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Nr. 228

Der Neiellschaster

Samstag, de« M. September

4 .

Aa-öes -eulscken Säuern

eittoLrc^

Von Dr. K a r l R ü ghei m e r

In der Erntcseier verdichtet sich sinnbild­haft dre ganze adelige Würde der Bauern­arbeit. Zum ersten Male soll ui diesem Herbst das Erntedanktest eine Angelegenheit des Staates sein. Ausdruck finden soll der wie­dererweckte Glaube an die staatsaufbauende, politische Krall des Bauerntums. Vor wenig mehr als Jahresfrist noch hat dieser Glaube denn größten Teil unseres Volkes geschlafen, und doch ist es nicht länger als anderthalb JiHrhunderte her. daß er un deutschen Staatsleben selbstverständlich war. Unser ganzes Volk stellte sich einst als die viel- glisdrige Entfaltung einer Agrargesell- schafl dar. Der Ackerbau bildete nicht nur den größten und wichtigsten Teil der wirt­schaftlichen Produktion, sondern die bäuer­liche Gesellschaftsordnung war zugleich Grundlage. Vorbild und Kernpunkt deS ge­samten sozialen Aufbaues.

Vier Fünftel-der Bevölkerung mindestens lebten aus dein Lande, völlig oder doch zum

Dsr srsts krntsv/vgsn

wichtigsten Teil mit der Pflege des Ackers ,

befaßt. Und die Art. wie der Dauer seinem.: i^>lt"d, 1 L sipb-n

"eLen gesellschaftliche Gestalt, politische Form. »h-elt das Bauerntum am Leben.

Theorie soll zum Bestimmnngsgrund aller menschlichen Verhältnisse werden. Was ein Bauer ist. hat der Liberalismus verges­sen. dafür erfand er den Begriff des ,.L a n d- Wirts". Das Landvolk, der ewige, Mensch­leben nährende Acker, wird auf seine mate­rialistische Leistung hin angesprochen; Land­wirtschaft erscheint als eine gleichartige Aufgabe wie anderwärts die Bewirtschaf­tung der Baumwolle oder der Kohle oder des Eisens. Abgeleugnet wird die Selbstge­nügsamkeit und Ganzheit des Bauerntums; der Boden soll sich heute zu Höchstleistungen aufpeitschen lassen wie die Fabrik und soll morgen bei anderer Konfunktur brach liegen wie jene. Das Denken sogar, nicht nur du- Praxis der Zeit wendet sich Zug um Zug gegen die dem Landvolk innewohnende Ord­nung; es soll als Rohstofflieferant in die Klassenlage wilder Kolvnialvölker herabge­drückt werden.

Wirklich mußte aus dem politischen Leben der Nation das Landvolk ausscheiden. Wäh­rend die industrielle Gesellschaft den Staat durchdrang, politische Ordnungen stürzte und baute, stand das Bauerntum abseits. Politisch ohne Führung, durch die liberale Zerstörung der ländlichen Gemeinschaften auch wirtschaftlich entmachtet, gesellschaftlich ausgeschaltet, schien es aus dem Zusammen­hang des Daseins gerissen. Vom Geist des Jahrhunderts der Zersetzung ausgeliefert, schied es aus der Zahl der geschichtlichen Mächte; der Bauer war gezwungen zuver­bauern". wie ein böses Wort dieser Zeit sagte.

Aber das ist das unendlich große Wun­der der Liberalismus konnte die Bauern­schaft ausschalten, hinetnzwingen in sein ei­genes System konnte er sie nicht. Der Wille zur Klassengesellschaft zerbrach an der Eigen­art des Landvolkes, an der unvergleichlichen Beständigkeit des bäuerlichen Wesens. Mi! ganz elementarer Kraft wußte sich der deut­sche Bauer gegen die Anstürme des Jahr­hunderts zu halten. Er zahlte den Preis voll­kommener Abscheidung für seine Svnderart. Die Zahl der Landarbsiterfamilien und des Hofgesindes ging zurück, dafür nahm, wie die Statistiken zeigen, die Zahl der erwachse­nen Familienmitglieder aus den Höfen zu. So wurde es dem Bauern möglich, sich und den Seinen auf der eigenen Scholle das Le­ben zu erhalten, obwohl er im ökonomisch-li-, beraten Sinne mit dem Weltmarkt nicht in Wettbewerb treten konnte. Es war ein har­tes Banernleben in dieser Zeit; mehr Lohn als die Sclbsterhaltung brachte das mühe­volle Tagewerk kaum ein. aber der Neber- gang zur reinen, ziemlich selbstgenügsamen Kleinfamilienwirtschaft, das Abkappen aller f Verbindungen zur industriellen Gesellschasts-

gab. die Genossenschaftsordnung des Dorfes war grundsätzliches Vorbild auch des städti-

Nnd fetzt können wir dem Landvolk für seine zähe Treue nicht dankbar genug sein.

Das bäuerliche Gemeinwesen stellte die all- -Kineln verbindliche Lebensform dar. Hand­werk und Kleinlfandel der «städte waren auf die Bedürfnisse der ringsum liegenden Dör­fer eingestellt, die staatsbildeaden Macht

-der liberalen Absicht erwiesen. Für die be­währte Ordnung im eigenen Lebensraum. tauschten wir eine Unzahl von Beziehungen und Abhängigkeiten zur ganzen Welt ein. die , sich dem regelnden Willen immer wieder

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Grundlage des Bauerntums entwickelt und gewannen geschichtliche Geltung aus ihrer Beziehung auf das Bauerndasein. Die Kreuz­züge und Römerfahrten der Staufenkaiser hatten zur Voraussetzung, daß die Bauern­

arbeit auf den heimattrchen Lehen den ritter- > § Ein ms ^auerrerg nmr uno L-raar ou lichen Kämpfern Dafeinsgrundlage gab; in ^ dringen muß Vorbild mcht mir der wie den entscheidenden Krieqen des Alten Fritz ! - auflebenden Bauernsiedlung, fondern a

ist der Rückweg aus der Weltkrise noch nicht abgeschnitten. weil der Bauer mit seiner ur­alten Lebensordnung beispielgebend unter uns steht, fast wie ein Stück Natur, dem Zu­fallsspiel der Zeiten entnommen. Er muß jetzt als Sauerteig Volk und Staat durch-

wieder

den entscheidenden Kriegen des Alten Fritz s z aufteoenoen Bauernßeotung. zonoern auch schöpfte der Staat Menschenvorrat und Fi- j 1 dem ständischen Gefüge der anderen Volks- nanzkrast aus der Bauernschaft seiner Pro-i teste 'em, dre nach geschloffener Ganzheit vimen. Die Revolutionen des" auMirrgendeni suchen, wre sie deremft der uns der

Mittelalters waren Bauernrevvlutionen oder' i bäuerlichen Gemeindeversaffung lferaus ent- Kümpfe um das Verfüg-rngsrecht über f wickelt hatte. Künftig wird auch der Jndu- bäuerliche Arbeitsleistung. Die Geschichte ge-, ! striearbeiter in seiner Fabrik und der Hand­schah vom Bauern her. werker m seinem Berufsverband einen glei-

Die sozialen Entwicklungen seit der fran-Mchen. Leben sichernden Rückhalt haben wie der zösischen Revolution haben diese tausend- - Bauer in seinem Hof.

jährige Gesellschaftsordnung zerbrochen., So feiern wir jetzt das Erntefest als staat- Lang'sam erst und dann m wahnsinnigem M l.-Mn Feiertag, zum ersten Male wieder ein Tempo hat sich die ländliche Gesellschaft ver­mindert. Drei Fünftel des Volkes machte sie noch 1870 aus. heute beträgt sie knapp drei Zehntel, allein seit zwei Menschenaltern hat sie sich halbiert. An die Stelle des Bauern­tums trat, neue Schichten und Lebensfor­men schaffend, unser Schicksal bestimmend die industrielle Gesellschaft. Tech­nik und entwurzeltes Bauernvolk begegnen sich, vermählen sich, eine ungeheuere gesell­schaftsbildende Kraft erzeugend, lassen unter den Bedingungen des Kapitals und der Ma­schine neue soziale und politische Formen entstehen, die eigengesetzlich, wie von einer unheimlichen fremden Macht getrieben, ge­tarnt hinter den liberalen Ideen der Zeit, zu einem kampfgeladenen. klassenhaß­geschwängerten Gefüge auswachsen. Das Menschendasein verliert, aus dem tausend­jährigen Schoß der bäuerlichen Gesellschafts­ordnung gerissen, alle stetige Sicherung. Von dem ewigen Hof wandert der Mensch in die täglichen Konjunkturschwankungen unter­worfene Fabrik. Freiheit predigt der Libe­ralismus. und er treibt durch die Bauern- Ein Weg durch Korn und roten Klee. Befreiung" das Volk von der Scholle, in

ein haltlos schwankendes Proletarierdasein. ^

Die ökonomische Beziehung so will es das ü^lle Dorf, der Helle Lee. die liberale und vollends die marxistische süßes Wehen, srolu-s Klingen.

politisches Erntefest. Erntedank ist nicht mehr Prwalaiigelegeuyest einer absens vom Gange der Völkerschicksale stehenden, verkümmernden Schicht, sondern ist Sache eines ganzen Volkes, das wie einst die Ahnen in seinem Bauerntum das Urbild einer gül­tigen menschlichen und polstiichen Prägung erkennt. Und nun scheint das hundertjährige liberale Zwischenspiel unbedeutend bei dem ersten politischen Erntefest eines neuen tau­sendjährigen Reiches!

Den AlnLeLiawk cies

Ein Mann und neun Söhne auf der Fahrt in die Grenzmark

Reportage von H. N. Eckert

Aus dem riesenhaften Bahnhof mit den hohen steinernen Treppen und den breiten Bahnsteigen drängen sich die Menschen. Vor­wärts. Tempo, nicht so tauge aufhalten, Ber­lin hat keine Zeit, jede Minute ist bares Geld!

Berlin hat keine Zeit? Oho, Berlin h a l Zeit! Wie kommt es daß die Stadtbahnzüge auf einmal leer weitersahren? Wie ist es zu erklären, daß die Menschen an der Sperre ihre Fahrkarten knipsen lassen, sehnsüchtig auf die Lokomotive nach Grünau oder Wann­see warten, dann aus einmal eine zehnköpstge Männergruppe entdecken und sich zu Hunder­ten um sie herumscharen? Der Stationsvor­steher ist ohnmächtig, dte Schaffner schimpfen, aber was sollen sie tun? Die Ereignisse sind stärker als sie. und es soll niemand dem Ber­liner nachsagen, daß er nicht den rechten Sinn für die große Volksverbundenheit habe. Tempo und Untergrundbahn, Knrfürsten- damm und vierzehn Jahre Bonzokratie ha­ben dieses Gefühl zwar in den Hintergrund gedrängt, aber nun bricht es um so stärker und wuchtiger hervor: das neue Deutschland zieht auch die Asphaltmasse Berlin zwingend in seinen Bann! Sv überrascht kaum mehr die Erklärung des Gedrängels die Ber­liner wollen dem Gutsschweizer Weise mit seinen neun Söhnen im Braunhemd auf der Durchreise zur Grenzmark ihre millionenstäd­tische Begeisterung darbringen!

Vater Weise aus Groß-Lübars in der Pro­vinz Sachsen, nicht weit von Magdeburg, wischt sich die Stirn. Himmel, war das eine Hitze im Abteil! Ein Glück, daß die neun strammen Iungens schon längst selbständig sind und nicht wie kleine Kinder gewartet zu werden brauchen. Und dann die Sorge um den richtigen Anschluß, das ist das Kitz­ligste. Aber in dieser Hinsicht kann ihm nichts passieren, da ist der Berliner ja immer aut dem Draht. Und Auskünfte gibt's wie Saud am Meer.

Nun sollen wir also in unsere neue Hei­mat fahren!" sagt Vater Weise.Meine Juu- gens und ich freuen uns schon mächtig aus die Arbeit, die unserer wartet." Alle zehn stehen im Braunhemd aus dem Bahnsteig und türmen Koffer und Kisten übereinander. Die Bahnbeamten helfen.

Der Führer hat Ihnen ein Gut geschenkt", sprechen wir ihn au.Wie ist es dazu gekom­men, Herr Weise?"

Ich hatte unserem Führer vor kurzem ein Bild meiner Familie eingeschickt, aus dem ich mit meinen neun Iungens abgebildet bin", erklärt Vater Weise und deutet stolz aus seine neun prächtigen Burschen, die mit Hellen, offenen Augen in die milde Scptem- bersonne blinzeln.Stellen Sie sich meine Ueberraschung vor. als ich plötzlich ein Schrei­ben ans Berlin erhielt mit der Aufforderung, mich persönlich im Ministerium für Ernäh­rung und Landwirtschaft vvrzustellen."

Sie fuhren dann hin?"

Auf der Stelle, natürlich!" sagt Vater Weise,ilnd dann kam die zweite Ueber- raschung. Ein Sachbearbeiter, wie man die Herren aus dem Ministerium nennt, sagte mir. daß mir unser Führer Adolf Hitler zum 1. Oktober ein landwirtschaftliches Gut in der Grenzmark schenke."

Es wogt das Korn im Sonnenbrand, darüber die Glocken schallen

Sei mir gegrüßt, mein deutsches Land, du schönstes Land vor allen.

Was sagten Sie da?"

Nichts. Ich fand »or freudiger Mb«, raschung zuerst keine Worte", erwidert Weise nachdenklich.Das einzige, was nur durch den Kops ging, war der Gedanke, dieser l. Oktober ein herrlicher Danktag htz ineine Familie würde, ein wirklicher Ernte- danktag, an den ich bis an mem Lebens- ende denken werde."

Wir drücken die Menge etwas zurück. Ne droht uns noch zu zerquetschen, nur um K- sprächsietzen aufsaiigen zu können.

Haben Sie Ihre neue Heimat schon ge- sehen?" fragen wir Vater Weise.

Ich bin sofort zur Besichtigung hingesah. reu", antwortet er.Das Gut liegt in Glei­ßen. rm Kreise Ost-Sternburg, ungefähr M Kilometer vom polnischen Korridor entfernt.'

Also deutsches Grenzland!" werfen wir ein.

Jawohl", bestätigt kraftvoll der frühere Gutsschweizer,wie es der Führer gesagt hat: Die deutsche Zukunft liegt un deutschen Osten". Ein Leuchten lieg; au' seinen braun­gebrannten Zügen. Man spürt es: Dieser deutsche Mensch steht aut seinem richtigen Platz in der Grenzmark! Er zieht Zigarren aus" seiner Hemmt aus der Tasche. Wir bie­ten ihm eine Handvoll echte Bremer an.

gehörte?" fragen wir ihn daun.

Vesinlsss

Das stand ja in der Zeitung", mischt sich lemand au-S dem Publitum ein.der bis­herige Besitzer Nvttkowski hat es dem Führer mu der Bitte geschenkt, es einem alten, wür­digen. landaebeitersahrenen Parteigenossen zu übergeben."

Womit d:e Schenkung also ihren Zweck erfüllt hätte!", b'mierkeii wir zu Baker Welse, der scharj wie em Luchs umheräugt. damit sich nicht einer von seinen Iungens l» der Monge der Neugierigen verliert. Er hak auch noch allerlei vor sich, denn er soll sich aui der Durchreise bei dem Minister Darre vor­stellen. der den früheren Gutsschweizcr aus Groß-Lübars bei Magdeburg selber kennen lernen möchte.

Es ist ein herrliches Stück Land", öffnet Vater Weise sem Herz,60 Morgen gutes Ackerland und 120 Morgen alter Laubwald. Das ist eine Wirtschaft so recht nach unsem Herzen! Rach dem Ableben des bisherigen Inhabers kommen noch zwölf Morgen Wie­sen und Aecker hinzu, aber auf die wollen wir gern verzichten, wir gönnen dem Wohl­täter ein recht langes. angenehmes Leben.' Ein Sonnenstrahl huscht über sein verbrann­tes Antlitz. Die Iungens hocken auf ihren Kisten und berßeu herzhaft in die dicken Rog­genbrote.

Wir wollen uns verabschieden.Ueberneh- men Sie die Besitzung, so wie sie steht?" ist unsere letzte Frage.

Jawohl, mit allem lebenden und toten Inventar", antwortet Vater Weise.

Jetzt haben wir keine Zeit mehr. Noch ein­mal drücken wir dem braven Schweizer und seinen neun prächtigen Sprößlingen die Hand und wünschen frohe Fahrt in die Grenzmark. Alle zehn heben den Arm zum germanischen Gruß:Heil Hitler!"

Daun schluckt der Berliner Asphalt un­seren Taxameter. Vater Weise und sein? Neun aber sind aus dem Wege nach Gleißen wo sie am 1. Oktober das schönste Fest lhfJ Lebens feiern werden, an dem ganz DeutB- land innerlich teilnimmt: ein wirkliches Ern­tedankfest!

Gäerspruck

Bemeßt den Schritt! Bemeßt den Schwung Die Erde bleibt noch lange jung!

Dort fällt ein Korn, das stirbt und ruht, die Ruh' ist süß. Es hat es gut.

Hier eins, das durch die Scholle bricht.

Es hat es gut. Süß ist das Licht.

Und keines fällt aus dieser Welt, und jedes fällt, wie's Gott gefällt.

Cvnrad Ferdinand Me per.

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