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Nr. 22

Nagolder Tagblatt .De, Gesellschafter

Freitag, den 28. Januar 1338

wann ist äer Saftwirt haftpflichtig?

Rechtsfragen, die während der Faschingszeit sehr wichtig find

Wenn Menschen in Faschingsvercinstaltungen gehen, dann wollen sie vergnügt fein und nicht an Rechtsvorschriften und andere juristische Dinge denken. Trotzdem gibt es eine ganze Reihe von Möglichkeiten, die zu Prozessen und unliebsamen Auseinandersetzungen Anlaß sein können.

Beim Besuch eines Lokales mutz man zunächst durch die Garderobenanlage. Dort gibt es eine Gardeobensrau und Garderobenmarken. Was be- deutet das rechtlich? Man schließt mit dem Mich- ter der Garderobe oder dem Veranstalter i >en sogenannten Verwahrungsvertrag. Es versteht sich von selbst, daß die Sachen ordnungsgemäß auf- bewahrt werden müssen. Geschieht dies nicht, wer­den sie beschädigt, verwechselt oder gar gestohlen, dann entsteht meist die Frage, welche Ansprüche man erlangt hat. Maßgebend hierfür find grund- sätzlich die gesetzlichen Bestimmungen .die jedoch meist durch einen besonderen Anschlag in den Garderobenräumen eine durchaus zulässige Abänderung erfahren. So wird in der Regel die Schadensersatzpflicht für den Tascheninhalt aus­geschlossen und die Aufbewahrung wertvoller Gegenstände, wir z. B. Pelze, von dem Abschluß eines besonderen Versicherungsvertrages abhängig gemacht. Auch die Höhe des Schadens Pflegt aus eine bestimmte Summe begrenzt zu werden. Ist dieser Anschlag so angebracht, daß jeder Besucher ihn lesen kann, dann ist er voll wirksam, gleich­gültig, ob man ihn im Einzelfall gelesen hat. Wichtig ist auch noch, daß man bei einem Verlust oder einem Schaden stets genau beweisen muß, in welchem Umfang er entstanden ist, wobei leider nicht genügend bekannt ist. daß lediglich der soge­nannte Zeitwert ersetzt zu werden braucht. Die gleichen Voraussetzungen wie für die Ansprüche aus einem Verwahrungsvertrag bestehen auch dann, wenn das Kleid oder der Anzug durch einen Kellner mit Speisen oder Getränken beschmutzt worden ist. wenn ein hervorstehender Nagel eine Beschädigung verursacht hat oder dergleichen. Es ist also regelmäßig nur der Wert der'Sache, den sie zu dieser Zeit hatte, zu ersetzen. Für die Lieb- tzaber eines guten Tropfens sei noch kurz ver­merkt, daß seit einiger Zeit für die Aufschriften auf den Etiketten der Weinflaschen ganz bestimmte gesetzliche Vorschriften bestehen. So darf u. a. die Angabe einesWachstums" des Weines nur er- solgen. wenn er naturrein ist. Differenzen, die sich aus der Verabfolgung von Speisen und Getränken ergeben, sind lediglich dem Gastwirt und nicht dem Kellner gegenüber geltend zu machen, da dieser nicht Dertragskontrahent ist.

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Was es nicht al/es gibt/

Liebesherzen amtlich Die Stadtverwaltung unerwünscht von Brüssel be­

schloß, das Einschnei­de« von Herzen in Bänke öffentlicher An­lagen zu verbieten. Durch die vielen einge­schnitzten Herzen bekommen die Bänke ein Aussehen, das ihre weitere Verwendung un­möglich macht. Mehrere hundert neue Bänke mußten jährlich aufgestellt weichen, was eine große Ausgabe bedeutete, die man jetzt er­sparen will. Da man aber zur Bewachung der neuen Bänke eine große Anzahl Wächter bräuchte, sollen demnächst eiserne Bänke auf­gestellt werden.

Viel Lärm um In der englischen Stadt Katzen Derby gab es einen Auf-

laus. Ein Kätzchen hatte sich bei feinen ersten Kletterversuchen in eine Dachrinne verstiegen und konnte nicht mehr vor noch zurück. Die Leute standen unten und bedauerten lebhaft das Schicksal des kleinen Tieres. Aber ehe noch einer aus den Gedan­ken kam. die Feuerwehr zu rufen, erschien schon ein junger Mann in einer Dachluke, klomm sachte abwärts, bis er die Katze in der Dachrinne erreichen konnte, Packte zu und brachte sie und sich in Sicherheit. Das war einmal eine Tat! Ein junger Mensch waat sein eigenes Leben, um eine kleine Katze

zu retten! Das muß seinen Lohn finden! Der Rat der Stadt lud den Jüngling zu einer Feier aufs Rathaus ein. bei der ihm der Tierschutzverein eine Medaille überreichen wollte. Der Lebensretter kam auch, aber er ließ es gar nicht zu der Ehrung kommen. So viel Tamtam um dieses Ereignis sei absolut nicht vonnöten und man solle das Geld, das diese Feier gekostet hätte, lieber dazu verwen- den, um einem hungrigen Tiere eine Mahl­zeit zu geben. Sprachs und ging. Die an-, dere Geschichte, in der viel Lärm um eiw Kätzchen gemacht wurde, spielt in einem Londone r Vorort. Hier war das Tierchen auf eine hohe Pappel geklettert und machte keine Anstalten, zurückzukommen. Unten rang die Besitzerin die Hände und sah ihren Lieb­ling schon verhungern. Hier hatte man Poli- zei und Feuerwehr bereits alarmiert, aber auch mit Hilfe der mechanischen Leitern war di« Katze nicht herunterzubringen, was die Verzweiflung der Katzenfrau und die allge­meine Anteilnahme der Menge noch erhöhte. Ein fünfjähriger Dreikäsehoch kam auf die rettende Idee: er rief einfach mit seiner Hellen Bubenstimme:Mieze, Mieze!" Und die Katze verließ ihren hohen Platz und kam sofort herunter.

Das Gedränge Der berühmt« Rugby-Spie­ler Greenhouse in Leigh hat es einem Unfall zu verdanken, daß er eine wahrhaft klassische Schönheit geworden ist. Zwar mochten ihn schon vorher die Mäd- chen gerne ansehen schade nur. daß seine Nase schief geraten war und den hübschen Gesichtsausdruck störte! Während eines Spie­les nun wurde das Kommando zumGe­dränge" gegeben, bei dem ihm die schiefe Nase eingetreten wurde. Unter den Zu- schauern befand sich ein Chirurg, der den Unfall sofort bemerkte und dem geliebten Sporthelden zu einer neuen Nase verhelfen wollte. Tatsächlich erschien Greenhouse die- ser Tage wieder in der Oeffentlichkeit und jetzt raufen sich die Mädchen geradezu um ihn. So klassisch gerade verläuft jetzt seine Nase und das hebt den Gesamteindruck noch mehr kurz, Greenhouse ist ein Monis geworden.

Schule Wege« Eine völlig unerklärliche Lachens geschlossen Lach-Epidemie ist an einem Knaben-Gymna- fium in Baltimore ausgebrochen. Die meisten Schüler, aber auch manche Lehrer, erlagen derAnsteckung*, die von dem Ge- lächter eines anscheinend hysterischen Schü- lers ausging. Sowie der Unterricht beginnen sollte, wurde überall in der Schule gelacht. Die Behörden haben bis auf weiteres die Schließung deS Gymnasiums angeordnet.

Pfeifenraucher Wenn man den Englän- im Aussterben, der in der Karikatur zeich.

net, dann darf neben den Knickerbockers und der Reisemütze die kurze gerade Pfeife nicht fehlen. Dieses Bild wird demnächst revidiert werden müssen, denn nach einer Statistik des wirtschaftlichen Aus­schusses des Empire, ist der Pfeifenraucher ini Aussterben. Der Engländer gibt die Pfeife zugunsten der Zigarette auf. Der Zigaret­tenverbrauch hat sich in den letzten 30 Jah­ren verfünffacht. Drei Viertel des ganzen Tabaks, der im Vereinigten Königreich ge­raucht wird, gehen jetzt in die Zigaretten­fabriken. Uebrigens liegt dieser Wechsel nicht so sehr daran, daß der pfeifengewohnte Eng­länder Lust nach einer Neuerung verspürte; die ältere Generation bleibt dem Pfeifchen schon meistens treu. Aber die Jungen sind die Revolutionäre. Vielleicht finden sie die Zigarette weltmännischer, eleganter. Oder sie bringen die Geduld und die Haltung nicht mehr auf, die dazu gehören, eine Tabaks- pfeife in Brand zu setzen und sie genießerisch zu Ende zu rauchen.

Sin Patriot MS vor einiger Zeit in austra- stößt an lischen Zeitungen die Staats- schulden Australiens be­kanntgegebenwurden, die genau 1202 91104S Pfund 0 Schilling und 1 Penny betragen, da erhielt der Premierminister ein Schrei­ben emes patriotisch gesinnten Staatsbür­gers, der ihm 1 Penny schickte, damit die Summe wenigstens abgerundet würde. Dar­auf antwortete der Premierminister dan­kend, erklärte jedoch, daß der Patriot dem Staat mit diesem Penny nicht nur nicht ge­holfen, sondern ihn geradezu geschädigt habe. Das Antwortschreiben koste nämlich drei Pennce Porto, dazu käme noch die Arbeit der Beamten, um den Penny zu registrieren und so weiter. Der Patriot mag sicherlich vor den Kopf gestoßen sein, als er sah, was er mit seiner wohlgemeinten Spende ange­richtet hatte.

Der Lttttt MttcB

Voo Ldristopk Walter O r e )-

(Nachdruck verboten)

Auch die kleine Stadt Husum im Lande Holstein, vor deren Häusern die Nordsee wie kaltes Blei ausgegosfen ist, hat sich gewan­delt. Manches ist anders geworden, seit der Dichter Theodor Storm nicht mehr lebt und die Menschen seiner stillen Geschichten davon- gegangen sind. Und dennoch, auch heute ist es eine stille Stadt und em stiller Schlag Menschen dort oben, denen es das Schicksal nie leicht machte.

Hinnerk ist der Sohn eines Schmiedes, der jüngste von zweien. Sie haben lange zusam­men in der Werkstatt gestanden. Klaus, der älteste, heiratete ein braves Weib und hat zwei Kinder großzuziehen, ein Mädel und einen Jungen, und beide sind wachsblond. Immer war in der Schmiede Leben, die Bauernwagen mußten ausgebessert, die Pferde beschlagen werden. Bis auch nach Husum die Autos kamen von da war nur halbe Tage zu tun. Vom Werkzeugputzen allein können zwei große Männer nicht leben, und immer seltener schaute Hinnerk in die Schmiede. Nur einmal in der Woche legte Klaus noch Feuer an, und was daun zu tun war, konnte er allein schaffen.

So ist es wieder um die Weihnachten ge­worden. Die Nordsee tobt unter den Stür­men, auch den Fischern kann Hinnerk nicht mehr helfen. Er hat es vermieden, noch zu Tisch zu kommen, denn er weiß, wie die Frau des Bruders das Essen strecken muß, um für alle zu haben, hat hier Holz gehackt, dort Säcke getragen. Als in den eugen Husumer Straßen die Händler mit den Christbäumen auftauchten, da wird er traurig-

Die alte Muscheln bittet ihn, einen Pack ins nächste Dorf zu tragen. Er schreitet aus, schwer wie ein Pferd und zufrieden, ein Ziel zu haben. Ihr Sohn, im nächsten Dorf ein kleiner Bauer, empfängt ihn gut es gibt ein Abendessen, ein Nachtlager, und am Mor­gen meint der Bauer:Willst du dies Paket nach Strelen bringen?" So ist Hinnerk schon zwei Dörfer weiter und nach einer Woche ist Hinnerk fast unten bei Hamburg. Er durchwandert die Stadt, die böse und laut um ihn braust, und geht nur vorwärts und merkt erst am Morgen nachher, als er in einer Scheune übernachtet hat, daß er wan­dert, und daß es ihm besser gefällt, als zu warten: Er hat das Gefühl, der Zukunft, wie sie auch sein wird, eutgegeuzugehen.

Hinnerk schlügt sich durch bis nach Mecklen­burg. Im Wald verlier! er die Richtung. Am Morgen des 23. Dezember sitzt er noch unter der Schneemulde eines Busches, wo er sich am Abend vorher verkroch. Ihn hungert! Er weiß nicht, welchen Weg er gehen muß, um wieder zu Menschen zu kommen. Zum erstenmal läßt

Hinnerk wirklich den Kops hängen und sagt ein paarmal trostlos vor sich hin:Lieber Gott was mach ich bloß?" Eisig frißt sich die Kälte durch sein Wams. Er muß aufstehen und vorwärts, sonst friert er fest, und wie er so geht, spürt er, daß er taumelt. Seine Füße sind wund, sein Nacken ist steif, sein Magen :st leer-

In der Dämrnerung fällt neuer Schnee, verklebt ihm die Augen, wäscht ihm das Gesicht, sticht in die Hände, bis er unter zwei großen Tannen einen windgeschützten Fleck findet.

Ein Knall weckt ihn. Es ist finster, er hört leichte, flüchtende Tritte, sieht im Schneelicht die Gestalt eines Rehs und den Schatten eines Mannes drüben bei den Tannen. Leis erbebt sich Hinnerk, kriecht unter dem Geäst im Schat» reu weiter, langsam, bis hinter den Schützen, springt auf, und als jener die Flinte anlegen will, schlägt er sie ihm aus der Hand. Das Gewehr poltert in weitem Bogen in die Büsche, Schnee stäubt, und schon ringen beide am Boden. Die schwere Jagdtasche behindert den Fremden, darin sind Hasen und Schnee- Hühner, so bekommt ihn Hinnerk unter sich. Mensch", sagt der andere.Hier hast du alles

laß mich laufen! Ich wildere nicht wieder!

Hab' schon drei Jahre gebrummt diesmal krieg ich fünf nie wieder -mein Wort!"

Da läßt Hinnerk los. Er weiß ja eigentlich gar nicht, warum er über jenen hergefalün ist, nimmt die Tasche an sich, und der Fremde, dessen Gesicht er nicht einmal sieht, läuft schnell davon.Hätte ich ihn doch nach dem Weg ge­fragt!" denkt der Schmied. Jetzt sitzt er mit der Tasche und weiß nicht wohin. Nach langer Zeit hört er wieder Laute. Heranhinkt das an­geschossene Reh, schnuppert über sein Gesicht und macht ihn ganz wach. Er spürt dos Blut des Tieres. Es legt sich, kann nicht mehr wei­ter so wäscht der geschwächte Wanderer die Stelle des Tieres mit Schnee und verbindet sie mit seinem Tuch. Da bleibt das Reh neben ihm, und ihn friert nicht mehr während der ganzen Nacht-

Es ist gut, daß der Schmied seine Papiere in Ordnung hat, denn am Nachmittag wird das seltsame Paar vom Gendarmen aujge- störbert, gerade, als vom Dorf her die Weih­nachtsglocke ruft. Der Beamte sucht und fin­det die Flinte. Natürlich glaubt er Hinnerks Geschichte nicht! Der Bursche muß daS Reh, dessen Bein steif ist, tragen. Sie gehen ein« Stunde bis zum Försterhaus. Dort liegt im Wohnzimmer ans dem Sofa Förster Huckert. Er ist alt. Die Gicht hat ihn in diesem Jahr gepackt, und der Gehilfe allein kann wohl den Wald nicht so gut überwachen. Der Alte Passt Rauch gegen die Deckenbalken.Stimmt, was der JunM erzählt! Wir nannten den Wilde­rer denSchwarzen". Er ist uns oft aus Haaresbreite entkommen. Vielleicht erwi­schen Sie ihn noch, Gendarm. Den jungen Mann lasten Sie mal hier. Er sieht aus, als müsse er was Warmes in den Bauch kriegen."

Das Reh kommt in den Stall und wird kunstgerecht verbunden, den übrigen Raub aus der Tasche des Wilderers holt die För­sterstochter, ein rankes, braunes Mädel mit kecken Augen, für die Küche, und gleich bringt die Magd Suppe und Fleisch. Hinnerk spürt, daß er wohl dem Glück in den Weg gelaufen ist, denn am Abend sitzt er mit der einsamen Familie unterm Schimmer des Baumes. Ter Ofen brutzelt. Alle sind freundlich und gut. Geschichten werden erzählt, man zieht ihn hinein, beinahe kommt er sich wie zu Haus« vor! Ost trifft ihn ein Blick der kecken Augen, und manchmal lächelt die Försterstochter sie gefällt ihm mehr als je ein Mädel! Und später da sagt der Förster:Bleib man hier

im Forst ist genug auszupasten, und anderswo hast Düs auch nicht bester!"

Was glaubt Ihr, wird nächste Weihnacht zwischen Hinnerk und der Försterstochter üin?

Die Macht -es Schicksals

' Roman von Gert Nothberg.

14. Fortsetzung Nachdruck verboten

Fräulein Helmrodte hat aber doch schon früher einen Wagen gefahren?"

Aber keinen Rennwagen. Ich dulde es nicht, daß das Kind solch einen Unfug macht. Denn ich höre ja schon im Geiste, daß sie sich an Rennen beteiligen wird."

Frau von Röder erschrak.

Jlje-Dore hatte immer von der bekannten Rennfahrerin Frau Käthe Birken geschwärmt. Wie, wenn sie sich tat- iächlich an Rennen beteiligen wollte?

Was für Gefahren dem jungen Mädchen da drohten! Es war nicht auszudenken.

Onkel Sebaldus sah sehr befriedigt die Wirkung seiner Worte.

Frau von Röder sagte bedrückt:Ich glaube es nicht, daß Fräulein Helmrodte sich an Rennen beteiligen will, obwohl sie für diesen Sport einer Dame in letzter Zeit viel Ichwärmt.

..Aha!«

Ich würde es ihr bestimmt ausgeredet haben, wenn ich wüßte, sie hat diese Absicht."

Ausreden! Meine Liebe, das ist verpaßt worden! Gründlich! Das Mädel kennt nur seinen eigenen Willen. Run, ich kann aber ein Machtwort sprechen."

Frau von Röder faltete die Hände.

Vielleicht denken wir doch falsch."

Der Himmel mag es geben, daß wir falsch denken. Aber wir können es trotzdem erleben, daß Jlje-Dore Helm- rcdte mit zerbrochenen Gliedern von irgendeiner verfluch- len Rennbahn getragen wird."

Still und blaß saß Frau von Röder von nun an da.

Sie machte große Augen, als sie den Onkel hier vor-

Plvgcim rrriung orangen ein yeues rracyen. Lvenlg (pater betrat Jlse-Dore das Zimmer.

fand, der sie nach der Begrüßung ernst und streng musterte. Taktvoll entfernte sich Frau von Röder.

Ich will gar nicht erst lange hinter dem Berge halten, liebes Kind. Du Haft dir einen Rennwagen gekauft. Be­absichtigst du, mit diesem Wagen an irgendeinem Rennen teilzunehmen?"

Vielleicht. Ich weiß es noch nicht."

Das wirft du nicht tun. So weit geht deine Selbstän­digkeit nicht, daß ich zujehen werde, wie du dir das Genick brichst," jagte Onkel Sebaldus und mühte sich recht böse auszusehen.

Wieder erklang Jlse-Dores Helles Lachen.

Sei nicht komisch, Onkel Sebaldus. Vorläufig werde ich kein Rennen sahren. Zufrieden?"

Versprich mir, daß du nie, nie an einem solchen Un­fug teilnehmen wirst."

Sie zuckte mit den Schultern.

Das kann ich nicht. Wenn es mir eines Tages plötz­lich einfällt, möchte ich nicht an mein Wort gebunden sein." sagte sie.

Ich will dein Wort."

Ich verspreche nichts weiter, als was ich schon sagte."

Onkel Sebaldus verlegte sich aufs Bitten.

Du mußt vorsichtiger mit deinem Leben umgehen, Jlse- Dore. Wenn dir etwas zustieße, es wäre einfach nicht aus­zudenken." Jetzt hatte wirklich ehrliche Angst aus seiner Stimme geklungen.

Jlje-Dore sah ein schmales, schönes Mänüergesicht, einen harten Mund und trotzige, stahlharte Augen.

Ihre Lippen zitterten plötzlich.

Darf ich denn gar nichts? Dies und das nicht. Ich bin eigentlich sehr arm."

Kind, du sprichst so seltsam. Ich rate dir dringend, hei­rate bald. Ein Mann wird dir schon die Schrullen ver­treiben. Du bekommst andere Interessen, siehst das Leben von einer ganz anderen Seite an, wirst zufrieden und glücklich sein. Baron Nestler würde dir ein guter Gatte sein."

Und wenn ich plötzlich einen ganz armen Mann, sagen

wir, einen Arbeiter aus meiner Fabrik, zum Manne neß men würde?"

Kind, du fieberst Siehst du, ich habe es ja gleich ge sehen, daß du krank bist. Ich werde Doktor Siebdrt rufen."

2a nicht. Ich Onkel Sebaldus, es ist mir bitterer Ernst. Wenn ich nun einen Arbeiter aus meiner Iftlbril liebe?"

Dann würde dich die Welt für wahnsinnig erklären und ich müßte es auch glauben und würde dich einfach jo lange einsperren lassen, bis du wieder vernünftig gewor­den wärest."

Sieh da! Wie liebevoll! Jetzt weiß ich wenigstens, wie ihr denkt. Seid aber unbesorgt, dahin kommt es wahrschein­lich nicht. Der Arbeiter scheint seinen Stolz für sich zu haben, er nimmt von mir keine Notiz, sondern er lacht mich vielleicht heimlich aus."

Hast du dir denn deine Verrücktheit merken lassen?" entsetzte sich Onkel Sebaldus.

Vielleicht hat er gemerkt, was ich dachte. Sein Spott­lächeln ließ wenigstens darauf schließen."

Jlse-Dore, du machst dir ein Vergnügen daraus, mich zu ängstigen."

Ganz und gar nicht. Aber wollen wir nicht endlich von etwas anderem reden? Wolltest du dieses Jahr nicht mit Tante Auguste und Tante Eveline an die See?"

Allerdings. Aber nun fahre ich bestimmt nicht mit. denn einer muß hier bleiben, um dich zu überwachen."

Nicht nötig. Ich rerse auch fort aus einige Wochen. Auf das Gut einer Freundin in Ostfriesland. Das heißt, eigent­lich lebt sie sonst mit ihrem Vater in einer großen rheini­schen Stadt. Aber von ihrer Mutter besitzen sie bei Hage dieses Gut. Ich wollte mich längst einmal mit Eret Alster trefFn. Seit unserem Abschied aus der Pension haben wir uns nicht mehr gesehen."

Onkel Sebaldus sondierte vorsichtig:Ist das hm, ist das die junge Dame, von der Madame Lernier sagte, sie sei der Pensionsjchreck gewesen?"

Fortsetzung lotgl.