25. April 1831 .
Seile 7 — N- 95
Naaoltzer T«k,bl»tt „Der «eseSs«,fter"
Samstag, 25. April 1»»1.
1931
„Krone"
rgend notwendig nd: Stickel.
kanlon 8is ünsti§ dsr
tt!. 8 ro 88
alosssemoistsr
8!rig«Il1
irbLotrsestr. 21 ksrirruk 82
DGOSCOGOS versäume ^
H-Sortiment ni Beständen 1195
Msirai^
G
rvsg«iÄ T
aus weiteres Z!
chjllllizkl!
G
OSSOTONQS
ÄüMdlesvtze
a g o l d.
g, Jubilate, 26. rm 9.30 Predig' Anschl ß Kinder , 11 Um in der schule Christen - Töchter) Abenss Vereinshaus Er- tunde.
1 ,1. Mai Feiertag Jak. abends 8 Uhr rshaus Feiertags
selshause«.
,g, 26 . April Christenlehre an K.G. D.
stSotterdievK
>rche.Kirchstr. 11
Nagold.
g, den 26. April. Uhr Predigt I. 10.45 Uhr Sonn Abends 8 Uhr Vortrag „Bilder »l. Lande" nachm. 5—8 U. der Handarbeiten enmisfionsvereins. cstag abend 8 Uhr on Herr, Prediger aus Suttgart. bhause«.
lg nachm. 2 Uhr
ich abend 8 Uhr uugJ. Schweißer.
iterbach.
lg nachm 2 Uhr Schweißer, abend 8 Uhr ie.
ig old.
,g, 26. April, von Beichlgelegenheit 7.30 Gottesdienst orf 9 Pi edigt u. in Nagold (Gene nion ves Jung- des Jungfrauen l Andacht.
, 27. April 6.15 nst in Altensteig. cstag, 30. April, 30 Beichtgelegen
1. Mai (Herz- g) 5.30 Beichtge- 6 Herz-Iesumesse 30 Maiandacht.
lrsuk
freundlichst ein.
eräsdsllällliig
-M» Telefon dingen Nr. 2764
Der Dichter des „Robinson Crusoe"
(Zum 200. Todestag Daniel Defoes am 2S April 1931)
Bon Dr. Georg Bründl - München.
L«r Name Robinson läßt die ganze Zauberwelt unserer Kindheit in unserer Erinnerung emporsteigcn. Jener schiff uückige Held, der auf einem einsamen, aber paradiesischen Eiland sich sine Hütte baute, von dem saftigen Fleisch von Goldhasen, Wild- enien, Füchsin und von Kokosnüssen, Datteln und Feigen sich nährte und mit dem Saft süßer Weintrauben und Orangen seine« Durst löschte, während er sprechende Papageien, gelehrige Hunde, meckernde Ziegen und von ihm unterworfene Wilde zu treue« und nützlichen Lebensgeiährten halte, erschien uns als das Ideal eines Menschendaseins. Wir konnten als Buben nicht aufhören, diese wunderbar spannenden Begebenheiten un mer wieder zu lesen. Wir schlieten nachts auf diesem Buche und waren, wenn es daheim oder in der Schule Schläge pab, schier auf und daran, in aller Heimlichkeit ebenfalls in die weite Welt hinauszuziehen, um ähnliche Abenteuer zu erleben.
- Und dieses Buch, das I7l9 zum erstenmal in England er schien und sich wie kaum ein anderes vor oder nach ihm die Welt eroberte, hat.e s-in Veriasser, Daniel Defoe, für einen Betrag von zweihundert Mark nach unserem Gelbe mit allen Urheberrechten an einen Verleger verkauft Nun konnte dieser nick 1 genug Exemplare herausbringen. Ueber ganz Europa hatte sich das Werk schnell verbreitet, eine Uebertetzung, eine Nachahmung folgte der anderen. Bald gab es kein Land und k>ine P ovinz mehr, die nicht ihren Robmion gehabt hätte In Deutschland erschienen bis zu Anfang des 19. Jahrhunderts über sechzig Robinsonaden: Man kannte nickt nur einen englischen, franzö fischen, italienischen, spanischen, österreichischen, russischen, griechischen und peist chen, sondern auch einen fränkischen, pfälzischen, brandenburgiscken, sch esischen, einen Leipziger und Brrliner Robinson, ja selbst einen „medizinischen, buchhändler scheu und jüdischen" Robinwn, und sogar eine „Jungfer Robinson" hatte man. Berecks 1720 war in Hamburg und Leipzig die erste demsche Uebersetzung von Bischer erschienen und mußte im Laufe eines Jahres noch dreimal neu aufgelegt werden. Zum Er folg tiug auch bei, daß Pädagogen wie Roufstau in Frankreich und Campe in Deuischland das Buch besonders der Jugend wärmslens empfabten und es unter dem Titel „Robinson der Jüng-re" neubem beitet (Hamburg 1779) Herausgaben.
Das Epochale des „Robinson" lag vor allem in der Erstmaligkeit, womit in Ueberbietung aller bisherigen Abenteuer- geschichten das Schicksal eines Menschen ge'childert wurde, der hilflos auf eine einsame Insel geworfen, durch die Not von einer Erfindung zur anderen getrieben wird und so den ganzen Entw cklun isgang der Menschheit vom höhlenbewohnenden Jäger und hüitenbauenden Ackersmann bis zum Kultureuropäer des 18. Jahrhunderts herauf durchmacht. Es war eine im Nnterbewußtsein der Menschheit schlummernde poetische Welt, in der schln glich der Dichter sein Erbe antrat. Der Riesenfolg des Robinson wäre vielleicht nie eingetreten, rmnn nicht der Dichter einem an sich zwar schon vorhandenen Stoffe die besondere Form und das Gepräge seines Geistes gegeben hätte. Cs war die erstaunliche Erzählungskunst Defoes, der es verstand, die Abenteuer mit einer Anschaulichkeit und Lebendigkeit zu schildern, die selbst das Unglaublichste glaublich machte, w lche Wirkung bei ihm noch dadurch erhöht wurde, daß de, Held seine Erlebnisse selbst in der Ichform berichtet. Den Stoff Hilten Defoe zweifelsohne die Erlebnisse des schottischen Matrosen Alexander Selkirk geliefert, der 1676 geboren, unter allerlei Kreuz- und Querkahrten eine Reise nach der Südsee mitmachle, aber vom Schiff entsprang und über vier Jahre ganz allein auf der Insel Juan Fernandez lebte, bis ihn >769 der Kapitän Rogers dort auffand und nach England zurückbrachte 1712 aad Rogers die Schicksale dieses Matrosen in seiner Schrift „Reise um die Welt" zum Besten, desgleichen Richard Steele in Nr. 26 seiner Zeitschrift „Der Engländer".
Daniel Defoe oder Foe, wie er sich ursprünglich nannte, war um 1660 zu London als Sohn eines Fleischers geboren und betätigte sich zuerst als Kaufmann. Seine ersten Ver öffe tlichungen, die der Vierundzwanziajährige 1684/85 ohne
Verfassernamen herausgab, waren eine „Abhandlung gegen die Tücken" und eine satirische Schrift „Spiegel der hochkrrchlichen Geistlichkeit". 16^5 beteiligte er sich an einem Aufstand gegen König Jakob H, mußte fliehen und hielt sich zwei Jahre im Ausland auf. 1694 schrieb er eine volkswirtschaftliche Abhand lung mit verschiedenen V rbeffeiungsvorschlägen im Geldverkehr >md auf pädagogischem Gevie'e, womit er solche Beachtung and, daß König Wilhelm ihn durch ein Geldgeschenk auszeichnele. Als nach dessen Tod seine Nachfolgerin, Königin Anna, die Gegner der Hochkirche aufs schärfste verfolgen ließ, gab Defoe wiederum cn or>m eine satirische Schrift mit dem Titel heraus „Die kürzeste Art, mck Andersgläubigen fertig zu werden". Um nicht Unschuldige in Geiohr zu bringen, bekannte Defoe sich offen zum Verfasser, was ihm schwere Geldbuße, Gefängnis und Pranger eirurug. Wieder auf freiem Fuße, begann Defoe 1704 mit der Herausgabe einer Zeitschrift „Die Rundschau" (Review), die viermal wöchentlich erschien und vielbicht als das erste Volksblatt bezeichnet werden darf. 1706 hatte man zu seinem staalsmönnischen Weitblick bereits solches Vertrauen, daß man ihn mit dem Aufträge beehrte, einen Staats-
und Handelsvertrag zwischen England und Schottland zu «nt- w rsen, welche Aufgabe er zur Zufriedenheit beider Länder aufs glänzendste löste. Als Folge dieser Arbeiten erschienen von ihm >709 „Geschichte der Union" und 1713 eine „Geschichte des Handels".
Außer seinem Robinson schrieb Defoe noch eine Reihe von Romanen, fast lauter Abenteuer-, Gauner- und Schelmengeschichten. Eine okkultistische Geschichte war vorher schon von ihm erschienen. Defoes letzter Roman war „Leben und Abenteuer der Frau Christine Davies", auch „Mutter Roß" genannt, ein Sensalions und Abenteuer Roman, wo eine Frau erst als Infanterist dann als Dragoner die Kämpfe unter Herzog Marlborough mitmacht, weil sie hofft, auf ihren Fahrten ihren plötzlich verschwundenen Mann wiederzufinden. Dieser wie auch andere Romane Defoes sind kulturhistorisch sehr wertvoll. So erleben wir mit dem Verfasser die Schlacht bei Breitenfeld, den Uebergang über den Lech, die Zerstörung von Magdeburg.
Defoe hatte sich durch seine Schriftstellerei ein kleines Vermögen erworben und übergab es stimm zweiten Sohne, der jedoch so liederlich und gewissenlos war, daß er seinem Vater nicht einmal die festges tzten Jahresgelder auszahlte. So kam es, daß Defoe, der mit seinem Robinson unzähligen Kindern >'o selige Stunden bereitet hatte, im Gram über sein eigenes Kind und in Armut am 26. April 1731 aus dem Leben scheiden mußte.
Lvrkotkts VEllLllor u. 0VS8L»
Ämmsr mir ktmÜ. uvä
in Hotels selbst. Oroüer mit I^ivSetmllsn. Tension: Verensliok kr. 12.— bis20. —, Oekssv vt» kr. 11—.
k. X. Dßsrkvslelsr, Sssitror
ver vvrieNNstts Linksul Negl mellt elnrigu. »!!s>n im meNrigen Lrslss, sondern Isl weit meNr eins Leegs der VusNtst. Lrst die gute iOueNlet ru niedrigem Preise gibt iNnen dis 1 Ce«et>r. neblig gskeult re Neben. Wir beben - seit össtsben une.Untsrnebmens„vusiitst in erster Unis" stets disgr./tutmerksemkeit esv/idmst. kdsiveiki-ksIirrSiIor, ksiimsrdiinen, Luinmir«»«» usvr. sind üdsrMdsbrseis gut bekennt, bitte lesen Sie bisrru bis Zeugnisse in uns. ttstslog, «sieben wir ibnsn gern grstis u. trsnko russnden
kÄslUsihDsslel, Veukcil-Uartenbefg 51
ssski-l-södLu-tsistkmgsfstiigksit pro ^oeks 10QV kclslv/eiök'LclSk' Stskvn über V, iquilon L6«lA,«rür>«I«r
Omssir im 1930: LS333 Ztück kösivvsiü-^skrsäösr unct
^sI vssi^.l^Lkms-ct-ttnsn. l.sut notsr. Urkunde ciss^lerm ksetitS' suwslt Or. li'snät in Srönderg. bLiiagt üss Vermögen rlerpirm» mskr sis sine Million Ls wsiss vorststisndss'XnoLdso dsim:
kcknslirsmt in Crünberg. tsrnsr ÖsrmLtscitsr u. l^stionsldsnk u. Osutsclisn Lsnk u. Viscontogsssllsekstt in Ssündvro K Leklvs.
Vas sckmerrrzriUeoäe ^Vun<1ke!iLuUe1. ältdevSkri der otte- neu büLeo, >Vuo6en, ttLmortkoiüen. Ooseo »u I.2S unci ^1. 4 - io slleo ^potüelceo kLbrlirarion uoä Verssnür
ZWMM
ledesmal wirft es mich länger aufs Krankenlager. Jetzt liege nh schon 3 Monats, nichts will mehr anschlagen. Früher ' ?. * wenigstens Besserung erzielt mit 'diesen Mit- . teln. Ob ich's nicht doch noch mit den O.H E.-Tadletterr . versuche, die ich öfters had' schon loben Horen? Mein Arzt lagt: Versuchen Sie'shalt! DerBroschüre derFa. O.H.Ernft I « Co.. Stuttqart-Cannftett nach könnte man meinen, cs - wäre was. Lasse,i Eie mal die Tabletten a. d Apotheke hole» 'und Ich schreib' noch um I» ein- Draiisbrolchüre Rr.VI->.
Bücyertisch
„Haben Sie nicht 'ne abgelegte Mark für mich?"
„Entschuldigen der Herr, ich bin auf der Durchreise. Haben 8« nicht 'ne Kleinigkeit für einen armen Erwerbslosen?" Auf die Ls- ferilgung der Bettler an der Wohnungtiür beschränkt sich im allgemeinen die Beziehung des großen Publikums zu den Landstreicher» and Vagabunden, den Kunden und Tippelbrüdern. Es ist nachge- wiesen, daß es in Nord Europa nahezu eine Million Landstreicher gibt, die von Norden nach Süden, von Osten nach Westen ziehe«, und durch Betteln und Fechten ihr Leben fristen. Aber waS weiß man von dieser Armee der Namenlosen? Fast nichts. Kaum einer hat eine Aunung davon, was das für Menschen sind, diese Riittr ver Landstraße, woher sie kommen uns wie sie leben. Ein bekannter Berliner Journalist, Joachim Rügheime', einer der besten Kenner des Vagabundenlkbens, hat sich dieser Riesenarwee der Tip. pelbrüder zugesellt und lange Zeit unter ihnen und wie sie selbst gelebt. Licht- und Schattenseiten des Bagabundenlebens, wie er selbst es milmachte, schildert er unglaublich fesselnd in seinem soebe« zu erfreulich niedrigem Preise in ansprechender Ausstattung im Wilhelm Kodier Verlag, Minden i. W., erschienenen Buch „Als Land, streicher durch Deutschland. Erlebnisse in Herbergen und Asyle«, auf der Landstraße und in Arbeitshäusern" (272 Seilen Text, Preis NM. 2.65).
Auf alle in obiger Spalte angegebenen Bücher und Zeitschriften nimmt die Buchhandlung v. E. W. Zaiser, Nagold, Bestellungen entgegen.
OlS vom
von s-^ 01 ,
SKäSklbl
(Nachdruck verboten).
(Fortsetzung 72).
Die Wasser stiegen im Rauhen Grund. Welle um Welle des Flusses rannte gegen die Brustwehr des Staudammes, sprang wütend hoch an den steinernen Quadern und warf sich gegen die eisernen Schleusentore der Durchlässe. Aber unerschütterlich hielt das Menschenwerk dem Rasen der empörten Natugewalten stand. Da wirbelten die bestürzten Waffer- maffen, wild ausschäumend in ohnmächtiger Wut, eine Weile vor dem unüberwindlichen Hindernis umher und brachen dann festlich aus, in plötzlichem Entschluß.
Ja, alles ward ihnen zur Beute, den schäumenden kreisenden Wassern, die nun den Rauhen Grund überrannen Tag und Nacht. Schon deckte ein langgestreckter Seespiegel das Wiesental. Und droben im sicheren Schutz der Berghöhen, standen Tausende von Menschen, herbeigeeilt von nah und fern, «nd sahen dem wachsenden Werk der Vernichtung zu. Aber aus dem großen Sterben do> t würde Leben erblühen — größer »och. unendlich viel gewaltiger als das, was dort versank vor ihren Augen. Und im stummen Hinstarren packte es sie, schauernde Andacht, ein stolz schnullendes Ahnen: immer mehr immer herrlicher erfüllte sich die uralte Verheißung an das Menschengeschlecht: Herr zu werden der Erde und Meister ihrer schöpferischen Kräfte.
Mit steigender Spannung richteten sich die Blicke der Tausende endlich auf den Turmstumpf vor dem Doif, beim Adligen Hause. Trutzig ragte er allein noch schließlich empor und hielt den wutschäumenden Anareifern Widerpart. Auf »em geborstenen, rauchgeschwärzten Mauerkranz oben schimmerte es bisweilen hell auf und blinkte silberweiß im Sonnenlicht. Nun erkannte man: Tauben! Treu der Stätte, wo sie so lauge Hausung und Nahrung gefunden, konnten sie sich nicht trennen von dem Ort, trotz seiner Verwüstung. Von Zeit zu Zeit zwar flatterten sie auf, kreisten wie suchend über der Trümmerstätte und den steigenden Wassern, aber immer wieder ließen sie sich auf der Ruine des Turms nieder, ihrer letzten Zuflucht. Aber wie lange noch? Und mitleidsvoll spähte «lies auf den Be'ghöhen hin zu den armen Tieren.
Doch nun! Wus ging plötzlich für ein Raunen durch d><> Menschenmenge und lief, weit um das ganze Talrund, von
Mund zu Mund, von Gruppe zu Gruppe, die dort liand? Und ein G'auen schlich leise ihm nach. War es venn möglich? Auch ein Mensch sollte dort noch weilen in dem alten Gemäuer, vas jede Minute vom Zusammenbruch ereilt werden konnte? Ein armer, hilfloser Kranker oder Alter, den sie vergessen hatten, gestern bei dem großen Räumungswerk!
E schrocken sah einer den andern an. Doch dann kamen Zweifel Ja nicht denkbar! Aber einige beharrten erregt. Doch, doch, ganz deutlich halte man ihn vorhin gesehen, wie er eine Weile an der Fensterhöhle gestanden hatte — ganz gewiß. ei>-e menschliche Gestalt!
Auch zu dem Hause droben am Waldesrand über Cbri- siiansglück drang die Kunde. Dort standen auf dem Balkon Eke und Gerhard, nahe beieinander. So schauten auch sie hinab auf die steigenden Wasser. Nun drang das dunkle Gerücht hinaus bis zu ihnen.
„Wie — ein Mensch dort drunten?"
Erschrocken blickie Eke Bertsch an. Der schüttelte ungläubig den Kopf, nahm aber doch den Feldsiecher und beobachtete scharf die Ruine. Plötzlich aber ein Zusammenzucken.
„Siebst du was?"
Ein betroffenes Nicken.
„Es ist so — ein Mann ist dort im Turm."
„Großer Gott!"
Doch nur einen Auaenblick dieses fassungslose Entsetzen bei Eke. Dann rief sie erregt:
„Man muß hin — aui der Stelle!"
Aber Gerhard war schon fort von ihrer Seite, bereits drinnen im Zimmer am Telephon. So hörte sie gerade noch seinen Befehl zum Werk hinüber:
„Also sofort das Auto fertigmachen. In drei Minuten bin ich drüben "
Und er eilte hinunter zur Garderobe. Doch da trat Eke neben ihn.
„Ich begleite dich."
„Liebe — das ist Männerwerk."
„Du gehst in Gefahr. Laß sie mich teilen."
„Eke!"
Bittend ergriff er ihre Hand. Aber sie beharrte.
„Ich lasse dich nun nicht mehr, Gerhard."
Da verstummte er. Aber sein Blick traf sie, aufleuchtend in heiligem Glück. Seine Gefährtin — auch in Not und Tod. Schweigend half er ihr in den Mantel, dann eilten sie hinaus, hinüber zum Werk.
Auf dem Zechenplatz hielt schon der Wagen mit laut arbeitendem Motor. Seine eisernen Flanken vibrierten unter den Stößen; ein edler Renner, voll zitternder Begier, loszustürmen.
„Vorwärts — Maximalgeschwindigkeit."
Uno die Maschine iprang a-r. schoß davon. Eine Staubwolke war alles, was den Nachschauenden noch sichtbar war.
Das war kein Fahren mehr — nein, ein Fliegen. Unwillkürlich griff Eke nach einem Halt.
140 Kilometer! Die Räder berührten nur noch in sprunghaften Intervallen den Bo"en. Ein Rasen, ein Stürmen. Rückwäris sausten Bäume, Wegsteine, die Linie der Chaussee — eine einzige, sich toll abspulende Schnur. Mit ratternder Gier fraß das Auio die Ferne in sich hinein. Kaum gesehen, war sie auch schon verschlungen. Mehr her — nur mehr! Und dazu der rasende Herzschlag d-s Motors. Wie ein dumpfer Wirbel: immer schneller, atemraubender, die Seele anpeilschend zu einem Rausch, fiebertoll, wie dies Rasen selber. Eine Ekstase sondergleichen: wir fliegen — wir fliegen! Kein Hindernis, keine Entfernung. Nur vorwärts, vorwärts! Schneller — noch schneller! Und bei alledem ein Unterg« danke, ganz klar und doch ohne Schrecken: ein Versagen des Steuers, ein Reißen der Pneumatik, und wir liegen im Staube, mit zerschmettertem Hirn. Aber was lut's? Das Fieber in uns ist stärker, dies dämonisch ansjauchzende Glücksgesühl — dahinzufliegen, losgelöst von Erdenschwere, hinausgerückt über alle Grenzen der Natur!
Mit neuem Erstarren sah es die dichtgedrängte Menge droben auf den Berghöhen. Wad sollte diese tolle Fahrt drunten im Tal, anscheinend geradeaus in die Fluten hinein?
Ab>r jetzt verhielt das Auto und stoppte. Tausende von Augen folgten den beiden Gestalien, die dem Wagen enistiegen.
Eke wußte einen Zugang zu dem Turm, der vielleicht noch gangbar war. Auf d<-m alten Wull neben dem Graben. Und wirklich — er ragte noch etwa handhoch aus dem schäumend gui,lenden Strudel, der die Stätte des Adligen Hauses um- lircmdete.
Auf diesem schmalen Pfade eilten sie hin zu dem Turm. Nun standen sie vor ihm. An dem erhabenen Slumps befand sich auch noch der Anbau mit der Wendeltreppe, die in daS obere Geschoß geführt hatte. Durch die klaffende Bresche, die die Sprengung gelegt, drang ihr Bl'ck frei >n das Innere des Gemäuers mit seinen mebr als meterstarken Wänden. Hier war einst Hcnner von Grunds Jagdzimmer gewesen. In Fetze» hing jetzt die braune Ledertapete hernieder. Ein wüster Schutthaufen deckle den Estrich — abgestürzte Massen vom Deckengewölbe.
Trotz ihres Grauens wollte Eke den Fuß über die geborstene Schnelle setzen — wo wo weilte denn nur der Unglückliche, dem die Rettung galt?
Aber Gerhard hielt sie zurück. Jeden Augenblick konnte ja ein neuer Nachsturz erfolgen. Und nun rief er laut hinein in die Ruine:
„Hierher! Hier ist der Ausweg!"
Eine Wette Totenstille in dem verlassenen Gemäuer. Nur das dumpfe Rauschen der Wasser, die da draußen siie wn, langsam, Linie um Linie, aber stegesgewiß. (Schluß folgt).
! tt