»eite 8 Nr. 48

Nagolder TogblattDer Gesellschafter

Dienstag, den !. Mär.; 19S»

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Vom Rekrulea zum Alten Mann

Die Rekrutenbestchrigung ist vorüber. Der Oberst war zufrieden. Der Hauptmann, der Leutnant strahlten. Der Rekrut wirft sich stolz in die Brust:Jetzt bin ich wirklich Soldat! Jetzt füll« ich jeden mir gewiesenen Platz in der Kom­panie aus!" Der Alte Mann lächelt:Noch ist es nicht so weit! Noch hast du manchen Schliff nötig, bis du mir das Wasser reichen kannst!«

^ Wir können ihm nicht so ganz unrecht geben. Schon König Wilhelm, der feinfühlige, praktische Soldat, meinte, als vor bald IVO Jahren der Kampf um eine Herabsetzung der Dienstzeit ging: Einen Rekruten kann man wohl in drei Mona­ten dressieren, einen Soldaten aber nur in jahre­langer Erziehungsarbeit heranbilden", und der Führer und seine Berater haben gemuht, was ste taten, als sie die aktive Dienstzeit in der Wehrmacht von einem auf zwei Jahre hinauf­setzten. Gewiß, der Rekrut kommt heute durch die Hitlerjugend, das NSRK.. das NSKK., das NSFK und den Arbeitsdienst äußerlich und in­nerlich soldatisch geformt, vertraut mit dem Pferde, dem Motor, der Luft, in die Kaserne. Der Rekrutenoffizier kann vom erste» Tag« ab ihm die Waffe in die Hand drücken, kann das Tempo der Ausbildung so beschleunigen, daß in den 16 Wochen, die für sie vorgesehen werden, vor allem in der Gelände- und Gefechtsausbil­dung erheblich mehr erreicht wird als in der Vorkriegszeit. Aber es ist klar, daß vieles nur an der Oberfläche hastet und erst durch längere Uebung in Fleisch und Blut übergehen kann. Darin aber besteht ja gerade der Sinn der mili­tärischen Ausbildung, des militärischen Drills, daß jeder Griff an Waffe und Gerät so fest sitzt, daß er im Augenblick höchster Nervenanspannung, im Krachen der Granaten, im Brodem der Gas­schwaden zur rechten Zeit unbewußt ausgelöst wird, daß der Reservist, selbst wenn er nach Jahren die Waffe erst wieder in die Hand be­kommt, nicht fehlgreift. Wiederholung, Ver­tiefung des in der Rekrutenzeit Gelernten wird also Punkt 1 des Ausbildungsprogramms der Wochen und Monate nach der Rekrutenbesichti- gung, ja der ganzen weiteren aktiven Dienst­zeit sein. Gleichzeitig weitet sich der Blick. Der junge Soldat tritt aus dem immerhin begrenz­ten Kreis der Rekruten hinein in die große Gemeinschaft der^Kompanie, erhält in ihr einen Platz, eine Verantwortung. Die Eruppenaus- bildung der Rekrutenzeit wird zur Zug- und Kompanieausbildung. Die Einzelausbildung an der eigenen Waffe, dem Gewehr, dem Maschinen­gewehr, dem Geschütz wird überschattet durch das Zusammenwirken aller Waffen im Gelände, auf dom Truppenübungsplatz, im Manöver. Dabei wird immer wieder der Blick auf die eigene Waffe und das eigene Gerät zurückgelenkt. Die Technisierung der Kriegführung mit ihren so mannigfachen Waffen und Geräten erfordert die Heranbildung von Spezialisten, die in der kurzen aktiven Dienstzeit, ohne das Gefühl für das All­gemein« zu verlieren, Meister in ihrem Fache " werden. Als Letztes und vielleicht Wichtigstes tritt die Heranbildung des Führernachwuchses in den Vordergrund. Die Wehrmacht braucht im Mobilmachungsfalle eine große Zahl von Füh­rern und Unterführern. Ein großer Teil der Rekruten wird den Ehrgeiz haben und befähigt sein, vor dem Feinde an die Spitze einer klei­neren oder größeren Einheit zu treten. Im beiderseitigen Interesse muß die Führerauswahl und die Führerausbildung so früh einsetzen, daß der Soldat schon während seiner aktiven Dienst­zeit Gelegenheit findet, als Führer aufzutreten ' und sich zu bewähren. Man weiß, daß in der neuen Wehrmacht jedem der Weg zur Unteroffi­zier- und Offizierlaufbahn offen steht, daß ge­eignete Leute schon während der zweijährigen Dienstzeit zu höheren Dienstgraden aufriicken können. Gleichzeitig sollen dies« Leute wie es ja auch in der Vorkriegszeit der Fall war im zweiten Dienstfahr als Rekrutenlehrer ver­wendet werden. So braucht der Rekrut keine Sorge zu tragen, daß Langeweile sich über den Rest seiner Dienstzeit legt. Er wird im Gegen­teil alle Kräfte anspannen müssen, daß er zu einem wahren Soldaten, zu einem Alten Mann wird. L.

M Ale Kreuz im Mlllriege

Die Rote-Kreuz-Mrdaille als Kriegsauszeich­nung Uber INO OVO mal verliehen.

Für hervorragende Tätigkeit in der Frei­willigen Krankenpflege wurden, wie wir der soeben erschienenen dritten Auslage des Buches Was brauchte der Weltkrieg?" entnehmen, die Rote-Kreuz-Medaille als Kriegsauszeich­nung 116 268 mal verliehen, und zwar in der ! Klasse 161 mal, in der II. Klasse 8699 mal und in der IN. Klasse 107 708 mal. 863 Angehörige der Freiwilligen Krankenpflege starben, dar­unter 243 Schwestern und Hilfsschwestern. Von den Schwestern gerieten über 100 in Kriegs­gefangenschaft, etwa 300 sind während des Rück­zugs 1918 interniert worden.

örLsttek-ÜHLMeck

Die Engländer äußern lndemokratischem" Stolz bei jeder Gelegenheit ihren Abscheu ge­gen die autoritäre Regierungsform und loben die in ihrem Lande angeblich herrschende Frei­heit. DieseFreiheitsliebe" treibt bisweilen sonderbare Blüten. So wurde kürzlich im Unter­haus ein Fragebogen der Regierung über wich­tige Bevölkerungsfragen beanstandet, da er in daspersönliche Leben des Bürgers" eingreife, und die Regierung mutzte auf ihn verzichten. In der Stunde der Not wirft aber auch der Eng­länder seine übertriebenen Ansichten von Frei­heit über Bord, Bricht ein Krieg aus, so wird die Welt mit einem Schlag ein ganz neues Eng­land vor sich sehen, Es ist dasSchatten-Eng­land", das schon im Frieden auf dem Papier steht und im Kriege plötzlich Blut und Leben erhalten wird. In ihm ist das Individuelle völlig ausgelöscht und durch den Gemeinschafts­gedanken abgelöst. Alle Kräfte der Wirtschaft, der Landwirtschaft, der Industrie, des Handels, sowie alle erreichbare» menschlichen Kräfte wer­den vom Staat beansprucht und in den Dienst der Kriegführung gestellt fein. England wird eine durch und durch autoritäre Regierung ha­ben. Kein Hauch mehr wird zu spüren sein von Ser oielgerllhmtenDemokratie^ und der Frei­heit des Bürgers. England handelt recht, wenn es in schwerer Stunde hinter dem Wohl des Landes alles andere zuriickstellk. Hiermit ist aber auch von England die autoritäre Regie­rungsform als die Regierungsform anerkannt, die die höchsten Leistungen hervorzubringen ver­mag. Sollte dies nicht manchen Engländer zum ehrlichen Nachdenken über Deutschland bringen können, über die Notwendigkeiten des deutschen Volkes und die Leistungen des Nationalsozialis­mus und der nationalsozialistischen Regierung? Wir wollen gerecht sein und nicht verkennen, daß man sich in England tatsächlich hierüber schon vernünftige Gedanken macht. Wenn z. B. hier und dort von einem Arbeitsdienst der eng­lischen Jugend gesprochen wird, so ist dies schon ein erheblicher Fortschritt.

v. 8.

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Der Soldat ersehnt und erhofft auf dem Schlachtselde schnelle Entscheidungen. Er will die Schrecken und Leiden des Materialkampfes nach Möglichkeit abkürzen. Manövererfahrun­gen bestärken ihn in seinen Hoffnungen. Es stürmt sich leicht die Höhen hinan, wenn keine Kugeln pfeifen, und die Vorgesetzten drücken hie und da notgedrungen ein Auge zu, wenn das Angriffstempo ein wenig beschleunigt wird, da bei der knappen Ausbildung^eit ste das Gefecht gern in einem Zuge durchspielen möchten. Der alte Frontkämpfer mahnt:Lang­sam, nur langsam! Die Schlacht wird nicht mit den Beinen, sondern mit der Feuerwaffe ge­wonnen. Ihr Jungen ahnt nicht, welche Ab­wehrkraft in den neuzeitlichen Maschinenwaffen steckt. Erst wenn ste in sorgsamer Zusammen­arbeit mit den eigenen schweren Waffen, den Maschinengewehren, den Minenwerfern und der Artillerie ausgeschaltet sind, kann die Infanterie an den Sturm denken und muß überdies damit rechnen, daß sie nach dem Einbruch sich Schritt um Schritt durch die Tiefenzone der feind- lichen Widerstandsnester Hindurchfressen muß." Die jüngsten Kriegserfahrungen geben ihnen unbedingt recht. Der Krieg hat trotz des Mo­tors, trotz Kampfwagen und Flugzeugen weder in Spanien, noch in China ein Tempo ein­geschlagen, das jugendheißen Wünschen entspricht. Er schreitet auch dort bedächtig seine Bahn, schafft sich eine gesicherte Fev-rbali-- ehe er einen Sprung vorwärts tut. miltzen

seinem Zepter beugen, müssen aber auch war­nen, nur nicht völlig der Methodik zum Opfer zu fallen, hartnäckig am Schema zu kleben. An­griff heißt Feuer und Bewegung. Vergißt man über das erste das zweite, kommt man nie an das Ziel. Es gilt, jede Gelegenheit zu erspähen und blitzschnell auszunutzen, die der eigene Feuerschutz oder Lücken im feindlichen Abwehr­feuer zum Vorwätsschnellen bieten. Gewiß, in der Rückschau bedauern wir, daß unsere In­fanterie in den Grenzschlachten des Herbstes 1911 oftmals, ohne auf die Feuervorbercitung der Artillerie zu warten, zum Sturm geschritten ist, und ihre Ungeduld mit schmerzlichen Verlusten hat büßen müssen. Wir müssen aber in auf­richtiger Bewunderung zugeben, daß nur ihr unvergleichlicher Angriffsschwung uns den Weg durch Belgien und Nordfrankreich bis vor die Tore von Paris bahnte. Wir hoffen aus tief­stem Herzen, daß ihr dieser Angriffsschwung auch im Zeichen des Feuerplanes erhalten bleibt. Wir bekennen uns zum Dichter unserer Väter, Detlev von Liliencron. und seinen Worten:

Daß Gott, mein Vaterland. Dir stets bewahre Das InfantLNesignal zum Avancieren!"

1!..

Die Häufung wehrwirtschastlicher Betrach tungen in fast allen größeren Ländern der Erde ist nicht nur die Folge eines gedanklichen Fort­schritts, daß nämlich eine Wehrmacht nicht rich­tig kämpfen kann, wenn sie selbst oder auch die Heimat Mangel leidet. Sie ist auch eine unmit­telbare Begleiterscheinung der zunehmenden, im engeren Sinne militärischen Rüstung. Aber in demokratischen Ländern, wo die Regierungs­opposition aus jeder Blüte Honig zu saugen sucht, hat die Wehrwirtschaft einen neuen Kampf­platz geliefert: in England bekämpft die Arbeiterpartei das von der konservativen Regie­rung für den Ernstfall aufgestellte Programm der Nahrungsmittelversorgung und in Frankreich setzt sich der radikalsoziale Parteiführer Daladier mit dem klassenkämpferischen Geist in der marx,- stischen Arbeiterschaft auseinander, die die Vier­zigstundenwoche verwirklichen will, ohne sich um die dadurch heraufbeschworenen wehrwirt- schastlichen Folgen zu kümmern. Auch in den Vereinigten Staaten von Amerika, die doch eigentlich recht weit vom Schuß liegen, hegt man wehrwirtschaftliche Besorgnisse, da die kommuni­stisch verseuchte Handelsmarine im Ernstfall schwerlich mit selbstverleugnender Einsatzbereit­schaft der Versorgung des 130 -Millionen-Volkes dienen würde.

Aber ausschlaggebend für die wehrwirt­schaftlichen Vorkehrungen der Völker, Staaten und Regierungen bleibt doch das Maß der in­ländischen Wirtschaftsreserven und die Sicher­heit der Zufuhrwegc. Darum stehen Länder wie die Vereinigten Staaten und Räterußland mit ihren gewaltigen und fast unangreifbaren Territorien ungleich besser da als die euro­päischen Länder, von denen kaum ein einziges von Nachbarn umgeben ist, die unter allen Um­ständen mindestens eine wohlwollende Neutrali­tät wahren würden. Selbst ein so rohstoffarmes Land wie Japan kann beim Fehlen mächtiger Nachbarn mit einiger Gewißheit darauf ver­trauen, daß es seine Nahrungsmittel- und Roh­stoffzufuhr ausrechterhalten kann. Dienachbar- losen" Staaten können sich damit begnügen, einen gewissen eisernen Bestand zu unterhalten. Die mit zahlreichen anderen Ländern in Ge­mengelage befindlichen Staaten dagegen mästen sich durch Eigenerzeugung und Vorratshaltung soweit sichern, daß sie selbst durch eine längere Blockade keine ernsten Versorgungsstörungsn zu gewärtigen haben.

Ueber die wehrwirtschaftliche Einstellung der amerikanischen Union ist kürzlich bei der Han­seatischen Derlagsanstalt, Hamburg, eine Schrift von Gerold von Minden erschienen, die sich im besonderen mit den amerikanischen Bestrebungen beschäftigt, die Lücken in der wirtschaftlichen Wehrkraft des Landes zu beseitigen. In der Schrift heißt es, daß die amerikanische Union über eine völlig unzureichende Rüstungsindustrie verfüge. Da die Union als größtes Pro» duktionsland für Agrarprodukte, Rohstoffe und industrielle Fertigwaren reichlicher ausgestattet ist und sich als Vormacht eines von breiten Meeren umgebenen Erdteils unangreifbarer fühlt als alle übrigen großen Länder der Erde, begnügt man sich in den Bereinigten Staaten damit, die Umstellung der Industrie auf die Er­zeugung von Kriegsbedarf vorzubereiten und bei den verhältnismäßig kleinen Aufträgen für den militärischen Friedensbedars die künftige Auftragserteilung, Preisbemestung usw. zu prü­fen und zu regeln. Eine entsprechende Organ,- sation die dem Unterstaatssekretär im Kriegs- amt untersteht, ist bereits geschaffen worden. Es wird sich erst später bei Durchführung des großen Rooseveltschen Rüstungsprogramms zeigen, ob sich die amerikanische Union mit orga­nisatorischen Vorbereitungen auf wehrwirtschaft­lichem Gebiet und mit beschränktenProbemobil­machungen" begnügen wird. Lr.

Der Rohstoffhunger Europas lenkt den Blick auf den schwarzen Erdteil, der in vielen Gebieten noch ungenügend erschlossen, der weißen Rasse im friedlichen Nebeneinander ihrer Völ­ker und bei zweckdienlicher Verwendung der Arbeitskraft der Eingeborenen, unter Fernhal­tung unerwünschter Eindringlinge aus Asten, dem Rohstoffmangel im europäischen Mutter­lande nbzuhelsen, reiche Gelegenheit bietet.

Ein Blick auf die Karte Afrikas zeigt uns, daß die östliche Hälfte dieses Kontinents effek- tiö englisch, der Westen überwiegend französisch ist. Verhältnismäßig kleinere Teile gehören den Italienern, Portugiesen, Belgiern und Spaniern. Der Weltkrieg hatte Englands Wunsch: ein Reich um den Indischen Ozean ver­wirklicht und seinem Machtstreben in Afrika durch die KapKairo-Linie einen starken Aus­

trieb gegeben. Bei näherem Zusehen stelle« wir jedoch fest, daß England keines der beiden Enden der KapKairo-Transversale heute mehr in der Hand hat. Aegypten hat das eng- lisch« Joch so gut wie abgeschüttelt, und seine Freiheit als Königreich wieder errungen. Süd­afrika, 16S2 von der Holländisch-Ostindischen Kompagnie besetzt, 1806 von England erobert,, ist als Südafrikanische Union, bestehend au» den vier Provinzen: Kapland, Natal, Frei­staat und Transvaal, ein selbständiger Staat mit eigener Flagge geworden, der mit de» andern britischen Dominien (Großbritannien selbst, Irland, Kanada, Australien und Neuseeland) in freier Verbindung steht. Di« Union regiert sich selbst durch eigene Mi­nister und ist lediglich durch die Person des Königs an das englische Mutterland gebunden. Der König von England ist jedoch nicht als solcher Souverän von Südafrika, er ist vielmehr König von Südafrika, wo­bei bemerkt sei. daß die Unionsversassung die Aufhebung der monarchischen Regierungsform vorsieht. Innerhalb des Bereichs der Union gibt es noch drei reinenglische Protektorate., ihrem Charakter nach Eingeborenen-Reservate: Betschuanaland, Basutuland und Swaziland. Diese können wohl auf Grund der Union-let von 1910 an die Union abgetreten werden, noch aber hält England diese Gebiete fest in seiner Hand und hemmt damit de» Expansionsdrang der Union nach Norden. Sie dürsten als Kom- pensntioncobjekte dienen für den Fall der etwa notwendig werdende», stärkeren Unterstützung englischer Politik im Interesse des Lritisk tloininvnvvonliN ol Xntioiis. Des weiteren wird engliicherseits ins Auge gefaßt. Nord- und Siidrhodesien nebst Nyassaland zu einem Do­minium zu verschmelzen, ui» auch dadurch Süd­afrikas Verlangen nach territorialer Vergröße­rung aufzuhalte» und rechtzeitig ein politisches Gegengewicht zu schaffen. Diese Gebiete liegen landeinwärts, vom Meere abgeriegelt, und sind auf die Häfen von Portugiesisch-Ostafrika und der westasrikanischen Kolonie Portugals, An­gola. angewiesen, ein Umstand, der England be­stimmt, Portugal an seine Politik zu ketten.

Sollten kriegerische Verwicklungen Englands Weg nach Indien durch den Suezkanal einmal unmöglich machen, dann will es imstande sein, mit seiner Flotte das Kap der Guten Hoffnung zu umfahren, wie es vor SSO Jahren Vase« de Gama getan hat. Darum gilt es, der fran­zösischen, portugiesischen und südafrikanischen Bundesgenossenschaft sicher zu sein. Unter die­sem Gesichtspunkte gewinnen die englische» Be­sitzungen Westafrikas. wie Gambia, Sierra Leone, Goldküste und Nigeria erneut Be­deutung. Diese englischen Enklaven im fran­zösischen Westafrika sind mit 23 Millionen Ein­geborenen sehr wertvoll, namentlich die Gold- küste als Kakaolieferant und Nigeria als Pro­duzent von Palmöl, Palmkernen und Zinn.

Farm und Mine, (Gold. Diamanten, Kup­fer, Chrom, Radium) kommen im Südteil des Kontinents England zugute, wenn diese Quellen in andern Ländern ihm versperrt sind. Kohle und Erdöl sind nur spärlich vorhanden. Im Sudan und Aegypten, in den Gebieten des Nils, beherrscht die Baumwolle das wirtschaftliche Interest«. Hier will England, ebsnso wie in Mittel- und Südafrika, seine Machtstellung be­haupten, wie es 1898 Lord Kitchener bei Fa- schoda am Weißen Nil Frankreich gegenüber be- wiesen hat. und wie es heute jederzeit Italien gegenüber, dem Herrn von Libyen und Abessinien, dem Beherrscher der Quellen des Blauen Nils und des Tana-Sees, dem Rivalen im Mittelmeer und Roten Meer, Londons Be­streben sein würde.

Während England nicht nur vom reinen Machtstandpunkte aus sein afrikanisches Kolo­nialreich verwaltet, es vielmehr auch wirt­schaftlich entwickelt und verwertet, tritt bei Frankreich die wirtschaftlich« Ausnutzung feiner afrikanischen Besitzungen, umfastend die Atlas- länder (Marokko, Algier, Tunis), das Sahara- und Sudan-Gebiet, das tropische West- und Mittelafrika, sowie Französisch-Kongo und Madagaskar, mehr in den Hintergrund. Kar­dinalpunkt französischer Kolonialpolitik in Afrika ist die Ausfuhr von Soldaten ins Mutterland, nicht die von Kolonialprodukten. Durch französisches Gesetz ist dem Neger die all­gemeine Militürdicnstpslicht auferlegt und ihm als Aequivalent unter Außerachtlassung des Herrenstandpunktes der weißen Rasse, das fran­zösische Bügerrecht verliehen. Speziell das Nigerterritorium ist nicht nur das fruchtbarste, sondern auch das am dichtesten bevölkerte unter den afrikanischen Kolonien. Das Erzvorkommen Nordafrikas dient der Rüstungsindustrie, salls Unruhen im Mutterlande die Kriegsmaterial- Herstellung einschränken oder gar unmöglich machen sollten.

Der Besitz von Rohstoffen und Kolonial­produkten ist im Nachkriegseuropa zu einem politischen Machtfaktor geworden. Frankreich und England haben beides in Afrika in Fülle, Deutschland fehlen sie. Wenn uns daher die in Versailles genommenen, aber rechtmäßig zu­stehenden Kolonien in Afrika zurückgegeben wer­den, erleiden die anderen keinen Schaden, für uns aber sind ste eine Lebensnotwendigkeit. Vor zehn Jahren prägte Mussolini das Wort: ,,J» Afrika ist noch Raum und wohl noch Ruhnu für alle!"

C s.