not lebt. Nach einer soeben herausgekommenen amtlichen Veröffentlichung des Leiters des Städtischen Fürsorgeausschusses von Neuyork sind über 23 Millionen Menschen in den USA. von öffentlichen Unterstützungen abhängig und 70 m H. aller Familien, welche weniger als 1700 Dollar Jahreseinkommen haben, befinden sich in Notlage. Das ist eine Sensation für Amerika. Aber in Wirklichkeit ist es gar nichts Neues. Denn - auch in der Blütezeit des englischen Freihandels vor der z Jahrhundertwende war mit dem Glanz und dem Reichtum r der Oberschichten irr England eine unsagbare Not in den ; Arbeitervierteln der englischen Großstädte verbunden.
^ Jetzt will Herr. Roosevelt englische Baumwolle gegen Zinn E und Kautschuk von England und Holland« eintäuschen, um 7 von den elf Millionen Ballen unverkäuflicher Baumwolle p wenigstens eine Million za verwerten. Ob für diese Baum- f wolle nicht in Amerika selbst genügend Bedarf vorhanden s: wäre, wenn Herr Roosevelt erst einmal dafür sorgte, datz ?' die Millionen von Arbeitslosen wieder Arbeit und Ver- f dienst bekämen? Man glaubt ja gar nicht,, was 23 Mil- ! lionen Menschen alles „brauchen" können, wenn sie „kaufen" können. Die ausbeuterischen Welthan- delspolitik der Demokratien ist es, die diese furchtbare Not verschuldet hat, nicht aber die deutschen Handelsmethoden.
H Aehnliches kann man auch anderswo als in Amerika be- f obachten. Da ist z. B. die Schweiz. Auch sie war welt- händlerisck eingestellt und überflutete den Weltmarkt mit den Produkten ihrer Milchwirtschaft. Käse, Kondens- und Frischmilch waren die Hauptausfuhrprodukle. Heute sind die beiden letzteren Produkte so gut wie gar nicht mehr abzusetzen, und der Käseexport ist auf die Hälfte zusammengeschrumpft. Der Weltmarktpreis deckt nur wenig mehr als die Hälfte des Selbstkostenpreises. Die Differenz muß der Staat j zuzahlen. Der Schweizer selber aber mutz die Butter mehr ! als doppelt so teuer bezahlen wie etwa ein Däne oder ein h Holländer, Getreide mutz man zu fünf Sechsteln einfllhren, denn nur ein Sechstel erzeugt das Land selbst. Jetzt endlich st geht man energisch daran, den Getreideanbau durch Staatsprämien von 200 Franken je Hektar und mehr wieder zu fördern. Was bedeutet das alles? Genau dasselbe wie die Arbeitslosigkeit in USA. 7 Wirtschaftsvernichtende Folgen ^ der einseitigen Ausrichtung auf den Welthandel. An ihm ^ gewinnen auf die Dauer eben nur die „Händler" der Welt.
' Das war England einmal allein. Heute aber sind es mehr oder weniger überall — die Juden. Die Völker selbst aber 2 verarmen und verelenden dabei.
Ganz anders wirken sich die deutschen Wirtschaftsmethoden aus, wie sie im Handel mit den Südoststaaten seit langem erprobt wurden und, im Wirtschaftsvertrag mit Rumä- ! nien erstmalig eine über die enaen Kremen eines Handels-
l Bestellen Sie unsere Zeitung r
i
>
!
!
Vertrages hinausgehende Form angenommen habe«. Der rumänische Bauer braucht nicht zu befürchten, datz er durch eine Ausdehnung des Handels mit Deutschland geschädigt wird. Im Gegenteile Er wird wirtschaftlich gestärkt, wird leistungsfähiger und kaufkräftiger. Mit deutscher Hilfe werden die Grundindustrien dieser Länder entwickelt, so datz sie neue Produkte und Erzeugnisse auch an dritte Länder absetzen können. Die Länder erhalten so die Hoffnung, allmählich aus der Ungunst ihrer bisherigen Zahlungsbilanzen herauszukommen. Sie werden wirtschaftlich stärker und unabhängiger; größere wirtschaftliche Unabhängigkeit bedeutet aber immer auch größere politische Freiheit. Genau das Gegenteil von dem, was die Demokratien behaupten, ist also richtig. Die enge wirtschaftliche Anlehnung an Deutschland bedeutet keineswegs die Aufgabe der politischen Selbständigkeit, sondern ihre Stärkung. Daß wir dabei die Hoffnung haben, in den Völkern, mit denen wir so erfolgreich zusam- menarbeiten, auch Freunde für die weitere Zukunft zu gewinnen, das wird man uns wohl nicht verübeln dürfen. Von' Ausbeutung aber kann bei diesen deutschen Methoden nur 8er sprechen, der diese vernünftige und gesunde Entwicklung verhindern will, damit die Völker nicht erkennen; wo der wahre Ausbeuter sitzt. P. B.
beMtrsliol
Zuchthaus und Sicherungsverwahrung für einen Zwanzigjährigen
Stuttgart, 19. April. Der kaum 20 Jahre alte Max Sackmann aus Stuttgart wurde vom Schöffengericht wegen schweren und einfachen Diebstahls zu der Gesamtstrafe von zwei Jahren sechs Monaten Zuchthaus verurteilt. Außerdem wurde auf Sicherungsverwahrung erkannt. Um sich Geld zu verschaffen, war der Angeklagte in einer Augustnacht des vorigen Jahres an der Dachrinne des Gebäudes der katholischen Kirchsnpflege in Stuttgart, smporgeklettert und durch ein Fenster ins Kassenzimmer eingestiegen, wn er nach gewaltsamer Oeffnung einiger Schubladen 7 RM. Bargeld' und Briefmarken im Werte von 73 RM. entwendete. 2m Februar betätigte sich der Angeklagte als Fassadenkletterer an der Dillmann-Oberschule ur Stuttgart, deren Zögling er früher vier Jahre lang gewesen war. Er drang ms Zimmer der Schülerwohlfahrtspflege ein, öffnete dort mit dem Vorgefundenen Schlüssel den Kassenschrank und entnahm diesem 382 RM. Bargeld. Kurz darauf stahl er als East eines der ersten Hotels in Stuttgart einem anderen East Mantel, Hut, Schal und Handschuhe vom Earderobeständer weg, um sich selbst damit zu bekleiden. Sackmann ist zwar noch nicht vorbestraft,, zeigte aber von Jugend auf ausgesprochen asoziale Züge. Das Schöffengericht tat den ganz außergewöhnlichen Schritt der Sicherungsverwahrung eines erst Zwanzigjährigen ohne Vorstrafe, wie in der Begründung ausgeführt wurde, erst nach besonders eingehender Prüfung, denn es konnte sich der lleberzeugung nicht verschließen, daß der Angeklagte zu den 30 Prozent der Unverbesserlichen hinter Zuchthausmauern gehöre.
Zuchthaus für einen unverbesserlichen Verbrecher
Ulm, 19. April. Bor dem Schwurgericht stand der verheiratete, 4S Jahre alte Franz Bauer, gebürtig aus Ehingen, zuletzt wohnhaft in Neu-Ulm, und zwar wegen eines Verbrechens des Meineids und zweier Verbrechen der Verleitung zum Meineid. Schon in der Jugendzeit hatte der Angeklagte seine verbrecherische Laufbahn begonnen, wie zahlreiche vom Jugendgericht über ihn verhängte Strafen beweisen. Auch während« der Militärzeit und dem Kriegsdienst ist Bauer wegen Fahnenflucht, Diebstählen u. a. zu schweren Strafen, einmal sogar zu sechs Jahren Zuchthaus, verurteilt worden. Am 28. Februar 1939 erkannte das Schwurgericht in Memmingen abermals aus sechs Jahre Zuchthaus und fünf Jahre Ehrverlust gegen« den unverbesserlichen Verbrecher, und zwar weil er sich an der noch nicht 11 Jahre alten Tochter seiner damaligen Braut«, fortgesetzt in schwerster Weise vergangen hatte. In der Verhandlung vor dem Schwurgericht Ulm wurde der Angeklagte beschuldigt, in einem Ehescheidungsprozeß im Jahre 1934 falsch geschworen zu haben. Unter Einbeziehung der in Memmingen ausgesprochenen Zuchthausstrafe verurteilte ihn das Gericht zu einer Eesamtzuchthaus- strafe von sieben Jahren, wozu der bereits in dem Memminger Urteil ausgesprochene fünfjährige Ehrverlust tritt.
Roman von Klara Laidhausen,
Urheberrechtsschuh durch Verlagsanstalt Manz, RegeuSburg. 27. Fortsetzung. Nachdruck verboten.
Vorhin aber, als auf ihrem Gesicht dieses leise Befremden, dieses halb scheue Zurückweichen gewesen war, da war's ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Diesen Ausdruck kannte er — kannte ihn, oh wie gut! So hatte Ditha jedesmal zu ihm aufgesehen, wenn er in seinem zärtlichen Ungestüm sie manchmal fester in die Arme gepreßt hatte, wenn er seinen Mund heißer und durstiger auf ihre Lippen drückte. Er hatte ihn unendlich geliebt, diesen rührend hilflosen Ausdruck auf ihrem süßen Gesicht, der ihm so deutlich den Zwiespalt ihres reinen Herzens offenbarte, das nicht recht wußte, ob es noch in Liebe gewähren oder schon in herber Zurückhaltung wehren müsse. Viel wirksamer als tausend Worte hatte dieses scheue Zurückbeben der Geliebte« sein heißes Blut in Schach gehalten.
Genau so hatte ihn nun vorher Lore Berger angesehen, und da war ihm wie ein Blitz die Erkenntnis der ungeheueren Ähnlichkeit gekommen: Das waren Dithas blaue Augen, Dithas Mund, ihre ebenmäßige schlanke Figur, ihre edle Haltung, ihre harmonischen, anmutigen Bewegungen! Mehr noch! Das war ihre Stimme, ihr süßes Lachen — alles alles — sie! Das war keine bloße Ähnlichkeit mehr — dieses Mädchen hatte dunkles Haar und dunkle Brauen, aber sonst war es Ditha! — War's da ein Wunder, datz ihn die Erregung übermannt hatte?
Freilich, nun er sah, was er angerichtet hatte, tat es ihm furchtbar leid. Wie konnte er das arme, junge Ding so erschrecken! Das machte sich nun weiß Gott was für dumme Gedanken, sprach ja sogar schon vom Wiederfort- müssen! 'Seltsam, datz Ilse diese große Ähnlichkeit ihrer beiden Freundinnen nie erwähnt hatte! War es möglich, Latz sie ihr überhaupt nicht ausgefallen war? Sie hätte
ihm doch sonst Lore Berger nicht für sein Haus empfohlen! — Oder narrten ihn seine Sinne? Bestand die Ähnlichkeit überhaupt nicht in dem Grade, wie es ihm schien?
Auf alle Fälle war es hohe Zeit das qualvolle Schweigen zu brechen, um des armen Mädchens willen, dem sicher jede Sekunde zur Ewigkeit wurde Franz zwang ein Lächeln in sein Gesicht und bemühte sich seiner Stimme den alten, fröhlichen Klang zu geben, als er Ditha jetzt abbittend die Hand entgegenstreckte: „Nicht wahr, Fräulein Lore, Sie mache« sich keine wirklich unnötigen Gedanken? Ich wünsche nichts herzlicher, als daß Sie recht lange bei «ns bleiben möchten. — Wir wollen jetzt zu Mutter hinaufgehen, sie wird schon warten. Außerdem haben Sie wohl noch gar nicht Zeit gehabt, sich in unserem Haus umzusehen!"
Ditha erkannte wohl, datz die Erregung der letzten Minuten in ihm noch ebenso gewaltig nachzitterte wie in ihr, doch war sie ihm viel zu dankbar für sein Bemühen, das Gespräch wieder in allgemeine, harmlose Bahnen zu lenken, als daß sie ihn nicht nach Kräften darin unterstützt hätte. So ergriff sie die dargebotene Hand und sagte warm: „Nein, Herr Doktor, ich habe noch nicht sehr viel von Ihrem schönen Haus gesehen, aber immerhin genug, um von Herzen dankbar zu sein, wenn ich bleiben darf."
Er nickte befriedigt. „Na also, da wären wir ja glücklich wieder einig. Und nun kommen Sie zu Mama!" Er machte eine einladende Handbewegung zur Treppe hin und drückte die Türe des Ordinationszimmers ins Schloß.
Ditha löste sich aus der Umrahmung der blauen Orchideen, verhielt aber nochmals den Schritt. „Darf ich nicht erst hier drinnen ein wenig Ordnung machen?" Sie zeigte nach dem Ordinationszimmer.
Da lachte Franz herzlich: „Sie wollen also wirklich mit beiden Füßen zugleich in Ihre Arbeit springen, Fräulein Lore? Aber da wird heut' noch nichts daraus! Erst müssen Sie einmal ein bißchen bei uns heimisch werden und Ihre eigenen Sachen in Ordnung bringen. Haben Sie Ihr Gepäck schon hier?"
„Nein noch nicht," erwiderte Ditha, „es ist aus dem Bahnhof liegen geblieben und ich habe einen Dienstmann beauftragt, es gegen Mittag hieher zu bringen."
Franz Hormann schritt ihr voran die bequeme breite Treppe hinauf und öffnete dann die Tür zum Zimmer seiner Mutter, um Ditha zuerst ei «treten zu lassen. Die kleine Frau Forstrat war eben dabei, den Tisch für drei Personen zu decken und kam ihnen lebhaft entgegen. „Da sind Sie ja wieder, Kindchen! Ich Habemir schon ordentliche Vorwürfe gemacht, datz ich Sie gleich hinunterlirtz, noch ehe Sie richtig den Futz über die Schwelle gesetzt hatten. Ich hätte wirklich recht gut selbst . .
„Latz nur, Mütterchen!" fiel ihr der Sohn in seiner raschen, fröhlichen Art in die Rede: „Latz nur gut sein, Mütterchen! Fräulein Lore hat mir so schön geholfen, datz ich Dich wirklich gar nicht entbehrt habe."
„So? Na warte nur, Du undankbarer Schlingel," drohte die Mutter lächelnd mit dem Finger, „ich werd's mir aber merken!"
Sie lachten alle drei zusammen, ein fröhliches Trio, Trotzdem streiften Frau Hormanns flinke, Helle Augen ein wenig besorgt das Gesicht des Sohnes. Sie kannte ihren Jungen viel zu gut, um nicht zu sehen, datz seine Fröhlichkeit nur Maske war, hinter der er eine tiefe seelische Erregung verbergen wollte. Und auch die junge Hausgenossin war blaß und hatte gerötete Augen.
Was konnte es in der kurzen Zwischenzeit zwischen den beiden, die sich doch völlig fremd waren, gegeben haben? War die neue Gehilfin ungeschickt gewesen? Das war nach allem, was Frau Ilse über sie gesagt hatte und nach den vorzüglichen Zeugnissen wohl kaum anzunehmen — außerdem war Franz viel zu gütig, um daraus gleich eine Kabi- nettsaffäre zu machen.
Sie seufzte leise auf. Die Stimmung, die die beiden damit hereingebracht hatten, fiel ihr schwer auf die Nerven. Sie war eine sehr sensible Natur und brauchte Harmonie um sich her, wenn sie sich wohl fühlen sollte.-
(Fortsetzung folgt.)