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Mit der landwirtschaftlichen Wochenbeilage: »Hans-, Garten- und Landwirtschaft'

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Gegründet 1827

Montag, den 13. April 1931

Fernsprecher Nr. 29

105. Jahrgang

Sie ReiWahn dreht nuler ihrer Mullaft zusanmenzubrekheu

«chon am 26. Mai v. I. klagte der Reichsoerkehrs- minister Guerard im Plenum des Reichstags:Die Reichsbahn ist finanziell in Bedrängnis ge­raten" Am 18. Juni darauf hat Dr. v. Siemens, der Präsident des Derwaltungsrates der Deutschen Reichs- bahngesellschaft. mit Rücksicht auf die traurige Finanzlage der Reichsbahn um Bewilligung einer Tariferhöhung im Betrag von 130 Millionen nachgesucht. Diese ist denn auch nach anfänglichem Widerstand der Regierung ab 1. Septemebr 1930 in der Höhe von 135 Millionen Mark genehmigt worden.

Trotzdem schloß für 1930 die Reichsbahn mit einem Fehlbetrag von über 500 Millionen Mark, der durch Auf­zehrung der Reserven gedeckt werden soll. Die Aussichten für 1931 sind ganz schlecht, denn nach der Annahme des Reichstagsabgeordneten Geheimrat Dr. O u a a tz, einem der besten Sachverständigen auf diesem Gebiet, wird der E i n- nahme-Rückgang in diesem Jahr voraus­sichtlich fast eine Milliarde betragen. Quaatz sagt, wie wir bereits kurz mitgeteilt haben, in einem soeben erschienenen aussehenerregenden Aussatz für das Jahr 1931 den finanziellen Zusammenbruch der Reichs­bahn voraus.

Woher kommt dies? Bekanntlich wird vielfach an den hohen Ge Haltern der Präsidenten, Direktoren und Ver­waltungsmitglieder Anstoß genommen. Der Verwaltungs­rat hat bisher etwa 280 dis 290 leitende Beamte bestellt. Der Generaldirektor z. B- ist Angestellter, wird alle drei Jahre neu gewählt und bezieht heute nach der 20prozentigen Kürzung der Gehälter ein Gehalt von 78 000 Mark und Repräsentationsgelder von rund 19 000 Mark, die sieben Vorstandsmitglieder je 34 000-38 000 Mark zuzüglich 7000 bis rO 000 McSk Repräsentation, die neun Abteilungsleiter je 27 000 Mark, die 29 Präsidenten 22 500 Mark (dazu 2000 bis 4000 Mark), die 62 Reichsbahndirektoren je 17 850 bis 21 689 Mark. Das sind allerdings respektable Sätze, zu denen noch Leistungszulagen kommen. Daß die unteren Eisenbahnbeamten an ihnen Aergernis nehmen, ist leicht begreiflich. Aber auch wenn die obersten Gehälter erheblich gekürzt würden, so würden die dadurch erzielten Ersparnisse nicht in die Waaicbale fallen.

Der Einnahme-Rückgang hängt natürlich auch zusammen mit unserem Kraftwagenverkehr, einem bösen Ne­benbuhler der Reichsbahn, einem Wettbewerb, der von Jahr zu Jahr gefährlicher wird. Die Hauptlast aber ist und bleibt der Poung-Tribut, der aus unserer Reichsbahn bis zum Zusammenbruch drückt. Bekanntlich hat nach dem Haager Abkommen 37 Jahre lang die Reichsbahngesellschaft als Beitrag der Deutschen Reichsbahn zu den vom Reich aufzubringenden Jahreszahlungen für Reparationszwecke eine Reichssteuer (Reparationssteuer) im Betrag von jährlich 660 Millionen Reichsmark zu entrich­ten. Dieselbe ist aus den Betriebseinnahmen der Gesellschaft, im Notfall unter Heranziehung aller Rücklagen zu leisten. Sie steht im Rang zwar hinter den Personalausgaben, aber in gleichem Rang wie die sächlichen Ausgaben und hat den Vorrang vor jeder anderen gegenwärtig oder in Zukunft der Gesellschaft auferlegten Steuer und sonstigen Belastung.

Und wenn nun die Reichsbahn die 660 Millionen weder aus den Betriebseinnahmen noch aus den Rücklagen, wie 1930 geschehen, aufbringen kann? Dann soll sie aus der Beförderungssteuer (290 Millionen), sofern eine solche be­steht, geleistet werden.Reicht dieser Betrag auch nicht aus, so wird das Reich den fehlenden Betrag innerhalb eines Monats auf das Konto derBank für Internationalen Zah­lungsausgleich" bei der Reichsbank einzahlen. Kurz: die Zahlung der Reparationssteuer der Reichsbahnwird von der Reichsregierung gewährleistet".

So man kann! Beträgt doch nach dem neuesten Ausweis des Reichsfinanzministers der Fehlbetrag bei den Reichsfinanzen für das Rechnungsjahr 1930 tatsächlich jetzt schon rund 1100 Millionen Mark. Man hat uns den Aoung- plan mit der tröstlichen Aussicht eingegeben, daß man 1930 700 Millionenersparen" und zu Steuersenkun­gen verwenden könne. In Wirklichkeit aber muß das deutsche Volk an Steuererhöhungen, Beitragserhöhungen für die Arbeitslosenversicherung, Gehaltskürzungen usw. 3440 Millionen mehr aufbringen. Und nun kommt die Sorge der Reichsbahn hinzu. Da hilft die Kampferspritze eines Moratoriums nicht. Da hilft nur eine gründliche Revision l

Briand sagt nein

London. 12. April. DerDaily Expreß" schreibt: Wenn Deutschland und Oesterreich dieUnverschämtheit" haben, einen Zollbund anzuregen: wenn das abgemagerte Ueber- dleibsel der alten Habsb-urgmonarchie an der wirtschaftlichen Wiederbelebung des entschlossenen Deutschlands teilnehmen will; wenn die Mittelmächte Möglichkeiten verlangen, um ihre Tribute bezahlen zu können; wenn der Zollbund in London besprochen werden soll; wenn die öffentliche Mei­nung Englands der Ansicht ist, daß die Mittelmächte im Recht sind und daß es keine stärkeren Schranken gegen das Uebergreifen des Bolschewismus gibt als ein starkes mittel­europäisches Mittelgebilde Briand sagt zu allen: nein. Frankreich knallt mit der Peitsche. Aber wie lange müssen wir alle noch zu Kreuze kriechen?

Schön gesagt, wenn auf englische Wv"'e nur ein Verlaß warel

England will Aufklärung geben

Paris, 12- April. Aus London wird gemeldet, die eng­lische Regierung wolle noch einen Beamten des Auswärti­gen Amts nach Paris senden, um über die Einladung nach Chequers genaue Aufklärung zu geben.

Der englische Botschafter Tyrell ist nach London ge­reist, um der Regieruna Bericht über seine Unterredung mit Briand zu erstatten.

Halbamtlich wird bestätigt, daß der deutsche Besuch in Ehequers auf Verlangen Briands bis nach der Ratstagung verschoben worden ist.

Keine Abberufung Neuraths

Berlin. 12. April. Ein Berliner Blatt meldet, der neue deutscher Botschafter in London, Frhr. v. Neurath (Mürttemberger), früher in Rom, werde wegen der Ver­schiebung Les Besuchs in Chequers abberufen werden. Halbamtlich wird dazu erklärt, die Meldung «entbehre jeder Begründung".

DasStahlhelm"-Verbot

Berlin, 12. April. Das Verbot der ZeitschriftDer Stahlhelm" auf drei Monate durch den Berliner Polizei­präsidenten Erze sin skr wird vom größten Teil der Presse, auch von regierungsfreundlichen Blättern, als grober Mißgriff verurteilt. Die angeblichen Beschimpfungen des preußischen Staats, wegen denen das Verbot erlassen wor­den, hätten vor jedes ordentliche Gericht gebracht werden können, aber eine gerichtliche Entscheidung habe Grzesinski

offenbar nicht gewagt. Von lmksradikaler Seite werde die preußische Regierung noch in viel schärferer Weise ange­griffen, ohne daß Grzesinski einschreite. Es könne daher nicht ausbleihen, daß die auffallende Maßregel sich ausschließ­lich gegen das Volksbegehren richte. Durch die un­verständliche Maßnahme werde der preußischen Regierung wie dem republikanischen Staatsgedanken überhaupt ein Bärendienst geleistet.

Das Borgehen gegen den Nationalsozialismus

Berlin, 12. April. Der Oberpräsident von Westfalen hak verboten^ ^^""9 «2lote Erde" in Bochum auf 2 Wochen

Der nat.soz. ..Illustrierte Beobachter" in München ist von der Polizeidirektion bis 3. Mai verboten worden

Der Berliner Polizeipräsident Grzesinski hat für 1. Mai vormittags eine Kundgebung im Lustgarten der soz. Gewerk- schaften und nachmittags eine solche der Kommunisten je mit geschlossr-°em Aufmarsch genehmigt.

Industriespionage für Sowjetrußland

Frankfurt a. M., 12. April. Ein früheres Mitglied des Betriebsrats der IG.-Farbenindustrie A.-G., Werk Höchst a. M-, namens Dienstbach, ist unter dem dringenden Verdacht der Industriespionage verhaftet worden. Er hatte von einem Kommunisten namens Steffen briefliche Aufträge, Betriebsgeheimnisse der deutschen In­dustrie für Sowjetrußland zu ermitteln. In welchem Um­fang ihm das aelunqen ist, muß erst die Untersuchung ergeben.

Kürzung der polnischen Beamtengehälter

Warschau, 12. April. Der polnische Mimsterrat hat beschlossen, die öprozentige Zulage zu den Grundgehältern sämtlicher Staatsbeamten und Angestellten vom 1. Mai ab aufzubeben.

Maßnahmen der portugiesischen Regierung

Paris, 12. April. Havas meldet aus Lissabon, der Kabi- nottsrat hat für die Azorsn-Jnseln San Miguel und Ter- eeira das Kriegsrecht erklärt. Die Bestimmung betr. Ab­setzung sämtlicher Mili^irpersonen und Zivilbeamten, die eine revolutionäre Bewegung gegen die Regierung unter­stützen oder andere Personen zur Unruhestiftung auffordsrn, wurde auf das gesamte portugiesische Gebiet erweitert. General Sousa Dias, Oberst Freiria und-verschiedene andere Persönlichkeiten sollen schon jetzt entsprechend gemaßregelt werden. Die Garnisonen von Pont« Delgao und Andra Heroismo sollen aufgelöst werden.

Kürzung der polnischen Beamkengehälker

Warschau. 12. April. Wie verlautet, hat der polnische Mimsterrat beschlossen, ab 1. Mai die Beamtengehälter um 15 Prozent zu kürzen und in den Staatsbanken das soge­nannte 13. Monatsgehalt zu streichen.

Die Lösungsbestrebvngen in Neusüdwales

London, 12. April. Gegenüber irrigen Auffassungen über die neuerdings wieder stärker auftretenden Lösungs­bestrebungen in Neusüdwales wird festgestellt, daß es sich dabei nicht um eine Loslösung aus dem Körper des britischen Reichs, sondern vielmehr um einen Vorstoß gegen die Fmanz- gebarunq der australischen Commonwealth- (Bundes-) Regie­rung handelt, die vor einigen Wochen mit der Einstellung ihrer Schuldenzahlungen an England drohte. Der Gesamt- fehlbetrag des australischen Haushalts beträgt im lausenden Finanzjahr 240 Millionen Mark, wovon auf Neusüdwales allein 130 Millionen entfallen. Der nördliche Teil von Neu­südwales will nun, wenn die Zahlungsverweigerung durch die australische Bundesregierung durchginge, eine Trennung vom Bund durch Volksentscheid herbeisühien, um unter Um­gehung der australischen Landesregierung über die wirt­schaftlichen Dinge von Neusüdwales unmittelbar unter der britischen Krone und losgelöst von Australien selber entschei- den zu können.

Abschiebung von Ausländern

Washington, 12. April. Das Arbeitsministerium hat die Absicht, um die Arbeitslosigkeit zu mildern, weitere 100 00V Ausländer, die auf ungesetzliche Art und Weise nach de« Bereinigten Staaten gekommen sind, in ihr Heimatland zn- rückzubefördern. Im ganzen soll sich die Zahl der Ausländer, die sich gesetzwidrig in den Vereinigten Staaten nieder­gelassen haben, auf 400 000 belaufen. Im Lauf der letzten drei Monate sind 1100 Ausländer in ihre Heimat zurück- gesandt worden.

Württemberg

40. Jahresversammlung des Württ. Pfarrverems

ep Am Mittwoch nach Ostern versammelten sich die Mit» g,lieber des Württ. Pfarvoereins in Stuttgart. Nach Gesang und Gebet begrüßte der Vorsitzende, Stadtpfarver Schnau­fer, Eßlingen, die zahlreiche Versammlung. Kirchenpräsi- d-ent D. Wurm brachte die Grüße der Kirchenleitung und führte über die Stellung der Kirche im Tageskampf der Mej- nungen aus, man warte heute in weiten Kreisen auf Paro­len der Kirche. Aber diese Erwartungen seien weniger des­halb so gespannt, weil man sich nach dem Spruch der Kirche Achten möchte, sondern weil man ihn im Tageskampf ver­werten möchte, sei es zustimmend oder bekämpfend. Aber der Weg der Kirche ist nicht der, Konjunkturberechnungen nachzugeben. Wir dienen unseren, Volk am besten, w.enn wir unserem Herrn dienen.

Weitere Grüße überbrachten Kilchenrat Renner- Karlsruhe für den badischen Pfarrverein und in einem Schreiben Generalstaatsanwalt a. D. l). Dr. Röcker. Dann erstattete der Vorsitzende den Jahresbericht. Darin wurde u. a. zur Frage der politischen Betätigung der Geistlichen festgestellt, daß die evangelischen Geistlichen das Recht auf selbständige politische Ueberzeuqung haben wie jeder andere Staatsbürger. Besonders veranlagten Persön- lichkeitzn soll es auch nicht verwehrt werden, sich in der Oeffentlichkeit politisch zu betätigen. Aber für die meisten ist Zurückhaltung eine Pflicht in dem Bewußtsein, daß eine Hauptaufgabe der Kirche die Sammlung auch dis­parater Elemente ist und daß die Geistlichen allen Gemeinde- gliedern zu dienen haben. Weiterhin wurde eine Ent­schließung gegen den vom Sparkommissar beantragten Ab- bau einer Reihe von Landlateinschulen ge­faßt und begrüßt, daß die zuständigen Stellen in Württem­berg nicht gewillt sind, den Anträgen des Sparkommissars stattzugeben. Nach Erledigung des geschäftlichen Teils folgte ein Bortrag von Lic. Dr. Sch r e i n e r - Spandau über Evangelium und moderne Pädagogik", in dem er sich in fesselnder Weise mit den Grundfragen der heutigen Päda­gogik auseinandersetzte und ein Bild von der Gestaltung einer Erziehung aus dem evangelischen Glauben entwarf. Nach anschließender Aussprache fand die Tagung mit einem Schlußwort des Vorsitzenden ihr Ende.

Stuttgart, 12. April. Der Landesverband der Polizeibeamten Württembergs hielt am Sams­tag nachmittag im Festsaal des St. Vinzenzhauses seine diesjährige Haupwersammlung unter dem Vorsitz des Poli­zeiobersekretärs S a i l e r ab. Staatspräsident Dr. Bolz richtete sehr ernste Worte an die Polizeibeamten. Die Hetze gegen die Beamten sei sicher zum wesentlichen Teil un­gerechtfertigt, aber durch übertriebene Forderungen haben die Beamten teilweise selbst dazu beigetragen, das Bev- ttauensverhältnis zwischen Volk und Beamtenschaft zu zer­stören. Die letzte Besoldungserhöhung sei einer der schwer­eren innerpalitischen und finanziellen Fehler gewesen. Wenn die jetzige Notzeit noch länger dauere, werde von dieser Be- soldungserhöhnna alles wieder stückweise weaaenomm««

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