Ragolder Tagblatt »Der Gesellschafter
8. Seite Rr. 18
Samstag, den 21. Januar 1838
Berliner Brief
Der Reichstag wittert Lenzeslüfte — Berliner Autoring fast -ejchlossen — BVG. in Jnbiläums-Stimmung — Große Vorbereitungen für die »Grüne Woche"
Berlin genießt unzeitgemäße Frühlingsfreuden, denn Petrus ve, wechselt die Jahreszeiten. Kreuz und quer durch den Tiergarten und durch die vielen großen Parks und Anlagen der Reichshauptstadt rollen in den Mittagsstunden Kolonnen von Kinderwagen, und man kann, wenn es die Sonne besonders gut meint, schon wieder ein Piertelstünd- chen aus den Bänken am Neuen See sitzen und den Schwanen und Enten zuschauen, die sich im längst ausgeiauteu Wasser tummeln.
Wer vom Neuen See, quer durch den Tiergarten, z»m Königsplatz wandert, wo sich jetzt ein großes, weites Baugelände ausdehnt, bleibt vielleicht einen Augenblick vor dem riesigen Block des Reichstagsgebäudes stehen, das nun in absehbarer Zeit wieder seiner ursprünglichen Bedeutung zugeführt werden wird. In den letzten Jahren sind vom Berliner Reichstag nur die kleineren Räume und Säle benutzt worden, von denen ein Teil zu Ausstellungszwecken diente. Hier wurde zum Beispiel vor längerer Zeit die Ausstellung „Bolschewismus ohne Maske" gezeigt, hier hat erst vor wenigen Tagen die von Tausenden besuchte' interessante Schau „Der ewige Jude" ihre Pforten geschlossen.
Der Reichstag tagte in den letzten Jahren, wie jeder weiß im Hause der ehemaligen Krolloper, das dem Neichstagsge- bäude auf der anderen Seite des Königsplatzes gegeniiber- liegt. Im Zuge der Umgestaltung Berlins wird nun auch die Krolloper in absehbarer Zeit verschwinden. Zu gleicher Zeit aber wird der Berliner Reichstag — nach dem großen Brande wurde bisher vom Plenarsaal nur die Kuppel ausgebessert — ausgebaut und umgestaltet werden, um in Zukunft eine würdige Stätte zur Abhaltung des großdeutscheu Reichstages zu werden.
Während sich mit diesen Bauplänen für das laufenoe Jahr schon wieder viel neue Arbeit bietet, während der gewaltige Umbau der Reichshauptstadt mit Riesenschritten vorwärts geht und beispielsweise schon im April Berlins einzigdastehender Umsteigebahnhof Potsdamerplatz und die neue S-Bahnstrecke „Unter den Linden"—Potsdamer Platz in Betrieb genommen wird — geht weit draußen, vor den PSrerr Berlins der Bau des großen Neichsautobahnringer rund um die Reichshauptstadt seinem Ende entgegen. Schon pnd mehr als zwei Drittel der Strecke für den Verkehr frei- «egeben. Der Ring um Berlin ist im Westen, Süden und Osten von Werder über Michendorf—Königswusterhasen— Rüdersdorf bis nach Schwaneback unweit Bernau bereits befahrbar. Damit ist den Tausenden Berliner Autofahrern die Möglichkeit gegeben, die weitere Umgebung der Stadt rasch auf guten Straßen zu erreichen und die Schönheiten der märkischen Landschaft umso bequemer zu erreichen.
Wenn heute die Motorisierung der Reichshauptstadt rasche Fortschritte macht und viele Berliner bereits im eigenen Wagen durch die Stadt und am Wochenende aus der Stadt hinaus fahren — so werden doch im Alltag täglich Hunderttausende von den öffentlichen Verkehrsmitteln der Reichshauptstadt, von der S-Bahn sowohl wie von der Elektrischen, der U-Bahn und den Autobussen befördert. Die Berliner Verkehrs-Gesellschaft, von den Berlinern kurzweg BVG. genannt, hat in diesem Monat ihr zehnjähriges Jubiläum gefeiert. Vor zehn Jahren begann die „Berliner Verkehrs AE." ihren Betrieb, vor der Machtübernahme jahrelang Spielball parteipolitischer Sonderinteressen und Tummelplatz gewinnsüchtiger Parteimänner, bis auch hier mit dem Jahre 1933 die Ordnung und gesunder wirtschaftlicher Aufstieg einsetzten.
Inzwischen blickt man schon wieder mit Spannung nach dem Kaijerdamm, wo sich der Auf- und Ausbau der großen Messehallen zur „Grünen Woche" vollzieht. Nachdem diese beliebteste Schau der Reichshauptstadt im vergangenen Jahre ausfiel, wird sie diesmal ganz besonders reichhaltig und umfassend sein, besonders da zum ersten Male Deutschlands neue Ostmark mit in die Ausstellung einbezogen ist. Die Aussicht allein, diesmal geradewegs mit dem Autobus aus der Stadtmitte ins Stubaital in Oberösterreich fahren zu können, läßt viele Herzen höher schlagen. Denn der am Messedamm aufgebaute österreichische Bergbauernhof mit Mensch und Tier, mit Haus und Ställen und Weide wird zweifellos mit der stärkste Anziehungspunkt der Schau sein.
Daneben beginnen auf anderem Gebiete bereits Vorbereitungen, die nicht minder umfassend sind. Beginnt am 27. Januar die „Grüne Woche", so bringt der 28. Januar ein traditionelles Ereignis der Reichshauptstadt: den Presseball 1939, der wie alljährlich alles was Berlin an Schönheit, Geschmack und Eleganz zu bieten hat, in den Festsälen des Zoo zusammeuführen wird. Die Vorbereitungen, die für dieses repräsentative Ereignis im Gange sind, erstrecken sich vor allem auf das Gebiet der Mode und der künstlerischen Darbietungen. In der Textil- und Modeschule der Stadt Berlin wird bereits emsig an prachtvollen phantasievollen Kostümen für das indische Märchenspiel „Die bunte und die weiße Feder" gearbeitet, das als große Revue kurz vor Mitternacht im Rahmen des Presseballes aufgeführt wird.
In diesem Hause der Textil- und Modeschule, wo der Nachwuchs des Kunstgewerbes und des modeschaffenden Handwerks fachlich und künstlerisch geschult wird, entstehen auch bereits nach herrlichen Entwürfen aus der Hand der Schüler und Schülerinnen die Kostüme für den berühmteste« Faschingsball Berlins, „Die bunte Laterne". Kunst und Geist und übermütige Laune reichen sich die Hand, um hier Karnevalskostüme von geradezu prachtvoller Wirkung erstehen zu lassen. Berlin arbeitet und Berlin amüsiert sich. Man spürt es, daß die Faschingszeit beginnt.
Dionysos.
„Meder mtt de« ZuLeui"
Zwischenfälle in London
London, 19. Jan. Wie die Londoner Zeitungen melden, kam es am Mittwoch abend vor und in dem Londoner Lichtspieltheater Plaza zu Kundgebungen bei einer Uraufführung zugunsten desBaldwin-Fliichtlings-Fonds. Vor dem Lichtspieltheater wurden den eintresfenden Theaterbesuchern Flugblätter in die Hand gedrückt, in denen auf die traurige Lage der englischen Arbeitslosen aufmerksam gemacht wird. Jm- Theater selbst kam es zu Zwischenfällen, als ein Redner für den Fonds warb. Eine Anzahl Besucher des Theater, stand auf und rief: „Nieder mit den Juden!", worauf sie sofort aus dem Theater cherausgefiihrt wurden. Lord Baldwin selbst war in dem Lichtspieltheater Zeuge der Zwischenfälle.
Der Gemeinnutz in gesetzlicher Verankerung
Fünf Fahre GeseZ zur Ordnung der nationalen Freiheit
> Die Tatsache, daß ein Gesetz vor fünf Jahren erlasse» worden ist, ist im allgemeinen noch kein Anlaß für eine besondere rückbückende Würdigung. Dieser Zeitraum reicht bei Vorschriften grundlegender Art gerade erst aus, um die Beteiligten mit ihrer Handhabung vertraut zu machen. Das Gesetzzur Ordnung der nationalen Arbeit, das am 20. Januar 1934 erlassen worden ist, ist einen anderen Weg gegangen: Sehr bald nach seinem Inkrafttreten
s wurde es hier und da bereits als die Bibel der schassenden ! Deutschen bezeichnet, gleichermaßen für Betriebssichrer und ! für Gefolgschaftsmitglieder geeignet, ihre gegenseitigen
> Rechte und Pflichten aufzustellen und abzugrenzen.
Es war eines der ersten größeren Gesetzeswerke, die der nationalsozialistische Staat geschaffen hat, und zwar schon zu einer Zeit, in der auf den meisten übrigen Gebieten zunächst lediglich vorbereitende Zwischenmaßnahmen getrof- : fen werden konnten. Entscheidend hierfür war vorwiegend ! die Erwägung, daß die deutsche Volksgemeinschaft gerade in dem täglichen Beieinander der Schaffenden besonders stark zum Ausdruck kommt und sich erproben und bewähren s muß. Die Ordnung dieser nationalen Arbeit war daher vor- ! dringlich. Sie hat Ihren äußeren Niederschlag in Paragra- ! phen gefunden, also in Einzelvorschriften. Gerade an dem ! Arbeitsordnungsgesetz zeigt sich aber der Unterschied zwi- I scheu Gesetzen unserer Zeit und denen aus vergangenen Epochen. —
Die einzelnen Bestimmungen sind klar und verständlich formuliert, und ihre Gesamtheit ist nicht mehr eine Anhäufung von raffinierten Mitteln für wenige Wortklauber: „Die neue deutsche Arbeitsgesinnung spricht aus jedem Wort: Betriebsfllhrer, Gefolgschaftsmitglied, Vertrauens- ! rat, Treuhänder der Arbeit, soziale Ehre, Betriebsgeinein- i schuft u. a. Sie sind auch nicht etwa nur andere Formulierungen für beibehaltene bisherige Begriffe. Dies weiß nicht
> erst heute, am Ende der ersten fünf Jahre, jeder werktätige
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Jawohl, Herr
Auf dem Kasernenhofe
Im grauen Novembernebel schwirren laute Rufe wirr durcheinander. „Stillgestanden!" „Kehrt marsch!" „Achtung! Angetreten, marsch, marsch!" ,',Hagele, halten Sie Ihre Augen ruhig!" „Habt Jhr's jetzt verstanden?" „Jawohl, Herr Unteroffizier" brüllen elf Mann ihren Ausbilder an, daß selbst dieser sonst so unerschrockene Soldat einen halben Schrit zurückweicht. „So ist cs recht, nur immer frisch und munter, dann werdet ihr einmal nicht-ge Soldaten und solche wollt ihr doch wohl werden?" Und noch einmal tönt es dem Unteroffizier aus einem Dutzend unverbrauchter Rekrutenkehlen entgegen: „Jawohl, Herr Unteroffizier!"
Und weiter geht die, ach so mühselige, nervenanspannende und doch so herrliche, dankbare, immer neue Ueberraschungen hervorzaubernde Ausbildungszeit am Rekruten. Und wenn am Abend nach des Tages Müh und Last die Kasernenhoferlebnisse in der warmen Stube besprochen werden, bleibt als Ergebnis übrig, was der immer überlegte Schütze Florian, der angehende Architekt, bedächtig vor sich hinspricht: „Er ist doch ein feiner Kerl, unser Unteroffizier! Rauhe Schale, ja, etwas sehr laut manchmal, aber doch ein grundguter Mensch. Der würde im Ernstfall keinen von uns im Stich lassen!"
Im Gelände
Das war im Mai. Kurz vor der Kompagniebesichtigung. Die Kompagnie übte heftig in allen Kampfarten, die Vorschriften und Sonderbestimungen verlangten. Einbruch stand eben auf der Tagesordnung. „Gruppe Holzapfel nimmt das MG. dort au der Hecke weg! Die MG. des Zuges unterstützen das Vorgehen. Sobald Gruppe Holzapfel..." Der Zugführer befahl und die Männer sprangen und krochen und schossen und schlichen und brüllten Hurra und schon war ein Loch in der Front des Gegners. Der Zug drängte nach. Die Kompagnie stieß durch. Der Bataillouskommcmdeur war begeistert. Der Kompagniechet daraufhin nicht minder. Und am Heimmarsch die Kritik der Mannschaften. „Wenn unsere Gruppe"das ME. an der Hecke nicht so schneidig weggenommen hätte, wäre die Kompagnie da nie durchgekommen. Niemals!" — „Richtig, du Quatschkopf, aber wenn uns unser Unteroffizier nicht so indianerhaft geschickt und rasch durch die Büsche dort am Hang geführt hätte, und wenn er nicht durch seinen 60-Meter-Handgranatenwurf das feindliche MG. so frühzeitig in die Deckung gezwungen hätte, hätten wir das MG. nie schnappen können." — „Ich hätte nicht geglaubt, daß unser Unteroffizier mit Gewehr und Sturmgepäck auch noch so laufen kann wie im Sportanzug. Da muß man schon viel Uebung haben." — „Ha no, Kunststück, die Kerle tu» ja nichts anderes..." Und beim abendlichen Waffenreinigeu, als der Korporalschaftsführer fragte: „Na, Männer, wie hat euch die Uebung heute gefallen?", gab es keinen, der nicht begeistert zugestimmt hätte, daß es einfach großartig gewesen wäre.
Der Gipfel der Freude und des Stolzes aber wurde erklommen, als bei der Befehlsausgabe bekanntgegeben wurde, die Gruppe Holzapfel dürfe am Samstag schon um 12 Uhr in Urlaub stahren, weil sie bei der heutigen Gefechtsübung der Kompagnie so schneidig sich benommen habe.
Im Felde
Das hat die Gruppe nicht selber erlebt. Aber der Kompagnie- ches hat es erzählt beim Unterricht über Kameradschaft. „Kampfgemeinschaft erfordert Kameradschaft. Sie bewährt sich besonders in Not und Gefahr." Heute noch glänzen ihre Augen, wenn sie daran denken, was der Kompagniechef berichtet hat von der heldenmütigen Kameradschaft im Kriege zwischen Mann und Unteroffizier und Offizier. „Heute noch", sagte er. „stehe ich mit meinem ersten Gruppenführer, den ich im Felde hatte, in freundschaftlicher Verbindung. Er hat mich zuerst mitgenommen auf die nächtlichen Patrouillengänge, er hat mir gezeigt, wie man feindliche Horchposten anschleicht, oder wie man mit Handgranaten Gräben aufrollt. Er hat mich mehr wie einmal zurückgehalten, wenn ich eine Dummheit machen wollte. Wie oft hat er uns, wenn uns der Mut sinken wollte, mit nach vorne gerissen durch ein herzhaftes Wort und durch sein glänzendes Beispiel. Er hat manchen von uns, der getroffen ward, stundenlang durch das Feuer der feindlichen Grabenbesetzung zurückgeschleppt in den eigenen Graben und dabei sein Leben unerschrocken aufs Spiel gesetzt. Und ab und zu mußte er auch einem aus seiner Gruppe die Äugen zudrücken, wenn der Franzmann zu genau gezielt hatte. „Es wird schon wieder gut, Kamerad, sei nur ruhig, ganz ruhig. Abends tragen wir dich zurück zum Arzt und dann darfst du in die Heimat." Und mit leiser Stimme lispelte der
! weiolgsmann und jeder verantwortungsbewährte Unternehmer.
Gewiß, die Gesetzgebung auf sozialem und arbeitsrechtli- chem Gebiet ist nicht bei dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit stehengeblieben. Es selbst ist inzwischen wiederholt durch Ausführungsverordnungen ergänzt worden, und andere Gesetze sind ihm gefolgt. Wer hierin einen Mangel erblicken will, übersieht vor allem, daß das Gesetz l e - diglich einen Ra hmenab geben wollte oder, besser gesagt, ein Fundament. An diesem Fundament für eine echte Vetriebsgemeinschaft hat sich bis heute nichts geändert, konnte es auch gar nicht, weil wir heule noch dasselbe darunter verstehen wie von Anfang an. Allerdings ist eines völlig anders geworden gegenüber damals: U n serWir t- s ch a f t.s - u n d A r b e i t s l e b e n. An die Stelle der vordringlichsten Aufgabe, der Beseitigung der Arbeitslosigkeit, trat u. a. die Auswirkung des Vierjahresplanes, die Aufgabe der Heranziehung geeigneter Fachkräfte. Es ist klar, i daß diese beinahe völlige Umkehrung der Voraussetzungen s auch neue gesetzgeberische Maßnah m e n erGrder- j lim gemacht bat. Auch sie gehen aber alle aus das Arbeüs- > ordnungsgesetz zurück, weil es den Weg für diese Auf- ! wärtsentwicklutig ebenfalls geebnet hat. Letzten Endes wollen auch die Anordnungen zur Durchführung des Vierjahresplanes und die Durchführungsverordnungen zum AOG. nur eins, nämlich die Arbeit der Natron ordnen. Und so wird auch heute noch, nach fünf Jahren, bei jeder Vorschrift immer wieder der Anschluß zu dem Ausgangspunkt hergestellt, zu dem Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit, dessen Paragraph 1, zeitlos und allgemeingültig, feststellt: „Jin Betriebe arbeiten der Unternehmer als Führer des Betriebes, die Angestellten und Arbeiter als Gefolgschaft gemeinsam zur Förderung der Betriebszwecke und zum gemeinen Nutzen von Volk und Staat,"
Dr. Schwiegk.
Unteroffizier!
Kamerad: „Ich danke, Herr Unteroffizier!" — „Geht es schon besser?" Und noch einmal hauchte er: „Jawohl, Herr Unteroffizier" Dann legte er den Kopf auf die andere Seite zum ewigen Schlafe."
Rach zehn Jahren
Die Leide» der Dienstzeit sind längst vergessen. Nur die freudigen Ereignisse sind noch in lebendiger Erinnerung. Man ist ja auch schon wohlbestallter Erbhofbauer, Weib und Kinder an der Hand. Nur daß man hier und da mit dem Finanzamt zu tun har, rann die Freuden des Daseins stören. Auch heute mußte der ehemalige stolze Grenadier diesen bitteren Gang antreterr. Er traf einen neuen Beamten dort. Beide schauten sich erstaunt an. „Ja, sind Sie denn nicht der ehemalige Unteroffizier Rau- schnaoe! von der Eisten?" -- „Ja freilich — und Sie sind doch der Knöpfle?" — „Aber natürlich!" Und nun hate das Fragen irin Ende. „Sagen Sie, was macht denn die Kompagnie? Wo ist denn der Spieß hingekommen?" — „Der ist bei der Bahn und führt mit dem D-Zug von Stuttgart nach Berlin." — „Und der Schi.'ßunteroffizier?" — „Der hat sich eine Vauernsiedlung in der Ostmark erworben und als Scharfschütze ist er natürlich auch Pächter einer Jagd." — „Und der von unserer Gruppe, der Holzapfel'-'" — „Der ist sogar Hauptmann geworden und führt heute so stolz und schneidig seine Kompagnie wie damals seine Gruppe." — „Und der Fourier, der uns keine Kohlen geben wollte?" — „Der ist wohlbestallter Werkmeister in der Firm« B..., nachdem er seine Abschlußprüfung für Technik gemacht hat." — „Donnerwetter, das freut mich, daß es allen so gut geht. Das muß ich meinem Neffen erzählen, der ist nämlich jetzt auch beim Kommiß im zweiten Jahr und weiß immer noch nicht recht, ob er dabei bleiben soll oder nicht. Er schwärmt von der „goldenen Freiheit". Bei uns haben es damals auch viele gemeint. Aber die Freiheit ist gar nicht immer so golden, wie man glaubt. Manchen hat es schon gereut, daß er nicht Soldat ge- blübeu ist."
Und als sie sich verabschiedeten, klopfte der neue Steuercber- jekteiär dem ehemaligen Kompagniekameraden aus die Schulter und sagte: „Wenn Sie einmal eine Auskunft brauchen in Steuer- angelegenheiten. dann wenden Sie sich nur an mich." Da klappte der Erbhofbauer die Hacken zusammen und rief laut und vernehmlich:
„Jawohl, Herr Unteroffizier!" Genau wie vor zehn Jahren.
Kaiserslautern Gauhauplstadt der Saarysalz
Die Begründung der Verlegung der Eauhauptstadt
Kaiserslautern, 19. Jan. In seiner großen Rede in der Kai- serslauterer Fruchthalle führte Gauleiter Bürckel zur Begründung der Verlegung der Eauhauptstadt von Neustadt «ach Kaiserslautern folgendes aus:
Der Führer habe endgültig entschieden, daß Kaiserslautern Gauhauptstadt wird, und zwar müsse endlich Rücksicht genommen werden auf die Parteigenossen an der Saar, denen nicht immer die weite Reise nach Neustadt zugemutet werden könne, zumal Kaiserslautern verkehrspolitisch am günstigsten im Gau liege. Kaiserslautern sei ferner der Sitz zentraler Behörden und hoher militärischer Stellen. Die Entscheidung wäre bisher nach seinem Wunsche immer vertagt worden. Nunmehr zwängen aber neue Verhältnisse, die Entscheidung ichue-lsiens hcrbeizufiihren.
Der Gauleiter teilte dann mit, daß für die Uebergangs- frist ein bis zwei Jahre benötigt würden, denn für Neustadt müsse ein entsprechender Ersatz geschaffen werden. So komme als erstes bereits ein Bataillon der ^-Versiigungstruppe nach Neustadt. De» Angehörigen der Eauleitung solle fernerhin gestattet bleiben, ihre bisherigen Wohnungen in Neustadt auch nach der Verlegung der Gauleitung nach Kaiserslautern zu behalten. Selbstverständlich müsse Kaiserslautern in Zukunft wesentlich ausgebaut werden.
Kleine Nachrichten
Eröffnung der Deutsch-italienischen Studienstiftung. Im Goethe-Saal des Harnack-Hauses in Berlin-Dahlem fand in Anwesenheit von Mitgliedern der italienischen Botschaft und Kolonie die Eröffnungsfeier der Deutsch-italienischen Studienstiftunq statt. Ansprachen hielten der Präsident der