Leite 2 Nr. 4V

Nagoltzer Tegblatt »Der 8ese»sch«fter-

Mittwoch, 18. Februar 1931

verführen wolle, könnte es, falls es zustande kommt, auf diese Verfassung nicht vereidigt werden.

Die Lage hat dadurch eine Verschärfung erfahren, daß die Artillerie, deren Hauptquartier sich in Getafe bei Ma­drid befindet, sich zugunsten des Königs erhoben haben soll.

Die Königin von Spanien, die bei ihren Verwandten in London weilte, ist heute in Madrid eingetroffen.

Die englischen Rüstungsausgaben von 1890 bis 1930

London, 17. Febr. Schatzkanzler Snowden teilte im Unterhaus auf Anfrage mit, daß die Rüstungsausgaben im Jahr 1930 auf 110 704 205 Pfund veranschlagt werden. 1890/91 betrugen sie, wie Snowden zum Vergleiche angab, 34 087 319, 1913 14 77 098 723, 1924/25 117 677 039 Pfund.

Das Unterhaus hat die Regierungsvorlage, die Anleihe für die Arbeitslosenversicherung um 20 Mill. Pfund zu er­höhen, angenommen, nachdem ein konservativer Gegenantrag (Erhöhung um 10 Mill. Pfund) mit 251 gegen 220 Stimmen abgelehnt worden war.

Württemberg

Hauptversammlung des Wmtt. Gartenbauoereins

Stuttgart, 17. Febr. Unter großer Beteiligung hielt der Landesverband Württemberg im Reichsoerband des Deut­schen Gartenbaus im großen Saal des Bürgermuseums seine 27. ordentliche Hauptversammlung ab. Der Vorsitzende, Landtagsabg. Hausmann-Stuttgart, teilte mit, daß der Verband Frau Anna Pfitzer in Fellbach zu ihrem 75. Ge­burtstag eine Ehrenurkunde verliehen hat.

Die Hoffnungen auf das Jahr 1930 sind nicht in Erfüllung gegangen. Die Konkurrenz aus Holland, Italien und Frank­reich ist sehr schwer. So wurden allein im Dezember 1930 aus Italien 129000 Dz. Blumenkohl und aus Frank­reich 8200 Dz. Salat eingeführt.

Aus dem Jahresbericht, den der Geschäftsführr Otto Haug erstattete, ist zu entnehmen, daß der Mitoliederstand Ende Dezember 1930 1040 betrug. Die Gesamtzahl der an­erkannten Lehrbetriebe beträgt heute 612. Die Absatzwerbung für gartenbauliche Erzeugnisse hat im letzten Jahr eine we­sentliche Förderung erfahren. Die in Stuttgart geschaffene Blumenwerbuug der Gartenbaubetriebe und Blumen­geschäfte" hat eine rege Tätigkeit entfaltet und auch ander­wärts Nachahmung gefunden. Lohn- und Tarifstreitigkelten mit den Arbeitnehmern fühlten mehrfach vor den Schlich- tungsausschußi Das Ergebnis war das Weiterbestehen der seitherigen Lohnsätze: der in der Landschaftsgärtnerei ge­forderte Manteltarif wurde abgelehnt. Im Dezember fan­den in der Landschaftsgärtnerei erneut Verhandlungen vor dem Schlichtungsausschuß statt, die mit einer 6,5prozentigen Heerabsetzung der bestehenden Lohnsätze endigten. In Steuerangelegenheiten sind die Bemühungen beim Landes­finanzamt, eine Herabsetzung der Ertragssähe für das Steuerjahr 193031 zu erreichen, noch nicht abgeschlossen. Sie werden im Benehmen mit der Landwirtschaftskammsr fortgesetzt. Aus den Jahresberichten der Obmänner ist er­sichtlich, daß in allen Bezirken eine ersprießliche Arbeit kür den Beruf geleistet wurde.

Zum Schluß sprachen Oberlandwirtschaftsrat Bazlen von der wüitt. Landwirtschaftskammer überDie steuerliche Auswirkung der Notverordnung des Reichspräsidenten", Oekonomierat M a y e r,Bamberg überTechnische Taaes- fragen im Erwerbsgartenbau" und I B ö t t n e r-Frankfurt an der Oder überBetriebswirtschaftsfragen im Gemüse­bau",

Stuttgart, 17. Februar.

Arbeitsmarktsage im Arbeiksamtsbezirk Stuttgart. Am 1 Februar 1931 waren im Arbeitsamtsbezirk Stuttgart 12 398 männliche und 2287 weibliche Arbeitslosen- unterstützungsempfänger vorhanden. Neu hin­zugekommen sind 2839 Männer und 575 Frauen. Ans­

en sind 2027 Männer und 450 Frauen. Bei der^ ännern ergibt sich somit ein Zugang um 812 Personen, bei den Frauen ein solcher um 125 Personen. Stand am 15. Februar 1931 13 210 männliche und 2412 weibliche, zusammen 15 622 Arbeitslosenunterstützungsempsänger. In der Krisenunter st Atzung standen 3362 männliche und 436 weibliche Personen. Neu ausgenommen wurden 662 Männer und 112 Frauen. Ausgeschieden sind 359 männliche und 68 weibliche Personen. Bei den Männern ergibt sich somit ein Zugang um 303 Personen, bei den Frauen «in solcher um 44 Personen. Somit Stand am 15. Februar 1931 3665 männliche und 480 weibliche, zusam­men 4145 Krisenunterstützungsempfänger.

Insgesamt ergeben sich 19 767 Unterstützungsempfänger. Davon entfallen auf Groß-Stuttgart 10 938.

Landtagsomfrage wegen des Dahnhofumbaus Geislingen. Aba. Dr. Hölscher-Ulm hat im Landtag folgende Kleine Anfrage eingebvacht: Die Verhältnisse auf dem Bahnhof Geislingen sind unhaltbar. Bei dem starken Verkehr reichen die Bahnhofsanlwgen in keiner Weise mehr aus, eine Ab­hilfe ist dringend nötig, um die Gefährdung von Menschen zu verhüten. Ist das Staatsministerium bermt, mit allem Nachdruck bei der Reichsbahn und dem Rei chsverkehrsmini- sterium für den dringend nötigen Umbau einzutreten?

Bewerbung von Versorgungsanwärtern bei der Reichs­bahn. Für die Aufnahme von Inhabern eines Dersorgungs- scheins oder des Anstellungsscheins in die Bewerberlisten der Deutschen Reichsbahngesellschast bestand bislang keine Al­tersgrenze. Um der Notwendigkeit einer Senkung des Le­bensalters bei der planmäßigen Anstellung Rechnung zu tragen, ist bestimmt worden, daß nur diejenigen Inhaber eines Versorgungsscheins oder des Anstellungsscheins ausge­zeichnet werden dürfen, die sich innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten nach Empfang des Dersorgungsscheins um Anstellung im Reichsbahndienft bewerben ' Die neue Vor­schrift tritt erst für die vom 1. April 1961 ab eingehenden Bemerkungen in Kraft.

Staatspräsident Dr. Bolz und die SA. Die «Schwäbische Tagwacht' vom 12. Februar berichtete über eine Versamm­lung des sozialdemokratischen Reichstaqsahgeordneten Roß­mann in Bopfingen. Dabei erwähnt sie, daß der national­sozialistische Diskussionsredner behauptet habe, Staatspräsi- denk Dr. Bolz habe am 11. Januar bei einer Versammlung t« Bopfingen erklärt, «die Sturmabteilungen der NSDAP, seien vielleicht zum Schuh der Bürger gegen politische Be- ,-rvhungen von Links eines Tags noch recht gut zu gebrau­

chen.' Das «Deutsche Bolksblatt" Hai sich mit dem Staats­präsidenten nach seiner Rückkehr aus Berlin in Verbindung gesetzt und ist zu der Erklärung ermächtigt, daß er eine solche Aeuherung weder wörtlich noch dem Sinn nach getan habe.

Lehrgang für Fleischbeschauer. An einem noch zu be­stimmenden Ort wird demnächst ein fünfwöchiger Lehrgang für Personen abgehalten, die zugleich die Befähigung als Fleischbeschauer und als Trichinenschauer erwerben wollen.

Fahnen-Ausstellung. Professor Pazaurek in Stutt­gart, als Maler und kunstgewerblicher Sachverständiger be­kannt, veranstaltet gegenwärtig im Ausstellungsraum des Landesgowerbemuseums der Landeshauptstadt eine Ausstel­lung vorbildlicher Vereinsfahnen.

Vorerst keine Verschmelzung der beiden Schwarzwald­vereine. Der Vorsitzende des Württembergifchen Schwarz- waldvereins hat dem Badischen Schwarzwaldverein nunmehr offiziell mitgeteilt, daß der württembergische Hauptvorstand einstimmig den Beschluß gefaßt hat, im Hinblick darauf, daß eine Einigung wegen einer Beitragserhöhung nicht erzielt werden konnte, die Verhandlungen wegen einer Verschmel­zung der beiden Vereine zunächst abzubrechen. Der Haupt­vorstand betont aber ausdrücklich, daß damit der Gedanke einer Vereinigung nicht aufgegeben sei.

Aus dem Lande

Unkergruppenbach OA. Heilbronn, 17. Febr. Nächt­licher Ueberfall. Am Sonntag abend machte der 'Ar­beiter Albert Knauß mit seinem Sohn einen Besuch tun seinem Schwager in der Happenbacherstraße. Als beide um Mitternacht das Haus verließen, traten zwei junge Männer mit gezücktem Messer auf Knauß zu. Mit schweren Stich­wunden wurden Vater und Sohn ins Krankenhaus Heil­bronn eingeliefert. Als Täter sollen lautNeckar-Echo" zwei Pferdepfleger vom Gestüt Stettenfels in Betracht kommen.

Bruch OA. Backnang, 16. Febr. Bei der Ortsvor­steherwahl wurde mit 98 Stimmen Bürgermeister Schmid von Oberweissach gewählt. Der Gewählte behält sein bisheriges Ortsvorsteheramt und seinen Wohnsitz in Oberweissach bei, so daß nun die beiden benachbarten Ge­meinden gemeinschaftlich einen Ortsvorsteher haben.

Rotiweil, 17. Febr. Todesfall. Unerwartet rasch ist hier Medizinalvat Dr. Sorger im Alter von 59 Jahren gestorben. Er war erst seit November 1929 Oberamtsarzt in Rottweil, vorher in Oberndorf.

Schwenningen, 17. Febr. Schachspiel bis zum Lebensende. Am Sonntag starb unerwartet rasch der Senior des hiesigen Schachklubs, sein Ehrenmitglied Johann Wiedemann im Alter von 72 Jahren. Noch bis in die letzten Stunden seines Daseins war der Verstorbene mit seinem Lieblingsspiel, dem Schach beschäftigt. Unzählige Schachfreunde hat er zu tüchtigen Spielern herangebildet. Viele Jahre hat er mit bestem Erfolg an den Turnieren des Schweizerischen Schachvereins teilgenommen, an dessen diesjährigem Turnier in Winterthur er sich wieder betei­ligen wollte.

Tailfingen OA. Balingen, 17. Februar. Von einem Farren erdrückt. Der hiesige Farremvärter Johan­nes Bitzer wurde während der Futterzeit von einem Farren, der sich losgerissen hatte und den er wieder fest­legen wollte, erdrückt. Bitzer wurde der Brustkorb vollstän­dig eingedrückt. Sieben Kinder, denen vor etwa Jahres­frist die Mutter unerwartet starb, sind Vollwaisen ge­worden.

Ulm. 17. Febr. Versuchter Raubmord. Ein 20 I. a. aus dem Bezirk Blaubeuren stammender, in Ulm in Stellung befindlicher Kaufmann wurde wegen versuchten Raubmords festgenommen. Das auserlesene Opfer ist ein Jugendkamerad von ihm, ebenfalls aus dem Bezirk Blau­beuren und in Ulm beschäftigt. Der Täter hatte von seinem Opfer Geld geborgt, sollte dieses jetzt zurückzahlen und wurde dazu gedrängt. Er wußte, daß der Kamerad ein schönes Sparguthaben hatte. Er lockte den Kameraden abends vor die Stadt an das Ufer der Donau und schoß zweimal auf seinen Kameraden, wobei er ihn schwer ver­letzte. Zum Ausrauben kam er nicht, da das Opfer sich wehrte. Am andern Tag führte er in der Wohnung des Verletzten, der sich inzwischen ins Krankenhaus begeben hatte, einen Einbruch aus und stahl diesem einen geringen Geldbetrag.

Ravensburg» 17. Febr. Sonderbarer Verkauf. Kürzlich hatte ein hiesiger Automobilbesiher einen Wagen (Aga) zum Verkauf ausgeschrieben, und Mar im Handel gegen verschiedene Sachen wie Schweine, Mastochsen, Pferd, Klavier, Schlafzimmer oder Brennmaterial. Auf dis An­zeige gingen ein Dutzend Angebote ein. Einer bot in Er­mangelung eines Mastochsen einen Gaul an, der zwar schon 20 Jahre alt, aber gesund ist. Ein anderer aus der Tett- nanger Gegend, der weder Ochs noch Gaul übrig hatte, bot einige Zentner Hopfen aus der Ernte 1927. ein dritter bot

fernen ausgewachsenen Kropf und ein ganz Gescheiter seine Schwiegermutter, eine noch stattliche Witwe zum Tausch an. Ein angeblicher Jäger schrieb: Habe in meinem urwaldähn- lichen Forst zwischen Biberach und Schweinhausen stehen schwarze und vier rot-wetß-karierte Wildschweine gesichtet. Nachdem Sie sich schon vor Jahren als Wildsaujäger erfolg- reich betätigt haben, zweifle ich keinen Augenblick daran, daß es Ihnen mit Ihren bewährten Gehilfen genügen wird, die Viecher zu fangen und restlos abzumurksen. Ich lade Sie deshalb ein, sofort mit ihrem Wildsau-Ensemble hierher Zu fahren und gleich den Ihnen zum Ileberdruß gewordenen Aga-Wagen mitzubringen: würde Ihnen gern alle elf wilden Sauen gegen den sicherlich sehr komfortablen Rennwagen überlassen.

Pforzheim, 17. Fsbr. Tödlich verletzt. Die 16- jährige Elise Bischofs, Tochter des seit einiger Zeit ar­beitslosen Goldarbeiters Ehr. Friedr. Bischofs in Dietlingen» hatte sich verspätet und wollte aus den «bereits fahrenden Ar- Heiterzug nach Brötzingen springen, wobei sie abrutschte und unter die Räder geriet. Das Mädchen war sofort tot.

Aus Stadt und Land

Nagold, den 18. Februar 1931.

Wer Gott in Wahrheit sucht, der hat ihn auch in Wahr­heit. Denn ohne Eott kann man Gott weder suchen noch finden. D enck.

Dienftnachrichten.

Im Bereiche des Landesfinanzamts Stuttgart wurden versetzt: Steuersekretür Seemann bei dem Finanzamt Herrenberg an das Finanzamt Hirsau, Steuersekretür Scheiterlein bei dem Finanzamt Hirsau an das Fi­nanzamt Herrenberg.

^ ? Deutschland

Wie da der Abend fiel, das Dunkel niedcrsank,

Da haben wir ein jeder in seines Herzens Schc-ttn Dein, deutsches Land, gedacht,

Dein immer Dein!

Und jeder war an Dir sehr krank.

Und keiner sprach. Wir sahen uns nur immer an Scheu und verstört, wie Kinder in der Nacht Ins Dunkel blicken, augenstarr und voller Angst.

Und jeder fragte da sein Herz:Wovor Du bangst.

Ist es die Welt, die rings um uns in Waffen starrt?

Ist es der Feindesbund, der uns verraten und genarrt?" Da sahen wir uns immer von der Seite an,

Wie einst die Iüngerschar, darunter der Verräter saß. Und wußten, gleich den Zwölfen: Einer ist der Mann! Da haben wir der Feinde um die Grenzen nur gelacht: Wir zitterten vorm Feinde in den eignen Reihn.

Und haben jeder, tief in seines Herzens schamdurchpulstem Dein, deutsches Land voll Bangen da gedacht, sSchrein Dein, immer Dein!

Und wußten: Deutschland, wer Dich niederringt Ist nicht der Feind, der an die Tore pocht,

Den Deutschen hat kein Fremder Übermacht:

Wer unser Land bezwingt Muß auch ein Deutscher sein!

Da standen alle Stühle leer vor Scham,

Und als der Mond die Sitze zählte mit dem kalten Schein, War keiner da, der des Verräters Schande übernahm, Und mußte mitten unter uns doch sein!

Aschermittwoch im Schnee

In großen Teilen unseres Vaterlandes und auch des Württembergerlandes und schließlich in kleinen Kreisen unseres Städtchens mag gestern abend noch der Wahl­spruch gegolten haben:Sei lustig Du Schote, was leid'st Du für Not, wie kurz ist des Leabe ond wia lang bist Du tot!" Heute morgen ist es anders, überall gleich, denn der Aschermittwoch hat für uns alle das mahnende Memento, dasGedenke, o Mensch, daß Du aus Staub geschaffen bist und wieder zu Staube werden wirst", nachdem Prinz Karneval, der meist jedoch in Zivil sein Narrenszepter ge­schwungen hatte, heute nacht von der Polizei oder sonst irgend jemand in Acht und Bann getan wurde. Ist es überhaupt richtig, daß wir erst seit heute nacht um 12 Uhr Aschermittwoch haben, oder ist es vielmehr richtiger, wie wir im vergangenenJahr schrieben, daß wahrscheinlich unserem Volke und Vaterland ein schwerer und gar Jahre dauernder Aschermittwoch bevorstünde? Für jeden ist es so, wie er es wirtschaftlich fühlt oder persönlich empfin­det. Und gerade diese letzten empfinden den Aschermitt­woch nicht erst.Still, still nicht immer darüber

Nachdenken, der Mensch wird sonst mürbe und ohne Freude am Leben auch zur Arbeit untauglich. Lassen wir uns

Aufrechterhalllmg der Schulzucht

Stuttgart, 17. Februar.

Von zuständiger Seite wird mitgeteilt:

Der heutige Staatsanzeiger veröffentlicht eine Verord­nung des Kultministeriums über die Aufrechterhaltung der Schulzucht, die sich mit der parteipolitischen Betä­tigung der Schüler befaßt. Schon früher», in den Jah­ren 1911 bis 1925 erlassene Verordnungen und Erlasse der Unterrichtsverwaltung haben sich gegen die Versuche ge­wandt, die parteipolitischen Gegensätze in die Schülerschaft hineinzutragen. Neuere Vorfälle, besonders auch die Vor­gänge beiderReichsgründungsfeiervom 18. Ja­nuar in Ulm, haben aber gezeigt, daß über die Rechts­lage Zweifel bestehen. Die Verordnung geht davon aus, daß von der Schülerschaft jede Parteipolitik ferngehalten werden muß, weil sonst der Erfolg der staatsbürgerlichen Erziehung (Art. 148 Abs. 1 der Reichsverfassung) und der Schblfriede gefährdet wären. ,

Die Verordnung des Kultministeriums lautet:

1. Jede parteipolitische Betätigung in der Schule, bei Schulveranstaltungen oder bei Veranstaltungen für Schüler ist verboten. Die Schüler dürfen weder unter sich Bereinigungen bilden, die unmittelbar oder mittelbar partei­politische Zwecke verfolgen, noch Mitglieder parteipolitischer

Bereinigungen und ihrer Jugendgruppen sein, sofern sie nicht das wahlberechtigte Alter erreicht haben.

2. Den Schülern ist es untersagt, an Umzügen und sonstigen öffentlichen Veranstaltungen unter freiem Himmel teilzunehmen, die von politischen Parteien oder ihren Jugendgruppen veranstaltet wer­den, oder an denen sich solche beteiligen.

Im übrigen ist es auch nicht erwünscht, daß Schüler unter 18 Jahren an parteipolitischen Versammlungen in geschlossenen Räumen teilnehmen, doch muß in dieser Be­ziehung die Verantwortung den Erziehungsberechtigten überlassen werden.

3. Im Bereich der Schulen dürfen Druckschriften, Einladungen. Ankündigungen usw., die sich auf politische Parteien und parteipolitische Veranstaltungen beziehen, in keiner Form verbreitet werden.

4 Das Tragen von Abzeichen aller Art, mit Ausnahme der etwa eingeführten Klassenmühen, ist in der Schule und bei Schulveranstaltungen verboten.

5. Die vorstehenden Bestimmungen gelten für die Schü­ler der Volksschulen und allgemeinen Fortbildungsschulen, der höheren Schulen, der Lehrerbildungsanstalten, der Ge­werbe- und Handelsschulen einschließlich der höheren Han­delsschulen, ferner für die Schüler solcher Privatschulen, die der Aufsicht der Unterrichtsverwaltung unterstehen.

6. Die Verordnung vom 17. Juli 1925 über die Betei­ligung von Schülern an schulwidrigen Vera n. stal­tun gen bleibt unberührt.