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Mit den illustriert«» Beilage» »Feierstunden* Unsere Heimat", »Di« Mode vom Lage*.

Mrt der landwirtschaftlichen Wochenbeilage Haus-, Garten- und Landwirtschaft

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Gegründet 1827

Mittwoch, den 22. April 1931

Fernsprecher Nr. 29

los. Jahrgang

enn zwei das Gleiche tun...!

Der Aufruf der Volksbeauftragteir

Berlin, 21. April. Die bekannte ZeitschriftFrida- ricus" hatte ein vom Stahlhelm verbreitetes, aber sofort beschlagnahmtes Flugblatt veröffentlicht, das einen A u j - ruf der Volks beauftragten vom 9. November 1918 zum Inhalt hatte. Die preußischen Behörden erklärten, den angeblichen Aufruf, dessen Inhalt landesverräterisch sei, für eine Fälschung. In der Schriftle-irung desFrier- ricus" wurde nun gestern eine polizeiliche Haussuchung vof- genommen, um festznstellen, ob der Ausruf der Voiksbcauf- tragten im Original im Besitz des Herausgebers des Fridericus", Holtz, sei, oder ob es sich um ein von der Nationalsozialistischen Partei bei den sächsischen Landtags- wahien 1930 herausgegebenes Flugblatt handle. Holtz erklärte, erhübe vor einiger Zeit von dem Nationalsozialisten Rechter, der 1918 im Auswärtigen Amt tätig war, ein Plakat -erhalten, das jenen Ausruf enthielt. Bcchter habe- den Ausruf von Matrosen der deutschen Marine erhallen, unter denen der Aufruf damals verbreitet wurde. Er (Holtz) könne unter Beweis stellen, daß der Aufruf dame's nicht nur

tu Berlin, sondern auch in andern Teilen des Reichs ver­breitet worden sei und daß er tatsächlich die Unterschrift der damaligen Dolksbeaustragten, die von niemand beauftragt waren, getragen habe. Dafür könne er Zeugen beibringen. Um aber sicher zu gehen, habe er einen feiner Angestellten mit Nachforschungen bei der Sozialdemokratischen Partei beauftragt, ob der Wortlaut des Flugblatts mit dem im sozialdemokratischen Parteiarchiv vorhandenen Original des Aufrufs übereinstimme. Mit Genehmigung des Archiv­leiters habe der Angestellte den Ausruf abgefchrieben, wo­durch der Gl-eichlaut bestätigt wurde. Dieser Aufruf sei am 9. November 1918 übrigens auch durch Funkspruch ver­breitet und im Westen des Reichs seien Flugblätter mit denk Aufruf verteilt worden. Der frühere Polizeipräsident Z ö r- giebel habe sich Mitte November in einer Versammlung ausdrücklich auf den Aufruf berufen, und der Dresdener Polizeipräsident Fleißner habe Zeugen gegenüber be­stätigt. daß in dem Aufruf die (unwahre) Behauptung aus­gestellt worden sei, daß auf den englischen Kriegsschiffen (November 1918) dieroteFlaggewehe. Der Inhalt des verbotenen Flugblatts fei jedenfalls eine genaue Wieder­gabe des Ausrufs der Volksbsauftragten.

Tagesspiegel

Neue Kriegswaffen in England

London, 21. April. Das englische Kriegsministerium hat die Einführung eines neuen Gewehrs genehmigt, das sich von dem jetzt benutzten besonders in der Form des Visiers unterscheidet. An Stelle einer u-förmigen Kimme wird das neue Modell eine kreisförmige haben, die, wie man auf Grund von Versuchen feststellte, nicht nur ein erheblich schnelleres, sondern auch ein genaueres Visieren des Ziels ermöglicht, lieber die Tauglichkeit dieses Bisters herrschte während des Kriegs, wo es versuchsweise an einer Reihe von Gewehren eingeführt worden war, Uneinigkeit, da viele Sachverständige behaupteten, daß sich das kreis­förmige Visier wegen seiner feinen und weniger starken Konstruktion nicht für den Kriegsgebrauch eigne. Diese Ein­wände sind nun überwunden worden.

Ferner wird ein neues Bajonett eingesührt. An Stelle des alten, das 50 Zentimeter lang und schwertförmig ist, wird das neue nur 22,5 Zentimeter lang sein und einen dreieckigen Querschnitt haben. Durch diese Verbesse­rungen wird das Gewehr etwa ein halbes Pfund leichter. Im Vergleich mit dem jetzt gebrauchten wird das neue Ge­wehr erheblich einfacher herzustellen fein, da es aus nur 100, im Gegensatz zu früher 130 Bestandteilen zusammen­gesetzt ist. Diese Bestandteile sind möglichst einfach gehalten, so daß imKriegsfalleine Massen Herstellung auch durch weniger geschulte Kräfte durchführbar ist. Es ist nicht beabsichtigt, die gesamte Infanterie mit dem neuen Gewehr auszurüsten, vielmehr werden vorerst nur eine Reihe Regimenter damit versehen, deren Berichte man ge­nau prüfen wird.

Neben dem Gewehr wird auch ein n e u e r R e v o l v e r eingeführt. Er ist um etwa ein Pfund leichter als der jetzt gebräuchliche, was dadurch möglich wurde, daß man den Lauf etwas kürzer gestaltete.

Beschlüsse des Reichsrats

21. April. Der Reichsrat hat die erste Durch­führungsverordnung zum Jndustrie-Bankgesetz ge­nehmigt. Die Verordnung bestimmt u. a., daß Angestellte Bank als Urkundspersonen tätig werden können, daß oie Bank in Grundbuch- und Registersachen gebührenfrei rst und daß von Amts wegen Eintragungen kostenfrei ge­löscht werden können.

Ferner verlieh der Reichsrat den Tprozentlgen deutschen Kommunal-Gold-Schatzanweisungen der Deutschen Giro­zentrale von 1931 die Mündelsicherheit.

Das Gutachten über Arbeitsbeschaffung

-u April. Das Gutachten des Ausschusses für

Arbeitsbeschaffung, das etwa Ende der Woche abgeschlossen unrd, lehnt, wie verlautet, den gesetzlichen Arbeitszwang ab, befürwortet jedoch einen freiwilligen Arbeits­dienst für jugendliche Arbeitslose zu außertariflichen Be­dingungen, wie er in letzter Zeit bereits mit Werklagern versucht worden ist. Sodann wird sich der Ausschuß mit der Hauptfrage, der ArheftÄ-ofenversichjsrung, der Krisenfür- lor-ge und Wohlfahrtsunterstützung beschäftigen. Dieses Gutachten ist aber kaum vor 'Pfingsten zu erwarten.

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Der Papst über die Katholische Aktion

Rom, 21. April. Die Tätigkeit der Katholischen Aktion in Italien ist in den letzten Wochen von der ita­

lienischen Presse einer ziemlich scharfen Kritik unterzogen worden. Nunmehr hat am Sonntag auch der Papst in einer Ansprache vor 406 Vorstandsmitgliedern der Katho­lischen Aktion Anlaß genommen, die Bestrebungen der Ka­tholischen Aktion, auch soweit sie das rein sozialpolitische Gebiet betreffen, als berechtigt, notwendig und unersetzbar zu bezeichnen, zu dem weiten Feld ihres religiösen Wirkens gehöre ihre sozialpolitische Tätigkeit. Die soziale Frage und vor allem die Arbeiterfrage sei keine rein materielle und wirtschaftliche, sondern eine vorwiegend mora­lische Frage. Bel dem göttlichen Auftrag der Kirche müsse sie allen zu Hilfe kommen.

Im Gegensatz dazu sagte der Sekretär der Faszistischen Partei in einer Versammlung in Mailand, diejenigen, die sich aus einen Paragraphen des Konkordats berufen, um eine unnötige, vielleicht auch gefährlich« Tätigkeit zu rechtfertigen, sollen daran erinnert sein, daß das Kon­kordat vom Heiligen Stuhl mit dein faszistischen Kor­ps r a t i v st a a r abgeschlossen sei.

Die amtliche Anerkennung der neuen Verhältnisse in Spanien durch die deutsche Regierung ist bisher noch nicht erfolgt, weil beiderseits noch Zweifel bestehen, ob ein« be­sonder« Anerkennung überhaupt nötig sei.

In politischen Kreisen wird erklärt, die Arbeitslosenver­sicherung sei wieder der Barmittel entblößt. Vorausfichtvch werde die Reichsbank oder di« Angestelltenversicherung m» Millionen Mark einspringen müssen, wofür das Reich Reichsbahnvorzugsaktien in entsprechender Höh« in Pfand geben werde.

Der Diplomatische Zeitungsdienst meldet, in der ersten Sitzung des Reichskabinetls am Donnerstag werde auch di« Ankündigung einer neuen Kürzung der Beamtengehäller durch den württ. Staatspräsidenten Bolz zur Sprache kam- men. Derartige Andeutungen machte Dr. Bol; bekannt­lich auf der Landesversammlung der Pollzeibeamte» in Stuttgart.

Eine Entschließung zur Kirchsnfrage

ep. Ueber 350 versammelte Vertreter und Vertreterinnen des Evang. Volksbunds für Württemberg nahmen nach ein­gehenden Besprechungen über die heutige Lage und Auf­gabe der Kirch« beim diesjährigen Vertretertag in Stuttgart folgende Entschließung zur Kirchrnfrage an:

Gegenüber dem rücksichtslosen Ansturm auf Christen­tum und Kirche, der die letzten Grundlagen unseres Glau­bens und Lebens bedroht, bekennen wir uns zu der Ueber- zeugung, daß die Kirche als Vermittlerin des Evangeliums für den Einzelnen wie für die Gesamtheit eine unersetzliche Bedeutung hat. Wir halten die innere Verbindung von Christentum und Volkstum für gottgewollt und segensreich und könnten in der Lösung dieser Verbindung nur einen schweren Schaden für beide Teile sehen. Wir wollen weder ein völkisch gleichgültiges Kirchentum noch ein das Christen­tum beargwöhnendes Deutschtum.

Wir treten ein für den Bestand der Kirche und Erhal­tung ihrer Einflußmöglichkeit auf eine christliche Gestaltung des gesamten öffentlichen und persönlichen Lebens, für Rein­erhaltung der Kirche von ihr wesensfremden Bestrebungen und Strömungen von außen und im Innern, für den Aus­bau eines wahrhaft christlichen Kirchenwesens, das uner­schrocken Gottes Wort verkündigt und zur Geltung bringt und Menschen der verschiedensten Art in Gemeinschaft des' Glaubens und der Liebe verbindet, das äußerlich und inner­lich selbständig, für die Anliegen der Gegenwart offen, zu Dienst und Opfer bereit ist, den Frieden sucht und den Kampf nicht scheut und mit alledem einem wurzellos ge­wordenen Geschlecht wieder eine geistige Heimat zu bieten vermag. Wir fordern auf zu rechter Kirchlichkeit, in der treues Stehen zur kirchlichen Gemeinschaft und persönlich« Selbständigkeit einander ergänzen und fördern,"

Das StahlhelMMsbegrhreu i» Preußen durchMWN

Das Bundesamt des Stahlhelms erklärt, daß nach seinen ^bisherigen Feststellungen das Volksbegehren durchgegangeu ist. Die Eintragungen für das Volks­begehren hätten die für das Gelingen erforderliche Mindestzahl von 3,27 Millionen weit überschritten. Genauere Zahlenmeldungen werden erst am Mittwoch Abend folgen können.

Die Notverordnung mit ihren zahlreichen Zeitungsver­boten, Versammlungsauflösungen usw., hat also das Volks­begehren nicht aufhalten können.

Die Berliner Blätter zum Volksbegehren

Berlin, 22. April. Die meisten Berliner Morgenblätier beschäftigen sich bereits aufgrund der Mitteilung des Stahl­helms über das Ergebnis des Volksbegehrens mit den politischen Auswirkungen dieser Aktion. Der Vorwärts ist der Ansich', daß selbst, wenn die Mindestziffer um einiges überschritten se n sollte, dies nach zweiwöchiger Agitation eine Niederlage sei. Der Volksentscheid werde die moralische Niederlage zu einer politischen machen. Das Tageblatt bezeichnet es als noch un gewiß, ob die erforderliche Ziffer erreicht sei. Auf jeden Fall aber sei mit einem Mißerfolg des Volksentscheides, falls es überhaupt zu diesem käme, m rechnen. Die Dossische Zeitung sieht ebenfalls keinen politischen Erfolg in dem Erreichen der Mindestz-ffer. Bei einer Gesamtzahl von 26^ Millionen Wäh­lern in Preußen bedeute das Ergebnis, daß rund 20 Millionen von der Auflösung des Landtages nichts wissen wollten. T ie preußische Regierung könne mit diesem Ergebnis außerordent­lich zufrieden sein.

Der Börseukurier ist der Ansicht, daß auch die Veranstalter des Volksbegehrens das Ergebnis ihres Feldzuges als nicht eben glänzend ewp'änden. Der Volksentscheid werde nichis anderes ergeben können, als was schon ohne Begehren seststar-d. Die Parteien, gegen die sich das Begehren richtete, Härten ge­nügend Zuversicht erhalten, um die Neuwahlen durchzuführen.

Die D.A.Z., die ebenso wie die meisten anderen Zeitmrgcn, die dem Volksbegehren sympathisch gegenüberstehen, denen, die sich eingetragen haben. Dank und Aneikennnuna ausspricht, in der Meinung, daß die politische Wirkung zunächst vor allein auf psychologischem Gebiet liegen werde. Das Blatt hofft, daß der Landtag durch Selbstauslösung den Willen eines so großcn Teiles seiner Wähler Rechnung tragen werde. Die Börsen­zeitung bezeichnet das Erreichte als eine gewonnene Schlacht, dje jedoch noch lange nicht den Gewinn des ganzen Feld­zuges präjndiziere. Vor dem Ziele stünden noch zwei Bar­rieren, der Volksentscheid und die Landtagswahl. Der Lokolanzeiger sieht in dem Ergebnis im besonderen eme Mahnung an das Zentrum, sich von der Sozialdemokratie za löien. Die Deutsche Tageszeitung werft ebenfalls darauf bin, daß es jetzt gelle, alle Kräfte anzuspannen, um das Ziel des Volkeenrscheides zu erreichen, die Hauptentscheidung wer"e erst noch fallen. Aehnlich äußert sich auch die Deutsche Tages­zeitung, die in dein Volksbegehren eine Absage an die heutigen Machthaber in Preußen sieht.

Das Volksbegehren in Berlin

Berlin. 21 April. Die Zahl der gestern für das Botts- in Groß-Berlin abgegebenen Stimmen beträgt 82 203. Damit erhöht sich die Gesamtzahl der in Groß- Berlin für das Volksbegehren des Stahlhelms abgegebenen Stimmen auf 373 272 Stimmen.