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Nr. 96
Wls-Md Mzelgeblaü sür den SSerMrsbezirk Ngß
mit äer Beilage
^Unsere Heimat"
Gegründet 1826.
Nagoläer Lagblatt
mit illustrierter Sonntagsbeilage
„Feierstunäen"
.Schrtstleitung, Druck.und «erlag von S. W. Zall er «arl Zatjer- Viagold.
Donnerstag de« 24. April 1924
Fernsprecher Nr. 29.
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98. Jahrgang
Tagesfpiegel
Poin care gab'in seiner Antwort zu hem Gutachten der SachoerstSadiqen kein« volle Zustimmung. Er will die Hauptarbeit noch dem Wiederherftelluugsau»fch«b, einem seiner gefügige« Werkzeuge, übertragen.
Dis Londoner Zeitung „Da,ly Telegraph" stellt fest» daß die alte Kluft zwischen England und Frunkreich immer noch bestehe Weder die Liebenswürdigkeit Macdoualds noch das Gewicht des Bericht» der Sachverstündtgen habe Poincare vou feiner alte» Politik abgebracht Ein Aw- fchwenke« Englands za eimr mehr englischen oder euglisch- amerikanische» Politik sei ernstlich zu erwiieea
Ein Mitglied der Dawes-K-mmisfion, Bankier Aqres aus Lleveland, sprach fich für die Notwendigkeit der Umstellung der deutsche« Emissionsbank aus eive andere Basis als Golddofi» aus. Er meinte, andere Länder «eiden Deutschland sie so geschaffene »eine Goldwährung.
MLC onaid erhielt von der euglischeu Arbeiterpartei ei« glänzendes Vertrauensvotum.
Den bereits berichteten Antrag des Textilarbeiterverbands. über den achtstündigen Arbeitstag einen Volksentscheid herbeizuführen, hat der Allgemeine Deutsche Gewerk- jchaftsbund ausgenommen. . „ ^ -
Das Parisr »Petit Journal" Mt fest, dah Präsident koolidge in seiner letzten Ansprache deutlich zu verstehen gegeben habe, dah die Vereinigten Staaten keinen Schulden- nachlah für die Verbündeten in Erwägung ziehen taffen. Lbenso lehne er den Völkerbund ab. Seine Kundgebung für Sie Abrüstung habe wenig praktischen Wert.
Die Franzosen hatten mit den Eingeborenen in Syrien wieder neue Kämpfe zu bestehen. Die Eingeborenen lehnen sich gegen die Skeueraufiagen aus.
In Tirana (Albanien) ist der AbgeordEe linsten, der vor einigen Jahren in Paris Effad Pascha «mordet hat, durch einen Anschlag schwer verwundet worden.
Amtlich keilt die mexikanische Regierung Obregons mit, dah der Aufstand beendet lei, nachdem die letzten Reste der Aufständischen geschlagen worden seien.
Die Falle
llebereilke Zusagen
Während der Osterfeiertage hatte man in weiten Kreisen des deutschen Volks Zeit, darüber nachzudenken, was die Entschädigungsangelegenheit an plötzlichen und überraschenden „Fortschritten" gebracht hat. Kaum war die erste Anfrage der Entschädigungskommission bekannt, kaum war die Anlwori der Berliner Regierung — Anerkennung der Sachverständigenberichte als Grundlage für die Auseinandersetzung — erteilt, da erschienen wie der Donner auf den Blitz die Beschlüsse der Kommission, worin Deutschland aufgefordert wurde, „möglichst rasch" die nötigen Gesetze und Verordnungen herzustellen, sowie die deutschen Mitglieder für die Aeberwachungsaus- schösse zu ernennen. Das ging so schnell, daß man kaum zu> Besinnung kam, und schon hat die deutsche Diplomatie der nächsten Zug in diesem galoppierenden Schachspiel. Was soll sie tun?
An maßgebender Stelle in Berlin hält man die genannter voreiligen Forderungen — Gesetze und Vertreter — merk- mürdigerweise für „Fragen untergeordneter Natur". Die gewünschten Vorbereitungen seien bereits im Gang und der kommende neue Reichstag werde wohl das letzte Wort darüber ju sprechen haben... Aber damit wäre gerade der wich- ligste Punkt, auf den alles ankommt, in bedenklichster Weise auf die leichte Achsel genommen. Ist denn auf deutsch-amtlicher Seite niemand stutzig geworden angesichts der verdächtigen Eile, mi^ der die Kommission von Deutschland bereits die Durchführung der Sachverständigen - Gutachten verlangt, ehe die verbündeten Regierungen einig geworden sind und ehe hö t^h Kommission, deutsche Vertreter auch nur ange-
Zur Beruhigung des Publikums wird in Berlin halbamtlich verbreitet, das stark beschleunigte Tempo des diploma- kischcn Vorgehens sei auf die Haltung der englischen Regierung jurückzuführen, die auf eine rasche und vollständige Annahme Ser Sachverständigenberichte durch alle beteiligten Regierungen vmarbeite. Letzteres mag richtig sein. Daß aber England die ueberstürzungund damit die Aeberrumpelung Deutschlands will, dieser Meinung wird man sich wohl nicht allgemein an- schließen. Vielmehr pfeift der gefährliche Wind aus einer mderen Ecke, die jeder kennt. Sie liegt im Auswärtigen Anü m Paris. Der französische Ministerpräsident hat durch dir Vermittlung des englischen Botschafters in Paris, Lord Srewe, der britischen Regierung seine Absicht mitgetcilt, die Ruhrp fand er für Frankreich während einer „Lebergangs- >ett von etwa 2 Jahren aufrechtzuerhalten. Diese Absicht, lm schärfsten Widerspruch zu den Sachvcrständigengut- r -ten und zu den Wünschen Englands und Amerikas steht, lll-innt genau mit den letzten Aeußerun,en des amtlich beein- »utztcn Pariser „Temps" überein, der geradezu dazu aufsordert, von Deutschland alle wirtschaftlichen Zusagen zu verlangen imi) zur Frankreich in allen politischen Forderungen freie «and zu behalten.
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! Zus Kriegsschuldfrage. !
» Er ist kaum der Mühe wert, alle die einzelnen » , Wendungen der verschiedenen Staatsmänner in Wien, , » Berlin, Petersburg, London, Rom, Paris zu verfolgen, » , um dann darüber zu streiten, ob dieser oder jener Zug , » klug oder unklug, ehrlich oder unehrlich gewesen sei » , oder nicht. Diese Art der Diskussion klärt nicht auf, , v sondern verdunkelt, denn sie verschleiert die Hauptsache, » ü daß nämlich, wie wir heute wissen, der österreichische , » und der russische Standpunkt von vornherein unaur- »
2 gleichbar waren. Prof. Dr. H. Delbrück. ,
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Das wäre' also die Falle, die Princars schon mit seiner letzten Wahlrede ausgestellt hat und in die Deutschland mit seuren vorbereitenden Schritten hinsinstolpern soll. Sitzt es i irmal fest, so unterscheidet sich die neue Lage auf Grund der Sachverständigengutachten in keinem Punkt von dem Versail- ier Diktat und dem Londoner Ultimatum. Frankreich kann hohnlachend wieder den „schlechten Willen" Deutschlands be- tv isen und neue Sanktionen auf die alten häufen. Es ist recht naiv vom Berliner „Vorwärts" gewesen, daß er in einer Art von sozialdemokratischem Wahlaufruf zu beschleunigter Erfüllungspolitik antreibt und die Lage, in dir wir jetzt hineingeraten, folgendermaßen darstellt: Zeige sich Deutschland willig, die Vorschläge auszuführcn und verweigen Frankreich die Erfüllung der Voraussetzung, auf der sie aufgebaut sind, dann werde sich der Druck der ganzen Welt nicht gegen Deutschland, sondern gegen Frankreich winden . . .
Ach nein, bisher war cs leider, anders. Deutschland Hai bis zum Weißbluten erfüllt, Frankreich hat wegen rückständig« Lieferung von Telegraphenstaugen das Ruhrgebiet an sich gekommen, und die Welt hat ohne Protest ruhig zugesehen. Käme es jetzt anders, wenn die derzeitige geschästssührende Berliner Regierung zu allen Pariser Beschlüssen und Forderungen Ja sagt und mit der Durchführung der neudiktierten Entschädigung beginnt, ohne Gegenbedingungen zu stellen und ohne ein vertragliches Abkommen mit ganz bestimmten Sicherheiten zu verlangen? Deutschland erwartet, daß seine Regierung diesem schwersten aller politischen Augenblicke gewachsen ist? —er.
HMerrch und das Gutachten
Dr. Helfferich nimmt in der Kreuzzeitung eingehend Stellung zu dem Gutachten der Sachverständigen. Er kommt da bei zu ausschließlich negativen Feststellungen und zu Bedenken, die in der deutschen Presse zumeist auch schon geäußert worden sind. Besonders bemerkenswert ist der Teil seiner Ausführungen, der von der materiellen Belastung handelt:
Diese von den Sachverständigen vorgeschlagene Jahresleistung bleibt zwar hinter der im Londoner Ultimatum theoretisch festgesetzten, aber niemals auch nur annähernd erreichten Jahresleistung (2 Milliarden Goldmark fest zuzüglich 26 Prozent der jährlichen Ausfuhrwerte) etwas zurück; aber sowohl die Grundzahl von 214 Milliarden Goldmark, d-e vom Jahre 1928/29 an gelten soll, wie auch die Jahresleistungen, die bis dahin auf Grund eines partiellen „Moratoriums" von Deutschland verlangt werden, gehen imme, noch geradezu unsinnig weit über alles hinaus, was Deutschland selbst im Falle der günstigsten Entwicklung wird leiste« können. Statt eingehender Berechnungen, die oft genug gegeben worden sind und jederzeit erneut gegeben werde» kön- nen, verweise ich ^
1. auf das des'amerikanischen Jnstiluteof Economics, verfaßt von E. C. Mac Guire und G. H. Moulton, das du Leistungsfähigkeit des unverstümmelten und ungeschwächten Deutschlands der Vorkriegszeit für Zahlungen an das Ausland auf höchstens 400 Millionen Eoldmark jährlich berechnet:
2. auf die Tatsache, daß England dis Jahresleistung van nicht einmal 700 Millionen Goldmark, die ihm sein Schulden- abkommen mit Amerika auferlegt, als eine außerordentlich schwere Last und als eine ernste Behinderung für die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung der Goldparität seiner Valuta empfindet: es ist absurd, anzunehmen, daß das verstümmelte und geschwächte Deutschland das Vierfache dieser Last und mehr soll tragen können.
Ich sage mit derselben unbedingten Gewißheit, mit der ich seinerzeit das Londoner Ultimatum sür unerfüllbar erklärt habe, daß die von den Sachverständigen vorgeschlagen« Jahresleistungen schlechthin unerfüllbar sind. Werden sie trotzdem von einer deutschen Regierung als bindende Verpflichtungen übernommen, so muß sich das deutsche Volk darüber klar sein, daß es mit allen an die Nichterfüllung in dem Sachverständigenbericht geknüpften Folgen heute schon ais mit von ihm selbst anerkannten Rechtswirkungen zu rechnen hat. Dabei läßt der Sachverständigenbcricht offen, ob und wie. weit Deutschland sich durch die ungeheuerlichen ihm zi'.gemuteteu Jahresleistungen von der EntschädigungsschnL), wie sie das Londoner Ultimatum fixiert hat. überhaupt be- ! freit. Eine Meinungsäußerung über den Betrag der Ent-
Ichädigungsschuld Deutschlands habe nicht im Auftrag des vachverständigcnausschusses-gelegen. Die 3 M.Marken Gold- mar? jährlich, auf die man uns zu ickrouben hofft, füllen genau die 5 Prozent Zinsen und das 1 Prozent der im Londoner Ultimatum vorgesehenen Bonds der Serien ^ und U !m Kapitaldetrag von 80 Milliarden Eoldmark dar. Wenn Deutschland Jahrzsnte hindurch diese unsinnigen Zahlungen >c sten könnte und würde, dann könnten unsre Entschädig- rrwsgläubiger immer nckch den Anspruch erheben; jetzt kommt erst das ganze dicke Ende: seht beginnt Verzinsung und Tilgung der fast 90 Milliarden Eoldmark der Bonds Serie L!
Die U:<chichLimg des Nationalvermögens
Leynes über den Bericht Alckennas.
Die englische Tagespresse, die bei der Veröffentlichung des B-Aichts des Zweiten Sachverständigenausschusses nahezu einstimmig den Beweis als erbracht ansah, daß Deutschland di« übrige Welt absichtlich um Riesensummen betrogen habe, kann jetzt aus dem, was ein so angesehener Fachmann wi« I. M. Ke.ynes über den Bericht in der „Nation" zu sagen hat, lernen, wie falsch und oberflächlich sie wieder einmal geurteilt hat; ob sie es überhaupt lernen will, ist allerdings eins andere Frage. Keynes stellt nämlich vor allem fest, daß dis deutschen Guthaben im Ausland, wie man es in Fachkreisen immer angenommen habe, auch nach den Feststellungen des Berichts nur von mäßigem Amfang sind, und daß der best, Weg, sie nach Deutschland zurückzuführen, in der Beseitigung nicht in der Vermehrung der gesetzlichen Beschränkungen liegt. Wenn der Bericht berechnet, daß der Wert der deutschen Vorkriegsguthaben von 28 Milliarden Goldmark aus 4 Milliarden Goldmark gefallen ist, so stimmt auch dies nach Keynes mit den bisherigen Schätzungen der Fachleute ungefähr überein. Die Guchaben, welche Deutschland nach deni Krieg im Ausland gewonnen hat, berechnet der Bericht folgendermaßen: Verkauf von Papiermark und Banknoter g eich 7,6 bis 8,7 Milliarden Goldmark: Verkauf von deutschem Besitz und Wertpapieren gleich 1,3 Milliarden; Verkauf ron Gold gleich 1,5 Milliarden; Rimessen, Touristen- und Schiffsverkehr sowie deutscher Privatbesitz in abgetretene» Gebieten gleich 1,3 bis 3Z Milliarden; zusammen also 11,8 bis 15 Milliarden. Dem stehen aber auf der Lastenseit« gegenüber: ungünstige Handelsbilanz und Barzahlungen a» vie Verbündeten gleich 9 bis 10 Milliarden; ausländische Noten in Deutschland gleich 1,8 Milliarden; zusammen also 10,8 bis 11,2 Milliarden. Somit verbleibt ein Reinbetrag vov «rach dem Kriege im Ausland erworbenen deutschen Gut- Habe« von 1,7 bis günstigstenfalls 3,8 Milliarden Markt Auch m diesen Zahlen findet Keynes eine Bestätigung der Schätz»»gen. die er selbst bei seiner Prüfung der deutscher, FmmMn «»gestellt hat. Er kann sich mcht enthalt:«, zu die- s«m SkPrbms folgerte boshaften Bemerkungen zu machen:
Wem» der Dawes-Bericht ein neues Kapitel in der Go- ichichte der SntschSdigungsfrage beginnt, so schließt der Mc- stenna-Bericht eines der seltsamsten in der ganzen neueren Heit, «tu fast vollkommenes Beispiel tragischer Ironie und Heimsuchung an denen, die sich ausschweifender Forderunge» fcbuDig gemacht haben. Fünf Jahre lang haben die Besieger Därtschlands die Zitrone ausgepreßt, bis mau das Quetschen hören konnte und ihnen die Hände rvehtaten, und haben die Tropfen ins Glas fallen sehen. Jetzt müssen sie >ie Entdeckung nrachen, daß die Tropfen nicht aus der Zitrone, sondern aus ihren eignen Händen gekommen sindk Was Deutschland an Entschädigungen zu zahlen schien, ist fast ebensoviel, wie das Ausland ihm gegen wertlose Papiermark gutgeschrieben hat. Dieselbe Täuschung, dieselbe falschrechnende Unwissenheit, die erbitternde und unerfüllbar« Forderungen hervorries, hat ebenso zu diesen gewaltigen Verlusten geführt, denen gegenüber die Verluste aller früher» Spekulationsperioden in Nichts versinken. Man berechnt daß eine Million Ausländer Guthaben in Deutschland genommen haben, von denen jedes dem Besitzer nn Durchschnitt 400 Pfund gekostet hat. Es sind diese tüchtigen Geschäftsleute, die soweit die Rechnung bezahlt haben. Es ist jedoch unvernünftig zu glauben, daß dieser Erfolg von dem deutschen Volk absichtlich durch Betrug und Hinterlist erzielt worden sei. Derselbe Abgrund, der das Spielgeld des Auslands verschluckt hat, hat auch die unentbehrlichen Spargroschen der Masse des deutschen Volks mit in küe Tiefe gerissen. Deutschland ist der Schauplatz der gewaltig st en Umschichtung des Ratio- n alv erm ö gens-'aus den Händen vieler in die weniger wesen, welche jemals in gleich kurzer Zeit vorgekommen ist.
Neue Nachrichten
Erhötzmg der Löhne oder der Kaufkraft?
Berlin, 23. April. Der Reichsinnenminister Dr. Jar- res empfing eine Abordnung der Gewerkschaften, die eine durchgehende Erhöhung der Löhne und der Erwer' s- lcsemmterstützunz verlangte. Der Minister erkannte di« Notwendigkeit einer Erhöhung, der Erwerbslosensätze an,