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Am dm Mül dn Könige

von Hermann Dietrich

Ter Kreis der europäischen Könige isi recht klein geworden, und vor allen Dingen ist der Nimbus, der seit Urzeiten um das königliche Amt schwebte, verschwunden. Da­ran sind nicht zuletzt die Könige Europas selbst schuld. Ter Wandel der Politischer Formen und Anschauungen hat ihnen in de» meisten Fällen die direkte souveräne Einfluß­nahme ans das politische Geschehen ihres Landes ans der Hand genommen. Di« Verbindung mit dein von ihnen regierter Volk ist alltäglicher geworden. Die Art. wie sie in der Oesfentlichkeit anstreten, hat viele schranken eingerissen. Ihre Beschäftigungen und Liebhabereien sind im alten Sinn osl ..unköniglich" zu nennen. Ohne Begleitung gehen sie durch die Straßen, ganz allein be­treiben sie Sport. Auch der so tragisch ums Leben gekommene König Albert von Belgien ist ja allein die Felsengruppe hin­ausgeklettert. von der er nicht mehr zurück­kehren sollte. König Albert war nicht nm ein leidenschaftlicher Bergsteiger, er besuchte ebenso gern allein das Kino, wo er sich ganz unauffällig unter die Zuschauer mischte. ' Im übrigen interessierte er sich sehr für Technit und war als Thronfolger ein geübter Loko­motivführer. ähnlich wie König Boris von Bulgarien.

Jedes der gekrönten 'mupter Europas hal eine andere bemerkenswerte Liebhaberei, die sich zuweilen zur wissenschaftlichen Leistung oder zu praktischer Förderung des Landes auswächst.

Der jüngste und neueste unter den Königen ist der König Zogu von Albanien, der. kaum dreißig Jahre alt. seit fünf Jahren dieses unruhige Land regiert. Dieser König Zogu hat sich vorn einfachen Bürger zuui König aufgeschwungen, als Albanien nach dem Waffenstillstand zwischen Griechenland, Serbien und Italien geteilt werden sollte, seine Patriotische Begeisterung und die Bauern halfen ihm. Sie traten so tatkräf­tig für ihn ein, daß Albanien zur Republik ansgerusen und Zogu ihr erster Präsident wurde. Später wurde er dann zum König der jungen Monarchie gemacht. Zogu hat in seinem Lande bemerkenswerte Reformen durchgeführt. Er hat elektrische Lichtanlagen geschaffen, ebenso hat er Telephon einge- sührt und viele Hektar Mvvrland in guten, fruchtbaren Ackerboden umwandeln lassen, kr lebt in größter Bescheidenheit. Auch bei offiziellen Gelegenheiten trügt er keine Krone, und feine Wohnung hat er in einem beschei­denen Landhause.

König Alexander von Jugo­slawien ist Herrscher eines Königreichs, bas, nach dem Kriege aus Serbien, Monte­negro. einem Teil von Ungarn und allerlei anderen Bruchstücken gebildet wurde und in dem es seit der Zeit immer recht unruhig zugegaug- n ist. Die unter ihm vereinigten Völker, die Kroaten. Serben und Slowenen, können sich nicht vertragen. Vor vier Jah­ren machte König Alexander kurzen Prozeß >mt feinem ewig streitenden Parlament. Er schickte es nach Hause und machte sich zum Diktator. Pünktlich um 9 Uhr jeden Mor­gen findet er sich an seinem Schreibtisch ein. aber er lebt nicht in dem häßlichen Königs­palast. sondern wohnt in einem Vorort von Belgrad, von wo er jeden Morgen mit dem iluto in die Stadt fährt. Wenn er seinen Arbeitstag, meist sehr spät, beendet hat. fährt >r wieder Heini zu seiner Familie, um die Abende mit Musik und Lesen zu verbringen. Kur an den Dienstagen weicht er von dieser

Der Gesellschafter

mnstag, den 24. Februar 18L4.

Tageseinteilung ab und gönnt sich einen Ruhetag. Denn er betrachtet, da er sehr abergläubisch ist. den Dienstag als einen Unglückstag. da drei Mitglieder seiner Dy­nastie an einem Dienstag ermordet wurden. Auch die Freitage liebt König Alexander nicht sehr. Wenn er an einem Freitag nicht wich­tige Entscheidungen treffen muß. tut er es nicht, ohne vorher am Grabe seines Vaters um Erleuchtung gebetet zu haben.

Ueber den König Carvl von Ru­mänien ist wohl mehr gesprochen worden als über alle andern Monarchen. Nachdem er ursprünglich seinen Rechten aus den Thron entsagt hatte, hat er eines Tages die Macht wieder an sich gerissen.

Der Köuig' vvn Italien verbringt seine freie Zeit mit dem Studium alter Akten und Bücher oder über seiner Münzensamm­lung, die einzigartig in der Welt ist.

König Boris von BnI g arie n sieht ans wie ein wohlhabender Fabrik­besitzer und lebt völlig unkonventionell. Man weiß sogar, daß er Kinovorstellungen ans den billigsten Plätzen des Theaters beiwohnt. Er isr sehr reich, aber sc'in Lieblingsgetränk ist Pier.

Der König von Dänemark ist ein moderner Harun al Raschid, der sich gern unerkannt zwischen seinem Volke bewegt. Obwohl er schon dreiundsechzig Jahre alt ist, liebt er es. große Reisen zu unternehmen. Von König Hakon von Norwegen, dem Bru­der des Dänenkönigs, weiß man wenig. Man nennt ihn die Sphynr unter den Königen.

König Gustav von Schweden ist bei seinem Volk sehr beliebt und um seiner schlichten Einfachheit willen allgemein ge­schützt. Daß er ein begeisterter Tennisspieler ist, ist bekannt.

Die Königin Wilhelm ine von Holland erfreut sich ebenfalls der großen Liebe ihres Volkes. Alan rühmt ihr nach, daß sie in Staatsgeschäften außerordentlich erfahren und bewandert sei. Sie war erst zehn Jahre alt. als sie den Thron bestieg, nachdem ihre drei Brüder ums Leben gekom­men waren; mit achtzehn Jahren übernahm sie dann tatsächlich die Regierung und regierte klug und gut. Ihr Land ist in den Jahren ihrer Regierung zu Blüte und Ge­deihen gekommen.

Außer dem König von England, über den man ja genügend weiß, sind dann noch drei Miniaturkönige zu erwähnen, näm­lich der Fürst von Liechtenstein, die Groß­herzogin Charlotte von Luxemburg und der Fürst von Monaco. Der Fürst von Liechten­stein ist fast 80 Jahre alt. Er hat erst vor zwei Jahren den Thron bestiegen. Gkf Monate des Jahres verbringt er in Wien.

Was viele nicht wissen

Die Eallas-Lima-Vahn in Peru überschreitet die Patzhöhe der Anden in 4780 Meter Höhe. Das ist fast so hoch wie der Mont Blanc.

Eine Million Sekunden vergehen in rund zwei Wochen. Für den Ablauf einer Billion Sekunden sind etwa 31000 Jahre erforderlich.

Der römische Kaiser Caligula verbrauchte während seiner noch nicht vier Jahre währenden Herrschaft nach heutigem Gelds 220 Millionen Goldmark,

Braunschweig hat 1838 die erste Staatsbahn gebaut.

Aus Gräberfunden ist festgestellt, daß man in Europa schon lange vor Einführung des Tabaks rauchte, und zwar Huflattich, Hanf, Lavendel und dergleichen.

Unter dieser Rubrik, die wir alle 14 Tage vcröstentliSen, werben sämtliche bei uns eingehenden Schristvroben einer genauen graphologischen Prüfung unterzogen und zwar gegen die geringe viebuür von 76 Pfennig I« Briefmarke». Die Schriftproben müssen immerhin 1020 Zeilen um­fassen und ungezwungen, möglichst mit Tinte, geschrieben sein. lAlfo keine Abschriften von Ge­dichten usw.i Den Zuschriften ist ein frankierter Briefumschlag für die Rückantwort beizusügen. Da nur einzelne Beurteilungen hier zum Abdruck kommen können, erfolgt säst durchgehend die Be­antwortung der Anfragen unmittelbar an die Einsender. Strengste Diskretion ist felbstverständ- ltch zugesichert. Die Erledigung ersolgt in der Reibe der Eingänge, meist in etwa 14 Tagen. Für «mgehend gewünschte Erledigungen erhöhen sich die Bedingungen des Unkostenbeitraaes von.78 auf das Doppelte. Eilaufträge dieser Art lind mit dem Vermerkdringend" zu versehen. Die Einsendungen, die die genaue Adresse des Absenders enthalten müssen, sind zu richten an: NT.- Prcsic Württemberg. Abteilung Graphologischer Briefkasten, Stuttgart. Sriedrichstraüe >0.

H. T. 0. Was haben Sie sich da für selt­same Einleitungsformen zugelegt! Glauben Sie. daß ein vernünftiger Mensch Vvn ge­sundem Gefühl airf einen solchen Krampf hereinfällt? Das soll vielleicht nach künst­lerischem Schwung aussehen, lind ist doch weiter nichts als eine gekünstelte, aufge­blasene lteberbetonung. Ihre -- Schriftzüge zeigen doch sonst ganz richtiggehende Ver­standestätigkeit. wie kommen Sie dann zu einer solchen vorübergehenden Trübung der geistigen Funktionen? Von so etwas müssen Sie sich frei machen! Schauen Sie einfach natürlich und gelöst jedem in die Augen,

und geben Sie ihm aufgeschlossen und herz­lich die Hand, dann kommen Sie schon in das rechte Verhältnis zur Umwelt, und brauchen weder lächerlich überzubctonen, noch schnell beleidigt abzulehnen. Ihre Neigung andere zu bevormunden und zu be­herrschen hat nur dann Sinn und Berech­tigung. wenn Sie selbst nicht zur Dutzend­ware der Natur gehören, und nach der Seite der geistigen und seelischen Werte nicht gar zu bescheiden ausgestattet wurden. Schreiben Sie sich aus einen Merkzettel mit großen Lettern die Worte: Einfachheit und Echtheit tut not!

R. T. Mein Herr, warum sind Sie denn gar so gescheit! Sie glauben gar nicht, wie unbehaglich ein Gemeinschaftsleben ist, wenn man dauernd sich mit Menschen Ihrer Art auseinanderzusetzen hätte. man würde wirklich die Freude am Leben verlieren. Ge­wiß: Leben heißt lernen, aber leben heißt auch leuchten, und leben heißt auch lieben. Aber Sie können ja gar nichts mehr recht! Zum Leuchten fehlt Ihnen die Strahlkraft des Geistes, welche vor Ihrem zersetzenden Verstand davon gegangen ist. und zum Lieben? Dazu fehlt Ihnen die herrliche Einfalt, die so ganz ohne Berechnung ist. Was soll ich Ihnen nun raten! Es klingt ja doch schließlich recht sinnlos, wenn ich sagen würde: seien Sie echter, naturhafter. ursprünglicher und unmittelbarer. Das kann man ja nicht so einfach. Aber gut wäre es doch, ganz schnell einmal, und möglichst unvermittelt links herum zu leben: da zu geben, wo man bisher genommen hat. da nachhaltig fühlen zu lernen, wo sonst nur immer die Gedanken sich stolz gespreizt haben, da sich zuneigen können, wo man bisher ab­wehrend zur Seite stand. Man muß hier und da einmal alles aus den gewohnten Bahnen herausschieben, neue Wege suchen

und die Aufbauarbeit des eigenen Lebens immer wieder nachprüfen.

O. I. 09. Wie belastet Ihre Schrift aus­sieht. Sie tragen sich müde an trüben Ge­danken. und finden schwer den Anschluß an eine gesunde Lebcnsbejahung. Sehr schäm Anlagen sind Ihnen gegeben, helfend und sorgend au den Kümmernissen Ihrer Mit­menschen teilzunehmen, soviel Wärme unt selbstlose Hingabefähigkeit! Wenn Sie diesc echt weiblichen Vorzüge recht gebrauchen, dann kann es Ihnen doch an einem wirk­lichen Lebensinhalt nicht fehlen! Sie Haber Wohl nicht viel Spannkraft, aber Sie haben einen sehr lieben Zug von seelischer Ein­fühlungsfähigkeit. und solche Anlagen sind im Gemeinschaftsleben sehr wertvoll und wohltuend. Arbeiten Sie einfach so lange an sich, bis Sie die volle Sicherheit eine? ganz leichten und natürlichen Sich-gebens erreicht haben. Es gibt auch eine Technik der Seele. Wenn Sie erst erkannt haben, wir tragfähig ein ganz einfaches kleines Lächeln ist. ein liebes Wort von Mensch zu Mensch dann werden Sie bald reichlich geben lernen und auf die vergangenen Tage der un­begründeten kühlen Abschließnng zurück- blicken. wie auf etwas ganz Fremdes und Sinnloses. Also gehen Sie einen guten erfüllenden Weg.

Z. M.. 4. Auch Sie gehören zu den ab­lehnenden und innerlich unduldsamen Men­schen. Trotzdem Sie äußerlich ganz zu­geneigt und liebenswürdig erscheinen, haben Sie doch immer wieder daS Bedürfnis, den Abstand von sich zu Ihrer Umgebung recht zu betonen, ganz vorbildlich nurvollendet gepflegte Dame" darzustellen, statt einfach sich mit einem natürlichen Frauentum zu schmücken. Ihr Empfinden für edle und schöne Dinge ist recht ausgeprägt, und Sie

sind infolge Ihrer fetnstofslichen Anlage Wohl geeignet, in einem gewählten Kreis leuchtender Mittelpunkt zarter Anbetung zu sein. Auch einen recht bewegten Gestaltungs­drang haben Sie. der sich aber mehr mit der eigenen empfindungsreichen Person befaßt, welche Sie recht künstlich ansschmücken, und der Sie mit großer Begabung den wirkungs­vollen Nahmen schaffen. So lange Ihnen das Leben mild begegnet, werden Sie mit diesen Treibhausanlagen erfolgreich blühend und verhätschelt im Leben stehen können. Aber wenn Stürme kommen! Dann halten Sie nicht stand, wenn Sie nicht recht- zeitig genug versuchen, in einem gesunden Lebensboden fest Wurzel zu fassen.

Der lange HeAer

Ein Volksroman aus Schwaben Von Zdenko von Kraft Nachdruck verboten !I

Aber", zweifelte der Korbmacher,er ist doch gar nit König? Heut früh erst ists im Blättle gestanden, daß der Schuster Lenzte vom Gericht verurteilt ist zu drei Täg Ar­rest, und dahinter:Im Namen Seiner Durchlaucht des Kurfürsten"!"

Ganz recht. Korbmacher: Heute! Aber wir schreiben heut auch erst den 29. Dezem­ber 1805. Aber wart's nur ab, bis das neue Jahr heraufkommt! Da erlebst was! Am Neujahrstag wird er Proklamiert, der neue König. Verlaß dich drauf! Das ist schon so ausg'macht zwischen dem Napoleon und mir!"

Der Wirt brachte gerade einen neuen schoppen, den er mit bedenklichem Kopf­schütteln vor Gottlieb Rohr auf den Tisch stellte.Röhrle, Röhrle", sagte er.jetzet ists aber das letzte Schöpple, das ich dir ausschenk'I Wenn du noch eins trinkst, könnt's dir am End einfallen, deinen Freund Napoleon abzusetzen; und dann müßte unser Kurfürst arg lange Füß machen, uni seiner Königskron' nachzulausen.

Nachlausen?" Röhrle spuckte wissend aus, ..Der lauft überhaupt nit mit seinen zwei Zentnern! Hats auch nit nötig. Die Krön' weißt die fallt ihm grad in den Schoß, wie ein reifer Apfel. Und ein ganzer Kuckuck voll von Städten und Grafschaften dazu."

Was? Land auch?" erkundigte sich der Wanderkrämer aus Heilbronn.

Röhrle hob seine gequollene rechte Hand und begann sich mit der Linken an den Fin­gern zu zupfen,Ehingen. Munderkingen, Niedlingen. Mengen und saulgau das wären fünf Donanstädte, Die Grafschaften Hohenberg und Bvndorf dann Teile vom Breisgan, die Landgrasschaft Nellenberg und die Landvogtei Altdorf. Außerdem ,.. Weiß der Teufel, was er außerdem noch alles bekommt! Aber so viel weiß ich: Er kriegts! Und er braucht ihm gar nit nach­zulaufen! Und die Krön' kommt obendrauf! Das sag ich dir und ich bin der Röhrle! Merk dirs!"

Es lag etwas so Abschließendes darin, wie er seine Ueberzeugung vorbrachte, daß kei­ner widersprach. Sogar das Schmunzeln des Wirtes verriet mehr Anerkennung als Ab­wehr. Und die warme Nachmittagssonne dieses lauen Dezembertages, die mit brei­tem Behagen durch das Fenster hereinfiel, nahm den kaiserlichen Freund und Gönner Gottlieb Rohr aus Neuhausen im Aichtal so liebevoll in ihre Strahlengarbe auf, daß er in ihrem gemütlichen Kranze dasaß wie ein kleiner Prophet, der nur aus Beschei­denheit Marketender war und sich an ei­nem Schoppen Remstäler genügen ließ.,.

Der Selb st mörder-Karle und seine Fracht

Auf der Straße knirschten die Rüder eines seltsamen Fuhrwerkes. Es sah einem Wa­gen, wie ihn die Bauern benutzten, nm die Jauche auf die Felder hinauszuführen. nicht unähnlich; nur. daß sich auf dem plumpen Rädergestell, anstatt der gerundeten Tonne, ein merkwürdig flacher, schmaler Kasten be­fand, der ein sargähnliches Aussehen hatte. Ein magerer Gaul, dem ein scheinbar über­mäßig entwickeltes Knochengerüst die Haut straff spannte, hing an der Deichsel und

schien sich, trotz seiner Entkräftung, an der Fracht nicht sonderlich schwer zu tun. Denn als ihn der Fuhrmann in den kleinen Hof hineinlenkte, der hinter dem Gasthaus zum Goldenen Brünnle" lag. bog er mit sicht­licher Zufriedenheit ein und versuchte sogar ein gehaltvolles Wiehern,

Ulrich Haug schien seinen neuen Gast ge­nau Zu kennen. Ehe jener noch die Stube be­trat, holte er ein Glas vom Brett und stellte es aus einen ganz bestimmten Platz so. als ob es sich ganz von selbst verstünde, un­ter welcher Ecke des Tisches der Fuhrmann seine müden Beine ausstrecken würde.

Was wär jetzt das?" fragte der Korb­macher aus Feuerbach.

Ulrich Haug stocherte mit einem Holzspan zwischen seinen Zähnen,Niemand. Der Selbstmörder-Karle."

Es war eine merkwürdige Logik in der gleichmütigen Antwort, die aber dem Fra­ger offenbar einzuleuchten schien.

Nur der Wanderkrämer, der hier offen­bar nicht sv zu Hause war wie die andern, verstand nicht recht.Selbstmörder-Karle? Ja hat er sich denn schon einmal umge­bracht?"

Simpel! Da könnt er doch nit fahren!"

Da hast recht! Aber warum heißt er dann Selbstmörder-Karle?"

Weil er die Selbstmörder ein bißle spa­zieren fährt."

Der Heilbrunner verstand noch immer nicht. Da unternahm es der Korbmacher, ihm die Zusammenhänge näher zu erklären. Die Anatomie der Universität Tübingen brauchte für ihre Studienzwecke natürlich Leichen; und zwar waren es diejenigen, die sich überheblich und freiwillig von den gött­lichen Satzungen entfernt hatten, nämlich die Selbstmörder, die der Wissenschaft sol­cherart mftelen. Der Selbstmörder-Karle

aber war lediglich ein braver Fuhrmann : aus Stetten im Remstal, dem die Ausgabe oblag, seine nicht immer beliebte Fracht da und dort in den benachbarten Bezirken auf­zuladen und der medizinischen Fakultät zu­zuführen. Der Wagen, den er sich zu diesem Zwecke hatte bauen lassen, war weit und breit bekannt, und es hing ganz von der Gewissensfreiheit der Leute, die ihm begeg­neten. ab. ob sie für den Toten ein stilles Gebet zum Himmel sandten oder sich schau­dernd von ihm abkehrten. '

Pfui, Teufel!" sagte der Mann aus Heil- , bronn, dem das Gruseln aufstieg.Das scheint mir keine ehrliche Beschäftigung.

Da lob ich mir doch den Bauer, der seinen säuberen Mist führt!"

Der Korbmacher zuckte die Achseln.Das ist Gustosach'. Auch mir sind meine Körb . nnd Weidenruten lieber, und ich möcht nit tauschen mit dem Selbstmörder-Karle, selbst i wenn man mir auf jede Fuhre einen Taler extra drauflegte. Aber man könnt sagen, daß auch so ein Toter sauberer Dung wär. auf den Acker unseres Herrgotts gefahren, !

Und wenn du es so nimmst, dann ist das Geschäft auch kein schlechteres, zumal die !

Nachfrag' sehr groß und das Angebot nur ;

gering ist," '

Der Selbstmörder-Karle, ein kleiner, schwächlicher Mann, trat ein und setzte sich mit kurzem Gruß auf seinen Platz! Der Wanderkrümer rückte unwillkürlich eine Spanne von ihm ab. Die Unterhaltung stockte.

Nur langsam und zögernd wurde sie vom Brünnlewirt in einen mühseligen Gang ge­bracht,Gutes Wetter heut zum Fahren!"

Ha, freilich! 's könnt schlechter sein . . ."

Und nit kalt für die Jahreszeit,"

Nein: warm," >

Fortsetzunq folgt. j,