sannt, daß die königlichen Gardisten das Pvstgebäude in Rom besetzt haben. Er ersuchte die Kammer, die Arbeit erst dann wieder fortzusetzen, wenn die Truppen zurückgezogen seien. Es entspann sich eine erregte Debatte, in der Schimpf­worte und Beleidigungen fielen. Die Debatte artete schließ­lich so aus, daß die Kammer ihre Arbeiten nicht mehr fort­setzen konnte. Die Tribüne mußte geräumt werden. Später wurde die Sitzung wieder ausgenommen, um 6 Uhr abends aber wegen der Begräbnisfeierlichkeiten für Bisolati aufgehoben.

Das Ende des Unternehmens d'Annuncios.

Mailand, 8. Mai. Dem Secolo wird aus Fiunie be­richtet, daß anläßlich des Konfliktes zwischen Karabinieri und Sturmtruppen des Nationalrafs von Fiu-ne d'Annunzio ein Schreiben Überreicht hat, in dem die Befugnisse der Zivil­und Militärgewalt umschrieben sind. Es wird u. a. verlangt, daß d'Annunzio nur diejenige politische Macht ausübe, die ihm zukomme. Das Blatt fügt bei, daß dieser Schritt des Nationalrats oon Fiume das Ende des Unternehmens d'An- nunzioS bedeutet.

Das amerikanische Volk soll über die Bölkerbundsfrage entscheiden.

Amsterdam, 8. Mai. Die Times melden aus Washington: Republikanische Senatoren oon allen Staaten beschlossen in einer Versammlung, bei der Präsidentschaftswahl das ameri­kanische Volk über die Völkerbundsfrage entscheiden zu lassen. Eine Erklärung verurteilt die Völkerbundsstatuten, die Wil­son auS Paris mitbrachte, und schlägt für den Fall, daß die Wahl auf einen Republikaner fällt, die Ausführung eines Programmes vor, wie es Knox in seiner letzte» Rede auf­stellte. die den Krieg für ungesetzlich erklärt, und die Errich­tung eines parlamentarischen internationalen Gerichtshofes fordert. Weiter melden die Times: Die Entscheidung der Republikaner wird zwischen Johnson und Knox schwanken.

Aufstand gege« die Pole».

Stockholm, 8. Mai. Nach einer Meldung aus Helsingfors soll im Bezirk Minsk ein Bauernaufstand gegen die pol­nischen Besatzungsbehörden ausgebrochen sein. Die Bewegutig richtet sich gleichzeitig gegen den polnischen Großgrundbesitz.

Die Streikbewegung in Frankreich.

Paris, 9. Mai. Der allgemeine Lrbeiteroerband Con federation Gönörale du Travail (C. G. T.) hat gestern abend beschlossen, den Streik auf die Bau , Metall und Transport­arbeiter auszudehnen. Zur letzten Kategorie gehören die An gestellten der Untergrundbahnen, der Straßenbahnen, der Autobusse, der Kraftdroschken, der Spedition und der Binnen­schiffahrt. Die C. G. T. wendet sich gleichzeitig in einem Auf­ruf an daS Publikum und erklärt, die Weigerung der Regie­rung, die Forderungen der Arbeiterklaffe in Erwägung zu ziehen, zwinge dazu, der Streikbewegung eine weitere Mus- Dehnung zu geben. Der Widerstand der Regierung werde sie Aktion der Arbeiter nicht brechen. Das Ziel der Bewegung sei. die Herrschenden zu einer Anerkennung der sozialen Kraft der Arbeit und der Notwendigkeit zu zwingen, den Arbeitern den Platz einzurjiumen, auf den sie bei der unumgänglich notwendigen Reorganisation der wirtschaftlichen Tätigkeit des Landes Anspruch hätten. Die C. G. T. fordert die Arbeiter auf, die Bewegung in Ruhe und Ordnung fortzusetzen.

Die Wahrheit über die bolschewistische Amnestie.

H86. Die russische ZeitungSegodnaja" (Heute) be­richtet, daß zahlreiche Russen, die aus Estland nach Sowjet- rußland ausgewandert waren, in letzter Zeit wieder nach Estland zurückkehren. Sie erzählen, daß die von der Sow­jetregierung versprochene Amnestie sich als nichts anderes, als eine Provokation erwiesen habe. Beinahe alle weißen Soldaten der Judenitscharmee, die sich gutgläubig nach Ruß­land begeben, seien von den Bolschewisten verhaftet und zu 520 Jahren Zwangsarbeit verurteilt worden. In Jam­burg seien 5 weiße Offiziere, die sich früher in Estland auf­gehalten hatten, von deu Roten zum Tode verurteilt und erschaffen worden.

Beginnender Krach. ,

Hamburg. 10. Mat. Die Häutefirma Meincke in Al­tona hat infolge von Konjunkturverlusten ihre Zahlungen eingestellt. Sie bietet ihren Gläubigern auf 3 Millionen Forderungen 30°/»

Dom Balutamarkt.

Züoich, 10. Mai. Die deutsche Markoaluta notierte am Samstag bei Schluß der Börse in Zürich und Basel 10,7 bis 10,8 gegenüber 11,2 bis 11.4.

Kleine Nachrichten.

Stockholm, 9. Mai. Gestern früh traf in Stockholm der erste Transport deutscher Kinder ein. die den Sommer in Schweden verbringen sollen.

Paris, 9. Mai. Der Streik in Valencia dauert, wie die Agencia HavaS aus Madrid meldet, an. Auch in Sara­gossa wird jetzt gestreikt. In Constantina wurden 2 Streik­brecher von den Streikenden totgeschlagen.

Württembergische Politik.

Aenderung des Gemeindesteuergesetzes.

Dem Landtag liegt nun der Entwurf einer Aenderung des Gemeindesteuergesetzes vor. Er bringt eine in zahl­reichen Einzelheiten festgelegte Vergnügungssteuer, deren Ertrag zur Hälfte dem Staat zufällt, ferner eine Er­höhung der Wohn st euer in großen und mittleren Städten auf 10 in den üb.igen Gemeinden auf 5 -/A. Selbstständige weibliche Personen zahlen die Hälste. Außer­dem wird eine F r e m d e n m o h n ste u e r für die Gemein­den gestattet, die 10 Prozent des Mietentgelds betragen darf. Die Hundemindestabgabe wird auf 20 erhöht, der Gemeinderat kann die Abgabe bis zum Betrag von 100

für einen Hund, bis zu 150 ^ sür jeden weiteren Hund erhöhen. Die Gemeinde-Wandergewerbe-Ersatz­steuer kann auf IM ^ hinaufgesetzt werden. Die Ver­gnügungssteuer trifft Tanzbelustigungen, Karnevalsitzungen, Kostümfeste, Kinos, Volksbelustigungen auf Märkten und Messen, Theatervorstellungen Variete, Zirkus und ähnliche Vorführungen, Tingeltangel, Vorführungen abgerichteter Tiere u. a., Vorträge, »Vorlesungen und Deklamationen, Konzerte, Preiskegeln und zulässige Glücksspiele, sportliche Veranstaltungen und Ausstellungen. Ausgenommen von der Steuer sind nur Veranstaltungen, die deni Unterricht

dienen, fetML ThectteroorsteÜlttigen der vom Staat oder den Gemeinden betriebenen Theater. Politische Versammlungen find nicht steuerpflichtig, wenn ober bei einer Veranstaltung ein Entgeld erhoben wird, oder Speisen und Getränke ver­abreicht werden, so wird die Veranstaltung steuerpflichtig. Es wird eine Kartensteuer erhoben, die von 10 Pfg. bis 1.50 bezw. 20 Pfg. bis 4 ^ geht. Wird kein oder ein freiwilligs Eintrittsgeld erhoben, so erfolgt die Steuerberech­nung nach der Größe des Raumes, in dem die Veranstaltung stattfindet. Die Gemeinden können noch Zuschläge erheben. Die Vergnügungssteuer soll Mittel für Volkserziehung und Volksbildung schaffen.

Parteitag der Sozialdemokratie Württembergs.

r Stuttgart, 9. Mai. Zum sozialdemokratückien Partei­tag waren 240 Delegierte aus 60 Bezirken erschienen. An­wesend waren sieben Mitglieder des Landesvorstandes, 5 des Landesausschufses. 3 der württembergischen Regierung, 1 der Reichsregierung, 6 der Nationalversammlung, 37 des Land­tags und 7 Vertreter der Parteipresse. Der Landesvorsttzende Friedrich Fischer hat sein Amt n,ieLergslegt. An seiner Stelle ist Otto Steinmeyer gewählt worden. Der Landesvorstand besteht aus Keil, Frau Hiller, Harsch, Denker, Krämer, Frl. Enert, Nesper und Oster. Als Rsichstagskandidaten wurden folgende aufgestellt: 1. Wilhelm Keil-Ludwigsburg, 2. Karl Hildenbrand-Berlin, 3. Franz Feuerstein-Stuttgart, 4. Laura Schradin-Reutlingen, 5. Gottlieb Kenngott Eßlingen, 6. Al bert Salm Stuttgart-Wangen, 7. Alexander Schlicke Stuttgart,

8. Friedrich Herrlinger-Ulm, 9. Erich Roßmann-Stuttgart, 10. Matthias Fritz Hechingen, 11. Anton Eisele EhingensDo- uau), 12. Otto Hosenthien-Lorch. 13. Karl Ruggaber Ulm, 14. Albert Bauer-Schramberg, 15. Karl Münch-Schelklingen. Für die Landtagswahlen sind noch nicht alle Kreise mit Kan­didaten besetzt. An der Spitze stehen u. a. bis jetzt folgende Namen: für Calw Nagold-Neuenbürg: Sleinmeyer; für Freudensladt Sulz-Oberndorf: Bauer. Unbesetzt blieben zu­nächst einige oberschwäbische Bezirke und Tübingen-Herreu- berg-Böblingen In letzterem Bezirk wird vermutlich Hey mann kandidieren, der zuerst für Reutlingen-Münstngen in Aussicht genommen war. Daß Balingen-Rottenburg-Horb noch offen ist. ist zu verwundern, denn dort nt Mattutat sozusagen zu Hause. Göppingen-Geislingen ist ebenfalls noch offen, was wohl mit der schweren Erkrankung Presmars zu sammenhängt. Zur Besezung der offenen Bezirke ist eine Kommission aufgestellt.

Aus Stadt und Bezirk.

Nagold, den 11. Mai 1920 >

* D. d. P. Letzten Samstag abend hatte man Gelegen­heit, in der öffentlichen Versammlung der D. d. Partei in . der Traube von bekannter sachkundiger P.rsönlichkeil, dem ' Handwerkskammer-Syndikus Hermann von Reutlingen, unsere politische und wirtschaftliche Lage beleuchtet zu sehen; nach , dem vielen politischen Bierphilistergeschwätz etwas, das den ; reimgt und stärkt, der nur immer-ehrlich das Rechte sucht. , Neben anderem führte der verehrte Redner etwa folgendes ^ aus. Müde des Parteigezanks erwartet das Volk die Wetter­führung der deutschen Wirtschaft. Die staatsrechtliche Grund­lage, die demokratische Verfassung ist gegeben, ihr gilt der ! Kampf von beiden Seiten. Demokratie bedeutet iri erster > Linie ein hervorragendes Maß oon Pflichten; sie nur vom Standpunkt der Geltendmachung von Rechten anzusehen, dem hat unsere D. d. P. entgegenzutrelen. Die geleistete Arbeit der Regierung braucht nicht bewundert zu werden ; wer aber die dornenvolle Aufgabe eines jeden Reichsministers, das Opfer, das jeder u. jede Partei bringt, die in dieRegierung einzieht, die treue Hingabe des überwiegenden Teils der Regierungspersönlichkeiten für das Wohl des Volkes nicht anerkennt, der zeigt Verständ­nislosigkeit oder die schlechte'Moral, mit billiger Opposition, die er selbst nicht verwirklichen kann, das Volk zn vergiften. Die beste demokratische Verfassung genügt nichts wo nicht die Einsicht der breiten Massen, ihre Verinnerlichung da ist. Bloß eine Regierung der Mehrheit ist auch nach den neuen Wahlen möglich. Die Demokratie marschiert ob ganz links, ob auf einer'mittleren Linie! das sollten sich die Rechts­parteien merken. Und sie muß es, wenn die neuen Ver­handlungen in Spaa nicht unser Leichenstein, sondern wirkliche Friedensverhandlungen werden sollen. Revision des Friedens - Vertrags muß im Brennpunkt unseres ganzen politischen Lebens stehen. Die Neuordnung unsrer Wirischaft ist im Gang, das Loch im Westen ist*verstopft, die Einfuhr unmöglich gemacht, unsre Valuta muß langsam aber stetig steigen, ein plötzliches Auf­schnellen würde unfern Export unmöglich machen. Es handelt sich um die Demokratisierung des Wirtschaftslebens, wozu uns die alten Zünfte den besten Fingerzeig geben. Jeder Arbeiter darf keine bloße Nummer, sondern muß Mensch sein, wenn er Interesse am Produktionsprozeß haben soll. Aus dieser Richtung entspringt das Betriebsrätegesetz, das in der Praxis sich bewähren muß. Die Geschästsverantwortung, die sich in den nächsten Jahren ins Riesenhafte steigern wird, ist dadurch erleichtert. Man denke nur an die unausbleib­lichen Arbeiterentlassungen. Jede Sozialisierung oder Kom­munalisierung des Handwerks muß abgelehnt werden, aber der Uebermut der Privatmonopole in Kohle, Kali, elektr. Kraft usw. »ruß gebrochen werden. In der Wirtschaftsführung ist der Grundsatz vom freien Spiel der Kräfte ein Schlagwort mit dem nicht mehr auszukommen ist, das zu einer Zusam­menballung des Kapitals führen könnte. An der Eigenwirt schuft des Einzelnen mit Selbstverantwortung, Unternehmungs- sreudigkeit und treuer Sorgfalt muß festgehalten werden, aber so, daß man sich ins Ganze einordnet, Drohnentum ist ver­derblich. Für das Handwerk ist eine neue Zeit angebrochen, ihre Gleichberechtigung mit dem Großindustriellen bedeutet die Einleitung der demokratischen Wirtschaft. Zwangswirt­schaft muß, wo es möglich abgeschafft werden, wo nicht, muß sie ertragen werden. Die schwersten Kämpfe, die uns noch bevorstehen, müssen durch die Verinnerlichung des Volkes überwunden werden, durch rechte Arbeitsdisziplin. Wo es sich nicht um intensive Maschinenarbeit handelt, ist der 8stünd. Arbeitstag heute ein Unfug. Der gemeinsame Wille aller produktiv Arbeitenden ist das Entscheidende. Man rede bei der Finanz­wirtschaft nicht von Staatsbankrott, bloß Sparsamkeit mit 'großer Verteilung der Stenernlast nach dem Grundgesetz der Leistungsfähigkeü kann zur Gesundung führen. Erhöhung des Portos war unumgänglich notwendig, aber die Telephon­abgabe bedeutet eine unerträgliche Belastung für den mittleren

Mann. Auch die Verwüstung inuß demokratisiert werden durch eine Einordnung in das, was Rechts. In all diesen Fragen stehen wir vor einer Entscheidung, den kommenden Verhandlungen in Spaa, eine starke, national soziale Demo kraiie muß uns drüber weg führen. H. K.

Berneck. Heuer sind es 30 Jahre, seit Her derzeitige Holzhauerobmann Joh. Gg Frey bei der Gutsherrschaft als Holzhauer arbeitet. Aus diesem Anlaß wurde ihm eine Prämie von 50 übergeben.-

A«S deM übrigen Württemberg.

r Freudenstadt, 9. Mai. Im Gemeindsrat wuri?-' über das Ergebnis der Besprechung beim ErnährAngsmiiiistrrium. wegen der Zulassung des Fremdenverkehrs berichtet. Kur­fremde werden nur gegen oberamtliche Erlaubnis aufgrund- eines amtsärztlichen Zeugnisses zugelaffers. Die Hotels wer­den auf eine bestimmte Zahl von Uebernachtungen beschränkt- Also wie im vorigen Jahre. Liebenzell, Wildbaß u. Mergent­heim sollen, wie dabei verlautete, von diesem Beschränkungen befreit sein.

r Hedelftngrn, 9. Mai. Zum Andenken an ihre hier. geborene Großmutter hat Frau Minna Schmidt- in Chicago- laut Untertürkh. Zeitung 5000 ^ für das hier zu errichtende Wöchnerinnenheim gespendet. Frau Schmidt ist auch an den bekannten Spenden des Schwabenvereins in Chicago beteiligt.

i Ludwigsburg, 8. Mai. Die hiesigen Gastwirte haben beschlossen, kein Mittagessen mehr unter 5 n. im Abonne­ment unter 4 abzugeben.

r Oberndorf, 9. Mai. Zur Bekämpfung der Wohnungs­not hat der Gemeinderal den Zuzug i» die Stadt bis auf weiteres verboten. In den Stadtwaldnngen haben die Forstdiebstähle derart übeihandgenommen, daß sür ihren Be­stand eine wirkliche Gefahr besteht. Infolgedessen hat der Gemeinderat beschlossen, für jeden zur Anzeige gebrachten Fall eine Belohnung von 5 aus der Stadlkasse zn bezahlen.

r Waibtinge«, 9. Mai. Die Frühkirschen werden eine Vollernte ergeben, die späteren Sorten, besonders die Slräh- keskirschen, sind weniger voll behängen, doch ist im Durch­schnitt im ganzen Land eine gute Kirschenernte zn erwarten. Die Frühkirschen find in acht Tagen reis. Laut Remstal- ^ boten wollen nun die Kirschenbauern an die Regierung den Antrag stellen, die Beschränkungen über den Knschenverkehr aufznheben, weil beim freien Veikehr viel weniger Kirschen verderben und der normale Handel ine Kirschen den Ver brauchern viel besser zuführt, als es durch die amtliche Re­gelung möglich ist. Die bayerischen Kirschenhändler wollen ihre Verbindung mit dem Remstal wieder ankuüpfen und als Gegenleistung Heidelbeeren nach Württemberg liefern. Heute nachmittag ist in Strümpelbach eine Versammlung der Kirschenbauern. Ob man wohl auch die Preise gleich fest setzen wird, und wie hoch werden sich diese z. B. für die Smttgarler stelleil?

Die Erhebung der Einkommensteuer durch Steuermarken.

Nach vorliegenden Meldungen sind die Einführungsbe­stimmungen zu den Ztz 4552 des Reichseiukominenfteuer gesetzes, die den 10prozcntigen Abzug von Lohn, Gehalt usw. regeln, in Vorbereitung. Nachdem was bisher darüber be kannt geworden ist, tragen die Bestimmungen dem Prinzip der Kostenersparung im Betrieb durchaus ungenügend Rech­nung. Hn Anbetracht der gewaltigen Steigerung aller Löhne und Gehälter handelt es sich bei der Steuererhebung in den einzelnen Betrieben um sehr bedeutcnde Geldbeträge, deren Verwaltungsarbeit im entsprechenden Maße steigt. Umsomehr erscheint es gerechtfertigt, daß alle praknschen Vorschläge zur Erleichterung des Verfahrens der Steuereinziehung eingehend geprüft und die durch die neue Erhebungsweise erwach­senden, ungeheuren, vollständig unprodukti­ven Unkosten der Unternehmer schaft tunlichst ver­mindert werden. Der Hansa-Bund hat sich mit einer Eingabe an das Reichsfinanzministerium gewandt und da raus hingewiesen, daß es durchaus ungerechferligl ist deni Arbeitgeber, wie beabsichtigt, allein die ganze Arbeit des Lohn­abzuges, Beschaffung u. Einkleben der Marken in die Steuer­karten zuzuschieben' und ihn die zeitraubende Verrechnung in den einzelnen Spalten der Steusrkarte vornehmen zu lassen. Der Arbeitnehmer hat selbst das größte Interesse an der richtigen Führung der Steuerkarten, so daß der hierzu notwendige Arbeitsaufwand ihm auferlegt werden kann. Nach Berechnungen größerer Werke würde allein für die Tätigkeit des Steuererhebenseine Neuanstellung von zwei An­gestellten auf 300 Arbeiter usw. notwendig sein, falls die alleinige Arbeit auf dem Arbeitgeber lastet. Als Mittel zur Erzielung von Ersparnissen und zur Entlastung dcS Arbeit­gebers schlägt die Eingabe des Hansa-Bundes vor, daß die von den Arbeitgebern auS den einbehaltenen Lohnabzügen eingekauften und von ihnen entwerteten Steuermarken dem Arbeitnehmer ausgehändigt werden und ihm die Führung der Steusrkarte überlassen bleibt. Ferner wird der Vorschlag gewacht, Unternehmungen von einer bestimmten Größe an zu gestatten, die Steuermarken nicht wöchentlich, sondern in entsprechender Höhe vierteljährlich zu verwenden.

Mit aller Entschiedenheit tritt der Hansa-Bund für eine Entschädigung des Arbeitgebers für seine Tätigkeit als Steuereinnehmer ein. Das Verlangen des Fis­kus, ' daß eine Privatperson für ihn unentgeltich mühsame und ihm selbst Unkosten verursachende Arbeit verricht«, wi­derspricht allen Gepflogenheiten des öffentlichen Lebens. Die Arbeitgeber schaft trägt heute schon die geschäftlichen und moralischen Lasten der : Arbeiter- nnd Nnge st eilten versichern n- g e n. Der Einbehalt und die Verrechnung der Berstche- i rungsbeiträge stellt nun fraglos eine verwaltungstechnische ! Notwendigkeit dar. während die Ernennung des Arbeitgebers ^ znm Steuereinnehmer sachlich nicht begründet ist.

! Die Straßenbahnfrage.

> r Stuttgart, 9. Mai. Einem größeren Aufsatz des Neuen ! Tagblatls über die schwierigeil Entscheidungen, vor denen die ! Straßenbahnen stehen, ist zu entnehmen, daß seit der letzten ! Tariferhöhung auf mindestens 40 xZ bei den Einzelfahrschei­nen bereits ein Verkehrsausfall von 1015°/« zu verzeichnen

: ist. Dabei sind die Betriebskosten noch ständig im Wachsen

> beffriffen, namentlich auch durch die Erhöhung der Löhne und ! Gehälter für das Personal, was bis zum 3l. Dezember eine j Mehrausgabe von R/r Millionen Mark weiter ausmacht.

- Das nunmehrige Durchnittseinkommen eines Straßenbahn- ' angestellten beträgt 810 M im Monat bei freier Dienstklei-