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Mittwoch de« 24 Dezember 1824

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Von Reinhald Braun.

Und ob die Stürme brausend wühlen laßt Herz und Herz Gemeinschaft fühlen: auf das uns strahl', trotz Not und Streit, des Lebens tiefste Köstlichkeit!

Weihnacht und Gemeinschaft!

Das ist das Thema der Weihnachten aller dieser letzten Jahre! Es umschließt die wahrhaften Erlösungsoedanken! Deutsche Notgemeinschaft! Im tiefsten Sinne!

Weihnacht heißt im letzten: Nach Hause kommen. Heimat haben einer im andern: Frieden ineinander finden! O wie weit sind wir noch immer von dieser hehren Weih- nachtlichkeit entfernt!

Weihnacht ist das Fest der Gemeinschaft! Das Weihe­fest der heiligen Lichtkrüfte! Und die sind Eemeinschafts- kräfte! Wir können Weihnachten nicht feiern, wenn wir nicht einen Hauch aus der Seligkeit des Mysteriums der Gemeinschaft gefühlt haben! Weihnachten ist das Fest der Seelentiefe! Wer nicht zu seinem Tiefsten gelangt ist oder wenigstens die Sehnsucht hat z» ihmM gelangen, wer an der Oberfläche haß-'n bleibt, kam« erleben,

kann nicht teilhaftig werden seiner Wunderbarlichkeiten! Zum Erlebnis der Gemeinschaft aber gehört Tiefe des Innern, die Unerschöpflichkeit der heimlichen Quellen! Es ist nicht ohne Grund, daß dem Christenfeste eine wachen- lange Bereitungszeit vorangeht! Es soll damit gesagt sein, daß Weihnachten zu feiern und feiernd zu erleben nicht leicht ist, aber wer einmal eingedrungen ist in sein Geheimnis, erlebt Köstliches ohnegleichen. Und dieses Köstliche erlebt eben nur der Eemeinschastsmensch!

Die Geburt des Heilandskindes deutet mit aller Süße und Schönheit schon auf das große Gemeinschaftserlebnis hin!

Diese Geburt, das Ereignis also, aus dem die Weih­nacht so wundersam erblüht, ist das schönste Symbol der Gemeinschaft! Dieses Symbol will uns sagen: Siehe, Menschenkind, das Glück der Gemeinschaft ist nicht gebunden an Stand und Amt und Würde, nicht an Wissen und äuße­rem Reichtum, nicht einmal an die Schönheit des Ortes, nicht an die Zeit, sondern einzig und allein an die Seele! Das ist das große Evangelium, die unvergängliche, ewig neue Bot­schaft, der wir uns zu Trost und Segen in Elend und Armut lauschen sollten!

Dieses Evangelium ist die Seele der Weihnacht!

Das tiefste Liebeserlebnis triumphiert über Nacht und Elend, Heimatlosigkeit, triumphiert über die schmerzvolle Vereinsamung eines ganzen Volkes!

Nein, mit dem Trutze der Lichtgläubigen, der Kraft der Gemeinschafterlebenden wollen wir Weihnachten feiern! Aus unserer Tiefe leuchte das. Licht in alle Welt! Es ver­künde der Welt: das deutsche Volk kann nicht überwältigt werden mit den Mitteln der Finsternis!

Das Licht der Höhe ist seine Unüberwindbarkeit! Das Kind in seiner Seele die Majestät, die im letzten unverletz­lich ist!

Doch zu dieser Lichtverkündigung der ganzen Welt gegenüber gehört unsererseits unsere ganze Liebe, unsere ganze Seele, unser innigster Wille von Herz zu Herzen, ge­hört die Befreiung von aller Engheit, allem Mißverstehen­wollen! Gehört die Tot unseres Lebens! Weihnachten rüttelt an das Gefühl unserer Verantwortung, rüttelt mehr denn ie! Sei bc"eic ucr Seel-O

Die heilige Nacht

Weihnacht ist heute so klingen die Glocken Freut euch, ihr Menscheen, so große wie klein!

Hört ihr die Engel im Himmel frohlocken.

Seht ihr der Sterne hellschimmernden SO in? 'Kinder, sie stehen mit glänzenden Blicken,

'Staunend vor Freude und stumm vor En ücken- Schau'n in des Christbaumes leuchtende Pr: htl

Dort über Bethlehems nächtlichen Auen,

Seht ihr am Himmel den glänzenden Stern?

Was er verkündet, auch ihr sollt es schauen:

Euren Erlöser und Heiland und Herrn!

Niedrige Hirten, sie knien an der Krippen,

Loben den Vater mit stammelnden Lippen

Engel, sie jubeln mit seliger Macht

Preisend das Wunder der heiligen Nacht!

Himmlisches Kind, uns vom Vater gesendet,

Mach unser Herz dir zur Wohnung bereit!

Licht in der Finsternis hast du gespendet,

Freude und Frieden nach friedloser Zeit.

Der du zum Heile der Welt bist erschienen,

Gib, daß wir kindlich und freudig dir dienen.

Der du auch uns die Erlösung gebracht.

Hör unsre Bitte zur heiligen Nacht!

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Klinget, ihr Glocken, und schimmert, ihr Kerzen, Schwingt auch, ihr Lieder, zum Himmel empor!

Dank auf Len Lippen und Lob auch im Herzen,

So ist's dem-Herrn ein gefälliger Chor.

Herrschet dadraußen auch nächtliches Dunkel, Strahlend begrüßt uns der Sterne Gefunkel Himmel und Erde vereinen sich sacht

Sei uns gegrüßet, du heilige Nacht!

Luise Haisch-Rolf.

Weihnachten in Bethlehem

Es ist Heiligabend des Jahrs 1907. Vor Sonnenunter­gang reite ich gen Bethlehem. Die erste Weihnacht will ich da verbringen, wo sie ihren Ursprung genommen.

Auf der uralten Straße, die van Jerusalem nach Süden führt, verlasse ich ei icuckz die Heilige. Am Bahnhof biege ich in den Weg zur deutschen Kolonie ein. Etwas Heimat­luft will ich haben an diesem Abend. Am Eingang zur Ko­lonie flattert schon die deutsche Flagge, die vor allen Festen aufgezogen wird. Ein Gruß der Heimat- Langsam geht mein Pferd durch die feierlich stille Allee der Kolonie. Zy­pressen und Pinien überschatten biederer Schwaben gemüt­liches Heim. Saubere deutsche Dorfhäuser säumen dn Weg. Ueber der Tür der alte Bibelspruch, drinnen echtes, kerniges , Deutschtum, von biedern, arbeitsamen Vätern ererbt. In ! den Stuben an der Straße steht schon der Pinienzweig oder ! das Zypressenbäumchen mit Lichtern und Zierat geschmückt. ! Die ^ ^ -

auf aus frohen Kindertagen. Schuss uud Glockengeläuts und O-zelten durch die stille Nacht. O du fröhliche!Fröh­liches Weihnachtsfest, Landsmann!" Vor mir steht der treue, biedere S-^nlze der Kolonie. Wir schütteln uns die Hände. In mir krampst sich etwas zusammen, steigt mir in die Kehle in die Augen. Was ist aller Orientzauber gegen eine deutsche Weihnacht!?

Und weiter gehts im Trab über die Rephaimebene. Ur­alter, heiliger Boden. Jeder Stein hat seine Geschichte. Und über alten Erinnerungen blühen Narzissen und Anemonen !m letzten Sonnenleuchten. Ich reite weiter auf der alten Straße, die nach Hebron und Bersaba führt, hinein in die schweigende Sandwüste. Auf der Höhe des Hügels, dicht neben der Straße, eine alte Zisterne aus alter Zeit der Sternenbrunnen. Einige russische Pilger in Filzstiefeln beu­gen sich über den Vrunnenrcmü mit gläubigen Kinder- äugen- Tief unten im Brunnen sehen sie noch des Sternes Bild, der einst den drei Weisen den Weg gewiesen. Aber nur gläubige Menschen sehen ihn, an denen des Zweifels Rost noch nicht genagt. Für diese Kindersselen ranken die schönen Märchen am Weg nacb Bethlehem. Ans der Höhe hinter alten Oliven liegt das Kloster des Mar Elias. Ich» schaue rückwärts. Noch einmal grüßen Jerusalems Zinnen den stillen Bethlehempilger. Schon senkt sich der Abend. Ueber dem Oelberg zittert ein letzter Sonnenstrahl über denr Denkmal deutscher Baukunst, der Auguste-Viktoria-Stiftung. Im Vordergrund die deutsche Zionskirche neben dem Der­wischkloster Nebi Daud über heiliger Stätte. Im Osten über Moabs Bergen liegt der violette Abendschimmer.

Dann geht's bergab gen Bethlehem. Im stumpfen Däm­merlicht liegt's vor mir am Bergeshang, eingerahmt von alten Oelbaumriesen, und zu seinen Füßen Weinberge. Die Nacht senkt sich, und die ersten Weihnachtssterne funkeln. Wieder raunt ein Märchen am Weg. Jn der Nähe von antur liegt der Erbsenacker, besät mit runden Sternchen. Eines Tags ist der Heiland gekommen und hat den Sä­mann, der Erbsen streute, gefragt:Was säst du?"Steine," yat er spöttisch geantwortet. Und siehe da, dis Erbsen ver­wandelten sich in Steine und bedeckten den Boden bis auf den heutigen Tag. Links steigt der Weg hinaus nach Bethlehem- Ich zwänge mich durch die engen Gassen und Torbogen. Alte schwere Quadern aus grauer Vorzeit und korinthische Kapitelle und Kreuzfahrerbogen erzählen ihre Geschichte, und zwischen ihnen schreiten Bethlehems Töchter in ihrem eigenartigen Kopfschmuck und bunten Gewand. Ein Völkchen mit einer Eigenkultur seit langer Zeit. Kreuz- sahrerbl-ut wird wohl in mancher Ader fließen.

Im Franziskanerkloster neben der alten ehrwürdiger» Basilika Konstantins finde ich gastliche Aufnahme und feu­rigen Trunk von Bethlehems Hängen. Ein deutscher Bru­der aus Bayern gesellt sich zu mir. In stillem Geplauder verrinnt Stunde um Stunde. Vergessen ist der Orient. Deutsche Weihnachtserinnerungen tauschen wir aus. Bilder: aus dem bayrischen Hochgebirge vermischen sich mit rheini­schen Weihnachtslandschaften. Neben der Grotte von Beth-, lehem klingen deutsche Laute, und wie zwei Kinder erzählen wir von der deutschen Weihnacht. Es ist etwas Eigentüm­liches um die deutsche Seele! Daheim verzehrt sie sich in Sehnsucht nach einem unbekannten Süden, wo die Sonne glüht und die Märchen unter den Palmen raulchen, und im fremden Land, da packt sie das Heimweh noch der nordi­schen Heimat und Weihnachten im Schnee. *