aus Garten mö Landwirtschaft
Beilage zum NaHlder T agb latt „Der Gesellschafter"
/ Mittwoch, den 15. April 1931
Eine Gefahr für unseren Obstbau
In der letzten Zeit mutzten wiederholt größere Sendun- gen am« rikanischen Obstes von den Zollemlaßstellen an der holländischen Grenze angehalten und vernichtet ÄrLn, weil das Obst von der St.-Iose-Schildlaus befallen war. Amerika hat uns schon mehr unliebsame Gäste dieser Art ins Land geschickt: den Kartoffel, käfer, die Blutlaus und die Reblaus: wir werden sie wohl dauernd behalten, solange es m DeuMland noch einen Apfelbaum und einen Rebstock gibt. Aber die St.-Jose- Schidlaus, gegen dis das Deutsche Reich sich schon seit 30 Jahren durch ein Einfuhrgesetz zu schützen sucht, würde der uns ohne Zweifel viel verheerender austreten als die beiden andern Schädlinge. Ihren Nanien erhielt sie von dem St-- Josä-Tal in Kalifornien ,wo sie um 1870 zuerst austrat: sie blieb anfangs völlig unbeachtet, gewann aber außerordentlich rasch an Boden und breitete sich bald über das ganze Land aus, obgleich die einzelnen Staaten der Union sich durch scharfe Gesetze gegeneinander zu schützen und voneinander abzuriegeln versuchten. Genau genommen ist Nordamerika nicht die Heimat dieses Obstbauschädlings, sondern wahrscheinlich Ostasien: in Japan und China ist er weit verbreitet, bleibt dort aber in ertragbaren Schranken, vielleicht weil dort Feinde vorhanden sind oder Klimaverhältnisse herrschen, die einer zügellosen Ausbreitung erfolgreich
entgegenarbeiten. ^ .....
Die Gefährlichkeit dieses Insekts beruht in seiner fast unbeschränkten Fruchtbarkeit. Verwandte von ihm leben auf dem Oleander und den Palmen in unserem Zimmer, wo sie als weißliche rundliche Gebilde auftreten, die sich unter der Bürste ablösen, die sich aber ebenfalls sehr rasch vermehren, wenn man ihnen nicht mit Seifenwasser und andern scharfen Flüssigkeiten zu Leibe rückt. Was man da sieht, das sind die Weibchen, die — im Gegensatz zu den viel kleineren Männchen — flügellos sind, sich festsaugen und unter ihrem verbreiternden Rückenschild während des ganzen Sommers ungezählte Junge hervorbringen. Diese Jungen, die unter dem schirmenden Schild der Mutter heroorkriechen, sind — im Gegensatz zu ihr — anfangs recht beweglich. Die Männchen sind bei der St.-Jose-Schildlaus schon nach 24 Tagen, die größeren Weibchen etwa sechs Tage später bereits wieder fortpflanzungsfähig; die letzteren saugen sich an irgendeiner freien Stelle wieder fest und nehmen alsbald das Geschäft ihrer Mütter auf. So kann eine einzige Stammmutter im Lauf eines einzigen guten Sommers etwa 3000 Millionen Nachkommen erzeugen, und die Zweige und Aeste der Obstbmime seben dann infolge der Unmassen von Jungtieren und erwachsenen Läusen, die zwischen den Schilden der bereits abgestorbenen sitzen, aus, als wenn alles mit einer grauen Äschenschicht überstäubt sei.
Meist fällt die Anwesenheit des Schädlings erst aus, es bereits so weit gekommen ist; dann ist es für den befallenen Daum aber schon zu spät, da er infolge der Entziehung feiner Säfte durch die Massen der Schädlinge rasch abstirbt. Die Uebertragung von einem Baum zum andern kann durch den Wind geschehen oder durch die Blätter, durch streifende Tiere und Menschen; vor allem aber ist sie möglich in den Baumschulen und in den eng gepflanzten Obstgärten, wo die Zweige einander berühren. Die Gefahr hat an Bedrohlichkeit zugenommen feit der massenha f- ten Einfuhr amerikanischen Obstes, denn die St.-Jose-Schildlaus befällt — im Gegensatz zu ihren mei- sten Verwandten — auch die Früchte der von ihr heimgesuchten Obstbäume. Aber auch hier fällt sie dem Unkundigen gewöhnlich nur dann ins Auge, wenn sie in großer Zahl di« Schalen der Aepfel und Birnen bevölkert. Die Schädlinger erscheinen dort als winzige, von einem bräunlichen oder rötlichen Rand umgebene kreisrunde Stippen,
in deren Mitte die rundliche Schildlausmutter sitzt. Besondere Ausbuchtungen am Rand des Schilds lassen bei stärkerer Vergrößerung leicht und sicher erkennen, daß es sich um die berüchtigte St. -Jose-Laus handelt. Die beanstandeten Sendungen werden eingezogen und vernichtet.
Natürlich ist man, seitdem die Schädlichkeit dieses Insekts erkannt worden ist, also seit etwa 50 Jahren, nicht müßig gewesen, nach Bekämpfungsmitteln Ausschau zu halten. Die gewöhnlichen Spritzmittel versagen deshalb, weil sie nicht die unter den.Schilden der Muttertiere verborgene Brut zu erreichen vermögen. Ausgehend von der Tatsache, daß die in ihrer ursprünglichen japanischen Heimat vorhandenen St.-Josö-Schildläuse sich nicht in solchem Maße vermehren, daß sie den Obstbau katastrophal schädigen, da sie dort vermutlich durch ihre natürlichen Feinde in Schach gehalten werden, hat man seit Jahren versucht, diese natürlichen Feinde auch in Nordamerika anzusiedeln. Er handelte sich da vornehmlich um gewisse Verwandte unserer Marienkäfer, auch um einen in den Läusen schmarotzenden Pilz. Obgleich man auf eine solche „biologische Bekämpfungsweise" anfangs sehr große Hoffnungen setzte, stellte es sich doch heraus, daß in den meisten Fällen die Einbürgerung dieser natürlichen Feind, ihre Eingewöhnung in das reue Klima und in ganz andere Lebensverhältnisse auf sehr große Schwierigkeiten stieß. Es ist klar, daß eine gewisse Zeit nötig isst bis sich eine solche biologische Bekämpfungsweise als erfolgreich erweisen kann, aber es ist in den letzten Jahren doch drüben, was diese Methode angeht, recht still geworden.
Wie steht es nun mit der Gefährdung des deutschen uwp- baus durch diesen Schädling? Noch hat er bei uns nicht Fuß gefaßt. Das soll nicht heißen, daß er nicht doch hier und da bereits ein bisher unerkanntes Dasein führt, zumal da die St.-Jose-Schildlaus nicht nur Obstbäume, sondern unter Umständen auch andere Laubbäume befällt, wie Linden. Erlen und Ulmen, ebenfalls Rosen und Strauchobst, und bei dem regen Austauschverkehr zwischen Amerika und Europa, vor allem auch zwischen Europa und dem Osten Asiens, der uns ja so manche Ziersträucher geliefert hat, und noch sendet, ist es trotz angestrengter Aufmerksamkeit nicht möglich, daß ein geringer Befall unbemerkt bleibt. Es heißt also, auf der Hut sein. Wenn sich irgendwo verdächtige Anzeichen zeigen, sollte ungesäumt die Landwirtschaftskammer benachrichtigt werdenI
Zst Hühnerhaltung rentabel?
Ein Geflügelzüchter schreibt uns: Jeder Landwirt hält auf seinem Hof eine Anzahl Hühner; meistens wird er aber kaum in der Lage sein, über die Rentabilität des Geflügels Angaben machen zu können. Die Auffassung, daß Hühner als notwendiges Übel zur Landwirtschaft gehören, dafür im Frühjahr und im Sommer einige Eier legen, ist heute noch häufig zu finden, obgleich der Landwirt sich längst davon überzeugt hat, daß nur rationelle Tierhaltung z. B. bei Kühen und Schweinen Gewinn bringen kann.
Ob sachgemäße Hühnerhaltung dem Landwirt einen nennenswerten Ertrag abwerfen kann, möge jeder an Hand der nachfolgenden Ausführungen selbst beurteilen. Der tägliche Futterbedarf eines Huhnes beträgt etwa N Pfund, dessen eine Hälfte Getreidekörner und die andere ein Mischfutter aus Kleie, Schroten und tierischem Eiweiß (Fisch- und Fleifchmehl, auch Milchprodukten) sein sollte; demnach ergibt sich je Huhn ein Jahresfutterver- rbrauch von etwa 90 Pfund, bei dem das Körnerfutter dem Gerstenpreis und das Mischfutter dem Weizenpreis gleichzustellen wäre. Der Ertrag eines auf diese Weise gefütterten Huhnes beläuft sichln den ersten zwei Lebens
jahren aus jährlich etwa 120 Gier, von denen etn Et tm Durchschnitt denselben Erlös wie ein Pfund Gerste bringt. Somit würde der Rohüberschuß über Futterkosten eines Huhnes ungefähr 35 Pfund Gerste entsprechen, und 50 sachgemäß gefütterte und gut untergebrachte Hennen liefern den Gegenwert von 17,50 Zentnern Gerste in einem Jahre. Obgleich dieser Ertrag durch Abzug für Arbeitslöhne, Reparaturen, Amortisation und Steuern nicht als endgültiger Reingewinn angesehen werden kann, so wäre doch zu bedenken, ob rationelle Hühnerhaltung dem Landwirt nicht dazu verhelfen kann, sich neue Ei», nahmeguellen zu schaffen und unser Volk von der Ein- fuhr ausländischer Geflügelerzeugnifse mehr unabhängig zu machen.
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Die Benutzung detz Briefkasten» ist für »nfer« o er ehrlichen Lejer gegen Liniendung de, Abonnementsquittung kostenlos. Die Beantwortung erfolgt mit tunlicher Schnelligkeit nach der Reihenfolge der Eingänge. Nur Auskünfte, die allgemein belehrend find werden hier abgeüruckt. Die übrigen Antworten gehen den Fragestellern brieflich zu
Nr. 477. G. A. tn D. Gegen ven amerikanische» Stächet- veermehltau hilft nach dem Entfernen und Verbrennen der befallenen Triebe tm zeitigen Frühjahr eine Spritzung von dretprozenltaem Solbar, die man beim ersten Austrieb des jungen Laubes einprozentig noch mehrere Male wiederholt Auch der Erfolg einer rechtzeitig vor dem Austrieb bei nebeligem Wetter vorgenommenen starken Bestäubung mit Thomas mehl wird gerühmt.
Nr. 178. M. L. tn K. Im Gegensatz zu Hühnern blechen Enten lange zuchtsähig und es werden zur Zucht mit Vorteil Tiere verwandt, tue schon zwei Jahre und noch älter sind und möglichst aus Frühbruten, März vis Mat, stammen Der Erpel, der fremden Blutes sein mutz, soll nur zweijährig sein.
Nr. 479. L. P. ln S Die Diepholzer Gans ist ats besonders frühreis bekannt und erreicht bei entsprechender Mast ln zehn bis zmöls Wochen das Gewicht von bis zu zehn Pfund. Die ebenfalls sehr frühreife und noch schwerer werdende Toulouse! Gans ist etwas empfindlich und verursacht manchmal Enttäuschungen Für Spätmast gilt die Pommersche Gans wohl mit Recht als unübertroffen.
Nr. 48Ü. R M. tn Z. Knochenwetche bei der Ziege ist durch geeignete Fütterung zu behebe». Man gibt dem Tier nicht z» viel Trank, vermeide» Mehltränke, gibt dagegen reichlich Kraftfutter, Ölkuchen und Weizenkleie, ferner gutes Kleeh.-u und verabreicht bei leder Fütterung eine kleine Gabe von Futterkalk oder Schlämmkreide.
Nr. 481. B. L. in N. Die Kalkbetne der Hühner, die durch eine Schmarotzermilbe entstehen, werden erfolgreich bekämpft, wenn man in die Auslausöfsnung des Stalles eine Wasserwanne hinsetzl, aus die man eine Schicht Petroleum gießt. Die Hühner sind aus diese Welse genötigt, beim Verlassen und Aufsuchen des Stalles immer ein Fußbad zu nehmen Manche empfehlen statt des Petroleums eine dünne Karboltneum- lösung Beide Mittel werden als zu schars für empfindliche Rassen bezeichnet, Perubalsam wirkt sicher und mild, ist aber zu teuer, während eine sttnszehnprozentige Mordarlösuna, die auch gegen anderes Ungeziefer hilft, von guter Wirkung ist und niemals Schaden anrichten kann.
Nr. 482. F. G. tn R. Etn altbewährtes Mittel, um Flöhe aus Hundehütten zu vertreiben, ist das Einlegen von frischen Farnkrautblättern ln die Streu. Die Flöhe können den Geruch nicht vertragen und verziehen sich. Den Hunden ist der Geruch anscheinend nicht zuwider. Immergrüne Farnkrautblätter findet man beim Nachsuchen an Waldstellen zu allen Jahreszeiten.
Nr. 442. Th L. in V. Das Znchlztel sür die schwarzbunten Niederungsrinder muß, wie aus der Herbsttagung der Deuischeu Landwirtschasisgesellschasl festgestellt wurde, dahin gehen, solche Tiere zu züchten, die das wirischaflseigene Futter am besten verwerten um uns auch auf diesem Wege von der ausländischen Einfuhr möglichst zu befreien, durch welche uns die Preise sür die Kraftsuttermiitel diktiert werden
Ois vom
KINN l^aulion 6nuncl
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(Nachdruck verboten).
(Fortsetzung 63).
Stark schritt sie aus. Bald war sie ihm außer Gesicht Nun verlangsamte sich ihr Gang, aber peinvoll zuckten all die Eindrücke noch einmal durch sie hin: der Ausschrei des Tieres, sein Blick voll Todesfurcht. Alle Qual der Kreatur, die das Leben grausam niederhetzt, hatte in diesem erschütternden Blick gestanden Und Eke von Selbach, die. ohne je darüber nachzudenken, seit ihren Kindertagen die Ausübung der Jagd als etwas ganz Sebstoerständliches betrachtete, empfand es in dieser Stunde zum ersten Male: Das Weidwerk war etwas Rauhes -- Unweibl'ches. Da entstand ein Entschluß in ihr und sie wußte, es war keine Augtblicksstimmung: nie wieder würde sie ein Gewehr zur Hand nehmen.
Aber auch mit diesem Entschluß kam das Treiben ihrer aufgestörien Gedanken noch nicht zur Rübe. Anderes drängle heran mit d riechen unabweislichen Gewalt.
Wie er ausgesehen hatte! Und der Ton seiner Stimme! Trotz all der Kälte — er hatte ihr das Herz erzittern gemacht Sie fühlte: dahi-ter barg sich ein schweres Leid. Ein Leid, das er t>ug um sie.
Da quoll eS beiß und weh in ihr auf. Eine große Weich heit, in d,r sich ihr ganzes Wesen wohltätig löste, nach der künstlichen Erstarrung, in die sie sich selber gewaltsam getrieben Halle. Sie wurde sitzend für all das Leid, das um sie herum wm. N>cht sie allein trug bloß. Waren sie nicht alle, alle leidbeschwert, die um sie her waren, deren Pfade das Leben m>t dem ibren sich halte kieuzen lassen, in unheilbringender B>rührung? Gerhard Berisch, der nun einsam seinen Weg weneraehen nußie — aber auch ihr Mann dah im. der vergeblich die Hä de nach ihr ausstr>ckte, den es fror an ihr>r Seite.
U> d in dieser St > de der Weichhe t rang sieb in Eke von Selbach ein ehrlich s Wollen empo!. Konnte sie Eberhard sein sitz es Sehnen auch me erfüllen, so wollie sie ihm doch Güte beze gen, Wärme um ihn vei breiten. Ta trat ein stilles, klares Leuchten in ihren Blick und stand noch darin, als sie dann wieder heimkehrte ins Adlige Haus.
Was bisher noch noch nie geschehen war in ihrer Ehe, sie suchle ihren Mann in seinem Zimmer auf. Eberhard von Selbach saß an seinem Schreiviisch. Nur sah er auf, wohl etwas verwundert, aber ein gleichgültiges Hinblicken. Doch sie trat zu ihm. Ihre Hand legte sich auf seine Schulter.
„Eberhard — " es klang eine weiche Güte aus ihrer Stimme — „ich weiß, ich habe manches an dir gutzumachen. Aber noch ist es ja Zeit. Und ich habe den besten Willen."
Er antwortete nicht gleich. Seine Rechte machte eine matte Bewegung zu ihr hin, aber blieb dann doch auf der Platte des Schreibtisches liegen. So sagte er endlich:
„Ich danke dir, Eke — du bist sehr gut."
Jedoch hörte man es den Worten an, wie er sie sich abzwang.
Da stieg ihr ein leises Rot in die Wangen. Schweigend trat sie von ihm zurück und verließ das Zimmer.
Schwer ging sein Atem durch die Stille um ihn her. Dann stützte er den Kopf in beide Hände. So sann er lange vor sich hin, das Antlitz vergraben.
Endlich sah er wieder auf. Blaß, mit lief aufgewühlten Zügen. Zu späi! Er kam nicht mehr los von dem süßen Gift, »ach dem er gegriffen, um sich das Gefühl seiner Einsamkeit zu betäuben. Nun fraß es ihm tief im Blut. Und würde weilerfressen, unersättlich. Seinen Frieden und den seines Hauses, bis alles zerstört war.
Und ein Mitleid beschlich ihn mit der Frau, die eben still von ihm gegangen war. Ihren wunden Stolz zu verbergen. Arme Eke! warum hatte sie den Weg zu ihm nicht eher gefunden ? ^
In der Halle hatten sie Henner von Grund aufgebahrt Von jeder hatte sie mit angesehen, was von bedeutungsvollen Ereignissen das Adlige Haus betraf, Freud' und Leid. Nun barg sie auch den dahinpeschiedenen Herrn des Hauses zur Uhlen Rast unter seinem Dach-
Trotz der frühen Nachmittagsstunde war tiefe Dämmerung in der Halle. Nur der Schein der Kerzen um den Sarg durchbrach sie, feierlich gedämpft.
Gevrängt voll war der weite Raum. Wohl kein Mann aus dem ganzen Rauhen Grunde, der noch rüstig genug war »am Weg hierher, war fern geblieben. Hatten sich auch die Zeiten geändert, es war doch noch etwas wie ein unsichtbares B md gebOeaen, das den He rn vom Adligen Hause verband mit den O>1seinges ff nen draußen im Gau. Nun gaben sie -am auch das letzte Geleit, vereint mit den Dienstleuten des Gutsbofes.
Der Altan hinten in der Ecke, wo Henner von Grund zu Lebzeiten so gern gsi-ssen, war schwarz aue gisch lagen worden, wie eine Kanzel, und Pfarrer Burgmann stand jetzt dort. Mit
mattem Glanz hob sich sein Greisenantlitz aus dem tiefen Schatten. Ein ernster, weihevoller Duft von Lorbeer und Tan- nengrün vermischt mit dem Hauch der Wachskerzen wehte von der Bahre her, die zu Füßen des Altans stand. Davor saßen in der ersten Reihe der Stühle Eke und Eberhard von Selbach, nun die Herren in dem alten Hause.
Laut hallte Burgmanns Stimme über die Trauergemeinde hin. Aber wer näher zuhörte, der merkte wohl: es war nicht mehr die alte Kraft darin, die ehedem wie ein stürmender Wildbach sich grollend und donnernd auf sie ergossen. Wie eine Glocke schwang sie, die durch lange Zeiten ihren ehernen Ruf geschickt, nun aber den ersten Sprung erlitten. Tiefe Bewegung bebte, wenn auch verhalten, in der Brust des greisen Priesters. Sein getreuester Mitkämpfer sür die Sache des Rauhen Grundes lag dort auf der Bahre. Als ob es die Sache selber sei — so war es ihm. Und es klang das auch aus seinen Worten:
„Ihr Männer vom Rauhen Grund, von nah und fern seid ihr hergekommen, keiner wollte Zurückbleiben und mit ernster Trauer steht ihr vor diesem Sarge. Und das mit vollem Fug. Denn der hier liegt, er war der Eeure!
Mehr denn vier Jahrhunderte steht dies alte Haus, trutzig und weqrhafl, als ein Wahrzeichen des Rauhen Grundes. Und ebensolange sitzt in dttsem Haus das Geschlecht der Grunds, selber trutzig und wehrhaft wie sein Haus. Ein rechtes Herrengeschlecht. Allzeit sind sie hocherhobenen Haupüs über ihr Eigen geschritten — selbstherrlich und hart. Gar oftmals haben wir es verspürt, auch an ihm, dem nun ein Stärkerer die Hand aufs Haupt gelegt hat. Manchen Strauß haben wir ausfechten müssen mit ihm, manchen heißen Zorn haben wir auf ihn gehabt.
Aber dennoch, Ihr Männer, er war der Unsere! Heute, an seiner Bahre, fühlt es auch der, der ihm vielleicht bei Lebzeiten grollend ferngestanden.
Ihr Männer — besonders ernst und tief ist unsere Trauer an dieser Bahre. Der dort liegt, er ist der Letzte seines Hauses Mit ihm erstirbt sein Geschlecht. Nur eins Frau ist es, i» deren Adern noch weiter etwas fließt von seinem Blut."
Ein Blick glitt hinunter zu Eke von Selbach, die ernst aber mit Haltung in ihrem Stuhl saß. Aufrecht, dessen M bewußt, was sie sich schuldig war als Hüterin der Familien- iradirion. Doch dann sprach Burgmann weiter:
„Aber diese Frau trägt einen andern Namen. Der Name derer von Grund sinkt ins Grab mit dein Letzten ihres Geschlechts. Ihr Männer — das will uns seltsam schwer an- kowmen. Tie von Grund, — das gehörte zu uns, das gehör» zur Heiiuar, wie draußen Wald und Berg. Und nun ist ee damit vorbei — sür immer. (Fortsetzung folgt)