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Nagol-cr TagblattDer Gesellschafter'

Samstag, -en 8. Oktober 1838

Nicht Zähigkeit allein genügt im Urwald!

Der Schweiß tropft uns von den Stirnen, während wir mit dem Aufseher, einem Indio, die Gummipflanzung durchqueren. Er will wie jeden Morgen die Arbeit verteilen. Während wir durch den Hain der lichtgrauen Stämme laufen, die ihren weißen Saft in spitze Trichter weinen, gibt mir mein Gastgeber einige Erläuterungen. In feiner Eummipflanzung läßt er die Indio-Männer arbeiten und auf der Kakaoplantage die Indio-Frauen.

Wieviele haben es schon versucht, im Urwald zu pflan­zen, Polen, Japaner, Engländer! Und wieviele haben es nach Jahren, um Jahrzehnte älter geworden, wieder auf- gegeben!" wendet er sich zu mir.Nicht der Arbeitswille, der sich nicht klein kriegen laßen will, gibt hier im Urwald den Ausschlag, auch nicht mit Alkoholverbot und mit Härte verleitet man die Indios zum Arbeiten, sondern nur mit Hilfe des gesunden Menschenverstandes. Manche andere Pflanzung am Rio Amazonas und Rio Tapajoz eroberte sich der Urwald wieder zurück, weil man dort die Indios mit Gewalt zur Arbeit zwingen wollte."

Seine Freunde: Die Indios

Man sieht es, daß sich der Deutsche mit seinen farbigen Arbeitern versteht. Die Indios, die mit dunklen Augen neu­gierig und scheu nach mir spähen, ruft er zusammen und stellt mich ihnen sozusagen vor. Er erzählt ihnen, daß ich aus dem Land gekommen sei, aus dem er einst zu ihnen her- wanderte.Deutschland", meint er zu mir,fängt dort an, wo ihr Urwaldgebiet aufhört, denken die Leute hier."

Es ist keine große Eummipflanzung, und es ist keine Ga- la-Kakao-Plantage, die der Deutsche im Ria Tapajoz be­sitzt, aber sie ernährt ihn trotz der Wirtschaftskrise, die mit der von Jahr zu Jahr steigenden Milreis-Abwertung und dem größer werdenden Absatzmangel dem reichsten Land der Erde die Wirtschaft lähmt. Dort, wo die Pflanzungen auf­hören und das unersättliche Grün des Urwaldes wieder be­ginnt, stehen die Palmsaserhütten der Indios.

Auf der Flucht vor der Dschungel

Ich schlage den Rückweg zur Hazienda ein, denn ich habe Durst, und ich schwitze. Ehe ich jedoch ganz im dunklen Schat­ten des Urwaldes untertauche, schicke ich noch einen Blick zu­rück auf die Plantagen. Es ist siedeheiß, und dennoch laufe ich rasch. Ob die Pulse daran schuld sind, ob es die Dschun­gelstille ist, ich weiß es nicht. Ich wage nicht den Blick em­porzurichten, sondern starre auf den Weg. Um mir Mut zu machen, laufe ich noch schneller, obwohl mir der Schweiß von der Stirn rinnt. Es ist ein kurzer Weg, du bist ihn schon einmal gegangen, es ist nicht schlimm. sage ich mir. Wie aber, wenn ich mich verlaufe? Ich keuche weiter. Mir ist unheimlich zumute. Dann auf einmal ist es mir. als wan­delten die Bäume mit. Ich drehe den Kopf schnell herum, um sie zu ertappen, da erstarrt ihre Bewegung, und sie höh- n?p mich mit ihrer Regungslosigkeit.

' Plötzlich lauert vor mir eine erdbraune gewundene Schlange. Der Schreck hält mich fest, aber es ist ja nur ein harmloser Wurzelstrunk. Phosphorleuchtende Blüten blitzen mich giftig an, Schlinggewächse zielen nach meinen Waden, greifen nach mir. Ich fange zu singen an, nur um zu zeigen, daß mir das gar nichts weiter ausmacht, mutterseelenallein durch dicksten brasilianischen Urwald zu laufen. Vorwärts! Aber was nützt denn solch ein Lied, wenn im Herzen die Angst sitzt, die dämonische Angst vor dieser Urwaldstille, die Schattengeister in dem hilflosen menschlichen Hirn tummeln läßt.

Da erschallt ein Ruf. ich fahre zusammen, aber den Schrei haben nicht die Ohren, sondern die Wahnvorstellun­gen in meinem Innern ausgenommen. Endlich sehe ich Licht. Der Urwald öffnet sich, die Bäume treten zurück. Dort die Ställe und dort das Haus!

«Seine Majestät der ZufaL*

Merkwürdige Geschichten von den Launen des Schicksals

Je mehr man allert, desto mehr überzeugt man sich, daß Seine Majestät der Zufall drei Mertel der Geschäfte die­ses miserablen Universums besorgt!" So schreibt Friedrich der Große in einem Brief an Voltaire. Er spricht daber aus reiner Erfahrung: Zu Beginn des Jahres 1762 stand die Sache Friedrichs des Großen im Kampf um Preußen hoffnungslos. Von seinen Feinden war Elisabeth, die Kai­serin von Rußland, die stärkste. Lange hätte das preußische Heer seinen mächtigen Gegnern nicht mehr Widerstand zu bieten vermocht, als ein plötzliches und schicksalhaftes Er­eignis eintrat. Es war der Tod der Kaiserin Elisabeth, die gänzlich unerwartet am 8. Januar 1762 durch Vlutsturz starb. Die Regentschaft fiel an Peter III., einen Bewun­derer Friedrichs l., der sogleich mit Preußen Frieden schloß, Ostpreußen wieder freigab und es damit Friedrich ermög­lichte, Preußens europäische Grotzmachtstellung zu be­gründen ...

Auch Napoleon hat ähnliches wiederholt erlebt, denn er sagt vom Zufall, daß er der einzige rechtmäßige König des Weltalls sei!

Noch häufiger als im großen Weltgeschehen zeigt sich das Launenspiel des Zufalls im Leben und Tod des Einzelnen. So berichtet die Chronik des Weltkrieges von einem Ar­tillerieoffizier. der in vier Kriegsjahren aus schwersten Gefahren und wagehalsigsten Unternehmungen wie durch ein Wunder immer wieder mit dem Leben davongekommen war. Anfang 1918 diente ihm und ferner Batterie einmal ein Steinbruch als Deckung. Nach langem Warten auf weitere Befehle kletterte er mit einem anderen Offizier auf den oberen Rand des Steinbruchs, um Ausschau zu halten. Eben waren sie oben angelangt, als mehrere Voll­treffer den bis dahin unbeschossenen Steinbruch heimsuch­ten, so daß keiner der dort Liegenden am Leben blieb. Die beiden Offiziere aber entrannen dem Tode. Unser Offizier erhielt nun den Auftrag, sich in der Garnison eine neue Batterie zusammenzustellen. In einer stürmischen Stacht ritt er zum Verladebahnhof. Plötzlich riß der Sturm einen Ziegel vom Dach eines Wohnhauses, der den Offizier so unglücklich am Kopf traf, daß er tot vom Pferde sank!

*

Ein anderes Beispiel. Vor etwa zehn Jahren trug sich folgende merkwürdige Geschichte zu, die uns der Dichter Wilhelm von Scholz erzählt. Ein bekannter Breslauer Justizrat arbeitete mit zwei Kollegen in Eeschästsgemein- schaft, der ein Eesellschaftsvertrag zugrunde lag. Im Jahre 1928 schlug besagter Justizrat beiden Kollegen eine Ergän­zung des Vertrages vor, der seines Erachtens Lücken für den Todesfall enthielt. Er selbst fertigte den Entwurf, und zur Erläuterung der recht verwickelten Honorarver- hältnisse im Falle des Ablebens eines der drei Gesellschaf­ter schrieb er:Angenommen, Justizrat St. stirbt am 1. Juni 1929..." Tatsächlich starb Justizrat Sr. an die­sem Tage.

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Das sind Zufälle, wie sie kein Romanschriftsteller erfinden dürfte, wollte er sich nicht dem Vorwurf lebensunwahrer Phantasterei aussetzen und doch passieren sie immer wie­der! Die Archive der Lebensversicherungsgesellschaften sind wahre Fundgruben solcher Begebenheiten, die durch das Walten des blinden, tückischen Zufalls heraufbeschworen wurden. Einmalig dürfte zum Beispiel der Zufall sein, den kürzlich der Vertreter einer Versicherungsgesellschaft mel­dete. Dieser stand mit einem Kaufmann wegen einer Le­bensversicherung in Unterhandlung. Man unterhielt sich über den Gesundheitszustand des Antragstellers, wobei die­ser mit Stolz darauf hinwies, noch nie in seinem Leben einen Arzt nötig gehabt zu haben. Wenige Augenblicke später Ztarb dieser anscheinend kerngesunde Mann ohne

jedes Vorzeichen vor den Augen des entsetzten Vertreters an den Folgen eines Herzschlages...

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Am 28. Juli 1932 überquerte ein Bauer mit seinem Fuhr­werk gerade in dem Augenblick ein Eisenbahngleis, als ein Schnellzug herandonnerte. Das Fuhrwerk wurde ersaßt und eine große Strecke mitgeschleift. Besitzer und Pferd' kamen ums Leben. Bei der Durchsicht der Papiere des Ver­unglückten fand man einen Versicherungsschein zugunsten seiner Ehefrau, der seit dem 27. Juli 1932 eingelöst, also erst einen einzigen Tag in Kraft war. Merkwürdig dabei ist, daß dieser Bauer 54 Jahre unversichert war, sich aber- dann doch zu einer Versicherung entschloß und mit diesem spaten, aber doch noch rechtzeitigen Entschluß seinen Hinter­bliebenen sogar die doppelte Summe sicherstellte, da er die -Möglichkeit eines Unfalltodes mit eingeschlossen hatte. So -war also der tragische Zufall des tödlichen Unglücks wenig­stens in seinen wirtschaftlichen Folgen durch den Zufall noch überlistet worden. B. L.

Rundfunk

Programm des Reichssenders Stuttgart

Sonntag, 8. Oktober: 6.00 Sonntag-Frühkonzert, 8.00 Wasser- standsmelvungen, Wetterbericht,Bauer hör' zu!", Gymnastik, 8.30 Katholische Morgenfeier, 9.00Sonntagmorgen ohne Sor­gen!". 10.00 Nicht dem Leben aus dem Wege gehen! Keinen Lag! Keiner Frage!, 10.30 Heitere Musik, 11.00Frohe Weisen", 12.00 Blasmusik, 13.00 Kleines Kapitel der Zeit, 13.15 Musik am Mittag, 14.00Seid Ihr alle da?", 14.30Musik zur Kaffee­stunde", 16.00 Musik zum Sonntagnachmittag, 18.00 Das deut­sche Lied, 18.30Die Mühle im Schwarzwald". 19.00Sport am Sonntag", 20.00 Nachrichten, 20.10Wie es euch gefällt", 2.00 Zeitangabe, Nachrichten. Wetter- und Sportbericht, 22.30 klntcrhaltungs- und Tanzmusik. 24.00 Nachtkonzert.

Montag, 18. Oktober: 5.45 Morgenlied, Zeitangabe, Wetter­bericht, Landwirtschaftliche Nachrichten, Gymnastik, 6.15 Wieder­holung der 2. Abenbnachrichten, 6.30 Frühkonzert, 6.30 Frühkon­zert, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbe­richt, Marktberichte, Gymnastik, 8.30 Froher Klang zur Arbeits­pause, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 WHW., 11.30 Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskonzert, 13.00 Zeitangabe. Nachrichten, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00Eine Stund' schön und bunt", 16.00 Melodie und Rhyth­mus, 18.00 Aus Zeit und Leben, 19.00Fröhlich Pfalz Gott erhalt's!", 20.00 Nachrichten, 20.15Stuttgart spielt auf", 22.00 Zeitangabe, Nachrichten, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Nacht­musik und Tanz, 24.00 Nachtkonzert.

Dienstag, 11. Oktober: 5.45 Morgenlied, Zeitangabe, Wetter­bericht, Landwirtschaftliche Nachrichten, Gymnastik, 6.15 Wieder­holung der 2. Abendnachrichten, 6.30 Frühkonzert, Frühnachrich­ten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht, Marktberichte, Gymnastik, 8.30 Morgenmusik, 9.20 Für Dich daheim, 10.00 Mit lautem Jubel bringen wir den schönsten Erntekranz, 11.30 Volks­musik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mittagskon­zert, 13.00 Zeitangabe, Nachrichten, Wetterbericht, 13.15 Mittags­konzert, 14.00 Musikalisches Allerlei. 16.00 Nachmittagskonzert^ 18.00 Aus Zeit und Leben, 19.00 Aus der Welt der Oper, 20.00 Nachrichten, 20.10Herz auf der Waage", 21.00 Tanzmusik, 22.00 Zeitangabe, Nachrichten. Wetter- und Sportbericht, 22.30 W. A. Mozart: Streichquartett C-dur, K. V. 465, 23.00 Unterhaltungs­konzert» 24.00 Nachtkonzert.

Mittwoch, 12. Oktober: 5.45 Morgenlied, Zeitangabe, Wetter­bericht, Landwirtschaftliche Nachrichten, Gymnastik, 6.15 Wieder­holung der 2. Abendnachrichten, 6.30 Freut euch des Lebens, Frühnachrichten, 8.00 Wasserstandsmeldungen, Wetterbericht Marktberichte, Gymnastik, 8.30 Morgenmusik, 9.20 Für Dich da­heim. 10.00 Diener und Meister der deutschen Sprache, 11.3H Volksmusik und Bauernkalender mit Wetterbericht, 12.00 Mit­tagskonzert, 13.00 Zeitangabe, Nachrichten, Wetterbericht, 13.15 Mittagskonzert, 14.00 Fröhliches Allerlei, 16.00Kaffee verkehrt aus Wien", 18.00 Verliebte Weisen, 18.30 Aus Zeit und Leben, 19.00 Heinrich Schlusnus singt, 19.15Bremsklötze weg!", 19.45 Im Gleichschritt, 20.00 Nachrichten, 20.10 Wir Litten zum Tanz, , 21.00Stunde der jungen Ration". 21.30 Kammermusik, 22M > Zeitangabe. Nachrichten, Wetter- und Sportbericht, 22.30 Mu» s sik aus Wien, 24.00 Nachtkonzert.

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Dogohl

Munchensr Kriminalroman von Hans KNugsnstein

Nrbeberrecbtsschntz durch Verlagsanstalt Manz, Regensburg. Q. Fortsetzung. Nachdruck verboten.

Cpannagel hatte die Hörmuschel um den Kopf geschnallt. Als sie über Kempten und der Iller standen, meldete sich München. Er griff zur Tafel, die in der Seitentasche steckte and schrieb:

Lindau meldet, 13.05: Rünzi allein, kreist über Pfän­der. Wird nach Landung festgenommen. Riedl segelt süd- Lcher Bodensee. Verfolgt ihn. Von der Schweiz abdrücken."

Spannagel sah das Gesicht seines Führers im Spiegel fragend auf sich gerichtet. Er hielt ihm die Tafel vor die Augen. Das schien eine Freude für diesen alten Kriegs­piloten zu sein. Verfolgung! Es war ihnen klar, wenn Riedl das Schweizer User erreichte, war er für sie verloren. Sie durften ja nicht über die Grenze. Spannagel tobte in­wendig. Oh, dieser verteufelte Polizeibürokratismus! Sie können an der ganzen Schweizer Grenze fliegen, hatte ihm der Chef gesagt. Sie können den Kerl in den Bodensee drücken, aber Sie dürfen mir in der Schweiz nicht landen. Ich habe die Festnahme durch die hohe Diplomatie in Bern beantragt; wenn wir Glück haben, ist die Genehmigung in drei Stunden in meinen Händen. Aber landen Sie ja nicht kn der Schweiz!"

Spannagel schaute auf die Uhr: 1.10. Wenn Riedl über dem südlichen Bodensee war, kam es ganz auf den Wind an und auf die Höhe, die er hatte, ob sie ihn noch vor dem Schweizer Ufer faßten. Wenn er mit dem Klemm-Zwei- decker hochgezogen war, hielt er mindestens 1000 Meter. Also auf! Vollgas! Der Pilot zog die Maschine zu einem Sprung wie ein übermütiger Reiter und schraubte sie hoch, so steil, daß Spannagel es vorzog, sich anzugurten.

Längst schon sahen sie in der Ferne den Bodensee blin­ken. Er schwamm zwischen Bergen und grünblauen Flüssen wie in den Wolken. Es wurde kalt um sie. Wolken standen

unter ihnen und warfen ihre Schatten auf die sonnige Mittagserde. Sie waren jetzt an der Höhengrenze, 3800, 3900 und trieben hoch über zwei Wolken dem See zu.

Zur Linken stand die Sonne, von rechts her sah Span­nagel das Ufer verlaufen, ganz oben zwei blinkende Arme, in der Mitte ein breiter, schimmernder Sack, sie mußten aus den mittleren See zuschweben. In Rechtskurven mit gedrosseltem Motor gingen sie langsam, langsam nieder. Beide Köpfe hingen über Bord und spähten. Da war Fried­richshafen. Die langen, schmalen, weißen Streifen muß­ten die Zeppelinhallc und die Maybach-Werft sein. Darüber hinweg in der Ferne die Häuserhaufen: Konstanz! Tief unter ihnen ein kleiner fester Block im See, nur eine schmale Schnur führt an das Land: Lindau! Dann mußte zur linken Bregenz sein, und hier der Berg, das war der Pfänder.

Der Pilot deutete hinunter. Spannagel winkte und sie stießen nun aus der niederen Wolkenschicht herab wie ein Habicht auf sein Opfer. Deutlich sahen sie den Flugplatz auf der braunen Fläche.

Nicht landen! Riedl suchen!" schrieb Spannagel auf die Tafel für den Piloten.

Sie kreuzten über dem Pfänder und sahen deutlich neben einem gelandeten Flugzeug einige Männer stehen. Es war wohl Rünzi darunter. Einige Kreise und Kurven, Span­nagel winkte und die Männer unten erwiderten seinen Gruß, dann zog der Pilot seine Maschine an und in der Höhe von 1500 Meter suchten sie den südlichen Bodensee ab. Sie suchten lange.

In diesem Augenblick vernahm Spannagcl wieder das bekannte Knistern. München tickte:Lindau meldet 13.17: Riedl anscheinend Schweizer User Richtung Wyl gelandet."

Spannagel bäumte wütend empor.Teufel, er wird uns entwischen!" Wyl, Richtung Wyl, das mußte gegen Nord­osten sein.

Er wies die Richtung, die Halberstädter donnerte über den See. Aber vergebens suchten sie.

Auf einmal, als Spannagel den Blick hinter sich wandte, sah er tief zur Linken, dort, wo zwischen hohen Bergen die

Kimme des Rheintals sich öffnete, einen Schatten über die Hellen Felder huschen. Ein leichter blauer Schatten war es erst und dann auf einmal die Tragflächen mußten sich geneigt habenin klaren Umrissen ein schneeweißer Vogel. Das mußte der Segelflieger Riedl sein. Der Kriminal­kommissar hieb den Piloten auf die linke Schulter, daß er zusammenzuckte und die Maschine herumritz. Nun sah die­ser den Segler auch.

Sie flogen nach Süden, um ihm den Weg zu versperren und dann, als sie haarscharf über dem Schweizer Ufer stan­den, bogen sie nach Südost. Das Segelflugzeug strebte un­terdessen, durch leichten Ostwind abgetrieben, über den See gegen Rorschach zu. Ob Riedl sie wohl bemerkt hatte? Si­cherlich! Das Toben eines 250 B.M.W.-Motors konnte man nicht überhören.

Der Ost war dem Segelflieger ungünstig. Er mußte noch einige Kilometer vom Land entfernt sein. Man sah, wie er kurvte und Höhe zu gewinnen suchte. Bald hatten sie ihn eingeholt und standen schräg über ihm. Der Pilot stellte jetzt die Maschine auf den Kopf, nahm Gas weg und stürzte sich in rasender Geschwindigkeit wie ein Raubvogel auf den Segelflieger. Der aber suchte unverdrossen seinen Weg zum rettenden Ufer.

Spannagel hatte sich angeschnallt. Mit beiden Händen klammerte er sich fest. Der Sturzflug nahm ihm die Lust weg. Er sah noch, wie sie blitzschnell knapp an dem Segler vorbei zur Tiefe fuhren, er sah im Bruchteil einer Sekunde eine Gestalt, die unter den Flügeln saß, einen weißen Swea­ter, ein braunes Gesicht. Dann war ihm, als ob seine Füße in den Leib gestoßen würden, er hörte wieder das Donnern des Propellers, und schon zog der Pilot seine Maschine wieder hoch. Er hatte sich über den linken Flügel an dem Segler vorbei «brutschen lassen, zwischen ihm und dem Schweizer Ufer. Dann hatte er unter Riedl die Maschine gefangen. Jetzt setzte er sich neben den Segler und drückte ihn zur Seite.

(Fortsetzung folgt.)