Mittwoch, 11. Dezember 1835
109. Jahrgang
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Nr. 289
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England verlangt Abänderungen
Pariser Vereinbarungen im Londoner Kabinett
London, 10. Dezember
Nach einer Nentermeldung aus Paris sott -n den frühen Morgenstunden des Dienstag-.- bekannt geworden lein, daß das britiseh- Kabinett dpn von Haare nnd Laval verein- darlen Friedensplan iw ivesentlichen ge- oiliigt. aber gewisse N bändern» g e » v o n Einzelheit e n v o r g e - 'chlagen habe. Nach Empfang einer ent- ipeeiheoden Mitteilung ans London habe sich die britische Botschaft sofort mit dein Iran- anischen Außenministerium in Verbindung gesetzt. Biaii habe die feste lleberzengnng. daß diele kleinen Meinungsverschiedenheiten beseitigt werden können. inüs dies nicht schon geschehen Kn M u s svlini w e rded a l, e r a ni Dien S t a g v vnden i r a n z ö s i s ch- britis el> e n B v r s el, l ä g e n 11 e n ntni s e r l) a I t e u. Es sei nicht bekannt, in welchen Punkten London Abänderungen vvrgeschla- gen habe. Ter britisihe Außenminister Dir Snmnel Hoare sei von den Ansichten seiner Kabinenskollegen vor seiner Besprechung wit Laval genau unterrichtet worden, nnd es toerde daher angenommen, daß er niemals 'eine Zustimmung zu einer Bereinbarnng gegeben hätte, die iw Widerspruch zur Politik seiner Kollegen gestanden hätte.
Pie Pariser Meldungen über den angeblichen schihalt des englisch-französischen Friedensplanes. der nach die'en Darstellungen sehr weitgehende Abtretungen abessinischen Gelnctes an Italien vorsehen sott, haben in d.n Wandelaängen des linterhanies eine» höchst peinlichen Eindruck gewacht, der sich keineswegs ans die Kreise der Opposition beschränkt. Angesichts des Fehlens amtlicher Mitteilungen werden diese Berichte aber als nicht zuverlässig betrachtet, Es wird vielmehr die bestimmte Erwartung ansgedrückt das; die Einzelheiten des Planes keineswegs so weitgehende Zugeständnisse an Italien enthalten, wie iranzösischerseits behauptet wird.
lieber die etwaigen Ersolgsanssichten des iranzösisch - englischen Vorschlages zur Beilegung des italienisch-abessinischen Streitfalles bewahrt daher auch die Pariser Presse am Dienstag morgen eine betonte .Zurückhaltung. Man läßt die Londoner nnd römischen Berichterstatter sprechen und begnügt sich im allgemeinen damit, die Hoffnung aiiszndrük- ken, daß Mussolini sich versöhnlich zeigen wöge, damit der Achtzehner - AnS'chnß nicht erst in die Laqe oersetzt werde, sich für die Deliperre z» entscheiden, die Mussolini als einen unerträglichen Verhandlnngsdrnck empfinden würde.
Ein Beamter der abessinischen Gesandtschaft in London erklärte, eine hier vorliegende Meldung aus Addis Abeba, daß die abcssmische Negierung eS ablehne, einen Friedensplan in Erwägung zu ziehen, der die Abtretung abessinischen Gebietes an Italien ein- ichließen würde, gebe die Stellung des Negns richtig wieder.
In den Wandelhallen des Unterhaltes waren visenbar ans Grund der Pariser Berichte am Montag abend Gerüchte iw Um- lans. daß der Bölkerbnndswinister Eden znrückgetreten lei. Diese Gerüchte werden von maßgebender Seite für nn'.ntrenend erklärt. Eden, der während des Urlaubs Hvares stellvertretender Außenminister ist. wird, wie vorgesehen, am Mittwoch nach Gens reisen, uw seine Negierung im 18er- Ansschnß zu vertreten.
Das englische Kabinett erneut zusammengetreten. Noch keine Entscheidung
London, 10. Dezember.
Das englische Kabinett trat am Dienstag, mittag zur Fortsetzung der Besprechungen über den zwischen Hoare nnd Laval vereinbarten Friedensplan zusammen. Die Sitzung dauerte etwas über eine Stunde. Ob bereits eine Entscheidung gefallen ist, steht noch nicht fest. Eine Information der „Preß Association"', die wohl noch vor dem Abschluß der KabiueUssitzima abaesaßt worden
ist, besagt n. a„ daß von englischer Seile n v eh kein e E n t s eh eidnng über de n Friedensplan vorliege. In der Zwischenzeit habe weder eine Fühlnngnahmc mit der französischen Negierung, »och mit den Italienern und Abessinier» über die Vorschläge stattgesnnden. Der diplomatische Mitarbeiter der Agentur sagt, England stelle unverändert ans dem Standpunkt, daß jede Regelung sowohl für Abessinien als auch für Italien nnd den Völkerbund annehmbar sein müsse. In London werde ausdrücklich betont, daß von der Ausübung eines Druckes ans die Abessinier keine Rede sein könne.
Aus den Meldungen der konservativen Blätter geht erneut hervor, daß die Berichte aus Paris über den Inhalt der Vereinbarungen auch bei den konservativen Parlaments- Mitgliedern größte Neberraschung und Unruhe verursacht haben.
lieber den Eindruck im Unterhaus schreibt der Parlamentsmitarbcitcr der „Times": Den Ministern waren die aus Paris gemeldeten Einzelheiten des Abkommens Lava!— Hoare bekannt. Die Regierung beschloß trotz- dem, keine Erklärung avzugeben. Sie weigerte sich auch, die Pariser Meldungen zu bestätigen oder ihre Richtigkeit zu bestreiten. Die Unterhausmitglieder haben daraus den Schluß gezogen, daß die Berichte zum »lindesten im wesentlichen zntrenend lein inns- sen. Bei der Mehrzahl der Regiernngs- anhänger im Unterhaus ist. wie sestgestellt werden muß. ein sehr ungünstiger Eindruck entstanden. Man war der Ansicht, daß die Vorschläge, falls sie auch nur annähernd richtig wiedergegeben seien, weit über das hinansgehen. was das Unterhaus zu billigen ersucht worden ist. Außerdem meinie man. Abessinien werde anfgeiordert. eine arößcre Gebietsabtretung znzngestehen. wie ne jemals im Unterhaus angeregt worden ist. Es wurde auch zugegeben, daß die Pariser Bedingungen das volle Ausmaß dessen darstellen. was Laval zu gewähren bereit war. Sehr besorgt war man hinsichtlich der Frage, ob das Unterhaus ohne Verwahrung zur Zustimmung bereit sein wird.
Mm'lsterrak auch in Paris
Am Tienstagvormittag fand ein Minister- eat unter dem Vorsitz des Präsidenten der Republik statt. Ministerpräsident Laval erstattete Bericht über seine Ver - s a n d l u n gen mit Hoar e. Der Ministerrat prüste ferner die Bedingungen, unter Venen die Beratung des Haushaltes für 1936 in der Kammer stattfinden soll. Der Haushalt soll noch bis zum 31. Dezember unter Dach und Fach gebracht werden.
Zusammentritt des Sachverständigen- ausschnsses für die Sühnemaßnahmen
Ter Sachverständigenansschnß für die Durchführung der Sühnemaßnahmen trat in Gens am Dienstag nach zehntägiger Panse unter dem Vorsitz des Schwedischen Vertreters Westmann wieder zusammen, um die weiteren Antworten der verschiedenen Regierungen zu prüfen und den Bericht an den Präsidenten der Sanktionskonferenz fer- tigznstellen. Der Achtzehner-Ausschuß, der die Erweiterung der Rohstoffsperre beschließen soll, wird, wie vorgesehen, am Donnerstag in Anwesenheit von Eden nnd Laval zusammentreten. Ob es zur Beschlußfassung kommt oder ob der Schwerpunkt der Genier Arbeiten in den Völkerbnndsrat, bzw. in einen ne» einzusetzenden Fünfer-Ausschuß verlegt wird, hängt von der Stellungnahme Italiens ab, die für den heutigen Dienstag oder Mittwoch erwartet wird.
Italien und Abessinien noch nicht unterrichtet
London, 10. Dezember.
Baldwin gab im Unterhaus am Dienstag eine Erklärung ab, aus der hervorgeht, daß die Verhandlungen zwisäzen der britischen und französischen Regierung über die Fricdensvor sch läge zur Beilegung des abessinischen Streites zur .seit noch i m Gange sind:
> die Vorschläge hätten daher bisher weder i Abessinien noch Italien übermittelt werden ^ können. Baldwin bezeichnet«: in seiner Er- l ktärung die Nachrichten der französischen l Presse über den Friedensplan als be-
> da u erliche Indiskretionen, die i „eine schwierige und delikate Angelegenheit l unvergleichlich schwieriger und delikater ge- j «nacht" hätten. Doch atanbe er. daß in j wichtigen Fragen beträchtlich« Unterschiebt ! stoischen den ursprünglichen Vorschlägen und
dem, was in der Presse stehe, festzustellcn seien.
Ankerredungen bei Laval
Ministerpräsident Laval hatte am Dienstagnachmittag eine Unterredung mit dem britischen Botschafter Sir George ElerI nnd dem Unterstaatssekretär im Foreign Office, Sir Robert Vansittart. die ihn über die Auffassung des englischen Kabinetts hinsichtlich der Regelung des italienisch-abessinischen Streitfalles nach den beiden Kabi- nettsräten in London unterrichten. 'Ministerpräsident Laval hat mitgeteilt, daß er Paris am Mittwoch abend zu verlassen gedenkt, um sich nach Genf zu begeben.
Französische Rüstunssanleche
Paris, 10. Dezember.
Die französische Regierung hat am heutigen Dienstag die Z w e i - M i l 1 i a r d c n - A n - ! leähe aufgelegt. Die Anleihe ist ausschließlich für Zwecke der Landes» Verteidigung bestimmt. Am Montagabend fand eine Besprechung der Vertreter der Pariser Großbanken mit leitenden Persönlichkeiten des Finanzministeriums statt. Bei dieser Besprechung versicherten die Vertreter der Großbanken, daß die Zwci-Milliardcn-Anlcihe den gleichen Erfolg haben werde wie die früheren Anleihen der Eisenbahngescllschasten. Die neue Anleihe wird zu 5 Prozent verzinst und soll in 30 Jahren amortisiert sein.
Landesbischof 9. Maratzrens zu tatkräftiger Mitarbeit bereit
Berlin, !0. Dezember.
Die vorläufige Kirchenregiernng der evangelisch - lutherischen Landeskirche Hannover hat, wie der Evangelische Pressedienst erfährt, an den Reich-stirchenansschnß ein von Landesbischos D. Ni a r a h r e n s nnterzeich- ! netes Schreiben gerichtet, in dem sie dem j Aeichskircheiinnsschnß ihre B e reit s ch a i t zu tatkräftiger 'Kl itarbeit erklärt.
„Tie vorläufige Kirchenregiernng". io heißt es n. a. in den, Schreiben, ..begrüßt ansrichtig die Zielsetzung, die gegenwärtige Zerstörung in der Tentschcn Evangelischen Kirche zu beseitigen und es der geordnete n K i r ch e m ögti ist z n m a ch e n . die b e st e h e »den Streit f r a g e n ans eigener li r ch l i ch e r K rast n n d ans G rund k, r ch l i ei, e r E n t - scheidnng zu lösen. Sie ist dankbar, daß der -Herr Minister den Gedanken einer Staatskirche in deutlichen Worte» wiederholt abgelehut hat nnd daß die Altsgabe des Ausschusses als Drenhänderansgabe bezeichnet worden ist. Die vorläufige Kirchenrcgie- enng der evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannover hat zu den Männern des Neichskirchenansschusses das Vertrauen, daß sie ihr Amt in Treue gegen Schrift und Bekenntnis führen nnd aller Bedrohung der Kirche von innen und außen tatkräftig ent- gegcntretcn werden."
Sabotage mtl Speiseeis
Ueber 500 Personen schwer vergiftet Buenos N' .s, 10. Dezember.
Nach dem Genuß von Speiseeis sind in Buenos Aires am Sonntag über 500 Personen unter schweren Vergiftungs- erscheinnngen erkrankt. Der Eisherstel- ler wurde sofort verhaftet. Er erklärte bei seiner Vernehmung, daß es sich nur um eineil Sabotageakt seiner An» g e st c l 1 t e n handeln könne.
Jas Rkueile in Kürze
Ministerpräsident Baldwin teilte im englischen Unterhaus mit, daß die Verhandlungen über die Friedensvorschläge im italienisch-abessinischen Konflikt zwischen Frankreich und England noch nicht zürn Abschluß gebracht seien und die französischen Presse- stimmen meist weit neben den tatsächlichen Inhalt der Friedensdorschläge gegangen seien.
Aus Wellington wird gemeldet, daß aus den Tonga-Inseln im Stillen Ozean gewaltige Vulkanausbrüche stattfanden. Ein dreieinhalb Kilometer langer Lavastrom ergieße sich in das Meer. Menschenleben seien bis jetzt noch nicht zu beklagen.
Der neue Hauptamtsleiter des NS.-Lehrer- bundes, Gauleiter Fritz Wächtlcr, hat an die deutschen Erzieher und Erzieherinnen einen Ausruf erlassen, worin er die weltanschauliche Ausrichtung aller Erzieher fordert.
Arbeitseinsatz im November
Berlin. 10. Dezember.
Wie die Reichsanstalt sür Arbeitsvermittlung nnd Arbeitslosenversicherung meldet. Hatz im November die Zahl der ArbettsloKn infolge des durch die Witternngslage not- wendigen Abbaues der Anßenarbeiten »in 156 000 zugenommen, so daß Ende November 1 Ms OM Arbeitslose hei den Arbeitsämtern eingetragen waren. Ter Erfolg der Arbeitsschlacht 1935 geht daraus hervor, daß am Stichtag des gleichen Monats im Vorjahre der Zuwachs 370 000 Arbeitslose und die Gesamtzahl der Arbeitslosen über zwer Millionen betrug. Bei den jahreszeitabtzän» gigen Bernsen betrug die Steigerung 97 000 oder rund 21,1 v. H. des Bestandes. Tie Zahl Der Unterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung stieg um 80 OM auf 387 000, in der Krisenfürsorge um 22 OOY auf 666 000, die der Wohlfahrtscrwerbstosen um 3000 aus 340 000. Die Zahl der Notstandsarbeiter betrug 153 000.
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Berlin, 12. Dezember.
Die Deutsche Lufthansa hat zur Zeit bei der Hvwaldts-Werft in Kiel einen dritten s ch wimmenden Flugstützpunkt, der für den Lustpostdienst im Tüdatlantik bestimmt ist, im Bau. In dem jetzt fast zwei Jahre durchgeführten, regelmäßigen Lustpostdienst von Deutschland nach Südamerika wurden eine Reihe Erfahrungen und Erkenntnisse gesammelt, die diesen Neubau notwendig machten.
Zunächst ist es erforderlich, wenigstens drei Schiffe einsatzbereit zu haben, um jeweils einen der Flugstützpunkte in der Heimat überholen und docken zu können. Gerade das ist sehr notwendig, da im Ausland die tür diese Arbeiten erforderlichen Einrichtun- gen nicht immer zur Verfügung stehen. Anfänglich, als nur der Dampfer „Westfa- len" vorhanden war und noch ältere Flug- zengmnster verwendet wurden, hatte der schwimmende Flugstützpunkt hauptsächlich die Aufgabe, die 3050 Kilometer lange Atlantikstrecke zwischen Bathurst nnd Natal zu unterteilen. Nach Einsatz der 10 Tonnen- Wale nnd Indienststellung des Motorschis, ses „S ch w a b e n la n d" konnte der Ozean ans dieser Strecke von Küste zu Küste überflogen werden. Die beiden Schisse haben seitdem hauptsächlich die Aufgabe, als schtviin- wende deutsche Flughäfen an den Küsten W dienen. Hier finden die nach jedem Fluge notwendigen Durchsichten an den Motoren und Flugbooten statt.
Das neue, jetzt in Bau befindliche Schiff wird eigens für den Atlantiksliig erbaut. Es hat eine Wasserverdrängung von 2 000 Tonnen und bekommt zwei MAN-Diesel-Motore« von je 1 000 Pferdestärken, die dem Schiff ei« Geschwindigkeit von 15 Seemeilen in der Stunde verleihen. Zum Abschuß der zeuge wird eine Heinkel-GroßflugzeugsH«w> der K 9 dienen; der Hebekran zum ÄnbvrV» nehmen der Flugzeuge wird von Kampnagel geliefert. Die Indienststellung dieses neue» Schisses wird etwa imMai 1 9 3 6 erfolge«.