Freitag, 27. März ijM

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zliche Lebenskampf eines >en Volkes mit einer gewaltigen wie unerbitt- siatur. 858

redakt. Teil.

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Das Parlament droht mit europäischer Wirtschafks- einkreisung

Paris, 27. März. Die Antwort des Reichskanzlers Dr. Brüning hat die Pariser Presse rein aus dem Häuschen gebracht.Hochfahrend",unverschämt" usw. sind die Be­zeichnungen für die Haltung des Reichskanzlers. Der Zoll­ausschuß der Kammer, der sich aus 49 Abgeordneten aller Parteien zusammensetzt und der gestern in aller Eile ein­berufen wurde, hat einstimmig einen Beschluß gefaßt, der eine in Friedenszsiten geradezu unerhörte Drohung dar­stellt: Der Ausschuß habe die durch die österreichisch-deutsche Zollunion geschaffene Lagegeprüft und als sehr ernst be­funden". In Anbetracht, daß die Union einenBruch des wirtschaftlichen Gleichgewichts" bedeute, daseuropäische Gleichgewicht im allgemeinen bedrohe" und im Widerspruch . mit dem Friedensvertrag von St. Germain und dem Genfer Protokoll vom 4. Oktober 1922 stehe, fordert der Ausschuß den Ministerpräsidenten Laval, den Minister des Aeußern, den Landwirtschasts- und den Handelsminister auf, sich tat­kräftig dem Abschluß der österreichisch-deutschen Zollunion zu widersehen, falls dieser Widerstand erfolglos bleiben sollte, soll sofork^Är französisch-deuksche und der französisch­österreichische Handelsvertrag gekündigt werden Darüber hinaus sollen mit den anderen europäischen Mächten Ver­handlungen eingeleitet werden, damit auch diese ihre Han­delsverträge mit Deutschland und Oesterreich für nichtig er­klären. Sollte dies nicht erreicht werden, so soll die fran­zösische Regierung dle übrigen europäischen Mächte mit Ausschluß Deutschlands und Oesterreichs zum Abschluß eines allgemeinen Abkommens einladen.

Die Gruppe Millerand-Poincare bemüht sich nach Kräf­ten, Holz ins Feuer zu tragen.

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Das bedeutet nichts anderes als die Forderung einer gesamten europäischen Zollunion im Kampf gegen d e deutsch-österreichische Zollunion, also einen europäischen Wirtschaftskrieg» der von einer Wirtschaftsblockade nicht sehr verschieden wäre. Glücklicherweise ist der Zollausschuß der französischen Kammer nicht Alleinherrscher über Europa. Denn wenn es bloß auf den Willen Frankreichs ankäme, so könnten Deutschland und Oesterreich eines furchtbaren Schicksals gewärtig sein. Das deutsche Volk wird während der kommenden Monate in seiner Selbstsrcherheit und in seiner Neroenkrast aus eine schwere Probe gestellt werden

Angebliche Beruhigung in Paris

London, 27. März. DieTimes" läßt sich aus Paris melden, die Pariser Presse sei über dm deutsch-österreichi­schen Plan plötzlich ausfallend bescheiden geworden. Der Grund sei, daß sie und sogar Briand eingestehen müssen, nachdem sie den kaltblütigen Rat Hendersons gehört hätten, daß ihre Schlußfolgerungen sich mehr durch Schnelligkeit als durch Ueberlegung auszeichneten.

Henderson über die Bölkerbundszustöndigkelt

London, 27. März. Bei einem Presseempfang sagte der britische Außenminister Henderson: Ich warte noch auf eine Mitteilung der deutschen Regierung, ob sie meinen Vorschlag, das geplante Zollabkommen vor den Völker­bundsrat zu bringen, annehmeu, der aus vielen Grün­den zum mindesten Gelegenheit haben sollte, die Sache zu prüfen. (Die Reichsregierung hat sich hiezu schon bereit erklärt. D. Schr.) Sollte Deutschland ablehnen, so würde ich die Lage sehr ernstlich zu erwägen haben.

Im Unterhaus sagte der frühere Minister Austen Chamberlain, die an den Genfer Konferenzen Be­teiligten haben Grund zur Beschwerde, wenn ein Plan wie die deutsch-österreichische Zollunion in Heimlichkeit vor­bereitet und dann die Mächte damit überrumpelt werden. Das zeige einen Mangel an diplomatischem Be­nehmen. Die Frage müsse vor den Völkerbund gebracht werden. Es handle sich nicht nur um rechtliche, sondern auch um wichtige politische Fragen.

Russische Bemerkung

Moskau, 27. März. DieJswestija" schreibt: Vriand hat Henderson zum Umfall gebracht. Durch die Uebergabe der Zollunion an den Völkerbund wird sie zu einem großen internationalen Streitfall bekannt.Regionale Verein­barungen", die Briand selbst empfohlen hat, sind unter Frankreichs Führung gut, ohne Frankreich aber schlecht. Der französisch-englische Einspruch ist die beste Beleuchtung für den wahren Inhalt von Briands Alleuropaplan. Die Ueberweisung an den Völkerbund kann nur als offener Ver­such der Einmischung der Versailler Siegermächte in die Beziehungen zweier Staaten und als Verletzung ihrer Hoheit und ihres Selbstbestimmungsrechts angesehen werden.

Der Eindruck in Berlin

Berlin, 27. März. In politischen Kreisen in Berlin hat Man den V'ndri'ck. daß die Erörterung übd'? Zollunion

im Ausland doch schon etwas nüchterner geworden sei. Eng­land habe sich nicht etwa dem Standpunkt Frankreichs an­geschlossen. Wenn der tschechoslowakische Außenminister Benesch den Plan abgelehnt habe, so sei darauf hinzu- weisen, daß ja schließlich auch nur Deutschland und Oester­reich ihn anzunehmen haben, andere Mächte können nur Einwendunsen nach der juristischen Seite hin machen, und der Kanzler habe ja erklärt, daß wir eine juristische Nach­prüfung nicht zu scheuen hätten. Es handelt sich aber nicht darum, ob ein dritter Staat den Planannimmt" oder nicht. Die französische Drohung, die Zollunion mit der Kün­digung des Handelsvertrags zu beantworten, wird in Ber­liner Kreisen sehr ruhig ausgenommen. Schon vor einem Vierteljahr bei dem Abschluß des Zusatzabkommens ist vdn französischer Seite bemerkt worden, daß de: Handelsvertrag demnächst gekündigt werden müsse. Der Vertrag HM sich nämlich anfänglich zugunsten Frankreichs entwickelt, dann

2n Berlin-Schöneberg wurde am Freitag der ? Dentift« Zahnarztekag durch den Vorsitzenden. Prof. h. Schröder- Berlin, eröffnet.

aber seit IX Jahren doch sehr stark zu Deutschlands Gunsten. (Nach französischem Bericht hat Ende 1930 die deutsch« ^Einfuhr nach Frankreich die französische Ausfuhr nach Deutschland um 3853 Millionen Franken oder rund 633 Millionen Mark überstiegen. D. Schr.) Das hängt mit der Konjunkturentwicklung und der Tatsache zusammen, daß Frankreich von der Wirtschaftskrise bisher noch verhältnis­mäßig wertig gemerkt hat und deshalb kaufkräftiger ist. was natürlich der deutschen Ausfuhr zugutekommt. Aus diesem Sachverhalt ergibt sich, daß die Kündigung des Per- trags, die übrigens immer am Ende eines Monats mit dreimonatiger Frist erfolgen kann, mit der Zollunion eigentlich wenig zu tun hat, sondern ohnehin erwartet wer­den mußte.

Belgien Bundesstaat?

Brüssel, 27. März. Diefrontistische" (flämische) Gruppe hat in der Abgeordnetenkammer einen Antrag eingebracht, nach dem künftighin die flämischen und die wallonischen Ge­bietsteile Belgiens selbständige Staaten ausmachen ,-iollen, nach außen vereinigt in einem Bundesstaat. Die Grenze zwischen Flandern und Wallonien soll nach dem Ent­wurf mit der S p rachgrenze zusammenfallen, die durch Bundesgesetz festgelegt wird. Die gegenwärtige l Monarchie Sachsen-Koburg soll in ihrem Recht belassen werden: die Erb­folge soll in direkter Linie geschehen mit Ausschluß einer weib­lichen Thronfolge. Flandern sowohl wie Wallonien haben eigene Parlamente mit Kammern und Senat. Ge­genüber dem Ausland würde der Bund beide Staaten in allen Angelegenheiten vertreten. Von jeder Bündnis­politik soll der Bund sich frei halten, und die jetzt bestehenden Bündnisabkommen mit andern Staaten sollen ausgesagt werden. Die Sicherheit des Bundesgebiets soll durch Völkerbund und Locarnovertrag gewähr­leistet sein.

Ein Heer ist in dem Verfassungsentwurf nicht vor­gesehen. Eine staatliche Polizei soll für die Aufrechterhal- tung der inneren Ordnung sorgen. Neben der Beibehaltung der Dynastie wird mich di« wirtschaftliche Einheit, dem Gesetzentwurf nach, beibehalten, ebenso das Privileg der Nationalbank, deren Präsident abwechselnd ein Flame und ein Wallone sein soll. In Bundesangelegenheiten soll die gesetzgebende Macht gemeinsam durch den König und die Bundesversammlung- ausgeübt werden. Die Zusammen­setzung der Bundesversamnrlung soll aus je 21 Mauren und Wallonen bestehen, gewählt von den beiden Parlamenten: der Präsident wird abwechselnd von Flamen und Wallonen gestellt. Die Bundesregierung, bestehend aus einer gleichen Anzahl von Flamen und Wallonen, wird vom König er­nannt. Vorgesehen sind ein Bundesministerium für aus­wärtige Angelegenheiten, für Zoll, Verkehr, Kolonien und gemeinschaftliche Finanzen. Die Bundesversammlung wird abwechselnd in Brüssel und in einer noch zu bestimmenden flämischen Stadt tagen. Die amtliche Sprache in Flandern ist ausschließlich Niederländisch und in Wallonien Fran­zösisch. Cupen und Malmedy sind in dem Gesetz­entwurf nicht erwähnt, doch werden die Antragsteller bei der Besprechung dieser Frage einen Antrag auf Ab­haltung einer geheimen Volksabstimmung in den Kantonen stellen.

Der Gesetzesoorschlag dürfte nicht vor Herbst von der Kammer beraten werden.

Der Einspruch des Reichsrats gesichert

Berlin. 27. Mürz. Nach einer Verständigung des Reichs­kanzlers Dr. Brüning mit dem preußischen Minister­präsidenten B raun hat das preußische Staatsministerium beschlossen, gegen die von der Reichstagsmehrheit beschlossene Verdoppelung des Steuerzuschlags für Einkommen über 20 000 Mark Einspruch erheben zu lassen, dagegen nicht gegen die Verdoppelung der Tantiemensteuer. Die Rechtspresse behauptet, die Steueranträge seien überhaupt nicht ernst gemeint und nur eine politische Geste gewesen.

Ministerbesprechung über die Arbeitslosigkeit

Berlin, 27. März. Heute vormittag fand eine Be­sprechung der Reichsminister über Maßnahmen zur Be­kämpfung der Arbeitslosigkeit statt, wobei der frühere Reichsarbeitsminister Dr. Brauns über die bisherige Arbeit des zu diesem Zweck eingesetzten Ausschusses be­richtete. Nachmittags wurde die Beratung in einer Kabi­nettssitzung fortgesetzt.

Die Streitfrage um den Schenkervertrag

Berlin, 27. März. Reichsverkehrsminister v. Guerard hat der Reichsbahn'mitgeteilt, daß er den von d.v R::ch--

bahn mit der Speditionsfirma S ch e n k e r u. C o. in Berlin abgeschlossenen Vertrag nicht genehmige. Dazu er­klärt die Reichsbahn, daß der Bahnspeditionsvertrag nichr oer Genehmigung durch die Reichsregie­rung bedürfe. Ein Ausgleich in dieser Frage, zu dem die Reichsbahn bereit sei, könne nur in gemeinsamen B«» catungen mit der Reichsregierung, sowie mit den Spitzen­verbänden der Wirtschaft gesucht werden.

Systemänderung in der Skellenbesehung

Berlin, 27. März. Ministerialdirektor Dr. Brandt, der Leiter der Personalabteilung im preußischen Ministerium des Innern, ist seines Amtes enthoben worden. Wie di« Blätter Mitteilen, hatte Brandt die Besetzung der Aemter seit Jahren mit solcher Einseitigkeit und unter auffälligster Bevorzugung gewisser akademischer Verbindungen geh«U>- habt, daß sich schließlich seine eigene Partei dagegen ver­wahrte. Zwischen dem Vorsitzenden der Zentrumsfraktion des preußischen Landtags, Dr. Heß, und Dr. Brandt kam es zu einein scharfen Zusammenstoß.

Bürgermeister Scholz tritt zurück

Berlin. 27. März. Bürgermeister Scholz, der die Ge­schäfte des Oberbürgermeisters in Berlin führt, hat dem Magistrat und den Stadtverordneten schriftlich mitgeteilt, daß er zurücktrete, nachdem der gänzlich verfehlte Ent­wurf des preußischen Innenministers über die neue Ver­waltungsverfassung sür Berlin vom Landtag angenommen worden sei. Die Stadtverordnetenversammlung nahm das Rücktrittsgesuch mit 83 Stimmen (Sozialdemokraten, Demo­kraten, BoKspartei, Wirtschastspartei und Zentrum) gegen 75 Stimmen an. Der Antrag des Magistrats betr. Auf­nahme einesUeberbrückungskredits" (kurzfristige Schuld) von 75 Millionen Mark wurde abgelehnt.

Rech.swidrioes Zeikungsverbvk

Leipzig, 27. März. Das Reichsgericht hat im Beschluß- verfahren das Verbot gegen das Dresdener nationalsozia­listische BlattDer Freiheitskamps" aufgehoben. Das Verbot war am 18. März für die Dauer von vier Wochen ausgesprochen worden.

Präsidentenwahl im Danziger Bolkskag

Danzig, 27. März. Zn der gestrigen Vokkstagssitzung wurde an Stelle des zurückgetreteneu sozialdemokratischen Präsidenten Gehl d^r nationalsozialistische Abge­ordnet Mnuck mit 34 von 41 abgegebenen Stimmen zum Präsidenten gewählt. 6 Stimmen fielen auf den Kommunisten Kreft. Die Sozialdemokraten beteiligten sich nicht an der Wahl.

Gandhi droht mit Freitod

Karachi. 27. März. Der indische Natronalistensührer Gandhi war hier, als er zu einer Menschenmenge sprach, beschimpft und bedroht worden weil er mit den Engländern verhandle. Als er gestern wieder in einer ungeheuren Ver­sammlung sprach, sagte er: Ihr könnt mich ermorden. Aber auch wenn ihr Tgudhi tötet, werdet ihr Gandhis Sache nicht töten. Zu den blutigen Zusammenstößen in Cawnpur, bei denen 112 Menschen getötet und einige hundert verletzt wurden, sagte Gandhi: Wenn Hindus und Mohammedaner fortfahren, Indien zu spalten, werde ich mich zurückziehen und freiwillig den Hungertod sterben.

Aufstand in Vritisch-Burma

Rangun, 27. März. In Gefechten zwischen Polizei und Aufständischen im Gebiet von Jnsein wurden 8 Anistän- diiche getötet. 7 verletzt und 14 gelangen genommen.