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R«golder T«gül«tt »Der SeseLsch«fter-

Dienstag, 24. März Igzz

mngen noch ungelöste Ausgaben bar, die sich allerdings zum Teil von selbst auslösen dürften.

Zusammenfassend ist die Vereinheitlichung wirtschaftlicher Interessen in der Zollunion, dagegen die Beibehaltung der getrennten staatsrechtlichen Form festzuhalten. Die wirt­schaftliche Not und der Selbsterhaltungstrieb bilden Sen An­trieb für das Abkommen. Ob die Zollunion der Vorläufer einer mitteleuropäischen Zollunion oder gar im Sinn. Briands einer alleuropäischen Gemeinschaft sein kann, muß die Zukunft lehren. Darüber haben die anderen das Wort.

Neueste Nachrichten

Was ist «u« wahr?

Lud in kein Kommunist. Der frühere Ulmer Reichswehr- osftzier Ludin erklärt imVölkischen Beobachter", die von kommunistischer Seite verbreitete Nachricht, er sei zu den Kommunisten übergetreten, sei durchaus unbegründet.

Stahlhelmkundgebung in Berlin

Berlin. 23. März. Im Lustgarten fand gestern eine Kundgebung von 5000 Stahlhelmern für die Landtags- ouflöfung in Preußen statt. Landessührer Major a. D. Stephani erklärte in einer Ansprache, es gehe ums Ganze, der Kampf werde vom nationalen Deutschland sicher gewonnen werden. Beim Abmarsch kam es zu verschiede­nen Zusammenstößen, wobei die stark vertretene Polizei vom Gummiknüppel ausgiebigsten Gebrauch machte.

Mihlrauensan'iraq gegen Frick

Weimar, 23. März. Die Sozialdemokraten haben im ichüringischen Landtag einen Mißtrauensantrag gegen die nationalsozialistischen Mitglieder der Regierung, Minister Dr. Frick und Staatsrat Marsch! er, eingebracht. Die Deutsche Bolkspartei wird für den Antrag stimmen.

60jähriges Jubiläum der Zentrumsparkei

Köln. 23. März. Aus Anlaß des 60jährigen Bestehens der Deutschen Zentrumspartei veranstaltete die Kölner Zentrumspartei am Sonntag vormittag in der großen Halle des Rheinparks eine Festkundgebung, welcher die Spitzen der Behörden, sowie über 3000 Personen beiwohnten. Die Festrede hielt der Breslauer Universitätsprosessor Kre sch.

Uneinigkeit der englischen Liberalen

London, 23. März. Nach demOberserver" sollen sich die liberalen Mitglieder des Unterhauses bereits mit einer Spaltung der Partei am Dienstag abgesunden haben. Die allgemeine Ansicht sei, daß etwa 40 Liberale sich verpflichten werden, Lloyd George zu folgen, während der übrige Teil mit den Konservativen zusammenwirken werde, um die Re­gierung zu stürzen. Der Kamps werde um vier Entschlie­ßungen gehen, die Indien, den Freihandel, die Arbeits­losigkeit und die Landwirtschaft betreffen.

Württemberg

Stuttgart, 23. März. Früharbeit in den Bäcke­reien. Das Württ. Gewerbe- und Handelsaufsichtsamt hat gestattet, daß in den Bäckereien und Konditoreien des Lan­des am Donnerstag, den 2., und Samstag, den 4. April d. I. wegen des starken Geschäftsanfalls an diesen Tagen um 3 Uhr morgens mit den Arbeiten zum Herstellen von Bäcker- unü Konditorwaren begonnen wird.

Die Bäckermeister Württembergs haben bei der Staats­regierung eine Erhöhung des Vrotpre ises bean­tragt, da die Mehlpreise seit der letzten Festsetzung vom 8. Dezember 1S30 um 3.25 Mk. gestiegen seien.

40jährjges Dienstjubiläum. Der Leiter der hiesigen Reichsarchivzweigstelle, Archivrat Oberstleutnant a. D. Ndari- milian v. Haldenwan g, kann heute sein 40jähriges Dienstsubiläum feiern. Herr v. Haldenwang steht seit zelm Jahren an der Spitze der Stuttgarter Nejchsarchivzweigstelle und hat sich u. a. auch um di? württ. Kriegsgeschichte Ver­

dienste erworben. Er war während des Kriegs Komman­deur des 1. Bataillons des Gren.-Regts. Königin Olga und wurde erst vor kurzem von der Vereinigung ehemaliger Olgagrenadiere, deren Vorsitzender er sechs Jahre lang war, zum Ehrenmitglied ernannt.

Prüfung im Wafserbaufach. Bei der in der Zeit vom 13.21. Februar ds. Js. abgehaltenen Prüfung im Wasser­baufach sind 23 Baumeister für befähigt erklärt worden.

Freiwillige Leistungen für ortshilfsbedürslige Geistes­kranke usw. Die Oltsfürsorgeverbände erhalten vom Lan­desfürsorgeverband Ersatz der Hälfte des von ihnen end­gültig zu tragenden reinen Aufwands, der durch die wegen Geisteskrankheit, Geistesschwäche, Epilepsie oder einer dieser ähnlichen Krankheit, Taubstummheit oder Blindheit not­wendig gewordene Versorgung ortshilfsbedürftiger Per­sonen in entsprechenden Anstalten entstanden ist. Für die nicht in Anstalten untergebrachten Geisteskranken usw. wird seit 1. April 1927 Ersatz nicht mehr geleistet.

Zinsverbilligung bei der Skädt. Sparkasse. Die Stadt. Spar- und Girokasse wird ihren Zinssatz für Ausleihungen mit Wirkung vom 1. April ob um kt- Prozent senken. Diese Ermäßigung erfolgt ohne Veränderung der Zinssätze für die Einlagen, bedeutet also ein nicht unerhebliches Opfer der Sparkasse und dient ausschließlich dem Zweck, der barme- derliecienden Wirtschaft eine Erleichterung zu verschaffen. Die Zinssenkung wird sich auf über 100 Millionen Mark Hypotheken und Kredite auswirken.

Deutsche Bauernpolitik und industrielle Exportpolitik- lieber dieses Thema veranstaltet der Verband Württ. Industrieller aus Anlaß seiner Mitgliederversammlung einen Dortrag, der am Mittwoch, den 25. März, nachmittags 2.30 Uhr, im Festsaal der Handelskammer Stuttgart slatt- sindet. Als Redner ist der bekannte Agrarwissenschaftler, Professor Dr. Brandt, gewonnen, der als Direktor des Instituts für Landwirtschaftliche Marktforschung in Berlin leitet. Im Anschluß an diesen Bortrag wird Dr. jur. M a r- tin-Berlin einen Bortrag über .Wirtschaftskrise und Versicherungswesen" halten.

Warnung. Seit einiger Zeit häufen sich die Fälle, daß Bücher und ähnliche Werke mit der Behauptung angeboten werden, ein Teil des Reingewinns würde für die Kriegs­gräberfürsorge verwendet. Einige Vertreter gehen sogar so weit, daß sie bei Nichtabsatz des Buchs ohne jede Berech­tigung eine Spende für den Volksbund erbitten und in dessen Namen quittieren. Der Volksbund Deutsche Kriegs­gräberfürsorge gibt bekannt, daß er grundsätzlich jede Be­teiligung an Erwerbsunternehmnngen ablehnt und mit kei­ner Firma eine Abmachung getroffen hat, Bücher oder sonst irgend einen Artikel zugunsten der Kriegsgräbelfürsorgs zu vertreiben. Der Volksbund warnt nachdrücklich, anders­lautenden Angaben Glauben zu schenken und bittet, vor- kommendenfalls sofort die Kriminalpolizei zu verständigen und womöglich auch die Bundesaeschäftsstelle, Berlin W 15, Brandenburgischestr. 27, zur Weiterverfolguna der An­gelegenheit zu unterrichten. Nicht berührt werden durch Vorstehendes die vom Volksbund veranstalteten Sammlun­gen, bei denen auch gelegentlich Papierblumen und Post­karten verkauft werden. Derartige Sammler müssen im Besitz der vor geschriebenen Ausweise sein.

Politische Schlägerei. Als in der Nacht zum Sonntag nach einer nationalsozialistischen Versammlung in der Stadt­halle ein Trupp der Versammlungsteilnehmer in ein Lokal in der Landhausstroße in Ostheim zog. wurde er von Kom­munisten verfolgt, die sicb vor dem Lokal ansstellten. Als loäter die Nationalsozialisten das Lokal verließen, entspann sich alsbald eine Schlägerei. Die Kämpfenden wurden von der Polizei mit dem Gummiknüppel getrennt und die Ruhe wiederhergestellt.

Das Atter der Aerzte in Würkkemberq. Dr. Kaufs-nann- Ulm berichtet im Württ. Mediz. Korr.-Blatt, daß die Zahl der Aerzte Württembergs, die 60 und mehr Jahre alt sind, 289 beträgt. Hiervon stehen im Alter von 6069 Jahren 204 Aerzte: 72 Aerzte sind 7079 Jahre alte und 13 haben ein Alter von 80 und mehr Jahren. Der älteste Arzt in Württemberg ist 87 Jahre alt

Das Lufifahrtmuseum kommt nun sicher nach Stuttgart Der Inhalt des Zeppelinmuseums ist schon vor längerer Zest der Stadt Stuttgart geschenkt worden und wird nach Stutt­gart überführt, sobald der Wilhelmspalast, der das Museum aufnehmen soll, dazu eingerichtet sein wird, worüber aller­dings wegen der Kosten noch geraume Zeit hingehen dürfte. Das Reichsverkehrsministerium hat historisches Luftfahrt- material dem Museum bereits zur Verfügung gestellt; es lagert zurzeit in Böblingen. Beinahe selbstverständlich, daß Berlin, da es das amtliche Museum nicht haben kann, ein eigenes Museum bauen will, zu dem deutsche und ameri­kanische Private Gelder gestiftet haben sollen. Dieses Ber­liner Museum soll 2 Milk. Mk. kosten.

Pelze gestohlen. In einem Pelzgeschäft in der Nähe des Postplatzes wurde in der Nacht zum Montag eingebrochen. Der Täter schnitt mit einem Diamanten eine Ecke des Schaufensters heraus und stahl 2 Pelze. Der Täter konnte nicht ermittelt werden.

Aus dem Lande

Markgröningen OA. Ludwigsburg, 23. März. Typhus- erkrankung. Einige Seminaristen sind ins Bezirks­krankenhaus nach Ludwigsburg verbracht worden, weil dringender Typhusverdacht vorlag. Eine davon ist nun als leicht typhuskrank festgesiellt worden, während die anderen sechs vorerst nur typhusverdächtig erscheinen. Das Seminar und Seminarschulen sind mit sofortiger Wirkung geschlossen worden; sämtliche Räumlichkeiten wurden desinfiziert. Die Entstehungsursache ist noch nicht geklärt.

Heilbronn. 23. März. Der neue Polizeidirek­tor. Der Staatspräsident hat die erledigte Stelle des Vor­stands der Polizeidirektion Heilbronn in der Dienststellung eines Polizeidirektors der Besoldungsgruppe 3 dem Polizci- drrektor Wilhelm in Eßlingen übertragen.

Mühlacker, 23. März. Unfall beim Fußball­spielen. Beim Fußball-Verbandsspiel Mühlacker Nie­fern wurde in Mühlacker dem 23 I. a. Otto Epple von Niesern der linke Unterschenkel gebrochen. Das Sanitäts­auto von Mühlacker brachte den Verletzten ins Pforzheimer städtische Krankenhaus.

Aalen, 23. März. Geschäftsgang. Nun mußten auch die Ostertagwerke, die bisher einen sehr guten Ge­schäftsgang zu verzeichnen hatten, die Arbeitszeit verkürzen. Es besteht Hoffnung, daß die Maßnahme nur vorübergehend sein wird. Die Gebrüder Rieger (Fabrikanten Carl Rü­ger und Emil Rieger) haben eine Maschinenfabrik eröffnen Die bisherigen an die Alexanderwerke angeschkossenen Riegerwerke A.G. beschäftigen immer noch etwa 100 Ar­beiter und Angestellte, die befürchtete Stillegung ist nicht eingetreten. Das Ausbesserungswerk der Reichsbahn arbeitet wie überall verkürzt. Ziemlich gleichmäßig war den ganzen Wniter durch die Textilindustrie beschäftigt. Das Baugewerbe zeigt einige schwache Ansätze zur Besse­rung. Die fortschreitende Jahreszeit wird jedoch sicher eine lebhaftere Bautätigkeit bringen.

Bad Mergentheim, 23. März. Vom Kurleben. Herzog Philipp von Württemberg traf am Josesstag hier ein und nahm in der Kuranstalt Hohenlohe Wohnung.

kirchheim u. T., 23. März. 30 000 Mark verun­treut. Der hier wohnhafte, bei einer Firma des Bezirks angestellte Kaufmann N. wurde am Samstag verhaftet. Er war seit 8 Tagen spurlos verschwunden, nachdem er sich Veruntreuungen in Höhe von ca. 30 000 Mk. hat zuschulden kommen lassen. Er kam am Freitag abend wieder zurück und hat sich am Samstag seiner Firma gestellt.

Gek>ersheim OA. Leonberg, 22. März Tödlich abge- stürzt. Der im 75. Lebensjahr stehende Landwirt Friedr. Kogel ist gestern abend vom Scheunenboden abgestiirzr. Die Verletzungen führten bald zum Tode.

Hochwasser im W ü r m t a l. Die Schneeschmelze, die durch den niedergegangeuen Recen beschleunigt wurde, hat der Würm in kurzer Zeit so große Wassermassen zuge­führt, daß sie an vielen Stellen über die Ufer getreten ist. Bei der Planmühle, bei Merklingen, Hansen und Weil der Stadt haben sich ganze Seen gebildet

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Mauken 6cun6

(Fortsetzung 47)

(Nachdruck verboten )

Dann verließ ihn die Magd. Draußen war es inzwi­schenvöllig dunkel geworden. Doch der Mond war sichtbar, zwischen dunklen Wolkenschleiern. Sein Silber rieselte in den Garten. Weiß schimmerte es dort aus dichtem Busch­werk auf. Da zuckte Vertschs Auge zusammen: die Bank unter dem Jasminstrauch an der Mauerbrüstung. Mit einem Ruck warf er sich wieder herum.

Dann nahten leichte Schritte im Nebenzimmer, die Tür öffnete und schloß sich wieder. Ein leises, seidiges Rascheln, und nun Stille. Ein Abwarten bei ihr. Kühl, wortlos. Vorwurf und Strafe zugleich.

Da kehrte er sich ihr zu. Seine Brauen waren tief her­abgezogen und verdeckten fast seinen Blick, der nun zu ihr kam. langsam wie zu einem Feinde.

Ich hatte eben eine Unterhaltung mit deiner Groß­mutter. Sie suchte mich auf".

Rauh klang es zn ihr hin.

War das dieselbe Stimme, die gestern abend so weich und dunkel flüstern konnte? Erschrocken blickte sie aus ihn. Verständnislos. Doch nun sprach er weiter:

Die alte Frau erzählte mir allerhand. In bester Ab­sicht sie konnte ja nicht ahnen. Nun ganz gleich auch. Bloß eins muß ich wißen. Willst du mir eine Frage be­antworten aus Ehre und Gewissen?"

Ihre Augen, die aus ihn gerichtet waren, groß und weit, bekamen etwas Starres.

Frag!"

Also ist es wahr? Du hattest es dir vorgesetzt, mit allen Mitteln dein Ziel zu erreichen, mir gegenüber?"

Ein flammendes Rot schoß ihr aus dem Ausschnitt des Kleides, an dem weißen Hals empor.

Hat dir das meine Großmutter gesagt?"

Deine Antwort! Mit allen Mitteln! Nötigenfalls auch mit dem letzten?"

Der heißen Glut folgte ein ebenso jähes Erblassen. Aber ihre Lippen preßten sich aufeinander zu einer schma­len, harten Linie. So stand sie regungslos, die Augen ge­schlossen. Und erlitt in diesem Moment tiefste Frauen­schmach.

Wohl war es ja so gewesen, wie er sagte. Aber sollte sie ihm bekennen, daß da noch etwas anderes sie getrie­ben hatte? Stärker wohl noch ausschließlich als alle kühle Vernunft und drängender Ehrgeiz. Dies bekennen ihm der vor ihr stand, eiseskalt, nur ihr Ankläger und Richter ?

Da warf sie den Kopf in den Nacken zurück.

Nimm an, was du willst. Es ist unter meiner Würde, dir auf diese Frage etwas zu erwidern".

So" Ein harter Glanz war in seinen Augen, wie sie nun in die ihren drangen, gleich zwei unbarmherzigen Schneiden.Diese Erwiderung ist mir allerdings Antwort genug. Ich weiß jetzt, was ich zu halten habe von dem Zufall gestern".

Gerhard!"

Sie taumelte fast zurück. So blieb sie an der Tür stehen, beide Hände hinter sich ausgebreitet, wie einen Halt su­chend, und den Kopf weit vorgestreckt, zu ihm hin, der jetzt fortfuhr in dem gleichen, grausam kalten Ton.

Sei ohne Sorge, du hast dein Ziel erreicht. Heiraten werde ich dich natürlich, aber"

Wie ein Peitschenhieb traf sie dies letzte Wort, mit sei­ner abgrundtiefen Verachtung. Da ritz sie sich empor. Fie­bernd brannten ihre dunklen Augen in dem blutleeren Antlitz, wie sie nun die Hand gegen ihn ausstreckte mit einer befehlenden Gebärde.

Genug! Du hast keinerlei Verpflichtung mir gegenüber schade ist es nur, daß ich kein Mann bin um dir die Antwort zu geben, die du verdienst".

Zitternd am ganzen Leibe stieß sie es hervor. Dann war er allein.

Still war es in dem Zimmer. Seine Augen starrten immer noch mit wildem Glühen nach der Stelle, wo sie eben gestanden. Endlich aber blickte er um sich. Wie ein Erwachen aus wirrem Traum. Langsam tastete seine Rechte zur Stirn. Sie war kalt und feucht. Wie grauen­haft war das alles! Ein Ekel überkam ihn, vor dem Le­ben vor sich selber. Und er verließ das Zimmer, ging hinauf in seine eigenen Räume.

I Stundenlang blieb er da noch auf in ruhelosem Hin- I und Herschreiten. Bis endlich die zuckenden Nerven ruhi­

ger wurden.Ein Bedürfnis nach frischer Lust überkam ihn, und er trat hinaus auf den Balkon vor seinem Wohnzim­mer.

Draußen lag der Mondschein in dem weiten Talgrund. Langsam glitt sein Blick darüber hin. Nun tauchte es drunten in der Tiefe auf: ein schwarzer Spiegel mit mat­tem Eilberglanz der Fischbacher Weiher. Dunkel lager­ten sich um ihn die Berge. Geduckt, lauernd wie riesige Un­geheuer.

Da umklammerte es ihm noch einmal die Brust, mit ei­serner Faust. And er wandte den Blick in entgegengesetzter Richtung. Zu den Haubergen drüben. Der Wind stand von dort her. Herb schlug ihm die Nachtluft aus den jungen Eichen droben entgegen. Aber estat ihm wohl. Das war Geruch des Heimatbodens. Rauh und kräftig. Wie eine Mahnung.

Wohl hatte ihn ein Sturm geschüttelt, dicht am Umbre­chen. Aber noch saßen die Wurzeln fest. Da hob er wieder das Haupt und schickte den Blick weiter hin über den Tal­grund.

Dort hinten blinkte es hell auf am Nachthimmel. Wohl ein Stern. Und da noch einer? Nein, Lichter waren es, droben von seinem Werk. Die ganze Nacht hindurch strahl­ten dort ja die elektrischen Bogenlampen.

Leuchtfeuer schienen sie ihm, die seiner Lebensfahrt wieder Richtung und Ziel gaben. Ein paar Schritte weiter tat er da auf dem Balkon, bis hart an die Brüstung. Nun sah er dort drüben am Hang einen rötlich-dunstigen Nebel schweben. Dunkel stieg es daraus empor. Die Schattenrisse von Hallen und Esten. Ein dumpfes Brausen zitterte her­über durch die Talweite. Dann ein blutrotes Ausflackern oben an einer der Turmbauten ein Hochofen, der sich­tete. Und jetzt Lichter über Lichter, strahlend, ein ganzes Heer von Sternen, die menschliche Schöpfungskraft ge­zeugt. Dazu ein Rasseln, Fauchen, Dröhnen, der Kampf­ruf der Arbeit, die auch des Nachts nicht schlummert, der ernsten aber segensreichen Arbeit, die dem Menschen das Beste gab im Leben: Das große Vergessen.

Eine rauhe Musik. Aber sie scheuchte die finsteren Dä­monen, die Gerhardt Vertsch verfolgt hatten, zurück in ihr Nachtreich. Da wich endlich das Düster von seinen Zügen. Ernst waren sie noch immer. Sehr ernst. Doch die Rübe stand wieder darin. Jetzt gehörte er von neuem der, die sein Leben so lange ausgefüllt hatte der Arbeit. Ge­hörte ihr ganz und ungeteilt. (Fortsetzung folgt)