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Unsere Heimat"

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Nagoläer Tagblatt

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jSchrttUetlun«, Druck und Vkilog von ». W. Zatse r <Narl Zatier) Na,old.

Dienstag den 9 . September 1924 Fernsprecher Nr 29

«erbretletft« Zeitung i« Oberav tSbezirk. N»> zeigen find daher vor, beste« »rfolg.

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98 . Jahrgang

. Taqesspieael

In Bern fand am Montag eine Besprechung der Ar­beitsminister von Deukschland. England. Frankreich und Bel­gien stakt. Wie verlautet, wird Rerchsmimster Brauns die Zusage machen, daß der achtstündige Arbeitstag auch in Deutschland gemäß dem Washingtoner Abkommen gesetzlich jestgelegt wird.

Abg. Löbe (Soz.), der frühere Reichskagspräsidsnk, for­dert in einem offenen Brief den Minister Stresemaun auf. die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund sofort zu be­antragen.

Der bisherige Oberbürgermeister von Hannover. Lemert sSoz.) hat seine Pensionierung anerkannt. Er erhält das pake Gehalt als Pension.

DasPetit Journal" berichtet, zwischen Mac Donald und Hernot sei in Genf vereinbart worden, daß das Kötner Ge­biet am 10. Januar 1925 von den Engländern noch nicht ge­räumt werde, mindestens müsse dort eine Aeberrvachnrig durch den Völkerbund eintceken.

Der sozialdemokratische schweizerische Parteitag in Basel bat einen Antrag, den Völkerbund aufs schärfste zu be­kämpfen. mik 137 gegen 57 Stimmen abgelehnk.

lieber die Lage der sp^ - ' T"U""?n in Marokko sind

beunruhigende Tlackc.ch. . Krankheiten hexr-

che» iw Heer.

Das UeberweisungskomiLee

Der Anfang der Dawes-Regserung Unbemerkt vom großen Publikum ist das sogenannte Aeberweisungskomitee, d. i. der Uebertragungsausschuß für die deutschen Entschädigungszahlungen, aus Paris in Berlin eingetroffen. Die Reichsregierung hat den Herren keine Ehrenkompagnie und auch keinen Minister entgegenaeschickt. Der einzige behördliche Vertreter, der am Bahnhof stand, war der Regierungsrat Mayer von der Kriegslasten-Kom- mission in Paris.

Von den Kommissionsmitgliedern interessieren am meisten der vorläufige Generalagent Owen D. Doung, ehemals Mit­glied des Dawesausschufses, und sein persönlicher Vertreter und Berater Oberst Rufus C. Dawes, der jüngere Bruder desGenerals" Dawes. Jung hat sich durch eine schmeichel­hafte, für die Presse bestimmte Erklärung eingeführt. Er betonte, Laß er nur der Wegbereiter des kommenden eigent­lichen Generalagenten Seymour Parker Gilbert sei. Die Aufgabe des Generalagenten dürfe nicht mit der vor­mundschaftlichen Finanzkontrolle des Holländers Zimmer­mann in Oesterreich verglichen werden. Es handle sich im Fall Deutschlands um eine wirkliche Verständigung zwischen Gleichgestellten nach gründlicher Auseinandersetzung und wichtigen Zugeständnissen von beiden Seiten. Deutschland habe ja die ersten 20 Millionen Mark mit vorbildlicher Promptheit bezahlt und so sei zu hoffen, daßwir uns von der langen traurigen Straße, die wir alle gegangen sind, ab- und einem neuen, besseren Wege zukehren."

Auch Rufus Dawes, der kein richtiger Oberst ist, sondern sich selbst alsGeschäftsmann" bezeichnet, ist drüben in Amerika Leiter und Aufsichtsrat großer Gas- und Elektri­zitätsgesellschaften stellte sich der Presse mit den verbind­lichsten Begrüßungsworten vor. Er entschuldigte seinen Bruder mit Wahlkampf- und Vizeprästdentschaftssorgen und erklärte ebenfalls, man solle das Transfer-Komitee doch ja uicht für einen Trupp von Schuldenbütteln halten. Jeden­falls sei den Amerikanern nichts fremder und widerwärtiger, els die Begriffe der Zwangskontrolle "oder gar der poli­tischen, wirtschaftlichen oder finanziellen Diktatur.

Das klang alles sehr schön und beruhigend. Aber man möchte doch dabei die Einwendung nicht unterdrücken, daß m der Kommission, wenn sie vollständig und eingearbeitet sein wird, höchstens zwei Amerikaner sitzen werden, nämlich Gilbert und wahrscheinlich Henry Robinson, «inerzeit Mitglied des Ausschusses zur Einschätzung der deut­schen Auslandsguthaben. Im übrigen werden teilnehmcn Engländer, ein Franzose, ein Belgier und ein Italiener, verner, und das ist doch die Hauptsache, muß darauf hin­gewiesen werden, daß die kleine Kommission nur den An- r?ng einer großen Dawes-Regierung bildet, die künf­tig die Aufbringung und Ablieferung der deutschen Leistun­gen zu überwachen haben wird. Der Generalagent mit sei- fünf Kollegen ist ja nur, wie es im Dawesplan aus- vsuckllch heißt, der Verbindungsmann zwischen der Entschä- vlgungskommission und den vielen Komissaren, Treuhändern vhd Kontrolleuren, die sich mit dem Schöpflöffel an die ein- ^tnen Einnahmequellen fetzen werden. An ausländischen Kommissaren gibt es z. B. einen für die Reichsbank, einer ,ur die Eisenbahn, anscheinend auch einen bei der Bank für vie Jndustrieobligationen und einen für die Steuern und ^olle, «ms denen die Entschädigungsleistungen mit bestritten fallen. Daneben besteht noch ein Treuhänder für du jndustrieobligationen und einer für die Eisenbahnobligatio- Dem Kommissar für den Reichshaushalt werden fünf

, u lU-'rwwmistare zur Seite gestellt und zwar zur lieber- , wachung derjenigen Steuern und Zölle, deren Ertrag die deutsche Regierung verpfändet ^Branntwein,. Tabak, Bier, Zucker. Zölle). Ein ganzes Netz von Ueberwachungsstellev spannt sich jetzt über die deutsche Verwaltung. Die höflichen Kommiss:onsharren, die die Vorreiter machen, haben nur einen versüßten Vorgeschmack der furchtbar bitteren Pille gegeben, die Deutschland nun schlucken muh. -er.

Der Völkerbundsrehraus

Ge»s. 8. Sept. In der Nacht zum Samstag einigten sich die französische und die englische Sitzordnung aus eine gemeinsame Entschließung, die den schar- l sen Gegensatz in den Reden Mac Donalds und Herriots, die übrigens von der Völkerbundsversammlung je mit gleich starkem Beifall ausgenommen worden waren, vorläufig überbrücken soll. In der Sitzung vom Sams­tag gab der Vorsitzende Motta die Entschließung oekannt, die wieder allgemeinen Beifall auslöste.

In den Armen liegen sich beide

Nach Motta sprach Mac Donald: England und Frankreich werden in Zukunft Arm in Arm gehen. (Händeklatschen. Herriot nickt eifrig.) Die Mühlen Gottes mahien langsam, auch wir brauchen viel Zeit zur Verwen­dung unseres Werks. Ich hoffe, daß unsere Entschließung angenommen wird.

Herriot: Mein Freund Mac Donald und ich sind uns unserer großen Verantwortlichkeit bewußt. Es wäre eine Schwach für alle, wenn unsere Reden ohne greifbare Ergebnisse blieben. Die schwierigste Stunde des Völkerbunds haben wir jetzt erlebt. Der tote Punkt wird bald übcrmun- den sein. Der Weg ist lang. Mac Donald und ich werden ihn Arm in Arm gehen. (Mac Donald wird dazu aber viel­leicht nicht lange Zeit bleiben, da man im November in Eng­land Neuwahlen erwartet. D. Schr.)

Die Entschließung wurde darauf einstimmig aug e-

n o m m e n.

Abends 9 40 reisten Mac Donald und Herriot zusammen nach Baris bezw. London ab. Damit ist die Völkerbuuds- veriommlung für das öffentliche Interesse eigentlich aeschlos- -stm. denn die folgenden Beratungen sind nicht mehr von großem Belang. *

Die englisch-französische Entschließung Der gemeinsame Entschließungsantrag der englischen und französischen Abordnung besagt:

1. Der dritte Ausschuß des Bölkerbmchs wird beauftragt, die Urkunden über die Sicherheitsfrage und die Rüstungs­beschränkungen eifrig zu prüfen, besonders die ablehnenden Bemerkungen der verschiedenen Regierungen zum Vorschlag des Völkerbundsrats, ferner die Verpflichtungen, dis der' Vorschlag hinsichtlich der Bürgschaften enthält, die infolge eines Schiedsverfahrens oder einer Rüstungsbeschränkung notwendig werden könnten.

2. Der Ausschuß soll die Bestimmungen des genannten Vorschlags über die Regelung von Streitigkeiten bezüglich etwaiger Abänderungen untersuchen und ferner, innerhalb welcher Grenzen die Satzungen des Internationa­len Gerichtshofs zu diesem Zweck etwa genauer zu fassen seien.

Die englische Abordnung hatte der französischen einen Entschließungsentwurf übersandt, der den englischen Stand­punkt nach der Rede Mac Donalds darlegte und die Not­wendigkeit des Schiedsgerichtshofs und der Abrüstung be­tonte, den eigentlichen Streitpunkt der Sicherheit aber fast ganz überging. Die Franzosen nahmen den Entwurf schleu­nigst auf, denn Mac Donald hatte einen vollständigen Rück­zug angetreten.

Mac Donalds Bescheidenheit Einem Vertreter des Büro Reuter sagte Mac Donald: Ein guter, ausgezeichneter Anfangist in der Völkerbunds­versammlung gemacht worden. Die Namen Herriot und Genf werden immer mit dem Eintritt in den neuen Abschnitt der Weltgeschichte, der nun beginnt, verknüpft bleiben.

Herriot ist gerührt

Paris, 8. Sept. Den Pariser Pressevertretern schilderte Herriot seine Eindrücke von Genf. Die Aufnahme in Genf abe ihn tief gerührt, und mit großer Genugtuung habe er ie moralische Wirkung der Bestrebungen Frankreichs festgestellt.

Verzicht auf den Schuldluge-Widerruf?

Berlin, 8. Sept. Das englische Büro Reuter meldet, der französische Botschafter de Margerie habe im Auswär­tigen Amt dem in Abwesenheit Stresemanns die Geschäfte führenden Staatssekretär v. Maltzahn erklärt, Regie­rung und Volk in Frankreich würden es sehr übel aufneh­men, wenn die deutsche Reichsregierung den angekündigten Widerruf der Kriegsschuldlüge amtlich anzeigen würde. Maltzahn Habs dem Bctickc.i.er erwidert, der Nea, e.

rung selbst widerstrebe es, die Wiverruz- note abzusenden, sie habe aber den Deutschnationalen die Zusage machen müssen, damit die Dawesgesetze angenom­men werden. Der englische Botschafter d'A bernon werde voraussichtlich am Montaa ebenfalls im Auswärtigen Amt vorstellig werden.

Nach einer weiteren Meldung aus Genf haben MacDo- nald und Herriot am Samstag abend sich geeinigt, durch die Botschafter in Berlin gegen die angekündigte Widerrufnote Einspruch erheben zu lassen, sie würde von v er h ä n g ni s v o lle n>W i r k u n g e-n" auf die allge­meine Lage sein, jedenfalls könnte vom Eintritt Deutschlands in den Völkerbund keine Rede m e h r s e i n.

Auf eine Anfrage des Vertreters des PariserJournal" erklärte Herriot, die Veröffentlichung der Widerrufnote würde gegen den Vertrag von Versailles ver- stoßen. Deutschland bleibe übrigens unter allen Umstän­den zur Bezahlung der Entschädigungen verpflichtet, da es ia das Londoner Abkommen unterzeichnet habe.

Der englische Arbeiteroertreter Henderson soll dem PariserPetitt Journal" zufolge darauf verzichtet haben, den Antrag auf Aufnahme in den Völkerbund zu stellen.

Reuter meldet ferner, Reichskanzler Marx sei entschlossen, auf die Widerrufnote zu ver­zichten. Dagegen bestreitet W.T.B. eine Meldung der PariserInformation", der Reichskanzler habe Herriot be­reits brieflich um Ausnahme in den Völkerbund gebeten.

Minister Dr. Stresemann, der zur Zeit auf der Nordseeinsel Norderney sich befindet, wivd am Donnerstag nach Luzern in der Schweiz reisen, wo er eine Beivrscbuna mit fremden Staatsmänern haben wird.

Halbamtlich wird durch W.T.B. gemeldet, daß die Reichs­regierung Anfang nächster Woche nach der Rückkehr des Reichskanzlers und des Ministers Stresemann aus den Fe­rien über Form und Zeitpunkt der Ausgabe der Widerrufs- uate Beschluß fassen werde. Es seien verschiedene Wünsche tu dieser Beziehung namentlich aus wirtschaftlichen Kreisen bei der Reichsregierung geltend gemacht worden.

Neue Nachrichten

Der Krieg im Frieden

Berlin, 8. Sept. Im Hauptausschuß des preußischen Lor.chags teilte Minister Severing mit, seit dem Jahr 1920 seien im preußischen Staatsministerium 132 Angehörige der Schutzpolizei getötet, 512 verwundet worden. Bei der Land- sägerei betrugen die.Verluste 82 Tote,und 162 Verwundete, Mammen ergibt sich ein Verlust von 214 Toten und 674 Verwundeten.

Herriot über dis Marneschlachk Paris» 8. Sept. Am Sonntag hielt Herriot in Dieaux bei der Siegesfeier oer Marneschlacht eine Äei)e. Ec sagte u. a: «In Genf habe ich vor allen Bokkern unfern großen Unschuldsschrei ausgestoßen, gleichzeitig ober auch unseren Willen kundgegeben, daß wir unsere Sicherheit verbürgt sehen wollen. Ich glaube nicht, daß geistig gesunde Menschen noch behaupten können, daß Bel­gien Deutschland den Krieg erklärt habe oder daß Frank­reich den germanischen Horden an die Gurgel ge­sprungen sei. Diesem Frankreich muß aber seine Kraft und seine Jugend zurückgegöben werden."

Wie sagte doch der französische Philosoph Montesquieu: Nicht der ist für einen Krieg verantwortlich, der ihn erklärt hat, sondern der ihn notwendig gemacht hat! Montesquieu lebte allerdings von 1689 bis 1755. Poincare und Herriot scheinen nichts mehr von ihm zu wissen.

Die Kämpfe vor Schanghai

London, 8. Sept. Reuter meldet, die Stadt Lu Ho, nörd­lich Schanghai, sei von Truppen der Provinz Kiangsu fast ganz eingeschlossen worden. Der Gouverneur von Tsche- kiang, der Schanghai verteidigt, habe eilends Truppen zur Befreiung abgesandt. Die bisherigen Kämpfe waren überaus hartnäckig und blutig.

Einmischung der Fremdmächke in China London, 8. Sept. DerDaily Telegraph" berichtet, in London seien Nachrichten aus Shanghai eingetroffen, wo­nach die ausländischen Konsuls sich veranlaßt gesehen haben, einen scharfen Einspruch an die Regierung in Peking zu rich­ten gegen deren Versuch, die Durchfahrt fremder Schiffe durch bestimmte Gewässer zu verbieten.

Der Bombenanschlag in Lemberg Lemberg, 8. Sept. Die Polizei hat als den Täter, der die Bombe gegen den polnischen Staatspräsidenten geworfen hat, den. 20jährigen jüdischen Studenten Stanislaus Steiger aus Lemberg, der in Wien studiert, ermittelt. Die Bombe explodierte nust schwach, da der Inhalt vor dem Ausfallen verschüttet wurde. Die Aufregung in Lemberg ist sehr groß und es werden Ausschreitungen gegen die Juden befürchte^