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Nagolder Tagblalt „Der Gesellschafter-
Württemberg
Stuttgart, 17. Dez. Besuch der Höheren Bauschule. Die Höhere Bauschule in Stuttgart wird im Winterhalbjahr 1931/32 von 343 Schülern besucht. Davon sind 500 Württemberger.
Das neue Adreßbuch von Stuttgart ist erschienen. Der Umfang ist durch zw erbmäßigen Druck um etwa ein Drittel verkleinert, obgleich zwei neue Stadtteile, Zuffenhausen und Münster, hbnMgekommen find.
ep. Evangelische Arbeitsgemeinschaft für Arbeitslosenfürsorge. Um die Bestrebungen auf dem Gebiet der Arbeits- losenfttrsorge und des freiwilligen Arbeitsdienstes auf evangelischer Seite zusammenzufassen, hat sich eine Arbeitsgemeinschaft aller in Betracht kommenden evangelischen Organisationen gebildet. Ihr« Geschäftsstelle liegt in Händen von Stadtpfarrer Völker beim Errang. Jugendfekretariat Stuttgart, Hohestr. 11. Die Geschäftsstelle will die evangelischen Kreise unseres Volkes in allen Fragen der Fürsorge für jugendliche Arbeitslose, insbesondere bei der Bildung von freiwilligen Arbeitslagern beraten und Arbeitsdienstwillige an geeignete Arbeitsstellen vermitteln.
Aellnerlehrlinge als Räuber. Zwei hiesige Kellnerlehrlinge entwendeten aus der Auslage eines hiesigen Waffengeschäfts mehrere Pistolen und kauften sich auswärts die nötige Munition hiezu. Sodann zwangen sie in vergangener Nacht, nachdem die übrigen Gäste das Lokal schon verlassen hatten, die Bedienung eines hiesigen Cafös mit erhobenen Waffen zur Herausgabe ihrer Tageseinnahmen. Auf ihrer Flucht wurden sie ergriffen. Das geraubte Geld und dl« Waffen find beigebracht.
Aus dem Lande
Hohenheim, 17. Dez. Maschinenlehrkurs für Landwirte (und Gutshandwerker) 193 2. Die Württ. Landesanstalt für landwirtschaftliches Maschinenwesen veranstaltet in Verbindung mit der Württ. Landwirtschafts- kammer Stuttgart einen fünftägigen Mafchinenlehrkurs für praktische Landwirte in Hohenheim, der in der Zeit von Montag, 15. Februar bis einfchl. Freitag, 19. Februar 1932 stattfindet. Der Kurs umfaßt praktischen Unterricht an Kraftmaschinen, Kraftfahrzeugen und landwirtschaftlichen Arbeitsmaschinen; Ausführung einfacher, ohne Vorkenntnisse möglicher Jnstandsetzungsarbeiten; Lichtbilderoorträge mit Vorführungen über landwirtschaftliche Arbeits- und Kraftmaschinen; Führungen durch Sammlungen und Betriebe der Hochschule. Der Kursbeitrag einfchl. Unfallversichsrungs- gebühr beträgt 6.50 RM.; für Unterkunft (mit Frühstück 1.30 RM.) und Mittagessen (70 und 80 Pfg.) je Tag kann Sorge getragen werden. Gutshandwerker können an diesem Kurs teilnohmon, wobei sie bei den Hebungen ufw. eine gesonderte Gruppe bilden, in der besonders auch die Herstellung schwierigerer Instandsetzungen ufw. durchgeführt wird. Außerdem wird hiezu auch noch der 20. Februar herangezogen. Der Beitrag für diesen Kurs beträgt 8 RM. Anmeldescheine sind durch die Württ. Landesanstalt für landwirtschaftliches Maschinenwesen in Hohenheim zu erhalten.
Eßlingen, 17. Dez. Randsiedlung. Der Gemeinderat stimmte einer Randsiedlung für Eßlinger Erwerbslose bei Sirnau zu. Bis jetzt haben sich 56 Siedler gemeldet. Die Stadt erhält für die Siedlung vom Reich 70 000 RM Weiter beschloß der Gemeinderat die Beschränkung der Anfangsklassen der höheren Schulen.
Lorch OA. Welzheim, 17. Dez. Ungetreuer Wandergenosse. Dienstag mittag marschierten zwei Wanderburschen das Walkerbacher Tal entlang. Auf der Straße bei der Schwefelhütte schienen beide Streit bekommen zu haben. Der jüngere, 30 Jahre alte, versetzte nach heftigem Kampf — die Fußspuren lassen darauf schließen — dem 58jährigen einen Schlag auf den Kopf, so daß dieser bewußtlos zusammenbrach. Später Vorbeikommende fanden den Verletzten und brachten ihm Hilfe. Der Verletzte, dem sein Gegner seine Barschaft stahl, wurde in das Welzheimer Krankenhaus verbracht. Dem Täter ist man auf der Spur.
Ellwangen, 17. Dez. Mordversuch. Das Schwurgericht hat den 18 I. a, Fürsorgezögling Karl Gras c.i 5 Eßlingen wegen eines Verbrechens des versuchten Mords der Zuchchausstraße von 3 Jahren 6 M-onaren verurteilt unter Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 5 Jahren.
Brandstiftung. Vor dem Schwurgericht hatten sich gestern der 26jährige ledige Landwirt Karl Bahn von Spiolhof O.A. Welzheim und dessen 29 I. a.. verheiratete
Schwester Rosine D i etrich, geb. Bahn von Spielhof wegen zweier Verbrechen der Brandstiftung, des Versicherungsbetrugs bzw. der Beihilfe und eines weiteren Vergehens des Betrugs, zu verantworten. Bahn wurde zu der Gesamtstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten Zuchthaus verurteilt, während die Angeklagte Dietrich freigesprochen wurde.
Heilbronn, 17. Dez. Um das alte Postgebäude. Landtagsabg. Dr. Bruckmann hat im Landtag folgende „Kleine Anfrage" eingebracht: Dem Vernehmen nach plant die Oberpostdirektion Stuttgart, das alte Poftgebäude in Heilbronn an «tuen Warenhauskonzern bezw. an ein Einheitspreisgeschäft zu vermieten. Ich frage das Staatsministerium, ob es bereit ist, seinen Einfluß auf die Reichspost auszuüben, um zu verhindern, daß durch eine solche Vermietung von Reichseigentum der gewerbliche Mittelstand und das ansässige Gewerbe erneut aus das schwerste geschädigt werden. — Wie die „Neckarzeitung" hört, fanden allerdings Verhandlungen in der angegebenen Richtung statt. Neuerdings aber sind solche auch mit dem Konsortium hiesiger Geschäftsleute wieder im Gang, und zwar in aussichtsreicher Weife.
Nürtingen, 17. Dez. Der Nürtinger Bahnhof !m Rohbau fertig. Durch die günstige Witterung der letzten Wochen war es möglich, die Bau arbeiten des neuen Bahnhofs so zu fördern, daß nunmehr das stattliche Gebäude im Rohbau fertig ist.
Reutlingen, 17. Dez. 1000 Hektoliter Reut- linger Wein. Rach einer Mitteilung des Reutlinger Gemeinderats wurde der Weinertrag auf unserer Markung im Herbst 1931 auf 1000 Hektoliter geschäht, von denen 700 Hektoliter in der Kelter um 35 060 Mark verkauft wurden.
Ein Tankwagen brennt. Gestern vormittag geriet auf der Straße Dußlingen—Röhren ein Tankwagen der Shell-Venzingesellschaft in Brand. Am Motor des Wagens war die Benzinleitung gebrochen, so daß eine Explosion im Motor tank hervorgerufen wurde. Glücklicherweise griffen
Freitag, de« 18. Dezember 1931.
die emporschlagenden Stichflammen nicht auf dorr großen Tank über, in dem sich etwa 1500 Liter Benzin befanden. Das Fahrerhaus mit dem darunter sich befindlichen Tank sowie der Motor wurde stark beschädigt. Der zwischen Führerhaus und Tankkessel sich befindliche Oelvorrat von etwa 300 Kg. verbrannte unter schwerer Rauchentwicklung eben, falls. Verletzt wurde niemand.
Tübingen, 17. Dez. 70 Jahre alt. Der bekannte Musikwissenschaftler und Komponist, Generalmusikdirektor Universitätsprofessor Dr. Fritz Bold ach in Münster i.W. begeht heute seinen 70. Geburtstag. Am Acchr 1908 wurde er nach Tübingen als akademischer Musikdirektor und a.-o. Professor berufen. 1918 kam er nach Münster als Städt. Musikdirektor und a.-o. Professor an d>e Universität.
Tailfingen, 17. Dez. Einbrüche und Diebstähle. Vor etwa drei Wochen wurden einem hiesigen Geschäftsmann aus seinem verschlossenen Auto auf dem Sportplatz des FCT. mehrere hundert Zigaretten entwendet. Die Täter, zwei junge Burschen aus Tailfingen, sind ermittelt. — Einem hiesigen Schreinermeister wurde aus seiner Werkstatt eine elektrische Bohrmaschine gestohlen. Der Täter ist vermutlich mit Nachschlüsseln und Dietrichen eingebrochen und hat ein zu der Maschine gehöriges 40 Meter langes Kabel abgeschnitten. — In der Nacht auf den 15. Dezember wurde einer hiesigen Trikotfabrik ein Besuch abgestattet und ein DKW.-Motorrad entwendet, sowie eine gelbe Lederjacke und Sturmhaube. — Ein Bettler hat aus einem Hausgang in der Hechinger Straße ein Paket Leinenwarm im Wert von 100 Mark gestohlen. Der Täter flüchete.
Oberndorf a. N., 17. Dez. Todesfall. Der älteste Einwohner der Stadt, Privatier Valentin Ahn er (früherer Mühlebesitzer) ist im 98. Lebensjahr gestorben. Im Jahr 1834 zu Waldmössingen geboren, verheirtaete er sich im Jahr 1865 auf die sogenannte Lautenmühle hier. In den 70er Jahren war Ahner längere Zeit im Bürgerausschuß tätig.
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Zumpe macht Karriere
Si n«, P echvogel» lustige Geschichte von Fritz Sörner
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„Sehr! Mein gutes Muttchen war außer sich, als ich es einmal sagte."
Uschi fragte schelmisch: „Aber mir werden Sie es doch verraten?"
Zumpe zwinkerte sie lustig an. „Ihren reizenden Mauaugen zu widerstehen, ist unmöglich . . ."
Frau Margot drohte lächelnd. „Herr Zumpe . . .!"
„Gnädige Frau ... es kommt mir von Herzen . . . Sie müssen doch glücklich sein, eine so reizende Tochter zu haben."
„Genug, genug!" lachte Frau Margot hell auf. „Ei, Sie Schmeichler, die jungen Mädchen in Buxtehude werden Sie vermissen . . . also welcher Beruf sagt Ihnen am meisten zu?" l
„Boxer!" ,!
Jetzt war es heraus. Einen Augenblick sahen sich Uschi ! und ihre Mutter entgeistert an, denn sie hatten alles, nur das nicht, erwartet. Dann lachten sie hell auf.
„Boxer! Verstehen Sie denn was davon?"
„Gewiß, gnädige Frau! Ich habe eine harte Schule, mrch einen . . . ganz großen Boxer hinter mir. Ich bin tlmateur und habe viele Preise davongetragen."
„Dann werden Sie doch Boxer! Den Mumm scheinen Sie ja zu haben", warf Uschi ein.
Zumpe sah vor sich hin. „Ja ... das hat einen Haken .. . meine Mutter ... sie hat mich gebeten und . . . ich konnte es ihr nicht abschlagen, es ist meine Mutter, und drum habe ich mich entschlossen, mich mit anderen blauen i Augen zu beschäftigen und nicht mit den eigenen." j
In dem Augenblick trat ein großer stattlicher Herr an den Tisch.
„Ah . . . gnädige Frau!" begrüßte er die Damen, „Gnädiges Fräulein. . . auch auf dem Rennplatz! Schöner Tag heute, Frau Minister . . . Was man setzt, bleibt hinten! Oder sind Sie zufrieden?"
„Danke!" warf Uschi ein. „Ich habe auf Uschi gesetzt! Das war Mamas Tip . . . hat gewonnen! 237 :10.
Der Herr erstaunte, Zumpe aber saß wie versteinert am Tisch.
Welch eine Situation, er . . . Anton Zumpe aus Buxtehude, saß mit einer Frau . . . Minister und ihrer Tochter an einem Tische. Hatte sie zum Tee eingeladenl
Nicht zu glauben I
*
„Nun, Herr Zumpe, wir sind plötzlich so schweigsam geworden?" fragte Uschi lachend. ,
Zumpe stimmte ein. l
„Ich war . . . ehrlich gesagt . . . einen Augenblick - platt!" :
„Ach so, als Herr Geheimrat Seiger . . . Frau Minister sagte?" >
„Ganz recht, gnädiges Fräulein. Das war zu viel!" !
„Erholen Sie sich nur recht rasch von Ihrem Schreck, Herr Zumpe!" sagte die Frau Minister gutgelaunt. „Ich ^ möchte mich jetzt revanchieren und lade Sie ein, mit uns zusammen heimzufahren und bei mir eine Tasse Tee zu !
trinken." >
„Die ich selbst zu Ehren unseres lieben Gastes kochen werde," ergänzte Uschi mit Schelmenlachen.
Zumpe sah die beiden Damen, die sich köstlich amüsierten, hilflos an.
„Eine Tasse Tee ... Frau Minist« . . , Mttidige Frau ... ich bin schon wieder platt." I
„Wir haben uns so nett unterhalten! Mein Mann wird sich freuen, in Ihnen einen neuen Ministeranwärter begrüßen zu können!"
„Um Gottes willen!"
„Vielleicht gibt Ihnen Papa auch ein paar Winke!"
, warf Uschi ein. „Papa ist sehr nett, das können Sie mir glauben. Ich habe ihn genau so in mein Herz geschlossen, wie Sie den Ihren."
Bei Anton begann es zu dämmern.
„Gnädige Frau . . begann er unsicher, „Sie kennen meinen Bruder?"
„Den Herrn Ministerialdirektor Zumpe? Freilich, kennen wir ihn. Er ist sogar ein Freund unseres Hauses «nd wird uns heute Abend die Ehre schenken. Er wird Augen machen, wenn er seinen Bruder sieht!"
„Ich freue mich diebisch auf die Überraschung!" lachte
Uschi
*
Also fuhr Zumpe mit den Damen im Auto nach der eleganten Villa im Westen Berlins.
Er hatte seine alle Sicherheit und seinen unverwüstlichen Humor wieder gewonnen.
Die Frau Minister und ihre Tochter freuten sich der Natürlichkeit und Frische des jungen Mannes, der so sicher und selbstbewußt in die Welt blickte und bei allem Jungen- tum ein so vollendeter Gesellschafter und liebenswürdiger Kerl war.
Seine Natürlichkeit und Herzensfreude wirkte ansteckend. Selbst die vornehme und sonst so exklusive Frau Margot von Zedtlitz ging aus sich heraus und war heiter wie ein junges Mädchen.
Als ihr Zumpe treuherzig gestand, daß er sie beide für Schwestern gehalten habe, da freute sie sich des Kompliments, denn sie batte das Gefühl, daß es von Herren kam.
(Fortsetzung siehe Seite 6.)