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Württemberg

Stuttgart, 13. Sept. Verbandstag der Arbeit­sgerichte. Der Verband Deutscher Gewerbe- und Kauj- mannsgerichte wird am 2. und 3. Oktober d. I. im Bürger- imuseum hier «ine außerordentliche Verbandsversammlung vbhalten, die zu dem Entwurf -es Arbeitsgerichtsgesetzes Stellung nehmen wird.

Todesfall. Im Altär von 67 Jahren ist der Professor jfür Geodäsie und Astronomie an -er Techn. Hochschule, Dr. phil. und Dr. ing. h. c. Ernst von Hammer, gestor­ben. Viele Jahre war der hervorragende Gelehrte an der Technischen Hochschule tätig.

Sanitäter - Zusammenkunft. Am Sonntag, 20. Sept., vormittag 10 Uhr, findet im Festsaal der Brauerei Wulle hier eine Zusammenkunft der früheren Sanitätskompagnie 31 (1/XII!) mit Familienangehörigen statt. Anmeldungen zum Mittagessen erbeten an Kam. Friedrich Bach in Stutt- ssgart, Silberburgstraße 56.

Zur Auswertungssrage. In einer überaus zahlreich be­nschten Versammlung des Württ. Hypothekengläubiger- und Wparerschutzverbands im Sieglehaus sprach am Freitag «chend Reichstagsabg. Oberlandesgerichtspräsident Dr. B e st- plarmstadt über die Auswertungsfrage. Der Redner suchte verschiedene Einwände gegen die Aufwertung zu widerlegen. Die Grundlage für jeden Kredit bilde das Vertrauen in die -Ehrlichkeit des Schuldners und namentlich in die Ehrlichkeit Des Gesetzgebers. Die dritte Steuernotverordnung sei der schamloseste Rechtsbruch der Geschichte, aber das neue Aus- gwertungsgesetz sei noch weit schlimmer. Der verlorene Krieg, 'der Millionen an den Bettelstab gebracht habe, dürfe doch Vicht für Hunderttausende andere Ursache einer ungeheuren Bereicherung sein. Auch er (Redner) vertrete den Schutz des Kapitals, das die Voröedingung jedes Fleißes, Spür­sinns und jeder Kultur sei. Er sei auch kein Feind des Kapitals, soweit es durch Ehrlichkeit, Intelligenz und Fleiß erworben sei, aber er bekämpfe aufs stärkste da? durch Lug und Trug erworbene Großkapital. Bis heute hätten Aus­länder in Deutschland über 375 000 Häuser zu Schleuder­preisen erworben, denen jetzt durch die lächerlich geringe Auf­wertung Milliarden geschenkt werden, damit sie ihren Wu­chergewinn behalten können. Auch heute noch halte er seine Arktik dem Reichskanzler gegenüber aufrecht. Die politischen Parteien, die den Vorschlägen der Regierung zugestimmt haben, könnten eine Mitschuld nicht von sich wälzen. Nach seiner Ansicht widerspreche das Auswertungs»esetz dem Art. 153 der Reichsverfassung, daher müsse es, da es nicht die nötige Zweidrittelmehrheit des Reichstags erreicht habe, nichtig sein. Der Redner erntete für seine Ausführungen stürmischen Beifall.

Von den christlichen Gewerkschaften. Das Ortskartell der christlichen Gewerkschaften Stuttgarts faßte in einer Ver­treterversammlung eine Entschließung, in der die aus Anlaß der Verabschiedung der Zollvorlage von sozialdemokratischer Seite betriebenen Versuche, Uneinigkeit in die Reihen der christlichen Arbeiter zu tragen, mit Entschiedenheit zurückge­wiesen werden. Ferner erbebt die Vertreteroersamml'. ng gegen die vom württemberaischen Ministerium des Innern betriebene Mietzinspolitik Einspruch.

Aus dem Lande

Marmbronn, OA. Leonberg, 13. Sept. Gedenktafel. Am Haus des Bauerndichkers Christian Wagner wurde am letzten Donnerstag mit einer Feier seiner Verehrer aus dem Bezirk und aus Stuttgart eine von Kunstmaler Hein­rich Kißling entworfene und in Geislingen ausgeführte Ge­denktafel angebracht, die die Inschrift trägt: Geburtshaus und Wohnung des Dichters Christian Wagner, geb. 5. August 1835, gest. 15. Februar 1918. Im August v. I. wurde be­kanntlich das mit einem Bildnis Wagners gezierte Grabmal Wagners in Warmbronn eingeweiht.

Hochdorf OA. Vaihingen, 13. Sept. DieFüßeinder Dreschmaschine. Der 21jährige Verwalter der Zucke-- fabrik, Otto Scheckeler, geriet auf noch unaufgeklärte Weise in bie Dreschmaschine und wurde an beiden Beinen schwer verletzt. Das eine Bein ist gebrochen, während der Borfuß des andern Beins abgenommen werden mußte.

Heilbronn. 13. Sept. Besuch. Die Mitglieder -es Württ. Landtags werden am 26. September hierher kom­men, um die Hellbrauner Hasenanlagen und den Kanal mit dem Kraftwerk Kochendorf zu besichtigen. Gleichzeitig wird der Derkehrsausschuß des Reichstags hier eintreffen. um eine technische und wirtschaftliche Ueberprüfung der Fort­führung des Kanals vorzunehmen.

Heilbronn, 11. Sept. Gestern nacht ereignete sich auf der Landstraße BöckingenGroßgartach ein Motorrad- »infall mit tödlichem Ausgang. Der Zigarrensabrikant Karl Sturm aus Schwaigern war auf der Fahrt nach Hause be­griffen und fuhr dabei auf ein vor ihm befindliches Fuhr­werk auf, das anscheinend Stangen oder Röhren geladen bürte. Eine der Röhren drang ihm durch den Hals, ums den sofortigen Tod zur Folge hatte. T . , - -

Isny, 13' >. Sept. Kleinbahn-Idyll. Als der Mit­tagszug KemptenIsny die Strecke zwischen Hellengerst und Moos passierte, bemerkte der Zugführer, als er eben um eine Kurve bog, eine Anzahl Kühe auf dem Gleis. So schnell es möglich war, wurde der Zug zum Stehen gebracht, um ein großes Unglück zu verhindern. Zugführer, Schaffner und 'Heizer mußten, da sich nirgends ein Hirte oder Eigentümer des Viehs aus weiter Flur blicken ließ, aussteigen und das Vieh wegtreiben. Also nun wieder ausgestiegen und weiter- .«efahren! Kaum hundert Meter gings, da kam, von der 'Kurve begünstigt, wieder die ganze Herde, die anscheinend ausgebrochen war, zum Vorschein. Da sich das Vieh wieder Es dem Gleis Herumtrieb, mußte der Zug abermals zum Stechen gebracht werden. Wieder stiegen die Beamten aus und brachten das Vieh außer Gefahr.

Friedrichshafen. 12. Sept. Auszeichnung. Der hie­sigen Fischereigenossenschaft wurde seitens des Landes- stschereivereins die silberne Medaille verliehen für Verdienste um die Fischerei und den Fischhandel.

Sulz a. N., 14. Sept. Grotzfeuer. Am Samstag früh kurz vor 5 Uhr traf von Böhringen Feuermeldung hier ein. In der Dampfziegelei von Gebr. Kipp war Feuer aus­gebrochen, das bei dem herrschenden Westwind gefährlich zu werden drohte. Schon nach einer halben Stunde ging die Motor-Feuerspritze der Buntweberei Sulz zur Hilfeleistung nach der Brandstätte. Die Ziegelei soll vollständig verloren sein, währen^ die Wohn- und Oekonomiegebäude durch ener­gisches Eingreifen gerettet sind. Ueber die Entstehungsursache des Feuers konnte bis jetzt noch nichts ermittelt werden.

Nagolder Tagblatt »Der Gesellschafter"

Aus Stadt und Land

Nagold, 14. September 1925.

Wem zu Hause nicht wohl ist, dem wird selbst das Barerland zu enge; er verläuft sich in der Welt als Irrwisch. Jahn.

Dienstaachrichte».

Der Oberlehrer Monn in Wildbad wurde seinem An­suchen entsprechend in den Ruhestand versetzt.

Dreifaches Jubiläum!

Eine seltene Freude, wie sie dem Fabrikanten, u. Gemeinderat

H. Adolf Schnepf und seiner Frau Anna geb. Morlock heute oeschieden ist! Vor 25 Jahren kam er, ein geborener Heil- bronner, in die hiesige Stadt und begann bescheiden sein eigenes Geschäft als Holzbildhauer. Künstlerisches Können, Fleiß und Geschäftstüchtlgkeit brachten ihn so rasch vorwärts, daß er heute eine stattliche Möbelfabrik sein eigen nennen darf. Im Gesangs­wesen der Stadt betätigte er sich als Sänger und lange Jahre als Dirigent des Sängerkranzes, ist heute Vizedirigent des Ver­einigte Lieder- und Sängerkranzes und wurde neben andern Sangesbrüdern in diesem Jahre mit dem Sängerring für 25jähr. treue Dienste am deutschen Liede geehrt. Aus diesem Anlaß heraus versäumte es der Vereinigte Lieder- und Sängerkranz nicht, seinem verdienten Vizedirigenten an diesem Festtag ein wohlgelungenes Ständchen darzubringen. Präzeptor Wieland brachte die herzlichsten Glückwünsche zum Ausdruck und hob die Verdienste u. treue Arbeit des Gemeinderats Schnepf hervor. Der Jubilar dankte hierauf im Namen des ganzen Hauses und ist freudig bereit, es genau so wie bisher zu halten. In der Sonntagfrühe ehrte die Stadtkapelle ihren eifrigen Förderer durch schöne Mustkvorträge. Der Turnverein, dessen Sänger­riege er ins Leben rief und leitete, ernannte ihn zum Ehrenmit­glied. In welch gutem Einvernehmen Herr Schnepf mit seinen Angestellten und Arbeitern lebt, zeigte das gemütliche Zusam­mensein am Samstag abend imPflug" und es ist dies ein besonders gutes Zeichen, weil in der heutigen hastigen und nervösen Zeit leider in vielen Fällen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer ein sehr lockeres Band besteht.

Auch von dieser Stelle aus die herzlichsten Glückwünsche zum Ehe-, Geschäfts- und Sängerjubiläum!

Menschenkenntnis und Charakter.

Es ist ein herrliches Wissen, beim Menschen nach seinem Aeußeren sein Inneres richtig zu beurteilen. Leider verstehen dies sehr wenige Menschen. Diese wenigen Menschen aber geben sich alle erdenkliche Mühe, dieses Wissen, nämlich die Lehren von Dr. Gall, Lavater und Lombroso, unserem deutschen Volke bekannter zu machen. So hat sich auch Frau E- Zimmer­mann aus Pforzheim diese Aufgabe gestellt und hat hier in derTraube" am Freitag abend die Charakterbeurteilung an Kopf und Gesicht nach den Lehren von Dr. Gall, Lavater und Lombroso bei kleiner Zuhörerschaft vorgetragen und vorgeführt. Wie wichtig für den Menschen, für Mann und Frau dieses Wissen ist, in Bezug auf Geschäftsleben, Gattenwahl und eheliches Leben, wurde in kurzen, aber treffenden Worten klargelegt. Alle Anwesenden waren mit den Ausführungen zufrieden, und es wäre wohl im Interesse des Volkswohles eine regere Be­teiligung zu wünschen gewesen. Wie die Rednerin sagte, wird Im Lause dieses Winters von ihr selbst ein Lehrkurs zur Er­lernung der Charakterbeurteilung an Kopf, Gesicht und Hand hier in Nagold abgehalten werden, wenn genügend Teilnehmer sich hiezu einfinden.

Es wäre zu wünschen, daß dieser einwöchentliche Kurs, der sicher nicht sehr teuer wird und den sich gewiß manches leisten kann, zustande käme, denn ein dieser Lehre Vertrauter schaut sich seine Mitmenschen ganz anders an. -br.-

Homöop. Verein.

Ueber die Vielseitigkeit und Bedeuiung des Nervensystems für den Gesamtorganismus des menschlichen Körpers, die wesent­lichsten Erkrankungen und Heilungsmöglichkeiten desselben ver­breitete sich gestern Frau Frida Wörner aus Stuttgart in einem gründlichen mit warmem Interesse aufgenommenen Vor­trag in derTraube." Der Homöop. Verein erwirbt sich ein großes Verdienst durch Veranstaltung derartiger belehrender Vorträge für die Allgemeinheit. Nichtmilglieder wie Mitglieder können für ihre Gesunderhaltung dadurch wirklichen Nutzen ziehen.

Herbstfest des Arbeiter-Gesangvereins »Frohsinn."

Bei schönstem Wetter und gutem Besuch veranstaltete am gestrigen Sonntag der ArbeitergesangvereinFrohsinn" sein

I. Herbstfest. (Wegen Platzmangel müssen wir einen ausführ­licheren Bericht später bringen.)

Die Deutschen Genofsenschaste«

haben in ihrem Bestand in letzter Zeit durch die Folgen der Verordnung auf Umstellung des Geschäftsverkehrs von Papier­mark auf Goldmark insofern gelitten, als die Zahl der Auf­lösungen durch die Nichtigkeitserklärungen verstärkt die Zahl der Neugründungen etwas übersteigt. Inzwischen haben aber die Neugründungen weitere Fortschritte gemacht. Vor allem sind die Kreditgenossenschaften und insbesondere die städt. Kreditgenossenschaften in vennehrter Zahl entstanden. Gerade an Orten, an denen früher diese mittelständischen Kreditinstute und deutschen Volksbanken der Inflation weichen mußten, und man versuchte, aus ihnen Aktienbanken zu schaffen und so ihre Liquidation herbeiführte, entstehen andauernd neue Kreditgenos­senschaften, die von dem gewerblichen Mittelstand in Handwerk, Handel und Gewerbe, sowie von der Landwirtschaft ms Leben gerufen werden. Es ist dies das beste Zeichen, daß die deut­schen Kreditgenossenschaften für den Wiederaufbau unserer Wirt­schaft, für die Unterstützung des gewerblichen Mittelstandes, für seine Existenz- und Konkurrenzfähigkeit unbedingt erforderlich sind.

Es ist allen Angehörigen des gewerblichen Mittelstandes, auch den Beamten nur dringend zu empfehlen, die Mitgliedschaft bei einer Kreditgenossenschaft zu erwerben, um sich die Vorteile dieser echten Volksbanken zunutze zu machen.

Tleues Farnsprechbvch. Das amtliche Fernjprechbuch für den Oberpostdirektionsbrzirk Stuttgart wird demnächst neu ausgegeben werden. Für jeden Hauptanschluß und für jeden Nebenanschluß eines Dritten (Nebenstelle in den Wohn- oder Geschäftsräumen einer anderen Person als des In­habers des Hauptanschlusses) wird das Buch unentgeltlich geliefert. Der Verkaufspreis beträgt 2.40

Die internationalen Telegrammgebühren sollen auf der Telegraphenkonferenz in Paris erhöht werden. Die amerika­nische Western Union Telegraphen Gesellschaft will die Er­höhung aber nicht mitmachen, sie tritt vielmehr für eine Per- billigung der Kabelgebühren ein und beabsichtigt, ihrerseits die Gebühr für Preffetelegramme im öffentlichen Interesse um 20 v. H. zu ermäßigen.

Montag, 14. September 1925

ep. Zunahme der Ehescheidungen. Die Zahl der Ehe- scheidungen in Deutschland hat sich, wie Justizrat Dr. Schrömbgens auf dem Stuttgarter Katholikentag auf Grund der neuesten Feststellungen des Statistischen Reichsamtes mitteilte, in den letzten 20 Jahren auf das Dreifache erhöht. Waren es im Jahr 1605 schon 10 000 Ehescheidungen, ft stieg die Zahl im Jahr 1913 auf 16 000, im Jahr 1923 aber auf 3 4 0 0 0. In dem größeren Vorkriegsdeutschland kamen aus 100000 Einwohner 26,6, im verkleinerten Deutschland von 1923 dagegen 55 geschiedene Ehen. Auf 100 Eheschei­dungen im Jahr 1913 kommen 1923 im Berlin 158.7, in Hamburg 183, in Bayern 219,5, im Rheinland 232,8, ft Westfalen 242,6. ° Diese erschütternden Zahlen weisen besser als alles andere auf die dringende Gegenwartsaufgabe, mit allem Nachdruck das Gefühl für die Heiligkeit der Ehe m wecken und zu erhalten und allem entgegenzutreten, was dieses Gefühl untergräbt.

ErhaftnW aller Akten der Gemeinden. Dis Amlsvsr. ftanvs sind durch Erlaß des Ministeriums des Innern tcmi. t-agt, bei Vornahme von Gemeindevistationen dis Rft>. k"ratmvn insbesondere auch daraufhin zu prüfen, ob dis. j-'Nirren älteren Akten noch vorhanden sind, auf deren dam e mde Erhaltung Gewicht zu legen ist. Zur Erleichterung tr Prüfung werden Oberämter Verzeichnisse, sogenannt? A-chwinventars. zugesandt erhalten, die von der Kommission für Landesgeschichte aufgestellt worden sind.

Verdat der Einfuhr von Nutz- nutz ZuMyleb. gefahrdrohender Verbreitung der Maul- und Klauenseuche in den österreichischen Bezirken Imst in Tftnl, so:v!-> Rinden, und Bregenz in Vorarlberg ist Cinfnbr von N'.ch» und Zuchtvieh ans diesen Bezirken in Württemberg bis aus -pch reres verboten worden.

, Deutscher Genossenschoststag

. - Inffationsgefahr?

Freudenstadt, 12. Sept. In der gestrigen Hauptversamm­lung sprach Justizrat Dr. F u ch s - Köln über die Zusammen­arbeit der Kredit- und der Warengenossenschasten. Geh. Finanzrat Friedrich von der Reichsbank hielt darauf einen Vortrag überWährung, Wirtschaft und Reichsbank". Cr führte aus: Non vielen Seiten werde eine neue In­flation befürchtet, sogar als bereits voriieaend behauptet im Hinblick auf die ständige und beträchtliche Preissteige­rung, die sich ausdrückt in einem Steigen der Lebenshal^ tuirgsmeßzahl von 111 am 7. April 1924 auf 145 im August 1925. Nun ist es aber für die Inflation wesentlich, daß die Preissteigerungen verursacht werden durch die Höhe und Entwicklung des Zahlungsmittelumlauss. Dieser betrug 1913 etwa 6 Milliarden Mark. Nach seinem fast völligen Zerfall in der Inflation hat er sich bis zur Zeit des Erlasses des Reichsbankaesetzes wieder aucgefüllt auf etwa 3533 Millionen, um, allmählich bis zum August 1925 auf 4999 Millionen anzuwachsen. Die Steigerung der Preise und Löhne ist gegenüber 1913 um etwa 27 v. H. ge­wachsen. Sie hat sich im Gegensatz zu der Entwicklung des Zahlungsmittelumlaufs vollzogen, stammt nicht von der Geldseite her, ist also keine Inflation. Während also das Bestehen einer Inflation in Deutschland mit voller Sicher­heit verneint werden kann, ist weit weniger sicher ein Urteil darüber zu gewinnen, welche Höhe der Umlauf er­reichen könnte, ohne daß eine Jnflations c> e f a h r zu be­fürchten ist. Eine ziffernmäßige Antwort hierauf ist un­möglich. Unter allem denkbaren wirtschaftlichen Unheil, das uns widerfahren kann, wäre eine neueJnslationdas Sch limmste. Die Reichsbank wird bei so ungewisser Er­mittlung des Eefahrpunktes gar nicht vorsichtig genug ur­teilen und handeln können, zumal die Grenzen zwi­schen Inflation und sonstiger Preissteige­rung überaus flüssig sind. Bedenkt man, daß die frühere Inflation ihren Ausgang von der Warenseite her genommen hat, so ist schließlich die Besorgnis, es könne doch mit der Zeit eine neue entstehen, begreiflich. Jede Massenlohnerhöhung ohne gleichzeitig entsprechend gesteigerte Produktion wird wettgemacht durch d» Erhöhung der Preise, die sich ganz natürlich nach zwei Richtungen ergeben muß: Durch Verteuerung der Pro­duktion und durch Vermehrung der Nachfrage auf dem gesamten Markt infolge der Erhöhung der Kaufkraft Aller. Die Reichsbank ist in der Lage, ihren Kredit und damit ihren Notenumlauf in gewissen Grenzen zu halten. Kommt es nicht zu ganz außergewöhnlich politischen Entwicklungen, die sie einfach über den Haufen rennen» so bleibt der Wert ihrer Noten fest. Die Reichsbank wird in Be­zug auf ihren Kredit hart sein müssen. Ein die Kapital­neubildung hemmender Umstand besteht darin, daß so viele sich nicht darein finden können, wieder klein anzu­fangen und langsam und geduldig wieder aufzubauen. Die Kapitalbildung in Deutschland ist im letzten Jahr mit nicht viel mehr als 1 Milliarde anzunehmen. Riesige Summen könnten durch Ersparung an fremdem Obst und Wein, an fremden L u x u s st o f fe n, an Auslandsreisen, aber auch an manchen inländischen Dingen Jahr um Jahr geduldig um eine beträchtliche Zahl gewonnen werden.

Die Frage, überhauptBeschäftigungfürdie Arbeiterzu sichern, ist weit w i ch t i g e r, als die Frage, zu welchen Lohnsätzen dies geschehen kann. So sind die Hauptfragen der Wirtschaft, das muß ganz offen aus-- gesprochen werden, heute mehr Fragen des Kapi­tals, als Arbeiterfragen. Die Reichsbank werde in der Herabsetzung des amtlichen Zinsfußes nicht säumen, wenn sie sicher sein könnte, daß auch die Privatbanken ihre hohen Zinssätze und besonders die Provisionssätze ermäßigen.

Zum Schluß sprach Dr. Stein noch überGenossenschaft, Wirtschaft und Staat".

Aus aller Welt

Der Orden vom feurigen kreuz. Die weitere Untersuchung gegen die Mitglieder desOrdens vom feurigen Kreuz hat ergeben, daß die ganze Sache ziemlich harmlos ist und dag der Orden so wenig gefährlich ist, wie andere derartige Ber­einigungen jeder Richtung. Die Sache ist vom WTB. uno einem Teil der Berliner Presse ungeheuer aufgebausckst uno übertrieben worden. Die meisten Angaben haben srch als freie Erdichtungen erwiesen. Insgesamt wurden 18 Vecsoncn festgenommen, von denen 8 sofort wieder freigelassen wur­den. Es wird jetzt schon zugegeben, daß das Berliner Pont Präsidium einen llebereiser entwickelt hat, der in kein Verhältnis zu der geringen Bedeutung der Sache stst"-- -u Polizei selbst warnt jetzt, dem Vorfall Wichtigkeit beizuieg^ Voraussichtlich werden die noch in Haft befindlichen