Seite 2 Nr. 124

Nagolder Tagblatt «Der Gesellschafter"

Aus Stadt und Land

Nagold, den 1. Juni 1931.

Wenn Kinder ihren Eltern nicht gehorchen, so liegt es immer daran, dag die Eltern nicht zu be­fehlen verstehen,

Dom letzten Maisonntag

Auf eine Woche voll leichterer und schwerer Gewitter, die sich in unserer nächsten Umgebung teilweise verheerend aus­wirkten, folgte ein etwas bewölkter, aber nach und nach sich aufheiternder Sonntagmorgen. Schon um V-8 Uhr riefen die Glocken zum Frühgottesdienst auf den Schloßberg. Bald hatte sich eine große Schar zur Waldandacht eingefunden, um sich im stimmungsvollen Schloßhof um Gottes Wort zu sammeln. Weit entfernt vom unruhigen Getriebe, vom Auto- und Straßen­lärm auf luftiger Höhe lauschten die andächtigen Zuhörer, kaum daß entfernter Glockenklang, das Turmblasen oder das leise Summen der Aeolsharfe die tiefe Stille unterbrachen. Es schien ein zum Wandern recht geeigneter Maientag wer­den zu wollen, dieser letzte Sonntag des ausnehmend schönen Maien. Dies hoffte auch der Lieder- und Sängerkranz, der nach Hirsau fuhr, um von dort durchs schöne Schweinbachtal nach Oberkoübach zum Besuch seines früheren Dirigenten, Herrn Grieb, zu wandern. Eine Anzahl Schwarzwaldvereinsmit­glieder unternahmen eine schöne Tour von Teinach über Zavel- stein, Oberreichenbach nach Liebenzell, wo gerade die Haupt­versammlung des Württ. Schwarzwaldoereins tagte. Doch alle, auch die Daheimgebliebenen, wurden vom frühen Nach­mittag an durch ein recht frisches Mailüfterl überrascht, das immer grauere Wolken brachte, die allmählich in Regen über­gingen, der bis zum Abend anhielt und den morgens ziemlich lebhaften Verkehr auf den Straßen einschränkte. Fast sieht's aus, als ob's dem Mai selber leid wär, daß er nun weichen muß aus all der Blütenpracht und Ueppigkeit, die er uns in Wald, Wiesen und Gärten beschert hat, um dem Rosenmonat, der uns den Sommer bringen soll, Platz zu machen.

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Der Juni im Volksmund. Vom Juni, der auch Brach­mond genannt wird, sagt der Bauer:Aus den Juni kommt es an, soll die Ernte gut bestahn", Trockner Juni, etwas naß, füllt mit gutem Wein das Faß".Sonnenbrand mit Regentrauf ist des Brachmonds bester Lauf". Gibt's im Juni Donnerwetter, wird auch das Getreide fetter. Juni sonniger als Mai, schenkt dem Bauern gutes Heu. Nmdwind, der im Juni weht, vollen Aehren Pate steht. Ist d.-r Jun warm und naß, gibt's viel Korn und noch mehr Gras, Juni warm und feucht macht dem Bauern 's Herze leicht, Juni bringt's, Juni nimmt's, Brach- rnc> :8 naß, leert Scheun' und Faß, Wenn naß und kalt der Juni war, verdarb er meist das ganze Jahr.

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Freudenstadt, 31. Mai

Stuttgart, 31. Mai, Der Raubmord an Stei­ner, Von der Polizei wird mitgeteilt, daß der Mörder Lachenmaier, nachdem er von dem Kausmann Steiner aus Gutmütigkeit am 22. Mai, morgens 6 Uhr, auf der Staatsstraße WinnendenWaiblingen zur Mitfahrt in das Auw ausgenommen worden war, den Steiner etwa 3 Km. vor Waiblingen mit einer Armeepistole durch Kopfschuß getötet hat. Dann fuhr er mit der Leiche in den Schur­wald und versteckte sie in einer dichten Schonung des Ge­meindewalds Zell an der Straße HohengehrenEßlingen, nachdem er die Brieftasche seines Opfers mit 150 an sich genommen hatte. Goldene Uhr und Ringe Steiners ließ er unberührt. Hierauf fuhr er mit dem Auto des Er­mordeten zu seiner Geliebten nach Feuerbach und machte mit ihr ausgedehnte Spazierfahrten, die am Pfingstsonn­tag früh Uhr bei Herzogsweiler (bei Freudenstadt) endigten, weil der Wagen wegen Oelmangels nicht mehr weiterlies. Die Leiche Steiners wurde am Samstag ge­funden, Lachenmaier zeigt keine Spur von Reue.

Der verhaftete Raubmörder. Wie bereits mitgeteilt, ist der Mörder des Kaufmanns Steiner aus Stuttgart in Her- rcnberg verhaftet worden. Es ist der ledige mehrfach vor­bestrafte Bauarbeiter Gotthiif Lachenmaier von Op­pelsbohm OA. Waiblingen, Der Ermordete hatte den Lachenmaier und dessen Braut auf eine Spazierfahrt mit­genommen. Während der Fahrt gab Lachenmaier plötzlich auf Steiner Schüsse ab, die diesen tödlich verletzten. Als er ihn dann um seine Barschaft in Höhe von 300 Mark beraubt hatte, führte Lachenmaier die Leiche nach Eßlingen, wo er sie im Wald verscharrte. Dann fuhr er mit seiner Braut nach Feuerbach, wo er von einem Landwirt gesehen wurde, der ihn und seine Vorstrafen kannte und sich dar­über wunderte, daß Lachenmaier plötzlich im Besitz eines Kraftwagens fein sollte. Da sich der Landwirt das polizei­liche Kennzeichen des Wagens gemerkt hatte, konnte er noch am gleichen Tag, an dem die Meldung von der Auffindung des herrenlosen Autos bekannt wurde, der Polizei einen Hinweis geben. Zunächst gelang es jedoch nur, das Mäd­chen zu verhaften. Lachenmaier selbst hatte sich mit dem Gedanken getragen, sich bei der Fremdenlegion anwerben zu lassen. Unterwegs ging ihm jedoch der Betriebsstoff aus, weshalb er den Wagen in der Nähe von Freudenstadt stehen ließ. Bei Herrenberg konnte Lachenmaier jetzt aufgegriffen und verhaftet werden. Er hat bereits ein Geständnis ab­gelegt.

Das Unwetter

Fast aus dem ganzen Land laufen Schadenberichte über das Unwetter am Freitag und Samstag ein. In Reutlingen wurden durch den Hagel in einer Gärtnerei Glasscheiben im Wert von 5000 Mark zusammengeschlagen. Groß ist der Schaden an Weinbergen und Obstanlagen in Metzingen und im Ermstal, Die Markung von Sickenhausen OA. Tübingen glich einer Winterlandschaft. Schwer betroffen wurden einzelne Gemeinden im Oberamt Horb. 3n Empfingen (Hohenz.) fielen Hagelkörner wie Wallnüsse groß. Bei Kirchhausen OA. Heilbronn wurde ein junger Arbeiter und bei Gerabronn ein Landwirt, die unter Bäu­men Schuh gesucht hatten, vom Blitz erschlagen. In Klein- gartach OA. Brackenheim wurde das landw. Anwesen der Wilh. Feucht Witwe durch Blitzschlag eingeäschert. Aus Bimmlingen Gde. Hofs, OA. Leutkirch, wird berichtet, daß die aus vier Höfen bestehende Parzelle zu 70 v. H. ver- hagelt worden ist, die Wiesen sehen wie gewalzt aus. Die Parzelle ist hagelgefährlich. 3m Jahr 1830 wurden diesen Landwirten 70 v. H. Hagelschäden ausbezahlt, 1928 4045 v. H., 1926 60 v. H-, 1924 90100 v. H.

Montag, 1. Juni 1931.

Die Kommunistenschlacht Nagold vor Gericht

(Von unserem Sonderberichterstatter.)

(Nachdruck verbalen,

Der Zeuge Freisinger, der der A.W. angehört, gibt wohl zu, eine Mappe mit Werkzeug für sein Motorrad gehabt zu haben. Er habe aber keine Waffen in den Saal eingeschmug­gelt. Er wäre in der Rose gewesen, kurze Zeit in der Traube. Auffallend ist an seinen Aussagen, daß er ohne Zweck nach Nagold gefahren war und als Mitglied der A.W. nicht mehr in den Saal durfte.

Der Zeuge Hetzer gibt an, ein Glas aus der ihm gegen­überliegenden Ecke fliegen gesehen zu haben. Er habe die Schüsse gehört. Während des Abzugs der S.A. habe ein Hagel von Ee- schossen auf die Abziehenden eingesetzt. Dadurch und durch die Schüsse sei dann eine Panik entstanden. Bei seinen Kameraden habe auch er kein Schlagwerkzeug gesehen. Der Zeuge Albert Widmaier wurde auf sein Zeugnisverweigerungsrecht hin­gewiesen und verweigert daraufhin die Aussage.

Der Zeuge Dellers aus Jselshausen sagte aus, daß ein Nationalsozialist aus Jselshausen ihm am Tage der Versamm­lung zugerufen habe. Schlaffer komme nicht mehr heraus. Nach einer Pause von halb 8 bis halb 9 Uhr abends wird die Zeu­genvernehmung fortgesetzt. Rechtsanwalt Hainz stellt den An­trag auf Haftentlassung am gleichen Abend, des Angeklagten Baader und Clatz, da Kollissions- u. Fluchtgefahr nicht vorliege und beide schwer lungenkrank seien. Der Vorsitzende stellt fest, daß dieser eigenartigerweise mitten in der Beweisaufnahme ge­stellt werde. Die Abstimmung wird bis zum Schluß des heutigen Verhandlungstages verschoben.

Der Zeuge Riepp, Angehöriger der AW. erklärt, daß die NS. am Eingang zum Saale provoziert und vom Zusammen­halten der Kommunisten gesprochen hätten. Er mutz zugeben, daß er bei keinem National-Sozialisten irgendwelche Waffen gesehen habe, noch, daß von ihnen solche in den Saal eingebracht wurden.

Nach seiner Vereidigung wendet er sich gegen die NS., die ihm ganz übel mitgespielt und am Kops vorbeigeschossen hätten. Diese gehörten eigentlich auf die Anklagebank.

Der Zeuge Mast aus Breitenberg kann keine Angaben von Belang machen.

Der Zeuge Burkhard. Kommunist, aus Hirsau, weiß, als ihm seine früheren Angaben vorgehalten wurden, von nichts mehr.

Dagegen versucht der Zeuge Klett. Angehöriger der AW.. aus Cannstatt, die NS. erheblich zu belasten. Diese hätten auf­fallende Bewegungen und Handgriffe unter den Tischen ge­macht, wie wenn sie sich etwas zureichen wollten. Aus dem Not­ausgang seien ungefähr 10 SA.-Leute gekommen. Er habe mit SA.-Leuten gesprochen, die den folgenden Krach voraussagten. Philipp Vätzner soll nach Schluß seiner Rede sofort über die Tische hinweg durch die Türe hinausgesprungen sein.

Ein Teil der SA. wäre gegen die Bühne gestürmt, ein Teil hätte die Jungwehr angegriffen. Ueber alles Folgende weiß er nichts mehr. Er habe ein Glas von Zivilpersonen, die Nazi seien, an den Kopf erhalten.

Auf die Frage des Staatsanwalts, woher er wisse, daß diese ZivilistenNazi" seien, erwidert er: Soviel Finger­spitzengefühl hat man doch, ob diese ZivilistenNazi" sind od. nicht.

Der Zeuge Wirth aus Calw, Kommunist, gibt an, daß die NS. provoziert hätten. Das erste Glas, das er gesehen habe, sei von der Mitte der SA. gekommen. Gläser seien von allen Seiten geworfen worden. Schüsse seien in der Nähe von Bätz- ner gefallen. Frühere Angaben, welche die A.W. belasteten, will er nicht beschwören und leugnet sie ab.

Auf Frage des Staatsanwalts, warum Schlaffer gerufen habe, sie sollen nicht alles zusammenschlagen, weiß der Zeuge keine Antwort und wird verlegen.

Der parteilose Zeuge Schlotterbeck aus Hirsau, der nicht in Nagold war, machte eine unwesentliche Angabe be­treffend des Zeugen Binder. Dieser Zeuge Binder aus Hirsau gibt unter Eid an, daß der Angeklagte Samuel Weiß, bevor die Schüsse an der Bühne gefallen seien, mit einem Stuhl auf die SA. Leute geworfen habe. Der Angeklagte Weiß will sich daran nicht mehr erinnern könn-rn.

Der Zeuge Lämmle aus Stuttgart, Mitglied der A.W. erklärt, Schüsse gehört zu haben. Er habe keine NS. mit Stahl­ruten gesehen, aber mit Wasserflaschen. Die SA. hätte sich an­scheinend umgruppiert, da sie stets auf den Abort gelaufen wäre. Anfangs habe Philipp Vätzner sachlich geredet, nach der Uebergabe des Zettels hätte er aber gehetzt.

Der Zeuge Habitzel, Kommunist, dessen Beeidigung zu­rückgestellt wird, wegen Verdachts des Landfriedensbruchs, will zwei Schüsse neben sich einschlagen gesehen haben, während der Staatsanwalt ihm erwidert, das seien nach Aussage des Wirtes, zwei Löcher vom Kloben. Frühere, die A.W. belastende Aus­sagen leugnet er.

Der Zeuge Zipperer, Kommunist aus Calw, deßen Ver­eidigung aus demselben Grunde zurückgestellt wurde, macht An­gaben, die mit seinen früheren nicht mehr ganz übereinstimmen und macht seine Angaben in einer Weise gegen die NS., daß seine eigenen Genüßen über ihn lachen. Seine Aussagen sind im aanzen verworren.

Die nicht erledigten Zeugen wurden hereingerufen und auf Samstag vormittag geladen. Der Antrag des Rechtsanwalts Dr. Hainz auf Haftentlassung der Angeklagten Baader und Claß wurde abgelehnt. Schluß 11 Uhr abends.

3. Verhandlungstag.

Samstag, den 30. Mai 1931. Beginn 8 Uhr vormittags.

Fortsetzung der Zeugenvernehmung.

Zu Beginn erklärt der Vorsitzende, da er in der Suddeutschen rbeiterzeitung (Nummer vom Freitag) als Nationalsozialist

eingestellt sei. ^

Zuerst wird ein Zeuge der kommun. Iungwehr vernommen, der aber wie ein Zeuge der A.W. ebenfalls nichts Stichhaltiges Vorbringen kann. Beide können keine Aussagen über Bewaff­nung der NS. machen. Da sie der Teilnahme verdächtig sind, werden sie nicht beeidigt.

Verteid. Rechtsanwalt Hainz stellt den Antrag daß auch die Mitglieder der A.W. und die sonstigen am Saalschutz be­teiligt gewesenen vereidigt werden. Auf diesen Antrag wird nicht weiter eingegangen. Auf Grund eines ärztlichen Zeugnisses wird der Angeklagte Baader einstweilig von der Pflicht, der Hauptverhandlung beizuwohnen, entbunden.

Die kommunistischen Zeugen Heß und Schräg aus Cann­statt, können keine die NS. belastende Angaben machen und werden nicht beeidigt, da sie ebenfalls der Teilnahme verdach-

Der Zeuge Wilhelm Kreiß gab unter Eid an, 6 Schüsse gehört zu haben. Er habe keine Waffe bei den NS. gesehen, wohl aber bemerkt, wie während der Versammlung 2 Kommu­nisten nach der Garderobe gingen und nach einiger Zeit ohne

3n und um Schorndorf hak ein langanhaltender Hagei strichweise am Samstag abend an Obstbäumen ungeheuren Schaden angerichtet.

Aus der Schweiz wird von schweren Unwettern be­richtet, besonders aus den Kantonen Neuburg, St. Gallen (Toggenburger Land) und den Rheingemcinden in Aargau.

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unrerjucyl zu werden, wieder herauskamen.

Der unvereidigte Zeuge Graf, Kommunist, gibt zu, SchMe gehört zu haben. Auf früher gegen die NS. gemachten Angaben will er sich nicht mehr entsinnen können.

Der unvereidigte Zeuge Lorch aus Stuttgart. Kommunin gab an, den Angeklagten Cisemann beim Aufräumen des Saa­les einen Knüttel aufheben gesehen zu haben.

Der Zeuge Strinz hat keinen SA.-Mann auf die Bühne zugehen sehen. "

Der Zeuge Reipper aus Oeschelbronn wird unvereidigt vernommen und verwickelt sich in Widersprüche. Früher gab er an, die NS. seien in voller Ruhe und Ordnung dem Aus­gang zugegangen, worauf von den Kommunisten 2 Gläser gegen die NS. geworfen und mit Tischfüßen und Stühlen auf sie ein­geschlagen worden sei. 7 Schüsse seien gefallen. Nun will er sich darauf zum Teil nicht mehr besinnen. Er hpbe keine NS. be­waffnet gesehen, auch seien durch den Abort keine Waffen durch die NS. hereingebracht worden, da stets Kommunisten draußen gewesen seien.

Der Zeuge Talmon und Hagele, Kommunisten, kön­nen ke-.ne genauen Angaben machen und stellen Vermutungen auf. Der Zeuge Talmon leugnet seine frühere Aussage, daß der Angeklagte Ri epp gesagt hätte, es wäre besser, die Frauen blieben zu Hause.

Der Zeuge Kober aus Mannheim, Kommunist, wird be­eidigt und gibt an, von den NS. sei das erste Glas gekommen. Die wenigen kommunistischen Zeugen, die als unverdächtigt beeidigt werden, schwören zum Teil religiös, zum Teil weltlich.

Der Zeuge Ne umeist er, Kommunist, unvereidigt, sah ein Glas aus der Mitte nach Seite der Kommunisten fliegen.

Nach einer kurzen Pause gibt der Zeuge Schweikle'an, daß keine Weisung gegeben war, sich umzugruppieren. Während des Singens sei das erste Glas geflogen von Seite der Kommu­nisten her. Am Saaleingang haben Kommunisten gesagt, so, jetzt können wir sie packen. Er habe bei seinen Kameraden keine Waffen gesehen, noch nachher etwas erfahren. Der Angeklagte Welker habe später gesagt, es wäre gut, wenn noch mehr erschos­sen worden wären.

Der Zeuge Kaiser hat eine volle Mappe in den Saal gebracht und auf die Bühne hinauf gereicht gesehen. Auf einen Pfiff hin seien Gläser usw. geflogen, auch Schüsse seien gefallen. Im Nebenzimmer hätten die Kommunisten, nachdem der Saal leer war, Stühle zusammengeschlagen.

Der Zeuge Raus er sah zuerst ein Glas von der Tribüne her fliegen. Vor dem Singen hätten die Kommunisten Gläser gesammelt. Wie die NS. zur Türe hinauswollten, sei erst recht geworfen worden. Die Kommunisten seien den NS. gefolgt 1 und hätten mit Gläsern geworfen und geschlagen. Die. habe im Hinausgehen zurückgeworfen, was sie erwischt habe. Schüsse seien beim Vordrängen der Kommunisten gefallen. Die NS. seien unbewaffnet gewesen.

Der Zeuge Müller, Kommunist, aus Oberjettingen macht unklare und zur Sache nicht gehörige Angaben. Genaue Anga­ben macht er nicht, sondern stellt nur Vermutungen auf. Am .Ende der Rede Bätzners habe die SA. sich umgruppiert.

Landjäger Mock sagt auf Frage des Vorsitzenden, dies könne man keine Umgruppierung nennen. Zuerst habe Schlaffer gesagt, mehr wie 100 SA.-Leute dürfen nicht herein. Die NS. feien 100110, die Kommunisten 180200 Mann stark gewesen.

Der parteilose Zeuge Alt gibt unter Eid an, daß ein Glas von Richtung Nebenzimmer zu den NS. geflogen sei. Er habe mehrere Schüsse gehört.

Den Antrag der Verteidigung, die Zeugen Vätzner nicht zu vereidigen, lehnt das Gericht mit der Begründung ab, daß diese Zeugen nicht am Landfriedensbruch der Kommunisten beteiligt sein können.

Der Zeuge Jakob Vätzner gibt an, daß die Kommunisten bei Oberjettingen alle Passanten angehalten hätten, und Schlaf­fer eine Ansprache an sie gehalten habe. Er selbst habe in der Versammlung gesagt, daß alle Waffen abzugeben seien und kein Alkohol getrunken werde. Im Saal seien die Kommunisten immer mehr auf die SA. hereingedrängt, so daß er sich um die Aufstellung der SA. gekümmert habe. Da von Stuttgart tele­fonische Mitteilung gekommen sei, etwa 250300 Kommunisten kämen, so habe er nach Calw und Altensteig telefoniert. Ein SA.-Mann aus Altensteig habe zu Beginn der Versammlung einen Schlag mit einer Stahlrute im Nebenzimmer erhalten, dies hätte er dann Wachtmeister Ziegler gemeldet. Die SA. habe keine Waffen gehabt.Äls er den Befehl zum Abrücken gegeben habe, hätte er beim Hinausgehen vom Nebenzimmer her ein Glas fliegen sehen. Die Kommunisten hätten von der Bühne, vom Nebenzimmer und von den Seiten her gedrängt.

Der Zeuge Philipp Vätzner gibt an, nachdem der Staats­anwalt erklärte, es sei ein Verfahren wegen Verstoß gegen das Republik-Schutz-Gesetz gegen ihn eingeleitet worden, daß von Vorbereitungen seitens der NS. keine Rede sein könne. Er habe vom Landrat Baitinger erfahren, daß 250300 Kommuni­sten von Stuttgart kämen. Am gesichert zu sein und unbefangen reden zu können, sei die SA. gekommen. Bisher sei noch nie Terror geübt worden. Er habe sich diese Versammlung so wie die letzte kommunist. Versammlung im Dezember gedacht. Die Mitteilung aus Stuttgart seitens des Polizeipräsidiums habe er als Warnung angesehen. Von der Untersuchung der Passan­ten durch die Kommunisten bei Oberjettingen habe er vor der Traube" erfahren. Bei seinem Kommen habe die SA. Bon­dorf keinen Eingang erhalten und habe sich daher ins Wirt­schaftszimmer gefetzt. Er habe Schlaffer gemahnt, zum Thema zu sprechen und ihm zugerufen, daß die NS. ihren Führer nicht beleidigen lassen. Als er nach seiner Diskussionsrede zu seinem Platz zurück sei, hätte er sich durch die Kommunisten hindurch­drängen müssen, die ihn umdrängt haben. In den letzten Minu­ten seiner Rede habe er nicht gehetzt, er habe den Kommunisten allerdings gesagt, sie brauchen nicht mehr nach Nagold zu kom­men usw. Er hübe einen Zettel auf die Bühne herauf erhallen, auf dem gestanden sei. er solle die Vesper nicht vergessen Vor der Versammlung hätten nämlich Calwer ihm gesagt, sie konn­ten beweisen, daß den Calwer Kommunisten ein Vesper ange- boten worden sei, wenn sie nach Nagold gingen. Ein Ten der SA. sei schon außen gewesen, als die ersten Gläser aus Richtung Nebenzimmer auf die abziehenden SA.-Leute flogen. Als der Lärm entstanden sei, sei er auf einen Tisch gestiegen und ver­sucht, Ruhe zu erhalten. Der überwiegende Teil der Kommuni­sten habe geworfen oder sonst sich beteiligt. Gekannt habe man nur die kleineren Ilebeltäter, da diese aus der Gegend seren. Das Gegenteil der Behauptungen der Südd. Arbeiterzertung

ei richtig. ..... ... .

Auf den ersten Pfiff sei am Podium ein Höllenlärm ent­banden. Der RufWeinsteinmörder" sei nicht bestellt gewesen.

Der Staatsanwalt erklärte, ob der Zeuge gegen die Regie- ung gehetzt hätte, falle nicht ins Gewicht, da die Kommumsten hrerseits oie Regierung ebenso angreisen, daher nicht sich ge­raffen fühlen konnten. , .

Auf Frage des Rechtsanwalts v. Bagnato erklärt der (enge, daß das Lied, das die SA. gesungen habe, ein spontaner Zeisall gewesen wäre. Singen in dieser Versammlung habe er ür unnötia erachtet. Der Zeuge Jakob Bätzner erklärt, dag er

falten habe. -

Kriminal-Kommissar Bauer aus Stuttgart, vurd be­reifend des Zeugen Hablitzel vernommen. Dieser kommunistische Zeuge will seine Angaben, die die Arbeiterwehr schwer belastem lor ihm nicht mehr wahr haben. Der kommunistische Zeuge Wirth, der früher angegeben hatte, er habe ein Kommando. .Arbeiterwehr vor" gehört, bleibt bei seinen jetzigen Angaben. Leide werden vereidigt, so daß ihre eidlichen Aussagen mit den ilussaqen des Kriminalkommissars Bauer in Widerspruch stepen.

Die Zeugen Nafz aus Calw, Narzi aus Alten,teig. Wagner, Großmann und Baitinger aus Oberiettin-

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