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! Donnerstag de« 27. September 1823
verbreitetste Zeitung im Oberamtsbezirk. — Anzeigen find daher von bestem Erfolg.
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S7. Jahrgang
Tagesspiegel
Am ZS. September soll in Düsseldorf die Rheinische Re- publik ausgerufen werden.
Die Bergarbeiter haben den letzten Schiedsspruch in der LohnrLgekmg für das Ruhrgebiet abgetehnt.
Dem Lötkerbund wurde In einer geheimen Sitzung ein plan vor-zelegt, k>6 ÜÜS Armenier aus der Türkei usw. in der armenischen kaukssusrepublik cmzusiedeln. Das Lekrelacial wurde mit der Ausarbeitung eines Berichts beauftragt.
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An das deutsche Volk!
Am 11- Januar haben französische und belgische Truppen wider Recht und Vertrag das deutsche Ruhrgebiet besetz:. Seit dieser Zeit hatten Ruhrgebiet und Rheinland schwerste Bedrückungen zu leiden. Ueber 180 000 deutsche Männer, Frauen, Greise und Kinder sind von Haus und Hof vertrieben worden. Für Millionen Deutsche gibt es den Begriff der persönlichen Freiheit nicht mehr. Gewalttaten ohne Zahl haben den Weg der Besetzung begleitet. Mehr als 100 Volksgenossen haben ihr Leben dahingeben müssen; Hunderte schmachten noch in Gefängnissen. Gegen die Unrechtmäßigkeit des Einbruchs erhob sich Rechtsgesiihl und vaterländische Gesinnung. Die Bevölkerung weigerte sich, unter fremden Bajonetten zu arbeiten. Für diese dem Deutschen Reich in schwerster Zeit bewiesene Treue und Standhaftigkeit dank! das ganze deutsche Volk. Die Reichsregierung hatte es übernommen, nach ihren Kräften für die leidenden Volksgenossen zu sorgen. In immer steigendem Maß sind die Mittel des Reichs dadurch in Anspruch genommen worden. In der abgelaufenen Woche erreichten die Unterstützungen für Rhein und Ruhr die Summe von 3500 Billionen; in der laufenden Woche ist mindestens die Verdoppelung dieser Lumme zu erwarten. Dis einstige Produktion des Rheinlands und des Ruhrgebiets hat aufgehört. Das Wirtschaftsleben im besetzten und unbesetzten Deutschland ist zerrüttet. In furchtbarem Ernst droht die "Gefahr, daß bei Festhalten an dem bisherigen Verfahren die Schaffung einer geordneten Währung. die Ausrechkerhaltung des Wirtschaftslebens und damit die Sicherung der nackten Exisisuz für unser Volk unmöglich werden.
Diese Gefahr muß im Interesse der Zukunft Deutschlands ebenso wie im Interesse von Rhein und Ruhr abgewendet werden. Um das Leben von Volk und Staat zu erhalten, stehen wir heute vor der bitteren Notwendigkeit, den Kampf abzubrechsn. Wir wissen, daß wir damit von den Bewohnern der besetzten Gebiete noch größere seelische Opfer als bisher verlangen. Heroisch war ihr Kampf, beispiellos ihre Selbstbeherrschung. Wir werden niemals vergessen, was diejenigen erlitten, die im besetzten Gebiet duldeten. Wir werden niemals vergessen, was diejenigen aufgaben, die lieber die Heimat vrließen, als dem Vaterland die Treue zu brechen.
Dafür zu sorgen, daß die Gefangenen freigegeben werden, daß die Verstoßenen zurückkehren, ist die vornehmste Aufgabe der Reichsregierung. Vor allen wirtschaftlichen und materiellen Sorgen steht der Kamps für diese elementaren Menschenrechte. Deutschland hat sich bereit erklärt, die schwersten materiellen Opfer für die Freiheit der deutschen Volksgenossen und die deutsche Ehre auf sich zu nehmen. Diese Freiheit ist aber kein Gegenstand für Verhandlungen oder für Tauschgeschäfte. Reichspräsident und Reichsregierung versickern hierdurch feierlich vor dem deutschen Volk und vor der Welt, daß sie sich zu keiner Abmachung verstehen werden, die auch nur das kleinste Stück deutscher Erde vom Deutschen Reich In der Hand der Einbruchsmächts und ihrer Verbündeten liegt es, ob sie durch Anerkennung dieser Auffassung Deutschland den Frieden wiedergeben oder mit der Verweigerung dieses Friedens all die Folgen herbeiführen wollen, die daraus für die Beziehungen der Völker entstehen müssen.
Das deutsche Volk fordern wir auf, in den bevorstehenden Zeiten härtester seelischer Prüfung und materieller Not treu Susammenzustehen. Nur so werden wir alle Absichten Mf Zertrümmerung des Reiches zunichte machen; nur so werden wir der Nation Ehre und Leben erhalten, nur so erst Rech^sftchmt wiedergewinnen, die unser unveräußerliches
Berlin, den 26. September 1923.
Reichspräsident Ebert. Die Reichsregierung,
Umsonst!
^ Cs gibt nichts Erschütternderes als das wehmütige Wört- Mn „umsonst!" Umsonst der passive Widerstand von achteinhalb Monaten. Umsonst die unsagbaren Leiden von 4 Millionen Deutschen, umsonst die fürchterlichen Opfer, me die vielen Eingekerkerten, Verurteilten, Verhafteten, Gei- mn, Ausgewiesenen um ihres Vaterlandes willen gebracht yatten. Umsonst der unersetzliche Verlust an Hab und Gut, ^ Ausfall an Einkommen und Gewinn, der Stillstand von Geschäften, der Zerfall von Industrie- und Kulturwcrken:
die ungezählten Milliarden, die an Sachwerten an Rhein und Rubr zugrunde gingen und in absehbarer Zeit
nicht wieder gutgemacht werden können. Umsonst die großen Opfer, die du und ich, wir alle im unbesetzten Deutsckland für unsere Brüder und Schwestern in der gewissen Hoffnung, daß sie nicht vergeblich sein möchten, gebracht hatten. Umsonst die Vernichtung von Menschenleben in diesem Ruhr- kriea! Umsonst der Heldentod Schlageters!
Warum? Es ist eigentlich müßig, nach den Ursachen die- ss zweiten Zusamenbruchs, den das deutsche Volk innerhalb eines Jahrzehnts erleben muß, zu forschen. Und doch kann es nichts schaden, wenn wir uns darüber klar werden.
Vor allem haben wir es verloren, weil wir den Kamps nicht folgerichtig führten. Halbheiten führen stets zur Niederlage. Wie war es im Weltkrieg mit dem Tauchbootkrieg, mit der Zurückhaltung unserer Flotte zu Wasser und in den Lüften, mit der Bekämpfung der Unruhen und Meutereien? Wenn man nun einmal den passiven Widerstand machen wollte, dann hätte derselbe mit allen Mitteln, die überhaupt ein Volt in der Notwehr — man denke an das Beispiel der Irländer — aufbringen und anwenden konnte, rücksichtslos und mit zunehmender Schärfe, ja zuletzt in verzweifelter „Aktivität" durch geführ! werden müssen, so zielbewußt, daß der Feind genötigt gewesen wäre, weiter und tiefer in unser Vaterland einzu- dringen, bis ihm — der Atem ausgehen mußte. Aber gerade das haben wir unterlassen. Wir waren zuzaghaft, zu schonend, hatten zu wenig Selbstvertrauen, zu wenig Mut und zu wenig Einigkeit. Der Flaumacher waren auch diesmal zu viel. Millionen von Deutschen standen abseits mit Zittern und Zagen, als wollten sie sagen: es Hilst ja doch nichts; d»r Feind ist zu mächtig.
Da haben wir das richtige Wort. Nicht Recht, sonderst
Macht entscheidet in der Welt. Ein deutsches Witzblatt zeigte unlängst eine auf den Knien flehende Germania. Neben ihr ist eine Riesenkanone. Ein französischer Offizier zeigt mit der Reitpeitsche auf deren unheimliche Mündung mit dem brutalen Wort: „Auf diesen Mund hört die Welt.
Daß doch wir Deutsche endlich, endlich dies einsehrn wollten. Dies einsehen heißt aber sich vorbereiten, sich so vorbereiten, wie unsere Vö-er vor hundert Jahren getan haben, als si Napoleons Joch abschüttelten. An diesen Vorbereitungen haben wir es in diesm acht Monaten fehlen lassen. Wir warteten, wie Poincare einmal richtig sagte, auf Englands Hilfe, auf die Einsprache der Neutralen und des sogenannten „Weltgewissens" und auf ein „Wunder". Alles blieb aus. Und zuletzt schüttelte man uns ab mit dem grausamen Trost: „Was geht's uns an, da siehe du zu!"
Was nun? Wir unterwerfen uns Frankreich auf Gnade und Ungnade. Von ersterer werden wir herzlich wenig zu spüren bekommen. Werden unsere Gefangenen und Verurteilten freigegbsn werden? Werden sie und die anderen Geschädigten entschädigt werden? Werden die Ausgewiesencn zurückkehren dürfn? Wird die deutsche Hoheit an Rhein und Ruhr wiederhergestellt werden? Werden wir wieder freies Verfügungsrecht über das Ruhrgebiet und seine Industrie erhalten? Oder wird Poincares Faust erst recht hart und schwer drücken?
Eines ist gewiß: Saar und Mosel, Rhein und Ruhr, all dies deutsche Land bleibt zunächst — Gott weiß, wie lange? — französisches „Pfand", so lange, bis wir den letzten Heller bezahlt haben oder bis — wir es wieder mit dem Schwert in der Faust zurückholen können und werden.
Den Weltkrieg verloren! Den Ruhrkrieg auch verloren! Armes deutsches Volk, kannst du und wirst du auch das ertragen? vV. II.
Sklaverei
Die Pariser Ausgabe des „New Bork Herald" behauptet zu wissen, Poincare habe an die Verbündeten folgenden Plan mitgeteilt, um von Deutschland die verlangten Entschädigungen zu erhalten.
Die Arbeit im Ruhrgebiet für die Ausführung der Entschädigungsforderungen an Kohlen und Koks soll unverzüglich unter der Ueberwachung der Besatzungsbehörden ausgenommen werden.
Industrielle Erzeugnisse und Rohsioife sind in weitestem Umfang auszuliefern.
Für alle Waren, die aus Deutschland ausgehen, wird eine Ausfuhrabgabe von 26 Prozent erhoben; Verfehlungen oder Umgehungen deutscherseits haben immer wieder eine Verlängerung der Besetzung zur Folge.
Die deutschen Zolleinnahmen sind in Goldwert an die Entschädigungskommission in Paris abzuliefern.
Die bisherige französisch-belgische Eisenbahnverwaltung auf dem linken Rheinufer geht an die Verbündeten in ihrer Gesamtheit (Nheinlandkommission?) über; in die Verwaltung sollen Vertreter des Rheinlands ausgenommen werden, jedoch nur solche, die bezüglich der Sicherheit Frankreichs zu keinen Bedenken Anlaß geben- -.Also Sonderbündler!)
Die deutsche Reichsregierung soll gezwungen werden, bestimmte Kohlengruben des Ruhrgelüets aus Privatbesitz zu beschlagnahmen und sie an Kommissionen der Verbündeten zur Ausbeutung auszuliefern.
In Deutschland müssen Monovole inaeführt werden,
deren Erträgnisse von der Entschädigungskommission beschlagnahmt werden.
Die Absperrung des Ruhrgebiets wird a u f- gehoben, dagegen wird der gesamte Handel des Ge- liiets der Ueberwachung der Verteyrsbehörde in Ems unterworfen. Die Begnadigung der verurteilten Deutschen wird erst in Frage kommen, wenn eme ganz bestimmte Bedingung (die noch nicht genannt wird) erfüllt sein wird.
Die Räumung des besetzten Gebiets wird erst beginnen«, wenn Deutschland den Beweis geliefert hat, daß seine Kapitulation keine Täuschung ist.
lieber die von Deutschland zu leistenden Zahlungen wird eine Konferenz der Verbündeten einen neuen Plan aufstellen. Deutschland kann zu den VerhandlungenXzuge- lassen werden.
Bestimmte staatliche Kohlengruben bleiben als Pfand in den Händen der Verbündeten selbst für den Fall, daß Deutschland eine Zahlungsfrist gegeben werden sollte.
Die Finanzgebarung der Reichsverwaltung (und der Bundesstaaten) wird der Aufsicht der Verbündeten unterworfen. _
Neue Nachrichten
Die Kapitulation
Irreführende Meldungen
Berlin, 26. Sept. Die gestern durch W. T. B. verbreitete halbamtliche Meldung, daß der Abbruch des passiven Widerstands einstimmig beschlossen worden sei, entspricht nicht den Tatsachen. Den in der Minifterbesprechung anwesenden Vertretern wurde nach T. U. überhaupt kein« Entschließung zur Abstimmung vorgelegt, und nicht die Deutschnationalen allein haben gegen die Kapitulation Widersvri^» erhoben, sondern sehr bedeutsame Kreis« des besetzten Gebiets haben mit Entschiedenheit gefordert, daß der Kampf zwar nicht mit dem passiven Widerstand, aber mit anderen Mitteln fortgeführt werden müsse und daß in aller Form die Beziehungen zuFrankreich aVaebrochen werden sollen.
Dis Kommunistisch «Partei des Ruhrgebiets erbebt Widerspruch, daß keine Vertreter ihrer Partei zu der Besvrechpna in Berlin eingeladen worden feien, obgleich rin groM Teil der Arbeiterschaft der Partei zugebvrs. Di« Kommunistische Partei trete unbedingt für Fortsetzung »es Kampfes «in.
Beschlußfassung der Eisenbahner
München, 26. Sept. Entgegen der Berliner Meldung, daß die gewerkschaftlichen Verbände in ihren Verhandlungen mit den Reichsministern dem Abbruch des passiven Widerstand zugestimmt haben, gibt der Bayerische Eisens bahnerverband die Erklärung ab, daß dies unrich - t i g sei. Die Gewerkschaft deutscher Eisenbahner werde erst am Donnerstag mit Len Mitgliedern der besetzten Gebiete zu dem Vorschlag der Reichsregierung Stellung nehmen und darnach Beschlüsse fassen.
Die Stimmung im besetzten Gebiet
Köln. 26. Sept. Der Entschluß der Reichsregierung, die Bevölkerung zur Einstellung des passiven Widerstandes auf- zufordern, wirkt im besetzten Gebiet niederschlagend. Allgemein befürchtet man, daß dann für die Bevölkerung eine fürchterliche Zeit anbrechen werde, wenn sie vom Reich ganz losgelöst und jeder feindlichen Willkür ausgesetzt sei. Es ist daher noch gar nicht sicher, ob die Bevölkerung der Auffor- derung der Reichsregierung Folge leisten wird. Für die Einstellung des passiven Widerstands sind nur die Führer der sozialdemokratischen Gewerkschaften, während die sozialistischen Arbeiter nur zum Teil den Füh- lern folgen, ferner die demokratisch gerichtetem Handelskreise, die es sogar zum Teil mit den Franzosen sehr gut verstehen, und ein kleiner Teil des Zentrums; die christlichen Gewerkschaften sind für Fortsetzung des Kampfes, wie der Führer B r e d d em a n n - Essen neuerdings wieder aussührte. In wirtschaftlicher und staatsrechl- licker Einsicht glaubt man im besetzten Gebiet nach der Kapitulation keine Hoffnung mehr hegen zu dürfen. Die „Köln. Volksztg.", das Blatt des rheinischen Zentrums, schreibt: „Will Frankreich uns zerbrechen, dann mag es wissen, daß die Stunde gekommen ist, Ivo wir mit allen Fasern unseres Wollens und mit allen Kräften, die uns geblieben sind, und mit der Liebe, die uns an Reich und Heimat kettet, die Auferstehung der deutschen Einheit wiederzugewinnen trachten werden."
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Wie die Revolution in Bayern finanziert wurde
München, 26. Sept. Auf eine Anfrage im Landtag gab Ministerpräsident v. Knillingdie Erklärung: In den Akten des Staatsministeriums hat sich aus der Zeit der Herrschaft Eisners (Kusmanowski) eine große Zahl von Tagesordnungen der damals abgehaltenen Ministerratssitzungen gefunden. Aus-der Tagesordnung vom 18. No- vember 1918 steht als erster Punkt „Liquidation!" Als Beilage war eine Zusammenstellung der Schecks bei- geheftet, die vom 2S. September bis 16. November 1918 aus- bezahlt wurden. Die Schecks belaufen sich auf rund 165