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Nagolder TagLlatt «Der Gesellschafter-
Mittwoch, den 27. April 1938
Ejsetibahnertaglilig ln Areiidenlta-t
Freudenstadt, 25. April. Der Bezirks- verbandderEisenbahnvereineim RBD.-Bezirk Stuttgart hatte für seine diesjährige Verbandstagung den Höhenluftkurort Freuoenstadt gewählt. Die Tagung wurde im Kursaal in Anwesenheit der Vertreter von Staat, Partei und Stadtverwaltung von dem Verbandsvorsitzenden Spiegel eröffnet. Präsident Honold überbrachte sodann die Grüß« der Reichsbahndirektion Stuttgart. Bürgermeister Dr. Blaicher wies auf den Wert der Eisenbahn für die Entwicklung Freu- denstadts hin und kam in diesem Zusammenhang auf den Plan des großzügigen Umbaues deS Freudenstädter Stadtbahnhofs zu sprechen. Es sprachen ferner Kreisamtsleiter Pg. Drei- ßig für den Reichsbund der Beamten und Kreisamtsleiter Schwaneberg für die NM). Der Geschäftsbericht, vom Bezirksverbandsleiter Spiegel erstattet, vermittelte ein umfassendes Bild von der großen Arbeit, die hier im Dienste für das Volk geleistet wurde. Die größte Arbeit des Verbandes liegt aber ohne Zweifel auf dem Gebiet der Fürsorge und auf dem der Vorsorge, der Erhaltung des gesunden Menschen. Einen umfassenden Ueber- Vlick hierüber gab der Leiter der Bezirksfürsorge Schmid. Dem von dem stellvertretenden Kassier Hirsch erstatteten Kassenbericht ist zu entnehmen, daß ein Ueberschuß von 48 230 NM. erzielt werden konnte. Am Sonntagmorgen wurde die Tagung fortgesetzt. Hierbei wurden Kurzberichte verschiedener Vereinslei- ler und im Anschluß hieran Berichte der an« geschlossenen Verbände gegeben.
Verbrauchergenossenschaften tagten
Reutlingen, 25. April. Am 27. Verbandstag des Verbandes der Württ. Verbrauchergenossenschaften e. V., der am Sonntag hier stattfand, nahmen rund 400 Geschäftsführer und Aufsichtsratsmitglieder teil. Dem vom Verbandsleiter Mayer- Stuttgart erstatteten Bericht über die Ber- bandsarbeit im Jahre 1937 war zu entnehmen, daß die angeschlofsenen 66 Genossenschaften einen Umsatz von 56,49 Mill. RM. zu der- zeichnen hatten. Besonderes Augenmerk wird der zusätzlichen Berufsschulung der Lehrlinge gewidmet, die nn Jahre 1938 auch auf das ganze Verkaufspersonal ausgedehnt werden soll. Verbandsrevisor Venter-Stuttgart gab einen Bericht über die Revisionen. Von 199 743 Mitgliedern im Jahr 1936 stieg deren Zahl auf 200 460 im Ähre 1937. lieber die Verbandskassen- und Buchprüfung verbreitete sich Verbandsdirektor Hoff- Hamburg. Pg. Becker- Hamburg vom Bundesvorstand des Reichsbundes der deutschen Verbrauchergenossenschaften hielt einen Bortrag über die Bedeutung und Aufgaben der Verbrauchergenossenschaften.
HlobuS erhalten - Steine zurück
Berufungsinstanz verdoppelte die Straf«
Hechingen, 25. April. Ueberaus freche Be- trügereien leistete sich ein Mann aus Tailfingen. Er benützte den Bestellschein eines Werbeprospektes über einen Erdglobus, durchstrich den aufgedruckten Bestelltext und schrieb statt besten auf den Zettel: „Unverbindlich, wenn Sie wollen!" Als das Paket mit dem Globus ankam, nahm der Ange- klagte den Globus heraus, tat dafür Steine in das Paket, schickte es der Lieferfirma wie- der zurück und schrieb unverfroren auf die Paketkarte: „Zurück, geht mich nichts an, was soll ich damit?" Die Firma fragte nach Empfang dieser Sendung an, ob der Angeklagte das Paket denn in beschädigtem Zustand erhalten habe, worauf dieser prompt zurückschrieb, er habe das Paket so. wie er es
eben zurückaeschickt habe, erhalten. Er lehne jede Verpflichtung ab, da er nichts bestellt habe und überhaupt nicht Wiste, weshalb die Paketsendung an ihn erfolgt sei. Mlt einer Augsburger Firma begann der Angeklagte um dieselbe Zeit das gleiche Manöver. Hier ließ er sich ein wertvolles Prismenglas kommen und schickte Steine dafür zurück.
Vor dem Strafrichter in Hechingen gab er die Bestellungen zwar zu. bestritt aber, die Steine in tue zurückgesandten Pakete getan zu haben. Die Steine müßten „von selbst" in die Pakete gekommen oder durch Dritte hineingelegt worden sein. Der Angeklagte kam mit diesen durchsichtigen Behauptungen nicht weit. Wenn er klug gewesen wäre, hätte er sich mit der Strafe von einem Monat Gefängnis, die das Amtsgericht Balingen über ihn verhängte, zufrieden gegeben. Auf seine Berufung hin wurde jetzt die Strafe verdoppelt.
Äathvithtett, die rede« wtevessieven
Auch körperliche Eignung ist verlangt
Beim Ueber'gang in die Höhere und die Mittelschule nach vierjährigem Besuch der Grundschule wird, einem Erlaß des Kultministers zusolge, verlangt, daß die Kinder die notwendige körperliche Eignung für den Besuch einer höheren Schule und ein gewisses Maß körperlicher Gewandtheit besitzen. Bei der körperlichen Eignungsprüfung, die in einfachen Formen abzuhalten ist. und deren Gestaltung den einzelnen Schulen überlassen bleibt, sind künftig diejenigen Fertigkeiten aus der allgemeinen Körperschule und im Spiel vorauszusetzen, die im Lehrplan der vier unteren Jahrgänge der Volksschule vom 15. Februar als Gegenstand des Unterrichts in Leibesübung vorgesehen find.
Einziehung der österreichischen Banknote»
Die Noten der österreichischen Nationalbank hörten mit dem 25. April auf, gesetzliche Zahlungsmittel zu sein. Diese Noten werden zur Einziehung aufgerufen. Bis zum 15. Mai find die öffentlichen Kaffen im Lande Oesterreich noch u ihrer Annahme verpflichtet. Die inlöfung der aufgerufenen Noten findet an den
Schaltern der österreichischen Nationalbank in Wien und bei ihren Zweiganstalten, sowie bei den im Lande Oesterreich liegenden Reichsbankanstalten gegen auf Reichsmark lautende Zahlungsmittel im Verhältnis von drei Schilling gleich zwei Reichsmark statt. Die österreichischeNatio- nalbank in Liquidation sowie die Neichsbank sind verpflichtet, die aufgerufenen Noten bis zum 31. Dezember in Zahlung zu nehmen oder gegen Reichsmark einzulösen. Nach diesem Zeitpunkt erlischt jeder Anspruch aus diesen Noten. Die auf Schilling und Groschen lautenden Scheidemünzen behalten vorerst ihre Gültigkeit als Zahlungsmittel.
Schulentlassene müssen sich melden
Jugendliche unter 21 Jahren, die nach dem 14. März 1938 von einer Volks-, Mittel- oder höheren Schule abgehen bzw. abgegangen find, sind innerhalb zwei Wochen nach dem Abgang durch den gesetzlichen Vertreter «Erziehungsberech- tigten) dem für ihren Wohnsitz zuständigen Ar- beitsamt aus vorgeschriebenem Formular zu melden. Zu den höheren Schulen in dieser Anordnung gehören auch die höheren Handelsschulen und die Wirtschaftsoberschule. Ein Wechsel inner- halb der genannten Schulen gilt nicht als Schulabgang. In Zukunft sind alle Schüler, die von einer solchen Schule abgehen, vor der Entlassung vom Schulleiter oder Klassenlehrer auf die be- stehende Meldepflicht aufmerksam zu machen.
Tarife für das Friseurgewerbe
Der Reichstreuhänder für das Wirtschaftsgebiet Südwestdeutschland hat die Tarifordnung für das Friseurgewerbe in Württemberg und Hohenzollern einschließlich der hessischen Enklave Wimpfen und der Stadtaemeinde Neu-Ulm ae- ändert und ergänzt. Die neue Ordnung wird im amtlichen Mitteilungsblatt des Reichstreuhänders veröffentlicht.
Wohnungsnot Set Störchen
Freund Adebar, der Storch, hat sich in der alten Heimat wieder eingefunden. Gar manches Nest mußte der baulichen Notwendigkeit weichen. Will daher der Mensch nicht aus „seine Störche" in Stadt und Land verzichten — und wer möchte das wohl —. dann muß er ihnen seine hilfreiche Hand bieten, ihnen Nistgelegenheit schaffen. Das kann ein Wagenrad sein oder ein entspre-
chend großer runder Lattenrost, deren Speichen und Zwischenräume mit Weidenruten ausgeflochten werden.
Naturzünne für Gärten
, Morsche oder sonst irgendwie schlechte Gartenzäune bilden einen häßlichen Anblick. Nun, eine neue Einfriedigung, so wird man- cher sagen, kostet Geld. — Warum soll man da aber einen immer wieder vergänglichen Zaun anlegen? Lasten wir hier doch die Natur einmal zu ihrem Recht kommen. Die festesten Abgrenzungen gibt sie uns. Die schönsten Hecken schließen unser kleines Paradies ebenso fest ein wie jedes längst nicht so ansehnliche Lattengerüst. Greifen wir aus der Mannigfaltigkeit der Sträucher und Bäumchen einmal die Maulbeere heraus. Sie liefert uns in ihrer Schönheit eine unzweifelhaft starke „Gartenbefestigung".
Selbstverständlich gibt es noch eine Reihe anderer Sträucher, die sich für einen solchen Zweck eignen.
Verdienst für Aushilfe am 1. Mai
wird nicht ans Arbeitslosenunterstützung angerechnet
Am 1. Mai pflegen von allen Betrieben Betriebsgemeinschaftsfeiern in Gaststätten ver- anstaltet zu werden, sofern eigene ausreichende Kantinenräume nicht zur Verfügung stehen. Zur Bewältigung des hierdurch entstehenden großen Arbeitsanfalls in Gaststätten müssen von diesen zahlreiche Aushilfskräfte aus den Kreisen der noch erwerbslosen Gastwiris- qehilfen eingestellt werden. Mit Rücksicht auf hie Bedeutung, die dem 1. Mai als dem nativ- nalen Feiertag des deutschen Volkes zukommt, soll dieser hierdurch vorübergehend erzielte Verdienst den betreffenden Volksgenossen invo! - lem Umfang zugute kommen. Deshalb ist durch den Reichs, und Preußischen Arbeiks- minister angeordnet worden, daß der Verdienst, den die am 1. Mai aushilfsweise tätigen Gastwirtsgehilfen an diesem Tage und in der darauffolgenden Nacht im Gaststättengewerbe er- ielen, von der Anrechnung auf die Arbeits- osenunterstützung frei bleibt. Dasselbe gilt für die in den Gaststätten aushilfsweise tätigen Musiker. Auch der von Wohlfahrtsempfängern während dieser Zeit erzielte Verdienst im Gast- stättengewerbe bleibt in vollem Umfang an- rechnungksrei.
MerstaatllKe Volksgemeinschaft
WaS bringt di« Aprilsolge d«S ReichsschulungS» briesess
In der Heimkehr der alten deutschen Ostmark ins große deutsche Vaterland erhält unsere Gegenwart ihre weltgeschichtliche Bedeutung. Aber Deutschland ist größer als seines Reiches Grenzen. Diesem Thema ist die Aprilfolge des Reichsschulungsbrieses der NS.- DAP. gewidmet. „Ueberstaatliche Volksgemeinschaft" ist sie betitelt und zeigt in Aufsätzen und Bildreportagen, wie sich als festes Band die Gemeinschaft aller Deutschen um die weite Erde zieht. Unter der Ueberschrift „Zusammenschluß — das Gebot unserer völkischen Vergangenheit" bringt diese Folge des ReichsschulungsbrieseS eine Gesamtsö^u des historischen Ringens um die deutschen Volks- und Raumgrenzen. Er behandelt das Schicksal und den Sieg des Außendeutschtums in der gesamten deutschen Verpflichtung. Ganzseitige Photos geben darüber hinaus einen Einblick in die erschütternden sozialen Verhältnisse von deutschen Brüdern und fremden Ländern, die da und dort um ihrer völkischen Zugehörigkeit willen verfolgt werden. 30 Millionen deutsche Volksgenosten leben in allen Teilen der Welt. Sie führen einen heldenhaften Kamps um die Rechte ihres deutschen Volkstums. Mil ihrem Schicksal sollte sich aber jeder Volksgenoste in der Heimat befassen. Das Aprilheft des Reichsschulungsbrieses gibt hierzu beste Gelegenheit.
Hs/cüsrsnr/sr Lkuttsort
Donnerstag, 28. April
6.00 Moraeniicd
Zeitangabe, Wetterbericht, Landwirtswaitliches Gymnastik t 6.80 ilrübkonzert 7.00 7.10 Arüb Nachrichten 8.00 Wasierstandsmeldunaen. Wetterbericht — Marktbericht
Gymnastik 2
8.30 Dime Toraeu ieder Morgen
9.8V Sendevanle lv.vv Volkslieds,nacu Liedezblalt '/»
IV.ZV Lcndevauie
11.80 Volksmusik und Bauernkalender — Wetterbericht
12.00 3» den Domen der Arbeit
18.VV Zetta naabe. Nachrichten. Wetlerberichl
15.15 MittaaSkonzcri
14. VV „Zur Nnterdaltuua
15. VV Sendepause
16.00 Nachmitlaaskoulert 17.VV Overetteuklänae 18.00 Nerklinaende Weise«
18.80 Griss las Heule
18.45 „Die Welt des Sports" 19.00 Nachrichten Anichltekend: KulturkalcvLer
19.15 ..Slnttaarl ivieli a«N" 20,00 ..Nünkmai Haderte und
Pslciderer"
21.00 Neue Toniilmlchiaacr 82.00 Zeitanaabe Nachrichten. Wetter, und Sportbericht
22.15 ischo oom Reichsentickeid im Beicksberusswett- kamvi
22.30 Unterhaitnnasmniik
24 00 1 lio NaSttTnnÖk
Freitag, 29. April
6.00 Morgeulied
Zeitangabe, Wetterbericht. LandwirlschastltcheS Gymnastik 1
6.30 Arübkonzeri 7.00-7.10 Arübnachrichte»
8.00 Wasierstandsrneldungen,
Wetterbelicht — Marktberichte Gymnastik 2 8.80 Araber Slang »nr Arbeitspause
9.30 Sendepause
10.00 ..Mit dem .San Welle«' unterwegs"
10.80 Sckifssiungeu i« Dienst 10.45 Sendevaul-
11.80 Volksmusik und Bauernkalender — Wetterbericht
12.00 Mittagskoniert 18.00 Zeitangabe. Nachrichten, Wetterbericht
18.15 Mittaaskonzerk 14.00 Schöne Stimme«
15.00 Sendevanse
16.00 Musik am Nachmittag Plakkoniiert
18.00 O mnkica. d« edle Kunst!
18.80 Griss InS Sente 19.00 Nachrichten
Anichlteftend:
Kulturkalendcr
19.15 Sendung der Landeö- banernschast Wiirttem» bera
20.00 „Wie es euch aeiiillll'
20.15 Abendkontert
22.00 Zettanaabe. Nachrichten, Wetter» und Svortb-'r'-l" 22.20 ""nriiber mau in Amerika ivrickt"
22.80 UntrrbaltunaS- und Tanzmusik
24.00—2.00 Nachtkonzer« Samstag, 30. April
6.00
8.80
7.00
8.00
8.80
9.30
10.00
10.80
11.30
12.00
13.00
14.00
15.00
16.00
18.00
19.00
10.15
80.00
22.00
22,30 24 00
Morgenlied
Zeitangabe, Wetterbericht. Landwirtschaftliches Gymnastik l Krübkonzert -7.10 Krübnachrichtcn Wasserstandsnielbunac», Wetterbericht — Marktberichte Gymnastik 2
..Gröbliche Moraenmnsik" Sendepause
Wir Bauer« von «ringen, Gut...
Sendevanle
Volksmusik und Bauernkalender — Wetterbericht Mittaaskonzert Zeitangabe Nachrichten. Wetterbericht H-itere Man« »«« Wochenende
Kleine Reise um dir Welt Der bunt« Samsiaanach» mittaa
Tondericht de« Woche Nachrichten Anschließend: Knlturkalcuder Die Piattenmiible Es kommt ball das Glück aus einmal aaiii dick"
-anaabe Nachrichten, Wetter- und Sportbericht kan»m»ssk —1,00 Nnckttmiilik
Copyright by: Romanverlag Greiser Rastatt sBaöen)
25
Helmer sagte ihnen „Gute Nacht" und bekam von den drei Kleinsten einen Kuß auf den Mund, nur Henner tat es nicht, er war zurückhaltend in allen äußeren Zärtlichkeiten.
„Onkel Helmer" fragte Henner leise. „Wer war denn der Mann, der Fräulein Jorinde abgeholt hat?"
„Gregor von Prinxheim, mein Junge! Warum fragst du?"
„Mir ist, als Wenn ich die Stimme des Mannes schon einmal gehört hätte, Onkel Helmer. Ich überlege eben, wo das gewesen ist. Gesehen habe ich ihn noch nie, das weiß ich."
„Dann überlege dir gut. Er gefällt dir wohl nicht?"
„Nein, er gefällt mir nicht, Onkel Helmer. Er ist böse. Das sieht man, wenn man ihn anblickt."
Betroffen hörte Helmer das Urteil des Zwölfjährigen. Es war eigenartig, daß er dasselbe Gefühl hatte.
*
„Meine Herren," sagte eben der Inspektor Babenzien, der noch dicker als seine Frau war, dessen blaurotes Gesicht Schlagflnßgefahr verriet, „alles was recht ist, aber Doktor Rübezahl hat sich in einer so unverschämten Weise gegen meine Frau benommen... ich habe ihr strikt verboten, den Rübezahl weiter zu konsultieren!"
Die Herpen am Stammtisch horchten auf. Da saß ganz in der Eck,; des Lederkanapees der kleine, dürre
Provisor, dessen Augen mit einem wütenden Ausdruck durch die großen viereckigen Brillengläser schauten. Neben ihm hockte Bierverleger Lerche, breit, dick, aufgeschwemmt. Wetter waren Oberlehrer Greutzel, Baumeister Schlegel und Schriftleiter Scholz von der „Koll- menberger Extrapost" anwesend.
Zunächst sagte keiner etwas auf die Worte des Inspektors, denn sie werteten sie nie hundertprozentig. Der Inspektor war denkbar unbeliebt, sein Schimpfen fiel auf die Nerven.
Schließlich sagte der Provisor: „Inwiefern ist denn der Rübezahl unverschämt gegen Ihre Frau geworden?"
„Ich möchte mich nicht darüber näher auslassen!"
Die Herren sahen sich an. Hm . . . das hatte was zu bedeuten. Aber es war wiederum kaum auszudenken, denn die Frau Inspektor war weder hübsch noch jung.
„Ein biß'l deutlicher müssen Sie schon werden!" drängte der Provisor.
„Nein, ich sage nichts mehr. Ich sage nur noch, die Sache wird ein Nachspiel haben!"
„Ohne Zweifel!" ertönte mit einem Male eine allen nur zu bekannte Stimme. Die Köpfe fuhren empor und alle sahen Dr. Feldhammer am Tische stehen.
„Sie gestatten, meine Herren" sagte der Arzt ruhig und sie murmelten Zustimmung.
„Ein Kulm?" fragte der Ober. Der Arzt nickte und schwieg dann, bis er das Bier hatte. Dann trank er, tat einen kräftigen Zug und setzte das Glas nieder.
Alles war jetzt erwartungsvoll. Die Stimmung glich einer Gewitterstimmung. Alle wußten, daß Inspektor Babenzien jetzt ein paar unangenehme Minuten verleben würde.
Und sie kamen wie das Amen nach der Predigt.
„Herr Inspektor Babenzien," begann der Arzt, „ich habe zufällig Ihre impulsiven Worte gehört. Ich möchte Ihnen eins sagen: man kann einen Menschen
erreichen oder nicht. Wenn man ihn nicht leiden kann, dann läßt man ihn in Ruhe."
„Herr Doktor, ich ...!"
„Maul halten!" fuhr ihn der Arzt grob an. Schars und schneidend war seine Stimme „Sie sind ein Lump, ein Ehrabschneider, ein verlogener Bursche, Herr Inspektor! So, nun wissen Sie Bescheid! Wenn Sie nun den Anwesenden nicht erzählen, was Ihre Frau veranlaßt hat, sich einen anderen Arzt zu suchen, dann garantiere ich Ihnen, daß ich Sie solange ohrfeige, bis Sie vom Stuhle fallen! Los, reden Sie!"
„Ich verbitte mir Ihre Beleidigungen!"
Wütend sprang der Inspektor auf, aber schon hatte ihn der Arzt wieder auf den Stuhl gedrückt.
- „Reden Sie, Mann! Was hat Ihnen Ihre Fra« erzählt?"
„Daß Sie ihr unverschämt gekommen sind!"
„Bitte, wie!"
„Daß . . . daß Sie sich . . . verbeten haben, daß . . . ich weiß das auch nicht mehr genau!"
Jetzt war es mit der Ruhe des Doktors aus. „Was, Sie wissen das nicht genau! Und Sie erdreisten sich, mich hier vor diesem Kreise ehrenwerter Leute zu verdächtigen! Sie sind ein ganz gemeiner Lump! Scheren Sie sich aus dem Kreise anständiger Leute!"
Da rief eine Helle Stimme vom Nebentisch:
„Bravo, Dr. Feld Hammer!" Es war sein Kollege, der Doktor Stiller.
Inspektor Babenzien aber sah seine Stammtischfreunde an, und als er überall Ablehnung in den Gesichtern sah, vielleicht mit Ausnahme des Provisors, da erhob er sich wie ein beleidigter König, faßte seinen Hut, warf dem Kellner eine Mark hin und verließ, die Tür schwer hinter sich zuschlagend, den Ratskeller.
Mit dem Schlag der Tür löste sich die Spannung.
tA-nrtii-ttirna koso.t.i