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Der Gesellschafter

Samstag, den 21. Juli 1831.

Eine letzte Mahnung

Anmeldepflicht und Zugehörigkeit zum Reichsnährstand

Der Neichsminister für Ernährung und Landwirtschaft hat soeben noch einmal be­kanntgegeben, welche Betriebe auf Grund der öffentlichen Aufforderung vom 25. Juni 1934 sich bis zum 15. August bei der Reichshauptabteilung IV des Reichsnähr­standes zu melden haben und hat auch, um endlich alle Zweifel auszurüumen, in dieser Bekanntmachung die Zugehörigkeit zum Reichsnährstand noch einmal eindeutig klar­gelegt

An sich war im Reichsnührstandsgesetz und den dazu ergangenen Durchführungs­verordnungen der Kreis der Neichsnähr- standszugehörigen bereits abgegrenzt. Wenn trotzdem Ge fetzesausleger sich viel­leicht nach alter Gewohnheit an die Arbeit gemacht haben, um aus diesem national­sozialistischen Gesetzgebungswerk herauszu- tüsteln, was ihnen zur Aufrechterhaltnng und Verteidigung irgendwelcher Sonder­interessen nützlich sein kann, dann waren sich dieseGesetzeskundigen" wahrscheinlich nicht ganz darüber klar, daß heute für diese Art von Wirtschafts- und Derbandspolitik kein Raum mehr ist.

Um die unberufenen Kommentatoren des Reichsnährstandsgesetzes, insbesondere, was denEinzelhandel" anbelangt, ein für alle Mal zum Schweigen zu bringen und um alle Reichsnührstandsangehörigen über ihre Anmeldepflicht und die Folgen einer Pflichtverletzung aufzuklüren. sei auf Grund der Bekanntmachung des Reichsministers für Ernährung und Landwirtschaft folgendes festgestellt:

Es gehören ausschließlich zum R e i ch s n ä h r st a n d und haben sich mithin lediglich beim Reichs- n ä h rstand zu melden:

diejenigen Betriebe, die den Landhandel ausschließlich betreiben. Wer in diese Gruppe fällt, sagt die Liste der Betriebs­zweige in der öffentlichen Aufforderung des Reichsbauernführers vom 25. Juni 1934. Als Landhandel gilt hier sowohl Groß-, Klein-, Mittel- und Einzelhandel, wie auch der Straßenhandel, der Aus- und Einfuhr­handel, wie auch die Tätigkeit der in den dort genannten Wirtschaftszweigen arbei­tenden Vermittler (Kommissionäre, Handels­vertreter. Agenten und Makler).

Ferner gehören ausschließlich zum Reichsnährstand und haben sich lediglich beim Reichsnähr­stand zu melden:

diejenigen Betriebe, die neben diesem Landhandel in unerheblichem Maße andere Waren, wie z. B. Tee, Kaffee. Salz oder Putzmittel vertreiben. Hierunter fal­len vor allem die landläufig

Wer gehört zumLandhandrl"?

K o l o n i a l w a r e n g e s ch ü f t e" zL lchneten Betriebe.

Um auch über den BegriffLandhandel" absolut Klarheit zu schaffen, sei festgesteUt. daß darunter nicht etwa nur der herkömm­licheLandesproduktenhandel" zu verstehen ist, sondern jeder Handel mit irgendwelchen landwirtschaft­lichen Erzeugnissen, z. B.:

Handel mit Getreide, Kartoffeln, Futter­mitteln. landwirtschaftlichen Bedarfsstoffen. Mehl und Mühlenfabrikaten usw., Reishan­del, Wild- und Geflügelhandel. Eierhandel. Fleischwarenhandel. Zuckerhandel. Zucker­warenhandel. Süßwarenhandel, Handel mit Speiseeis und Speiseispulver, mit Keks. Honigkuchen und Lebkuchen. Spirituosen­handel, Handel mit Kartoffelmehl und Kar- toffelfago, mit Puddingmehl und Pudding­pulver. Handel mit Fischen, Schalen-, Kru­sten- und Seetieren aller Art, Handel mit Milch, Milchdauerwaren und sonstigen Milcherzeugnissen. Butter- und Käsehandel, Milchdauerwarenhandel, Oelhandel, soweit das Erzeugnis dem Fettmonopol unterliegt, Fett- und Fettwarenhandel. Margarine- und Kunstspeisefetthandel. Handel mit Mayonnaise. Obst-, Beeren-, Pilzhandel, Gemüsehandel. Honighandel, Weinhandel, Mineralwasserhandel, Handel mit Backhilfs­mitteln. mit Teigwaren. Erzeugnissen der Suppenindustrie, Nährmittel, der Essenzher­stellung zur Bereitung von Getränken, Limo­nadenhandel sowie der in vorstehenden Fä­chern nicht aufgeführte Lebensmitteleinzel­handel.

Die vorgenannten Betriebe müssen sich auch dann beim N e i ch s n ä h r st a u d a n m e l d e n.

wenn sie bereits in einem ande­ren Verband Mitglied oder an­gemeldet sind. Tie Mitgliedschaft zu den anderen Berufs- oder Standesvertretun­gen. d. h. zu einer solchen Organisation, die durch Gesetz mit einer P f l i ch t m i t g l i e d- schaft ausgestattet ist, wird automa­tisch hinfällig. Hier bedarf es keiner Kündigung und auch keiner weiteren Beitrags­zahlung mehr.

Tie zweite Gruppe umfaßt die sogenannten gemischten Betriel e, das srnd solche, die in nicht unerheblichem Maße Gegenstände des Landhandels und andere Waren führen. Diese Gruppe muß sich a n ch beim Reichsnähr­stand anmelden, weil sie nach der Vorschrift des Gesetzes sowohl zum Reichsnährstand wie auch zu der entsprechenden anderen gesetzlich begrün­deten Standes- oder Berufsvertretung gehört. Aus der Doppelzugehörigkeit darf jedoch keine Erhöhung der Beitragsbelastung des Betriebs erwachsen, und so sollen diese gemischten Be­triebe vom Reichsnährstand und der entspre-

a ls

, cheuden anderen Standes- oder Berufsvertre- I j tung nnr in einem entsprechend geminderten ^ i Maße zur Beitragsleistung herangezogen wer- > ! den.

: Nicht zum Reichsnährstand gehören solche

Betriebe, die neben anderen Waren nur in un­erheblichem Maße Landhandel betreiben.

Wer sich über seine Anmeldepflicht auch nach dieser Klarstellung noch im Zweifel ist, der tut gut, zur Vermeidung der im Gesetz vorgesehe­nen harten Strafen sich v o r s o r g l i ch b e i m Reichsnährstand nach Maßgabe der öffentlichen Aufforderung des RcichSbauern- fiihrers anmn-.u'den. Soll.: sich später durch die Entscheidung der allein zuständigen Zentral­stellen ergeben, daß in seinem Falle eine Zuge­hörigkeit zum Reichsnährstand unbegründet 'ist, so erwachsen ihm aus dieser vorsorglichen An­meldung, die ja bekanntlich k o st enlos ist, keinerlei Verbindlichkeiten.

Lokales

Förderung des gewerblichen Geuvffenfchaftsrvesens

Vom Deutschen Genossenschaftsverband e. V., Berlin wird uns geschrieben: Die gewerblichen I Genossenschaften sind Selbsthilfe-Einrichtungen s der deutschen Wirtschaft. Sie haben deshalb stets j staatliche Anerkennung und Förderung erfahren. Auch die Gesetzgebung des Dritten Reiches hat in der vor kurzem erschienenen ersten Verordnung über den vorläufigen Aufbau des Handwerks, die Förderung des gewerblichen Ge­nossenschaftswesens betont. Es wurde als eine besondere Aufgabe der Innungen ange­sehen. alle wirtschaftlichen Einrichtungen, die dem Handwerk dienen, insbesondere das Ge­nossenschaftswesen zu fördern. Damit ist der Streit um die Daseinsberechtigung der Wa­rengenossenschaften soweit er die Handwerkerein­kaufs- und Lieferungsgenossenschaften betrifft, durch den Gesetzgeber grundsätzlich zugunsten der ! Genossenschaften entschieden.

Laßt die Oefen Nachsehen!

Wenn der gute Ofen am ersten Hellen Früh­lingstag seinen letzten warmen Atem ausge­haucht hat, so ist es weniger wichtig, ihm und seinem dunklen Innern, angefangen von den ersten Kirschkernen über Bananenschalen. Ziga­rettenstummeln. Apfelbutzen bis wieder zu den ersten Orangenschalen, sozusagen die ganze Ern­te des Sommers liebreich anzuvertrauen, sondern viel wichtiger ist es, den Ofen von einem guten ! Fachmann durchsehen und ferner etwa nötige Reparaturen gleich ausführen zu lassen. Eine kleine Instandsetzung ist billig und ersetzt oft die sonst bald nötig werdende Neuanschaffung eines Ofens, da unbehobene kleine Schäden sich ! meist rasch vergrößern, so daß keine Instand- : setzung mehr hilft. Man lasse deshalb die Oefen jetzt richten, denn jeder Handwerker hat im Sommer Zeit, und man hat den Vorteil einer billigen und durch und durch gewissenhaften In- > standsetzung. ^

M CtMum m unehelichen Kindes

Dem Vater und dessen Verwandten gegen­über ist das uneheliche Kind nicht als verwandt anzusehen. Daraus ergibt sich, daß das uneheliche Kind kein Erbrecht gegen den Vater und dessen Verwandte besitzt. Jedoch besteht für den Vater des unehelichen Kindes die Unterhaltungspflicht und zwar hat er, der Lebensstellung der Mutter entsprechend, Unterhalt bis zum voll­endeten 16. Lebensjahre zu leisten. Fehlt jedoch infolge körperlicher oder geistiger Ge­brechen dem unehelichen Kinde die Fähigkeit, sich ans sich selber heraus zu unterhalten, dann obliegt dem unehelichen Vater die Ver­pflichtung, auch über diesen Zeitpunkt hin­aus für das Kind aufzukommen. Den Um­stünden nach kann der Fall eintrcten. daß er aus Lebenszeit das Kind unter­halten muß.

Die Unterhaltspflicht erstreckt sich nicht nur auf den eigentlichen Lebensbedarf, son­dern auch auf die Aufwendungen der Er­ziehung und auf die Kosten für die beruf­liche Vorbildung. Für die Erstattung der Unterhaltsreute gilt die dreimonatliche Vor­auszahlung. Desgleichen besteht ein An­spruch auf Zahlung der Unterhaltsrente für die vergangene, Zeit. Sollte der Vater ster­ben. dann geht die Unterhaltspflicht auf die Erben über. Den Erben steht jedoch das Recht zur Abfindung zu. und zwar können sie das Kind mit einer Summe abfinden. die feinem Pflichtteil entsprechen würde, falls das Kind ehelich wäre.

Büchertisch

Der Warphof und das Sumpfmoor Von Alfred Manns Verlag C. Bertelsmann in Gütersloh. Volks­ausgabe 1t. 17. Tausend. 246 Seiten. Ge­bunden RMk. 2.85. Ein friesischer Heimat­roman im besten Sinne, ansprechend und le­bendig in der liebevollen Art der Schilderung von Landschaft und Mensch und der Deutung ihrer schicksalhaften Verbundenheit. Um den Kampf zweier Generationen gegen die c-ewal- tige Naturkraft des Moores geht es. Der Vater, der Warphofbauer, unterliegt im Ringen mit dem Sumpfmoor, das alljährlich seine Opfer an Mensch und Tier fordert. Der große Plan der Trockenlegung und Kultivierung mißlingt und damit das Lebenswerk des Moorhofbauern, für das er mit der zähen Beharrlichkeit des Friesen kämpfte: die Natur läßt sich nichts ab­trotzen. Aber sein Sohn vollendet das Werk. Er kämpft nicht mit der blinden Verbissenheit des alten Bauern gegen die Natur, sondern mit der Ueberlegenheit seines technischen Wissens, Aber nicht der überhebliche Verstand ist's, der den Kampf gewinnen läßt. Erst die durch Genera­tionen überlieferte Sage läßt den Menschen, der «m die geheimnisvollen Kräfte des Bodens weiß, die unbeugsame Natur erobern.

Auf alle in obiger Spalte angegebenen Bücher und Zeitschriften nimmt die Buchhandlung G. W. Zaifer, Nagold. Bestellungen entgegen.

W» P»wseüeolrerieüt über äs« brsu^euburZisebe Lovreotrstioosloxer Von 8^.-3turmbaunkü!>rer Lebüter

8. Fortsetzung.

Einer, der sich bekehrte

Einer von diesen wurde gleich zu Beginn des Lagers eingeliefert. Bisher war er nicht bekanntgeworden durch irgendwelche Gewalt­tätigkeiten oder Hetzereien. Jetzt hatte er aber versucht, illegales Material weiterzu­verbreiten und wurde darauf vou der SA. in seiner Wohnung gestellt.

Was nun folgt, kann nach alledem, was ich später mit ihm erlebte, nur Verzweiflung gewesen sein Verzweiflung über den end­gültigen Zusam:...::bruch jener Macht, die er gleich Tausenden angebetet hatte.

Als die SA. in seine Wohnung trat, stand er an der Wand, ein Messer in der Hand und forderte den SA.-Führer auf. ihn nieder­zuschießen. denn er gäbe sich ohne Gegen­wehr nicht gefangen.

Nichts Hali.

Der Mann mußte mit Gewalt nieder­gekämpft werden. Geschossen wurde nicht!

Im Lager angekommcn, trat er vor und forderte nochmals, erschossen zu werden.

Anfangs glaubte ich, es mit einem Wahn­sinnigen zu tun zu haben. Er wurde in Ein­zelhaft gebracht. Am selben Abend ließ ich ihn nochmals vorführen, aber ohne jeden Ersolg. Er schwieg sich über den Verbleib der von uns gesuchten Vervielfältigungs­maschine aus.

So ging es einige Tage. Da hörte er durch einen anderen Häftling eines Tages von per Flucht namhafter Führer, von denen er angenommen halte, daß sie sich noch in Deutschland aufhielten.

Nun gab er nach.

Wir fanden die Maschine und er lebte und arbeitete, arbeitete wie keiner von den anderen.

Inzwischen hatte ich Einsicht in seine Mili­tärpapiere erhalten, die über jedes Lob er­haben waren.

Wochen vergingen, und eines Tages kam seine Entlassung. Wie gewöhnlich verband ich als Kommandant des Lagers mit der Unter­zeichnung des Reverses, der den Verzicht aus

gegnerische poliiifche Betätigung enthielt, die Gelegenheit, einige Worte an die Entlassenen zu richten. Ich sprach, wie ich als National­sozialist und SA.-Führer es gewöhnt war mit jenen zu sprechen, die zurückgehörcn zu uns.

Unbeweglich standen die sieben. Ich reichte jedem die Hand, und als sie gingen, da schluchzte plötzlich iemand auf nnr ein-, zweimal kurz, als stieße ihm etwas das Herz ah, Das war jener Mann, dessen Mut mir Wahnsinn geschienen, jener kleine prole­tarische Führer, den die gewiß nicht wert waren, dis heute Ausfälle in Emiaranten- zeitungen schreiben und leben, als trügen sie keine Schuld, die sie eigentlich verpflichtete, so schnell wie möglich von der Bühne des Lebens abzutreten.

lieber jeden hatte die Zeit gesiegt. In Deutschland gab es zwei große Heerlager von denen, die man Durchschnittsmenschen neunen darf.

Ter Aufbau geht weiter

Inzwischen waren mit den selbstgefertigten Handwerkszeugen Wunderdinge verrichtet worden. Ein eigener Eßraum war geschaffen, aus Vorgefundenem Holz waren rohe Bänke und Tische gezimmert worden, und während wir gezwungen waren, das Wasser für das Lager von einem zum Lager noch gehörenden Grundstück zu entnehmen, waren bereits Häftlinge dabei, eine eigene Wasserstelle her- zurichien.

In der ganzen Fabrik war keine Wasser­

leitung mehr brauchbar. Infolge der nagen und kalten Winter, die ihre merklichen Spu­ren hinterlasseu hatten, waren die Rohre geplatzt, ausgelaufen, und das Wasser, das durch die Wände gesickert war, hatte den Bodenbelag zum Faulen gebracht.

Also Zimmerleule, Tischler an die Arbeit. Ileberall wandten wir uns hilseheischeud an die Handwerker im Ort. um wenigstens das dringlichste Handwerkszeug uns für Stunden auszuleihen. Dom frühen Morgen bis zum späten Abend kreischte eine kleine Handsäge, schlugen die selbstgefertigten Hämmer die wieder geradegerichteten Nägel in neue Bret­ter und Bohlen, die wir an einer anderen Stelle der Fabrik, die wir nicht mit in Be­trieb zu nehmen brauchten, freigemacht hat­ten. Ueberall das Schalten und Walten eines Mannes, der, auf jahrelange Erfahrungen aufbaueud. gewöhnt war, aus nichts etwas zu machen.

Daß er seine Tropenerfahrungen in seiner Heimat wieder nutzbringend verwerten sollte, hatte er nicht geahnt. Oftmals, wenn die Situationen in der Beschaffung geeigneter Mittel bedrohlich wurden, habe ich die Genialität bewundern müssen, mit der aus unscheinbaren Gegenständen das zusammen- gehämmert wurde, was dann als das Ge­wünschte seinen Dienst versehen konnte.

Wenn wir in den langen Mvnalen der Aufbauarbeit einmal Besuch erhielten und dann mit Stolz das gezeigt wurde, was zähe Energie zustande gebracht hatte, begegneten wir einem zweifelnden Kopfschütteln.

Jetzt, beim Schreiben dieser Zeilen, geht es mir selber so. Es steckte doch ein gewal­tiger Impuls in allen, die mit vieler Arbeit betraut worden waren.

Eines Tages war der Brunnen fertig. Es war eine Flügelpumpe, die für die vorläufi­gen Bedürfnisse voll ansreichte. Um ja kein Wasser unnötig zu verschwenden, war ein kleiner Kessel unter das Wasserrohr gestellt worden, in dem ein gebogenes Rohr drehbar war. um bei Gebrauch heruntergedrelff zu werden, so daß ein Fließen des Wassers ohne Pumpen möglich war.

Ter Hof strotzte vor Sauberkeit. Konnten wir auch kein Laaer, das den modernen An­sprüchen etwa eines Gefängnisses entsprach, ?.eigen, so doch ein Laaer, das in seiner Be­scheidenheit alles enthielt, was rein preu­ßische Sauberkeit von ihm verlangte.

(Fortsetzung folgt).

Die Schmiede des Lagers

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