aus Garten unö Landwirtschaft

Hellage zum Nagolder TagblattDer Gesellschafter" / Mittwoch, den 25. Februar 1931 .

Abnehmen der Leimgürtel von den Obstbäumen

Die im Herbst an den Obstbäumen angelegten Leim­gürtel müssen jetzt unverzüglich abgenommen werden, sie haben ihren Zweck erfüllt und der Leim ist jetzt meist ein­getrocknet. Sehr nötig ist, daß die Leimringe gesammelt und verbrannt werden, da auf ihnen oft eine Anzahl Frostspannerweibchen gefangen ist, die noch voll von Eiern sind. Oft sind auch die Eier am Gürtel selbst abge­legt worden. Die Eier selbst sind jedoch in keinem Falle abgestorben, aus ihnen entschlüpfen vielmehr im Frühjahr zur Zeit des ersten Austriebs der Bäume die sehr gefräs- sigen Raupen. Wer deshalb die Gürtel am Baum beläßt oder sie abnimmt und achtlos beiseite wirft, anstatt sie zu verbrennen, kann erleben, daß die Bäume trotzdem kahl­gefressen werden. Man schädigt in diesem Fall nicht nur sich selbst, auch die Nachbarn und leistet der Weiterver­breiterung des Frostspanners Vorschub. Häufig konnte man beobachten, daß der Leim infolge der warmen Tage im Oktober oder November abgelaufen ist und an der Baumrinde hängen blieb. Mit dem Leim gerieten natür­lich oft abgelegte Eier auf der Baumrinde unterhalb des Gürtels. Es ist deshalb notwendig, daß solche Stellen mittels rauher Bürste und 8lOprozentiger Obstbaum- carbolineumbrühe oder einer 10 prozentigen Schmierseife­lösung abgewaschen werden, damit die Eier zerstört wer­den. Walz, OA.-Baumwart, Altensteig.

Me Wirklichen Düngemittel and ihre Vedeninug für die Ervührnvg unserer Kulturpflanzen

Von Dr. P. Lieb, Landwirtschaftslehrer u. Wirtschafts­berater.

Während die künstlichen Düngemittel in der Regel nur einen der Pflanzennährstaffe enthalten, finden wir diese sämtlich in den natürlichen Düngern, zu denen der Stall­dung, die Jauche, der Kompost und der Fäkaldünger zu rechnen sind. Abgesehen von der Jauche enthalten die na­türlichen Düngemittel humusbildende Stoffe und gewisse Bakterienarten, die für das Pflanzenwachstum unerläßlich sind. Die Grundlage jeglicher Düngung sind die natürlichen Dünger, zu denen auch die Gründüngung zu rechnen ist; für das Acker- und Gartenland ist es der Stalldung, für Wiese und Weide ist es der Kompost. Es ist eine in der landwirtschaftlichen Praxis vielerorts eingebürgerte grund­verkehrte Ansicht, zu glauben, daß wir uns auf die Dauer von den natürlichen Düngern lossagen können und glau­ben, Höchsternten nur durch künstliche Düngemittel zu er­zielen. Leider stößt man vielerorts immer noch auf die Tatsache, daß der Pflege und der Behandlung der natürli­chen Düngemittel, insbesondere des Stalldüngers, nicht immer die nötige sachgemäße Behandlung zukommt. Die Jauche muß man möglichst von der Außenluft fernhalten, um eine große Verdunstung des Stickstoffs in Form von Ammoniak zu vermeiden. Durch porösen Untergrund der Jauchegrube versickern außerdem die Nährstoffe und gehen in der Wirtschaft verloren.

Bezüglich der Behandlung des Stalldüngers sei an ein ebenso altes wie bewährtes Bauernsprichwort erinnert:

Halt ihn feucht und tritt ihn feste, das ist für den Mist das beste".

Die vom Tiere in der Nahrung aufgenommene Phos­phorsäure wird neben dem Kalk vorwiegend zum Aufbau des Knochengerüstes verwendet. Stalldung und besonders Jauche sind deshalb arm an Phosphorsäure. Dieser Tat­sache ist bei der Ernährung unserer Kulturpflanzen unbe­dingt Rechnung zu tragen, wissen wir doch, daß die Phos­phorsäure vorwiegend zur Bildung von Körnern und Sa­men verwendet wird. Erst durch Beidüngung von Phos­phorsäure, am besten durch Superphosphat mit 18 Proz. wasserlöslichen Phospohrsäure, werden obengenannte na­türlichen Düngemittel zu Volldünger im wahrsten Sinne des Wortes. Superphosphat eignet sich, wie die Erfahrun­gen von Theorie und Praxis bestätigen, sehr gut zur Kon­servierung des Stallmistes und der Jauche. Das Verfahren ist sehr einfach; man gibt je Tag und Stück Großvieh ein bis zwei Pfund Superphosphat in die Jauchegrube und auf die Düngerstätts. Durch den im Superphosphat ent­haltenen Gips wird der sehr leicht flüchtige Ammoniak­stickstoff gebunden und somit der Wirtschaft erhalten. Höchsternten im Garten und in der Ackerwirtschaft können nur erreicht werden, wenn für ein für die Pflanze günsti­ges Nährstoffverhältnis im Ackerboden gesorgt wird, wo­bei aber die natürlichen Dünger die Basis jeglicher Dün­gung bilden müssen.

Oie Ruhrnesblume.

Die Ruhmesblume, mit ihrem wissenschaftlichen Namen Oliantbus genannt, sieht man leider nicht allzuoft mehr auf den Blumenfensterbrettern, obwohl diese Pflanze früher ganz besonders geschätzt war und man sagen kann, daß sie zu den schönsten Schmetterlingsblütlern gehört, die man kennt. Ihre Blumen sind durchweg pracht­voll, ihre an die Zierlichkeit der Mimosen erinnernden Blätter haben unter unseren Topfblumenzöglingen wenige ihresgleichen. Die Zucht ist allerdings nicht ganz einfach. Die Gärtner säen die Clianthussamen im zeitigen Januar im Warmhaus aus und veredeln die Keimlinge in noch ganz jungem Zustande auf Oolutoa arborssoens, die nur wenige Tage vorher ausgesät worden ist. Dazu gehört eine sehr geübte Hand und außerdem ein Warmhaus. Der einfache Liebhaber wird also die Pflanze erst später kaufen oder er wird sie ohne Gewächshaus aus Samen zu züchten versuchen, was in einem warmen Zimmer nahe am Fenster gelingen kann. Noch besser freilich ist es, wenn man ältere Pflanzen durch Ableger vermehrt. Fast jeder Seitenzweig, den man nahe am älteren Holze der Mutter­pflanze entnimmt, treibt in vier bis sechs Wochen Wurzeln. Im Winter stellt man die erwachsenen Pflanzen nahe am Fenster 48 Grad warm, im Sommer lieben sie einen halbschattigen, aber doch warmen Standort. Sie brauchen große Töpfe mit leichter Erde, die man aus Laub- und Heideerde mit etwas Lehm zusammenmischt, auch wollen sie oft versetzt werden. Im Winter gießt man mätzia. im Sommer stark. Ein aeiä-rlicher Feind des

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Laubes ist die Rote Spinne, die" oft abgesucht werden muß. Die Blüten erscheinen im April und im Mai, bei warmem Standort schon manchmal im Februar. Sie sind bei der verbreitetsten Art fleischrot, bei anderen scharlach- oder purpurfarben, bei der schönsten, Olümtlms punioeus, sind sie hochrot und erscheinen in ganzen Trauben. Alle Clianthusarten sind in Australien zu Hause. Als Dung gibt man ihnen leichte Hornspangüsse.

Rattenbekämpfung.

Wegen der außerordentlich großen wirtschaftlichen Schaden und gesundheitlichen Gefahren, die der Allge­meinheit durch die immer mehr überhandnehmendL Rattenplage drohen, ist es unbedingt notwendig, gegen <uese Schadenstifter und Gefahrenbringer einen scho­nungslosen Vernichtungskampf zu führen. Wohl kann sich der einzelne mit Erfolg gegen die Ratten wehren; ec wird aber nicht verhindern können, daß ihm früher oder ipater von seinem Nachbar, dessen Unkenntnis oder Gleich­gültigkeit eine hemmungslose Vermehrung dieser Schäd­linge unterstützt, die Ratten wieder zuwandern. Dem wird ein Riegel vorgeschoben, wenn unter Beteiligung jedes einzelnen Grund- und Hausbesitzers eine systematische, planmäßige und energische Massenbekämpfung der Ratten in Stadt- und Landgemeinden durchgeführt wird, was ja der Sinn der alljährlich wiederholten gesetzlichen Ratten-- bekämpfungstage ist. Zu diesem Zwecke hat die Landes- anstalt für Pflanzenbau und Pflanzenschutz, München, Liebigftratze 25, ein Verfahren ausgearbeitet, mit dem es gelingt, die Ratten selbst in ihren entlegensten Schlupf­winkeln zu erfassen und zu vernichten. Solche Großratten­bekämpfungen wurden nach diesem Verfahren auch bereits mit bestem Erfolg in verschiedenen Städten und Landge­meinden durchgeführt. Die Mittel der Landesanstalt haben außer der sicheren Wirkung noch dazu die wertvolle Eigenschaft der Ungefährlichkeit für Menschen und Haus­tiere.

Mit Einbruch der kalten Jahreszeit pflegen sich die im Freien hausenden Ratten in di-> warmen Viehställe, in die Getreide- und Heuböden sowie in die Keller und Vorratskammern der menschlichen Wohnstätten zu flüchten, um im Verein mir den dort schon eingenisteten Arr- genossen ihr verheerendes Unwesen in erhöhtem Maße zu treiben. Aus diesem Grunde gestaltet sich die Durch­führung der Rattenbekämpfung in ländlichen Gemeinden und Städten gerade zur Winterszeit einfacher, weil die oft schwer auffindbaren Schlupfwinkel und Nistplätze im Freien zwischen den vielfach weit auseinanderliegenven Anwesen meist verödet sind. Im Winter haben die Land­wirte auch mehr Zeit, die Bekämpfung gründlich und sorgfältig durchzuführen. Unerläßlich für einen nach- ! haltigen und zufriedenstellenden Erfolg ist aber ein ge­meinsames Vorgehen in möglichst weitem Umkreise.

Vom Bezirksobstbauverein Nagold

Man schreibt uns: ^

Am Sonntag, den 15. ds. Mts. fand in derSonne" in Ebhausen die Generalversammlung des Vez.-Obstbatz- vereins statt. Trotz mehrere Versammlungen verschiedener Art im Bezirk war der Besuch ein verhältnismäßig gu­ter. Vorstand Walz begrüßte die Versammlung herzlich, besonders Herrn Eartenbaurat Hi Iler von der Land­wirtschaftskammer und den Ehrenvorstand, Altschultheiß D e n g l e r-Ebhausen. Sodann gedachte der Vorstand der im letzten Jahr verstorbenen Mitglieder unter Hervorhe­bung der besonderen Verdienste. Es sind dies: Hauptleh­rer Wolf-Nagold, Stadtpfleger Lenz-Nagold, Baum­wart Deng ler-Sulz, Baumwart L u z-ilntertalheim und Hauptl. H a g e n l o ch e r-Ebershardt. Ferner wurde der Verdienste des seit langem erkrankten Schriftführers und Ausschußmitglieds Julius Raaf-Nagold gedacht.

Die Tagesordnung begann mit einem längeren Be­richt des Vorstands über Beobachtungen im Obstbau und die Vereinstätigkeit. Hiezu führte er etwa aus: Die Gründe des Fehljahres 1930 sind in erster Linie auf das Fehlen der Bodenfeuchtigkeit seit Sommer des Jahres 1928 und die guten Obsternten der Jahre 1928 und 1929 zurückzuführen. Es hätte daraufhin mehr gedüngt und teilweise auch bewässert werden müssen. Auch die Schäd­linge hatten sich sehr stark breit gemacht, besonders die versch. Raupenarten, sowie Apfelblütenstecher und Obst­made. An Zwetschgenbäumen sind es besonders die Schild- läuse, die großen Schaden u. Ertragsausfall verursachen. Durch den kalten Winter 1928/29 seien viele Bäume zer­stört worden und werden diesen noch viele durch diese Ur­sache Nachfolgen, man müsse zeitig sllr Nachwuchs sorgen, denn der Obstbau sei gerade der Zweig der Landwirt­schaft, aus dem noch Reingewinn erzielt werden könne. Vorträge und praktische Unterweisungen haben im Be­richtsjahr in großer Zahl und in den meisten Gemeinden stattgefunden, oft bei gutem, manchmal auch bei schlechtem Besuch. Mit den Reichsbeihilfen sind im Berichtsjahr ca. 350 Obstbäume im Bezirk umgepfropft worden. Hiezu rich­tete der Vortragende die Bitte an die Vaumwarte, sie möchten sich endlich endültig auf weniger und dafür han­delsfähige Sorten konzentrieren, und nicht soviel Liebha­bersorten, die meist wenig Handelswert besitzen, vermeh­ren. Mit Reichshilfe sind auch 36 neue Obstgüter angelegt worden, mit etwa 800 Apfelbäumen auf einer Gesamt­fläche von 11,52 Hektar. Durch ein Rundschreiben des Vereins sei eine große Menge Leimgürtel wesentlich ver­billigt angebracht worden, sodaß der Frostspanner ener­gisch bekämpft worden sei. Nach außen sei der Verein im­mer, wo notwendig, vertreten gewesen, so haben zwei Vertreter an der Generalversammlung des Landesobst­bauvereins teilgenommen. Aus dieser Versammlung ist zu berichten: 2m Herbst feiert der Württ. Obstb.-Verein sein 50jähriges Jubiläum, verbunden mit großer Obstausstel­lung, woran sich auch unser Bezirksverein entsprechend be­teiligen wird.

Bei einem Vortrag von Obstbauinspektor Schaal- Stuttgart in dieser Versammlung kam zum Ausdruck, daß sich die Obstzüchter mehr als bisher mit der Sortenwahl befassen und sich dem Klima und Absatzverhältnissen an­passen sollen. Die klimatisch wärmeren Lagen sollen mehr Frühobst und bessere Birnsorten erzeugen, während die hiheren Lagen haltbare und handlesfähige Wintersorten pflanzen sollen. Das sei der Weg, der der Einfuhr vom Ausland Einhalt gebiete.

Mit Dankesworten an alle, die sich um das Vereinsge­

schäft verdient gemacht haben, schloß Vorstand Walz seinen Bericht und erteilte dem Kassier Bürgermeister Mutz- Ebhausen zur Ablegung der Jahresrechnung das Wort. Hienach beträgt die Mitgliederzahl fast 600, der Kasse verblieb eine Mehreinnahme von 255.41 Mk. Dem Kas­sier wurde der wohlverdiente Dank ausgesprochen u. Ent­lastung erteilt. Die hieraus stattfindenden Wahlen gaben keinerlei Aenderung. Nur an Stelle des infolge Krank­heit zurückgetretenen Schriftführers Jul. Raaf-Nagold wurde Jul. Vihler, Obergärtner bei I. Reule-Na- gold, gewählt. Vorstand Walz dankte für das ihm und den übrigen Geschäftsträgern entgegengebrachte Vertrauen und bat auch alle anderen Mitglieder jedes sein Teil zur Förderung des Obstbaus beizutragen.

Sodann nahm Gartenbaurat H i I l e r-Stuttgart das Wort zu einem Vortrag über Erzielung von Reingewinn im Obstbau. Zunächst stellte er fest, daß unser Bezirks­obstbauverein gut funktioniere, dies sei ein Beweis, daß die richtigen Leute an der Spitze seien. Es müsse aber auch den Anordnungen und Einladungen der Vereinsleitung mehr und mehr Folge geleistet werden. Das Obstfehljahr 1930 sei bedauerlich, einmal wegen des finanziellen Aus­falls für die Erzeuger, dann auch weil auf den allmählich immer mehr beliebten Rohgenuß von Obst viele Familien und Kinder verzichten müssen und weil dadurch die Ein­fuhr aus dem Ausland wieder bedeutend gestiegen sei. Die Einfuhr von Obst, landw. und industriellen Erzeug­nissen müsse herabgedrückt werden. Die Ertragssteigerung der Obstbäume hänge nicht von deren Zahl ab, sondern von der Pflege, Entwicklungsmöglichkeit und Sortenwahl. Besonders bei Neupflanzungen sei den heutigen Erfahrun­gen und Erfordernissen besonders Rechnung zu tragen. Nur gute Böden sollen mit Bäumen bepflanzt werden, da­bei seien die Ansprüche der Sorten an die verschiedenen Faktoren zu berücksichtigen. Alte Obstanlagen versprechen bei Wiederbepflanzung nicht den gewünschten Erfolg. Ge­sundes und richtig kultiviertes Vaummaterial dazu zu verwenden sei sehr wichtig. Sorten, die genügend große und ansprechend gefärbte Früchte bringen, sind zu bevor­zugen, da solches Obst gerne teuer bezahlt werde, sofern es auch schön und sauber zum Verkauf angeboten wird. Auch auf dem Schwarzwald könne recht gut Qualitätsobst produziert werden, nur müsse die richtige Sorte am rech­ten Standort stehen und zur Pflege mehr geschehen. Die Die Sortenzahl müsse dabei wesentlich vereinfacht werden. Nicht zu verkennen sei auch der stete Rückgang des Most- verbrauchs, wodurch man ohnehin schon mehr Wert au.f Tafelobstanbau legen müsse. Dies könne auch durch groß­zügiges Umpfropfen geschehen, aber nicht auf alten ab­gängigen Bäumen, sondern nur gesunden und frohwüchsige Bäume gewährleisten genügend Erfolg. Wichtig bei der Obsternte ist auch die vollständige Baumreife abzuwar­ten, da gerade die letzten Tage vor der Reife das Aroma in die Früchte tragen und halbausgereiftes Obst zuviel Schwund bringt. Der Redner forderte noch auf, auch die Hauswände mehr mit Spalierobst auszunützen, da seien Früchte allerersten Rangs zu erzielen. Bei Beachtung al­ler angeregten Richtlinien sei noch sehr viel aus dem ^ Obstbau herauszuholen. Vorstand Walz dankte dem ^ Redner für seinen 1l4 stündigen Vortrag mit herzlichen , Worten. Eine rege Aussprache schloß sich an, die noch ^ manchen anregenden Gedanken brachte und nach fast 4- j stündiger Dauer konnte Vorstand Walz die anregend ver- ! laufene Versammlung schließen. W.