Der Völkerbund und die Orienkkrise
Genf, 20. Sept. Gemäß dem Bericht Nansens über die Vorgänge im Orient und den Antrag des Ausschusses beschloß die Völkerbundsversammlung, die Vorschläge Nansens vollständig auf die Tagesordnung zu setzen und zunächst dem politischen Ausschuß zu überweisen. Es handelt sich gegebenenfalls um Schritte, die der Völkerbund zur Beilegung des türkisch-griechischen Streits unternehmen soll.
vrjenlbesprechungc ln Paris
Paris, 20. Sept. Der englische Botschafter Hardinge hatte gestern eine Unterredung mit Poincare. Heute wird der englische Außenminister Curzon in Paris einireffsn; wahrscheinlich wird auch der italienische Botschafter Graf Sforza und vielleicht auch der serbische Außenminister Nintschitsch an der Besprechung teilnehmen.
Englische Selbskberuhigung
London, 20. Sept. Der «diplomatische Mitarbeiter" des „Daily Chronicle" meint, die militärische Lage an den Meerengen sei für England ganz sicher. Kemal verfüge über nicht mehr als 60 000 Bajonette. Die britische Flotte sei jedenfalls imstande, das Ueberschreiten der Meerengen und jede größere Truppenbewegung zu verhindern. Von Kemal sei noch keine Antwort an England eingelausen; dis von Pariser Blättern mitgeteilten angeblichen Friedensbedingungen Nervals können auch ein Bluff (Schwindel) sein. Kemal sei überdies gor kein Bevollmächtigter der Regierung von Angora. (Nein, denn er rst die Regierung selber. D. Sehr.)
Kemal verlangt die Besetzung Thraziens
Newyork, 20. Sept. Nach einer Konstantinopeler Meldung der „Associated Preß" verlangte TUuskapha Kemal Pascha von den Verbündeten freien Uebergang mit seinen Truppen nach Thrazien, um die muselmanische Bevölkerung zu befreien. Die Dardanellenfrage könne erst später unter Beteiligung aller am Schwarzen Meer liegenden Staaten (Rußland!) erörtert werden.
Der Vertreter Kemals in Konstantinopel machte den britischen I)berkommissar darauf aufmerksam, daß die Regierung von Angora laut einem mit Sowjetrußland und der llkraine abgeschlossenen Vertrag nicht in der Lage sei, über die Dardanellenfrage ohne Beiziehuna von Vertretern dieser beiden zu verhandeln.
Sowjekrußland verhandelt mit Rumänien
Bukarest, 20. Sept. Der amtliche „Adoerul" meldet, Sowjetrußland habe die rumänische Regierung durch Vermittlung Polens zu Verhandlungen über Abrüstung (!) und dauernde friedliche Nachbarschaft eingeladen. Rumänien habe zugesagt, jedoch dürfe von Beßarabien (das die Verbündeten an Rumänien im Vertrag von Sevres verschenkt haben) nicht die Rede sein. .
Dieder ein „Komplott"
Sofia, 20. Sept. Die Bulg. Tel.-Ag. weiß wieder von einem Putsch zu berichten, der in Bulgarien unter Beteiligung der Reste des Wrangelheeres in Vorbereitung gewesen, aber rechtzeitig entdeckt worden sei. Die Regierung habe dadurch sich neu gefestigt.
Italien zieht seine Truppen zurück
Mailand, 20. Sept. Die italienische Regierung hat (wie Frankreich) beschlossen, die italienischen Truppen aus dem „neutralen Gedietsstreifen" Kleinasiens nach Konstanrinopel zurückzuziehen, um einen Zusammenstoß mit den Türken zu vermelden.
Amerika tut nicht mik
London. 20. Sept. „Daily Expreß" zufolge beabsichtige
8
8
Nach ewigen, ehrnen,
Großen Gesetzen Müssen wir alle
Unserer Daseins Kreise vollenden.
Goethe.
Dev Bravo.
7 )
Sine venetianisch« Begebenheit von Feoimore Looper.
(Fortsetzung.)
„Nun, da hätten wir auch", sagte Annina, „statt so weit zu fahren, besser getan, in den Dom zu gehen, um ein Ave für die glückliche Heimfahrt zu beten. Nachdem wir unsere Beredsamkeit verschwendet haben, wollen wir dich, Freund Stefano, verlassen, und einen minder gewandten Antworter aufsuchen."
„Colpetto I Du weißt nicht, war du sprichst," lispelte Gtno, al« er sah, daß die schlaue Annina nicht zu bleiben gesonnen war. „Der Mann läuft nie in den kleinsten Strom Italiens ein, ohne daß er etwa» Nützliches für seinen eigenen Konto in der Felucca verborgen hielte. Gin Kauf bei ihm würde die Frage über die Eigenschaft von deines Vater» und Battista'S Weinen entscheiden. Kein Gondolier in Venedig, der nicht in deine Weinstube käme, wenn der Handel mit dem Mann da sich machte."
Annina zögerte. Sehr geübt in dem kleinen, doch geheimen äußerst gefährlichen Handel, den ihr Vater, ungeachtet der Wachsamkeit und Strenge der venettanischen Polizei bis dahin mit vielem Glück getrieben hatte, wollte sie weder ihre Aussichten auf einen ganz fremden Menschen stellen, noch einen Handel aulgeben, der ergiebig zu werden versprach. Daß Gino sie irre führen wollte, was seinen Auftrag anging bedurfte keiner Bestätigung, da ein Diener de» Herzogs von Sant Agata schwerlich eine Verkleidung zu solch einem Priester brauchte; allein sie kannte seinen Eifer für ihr persönliches Wohlergehen zu! gut, um noch an seiner Treue in einer Sache zu zweifeln, die ihre eigene Sicherheit betraf.
„Wenn du noch daran zweifelst, ob nicht Stadtspione hier lauern", bemerkte sie dem Padrone, in einer Art und Weise, die ihre Wünsche hinreichend verriet, „so steht e» in GinoS Macht, dich zu enttäuschen. — Du wirst mir bezeu-
Präsident Harding, sich nicht in den Streit in Nleinasien einzumischen. Die im östlichen Mittelmeer anwesenden amerikanischen Kriegsschiffe werden im übrigen die alnerikani- scheu Interessen, nötigenfalls schützen.
Aus Stadt und Bezirk.
Nagold, 21. September 1922.
Sitzung des Gemeinderats.
Zu Beginn der Sitzung sind anwesend der Vorsitzende und 9 Stadträte.
Armeusachen. Als erster Punkt wurden verschiedene Armensachen behandelt und erledigt.
- Gesuche und Mitteilungen. Herr Gottlob Grüninger sucht um die Erlaubnis nach, neben seinem Gebäude in der Freudenstädterstraße einen Schuppen für die Unterbringung landw. Maschinen und Geräte zu erstellen. Die Anlieger, Geschwister Sautter, erheben dagegen Einspruch und ersuchen den Gemeinderat, das Gesuch abzulehnen. Im allgemeinen besteht die Vorschrift, daß entlang der.Freudmstädterstraße derartige Bauten nicht erstellt werden dürfen; doch ist nach dem Gutachten der Technikers eine Ausnahme möglich. Mit allen gegen 2 Stimmen erteilt der Gemeinderat Herrn Grü- ntnger Befreiung von obiger Vorschrift (ZK 12 und 21 der OrtSbausatzung) und genehmigt da« Baugesuch in durchaus widerruflicher Weise gegen Bewilligung einer Baulast. — Mit dem Obstoerkauf soll noch diese Woche und zwar zunächst an der Rohrdorfer Steige begonnen werden. — Die Wagegebühren bei der städt. Wage werden bet Heraufsetzung des Pachtgelds 'von 600 auf 800 um das Fünffache erhöht und betragen künftig bis 12 Ztr. je 50 von 12—20 Ztr.
8 (seither 1.50 ^), 20—30 Ztr. 10 (2), 30—50 Ztr.
15 (3) usw. Auch die Wtegegebühren im städt. Schlacht
haus sind neu festgesetzt worden mit Wirkung ab 1. Oktober und betragen bet Großvieh 8 ^lk, bei Kleinvieh 3 sonstige Gegenstände 3 bezw. 5 — Der Pächter eine» städt.
Grundstücks an der Calwerstraße. Gustav Müller, sucht -für die Fa. Speidel darum nach, da» Grundstück umzäunen zu dürfen. Dem Gesuch wird in stets widerruft. Weise entsprochen. — Schretnermstr. Rtempp beabsichtigt gegen den Bterbraueret- besitzer Burkhardt zu einen Anbau zu erstellen und kommt nach dem Projekt der Abort 70 cm in die Straße, sodaß die Stadt als Grundbesitzerin diesen Platz pachtweise abzutretrri hätte. Der Bauende macht über die Verwendung der Materialien sowie die Haltbarkeit und hygienische Seite die wettgehensten Zusicherungen sodaß der Gemeinderat nicht» gegen den Plan einzuwenden hat. Der Pachtzins wird da bet auf jährlich 5 festgesetzt. — Das Postauto ist letzten Winter beim Amtsgericht aufgestoßen und macht die Stadt nun mit der Begründung haftbar, daß diese für eine jederzeit fahrbare Straße zu sorgen hätte. Der GR. lehnt das Gesuch aus prinzipiellen Gründen ab. — Der Stundenlohn des Freibankmetzgers wird von 20 auf 40 erhöht.- Für die erkrankte Handarbeitslehrerin Fräulein Mayer wird als Stellvertreterin Frl. Mina Lenz bestellt.
Das Lavdw. Fest wird, wie wir hören, infolge der überaus schlechten Witterung auf nächstes Jahr verschoben.
Herbstanfang. Seit dem 22. Juni, dem Tag des astrono- -nischen Sommeranfang, ist die Länge des Tags stetig zurück- zegangen, sodaß am 23. September Tag und Nacht gleich- iang sind. Mit diesem Zeitpunkt beginnt der astronomische herbst, der bis zum 22. Dezember, dem kürzesten Tag des Jahrs, dauert. Von dem astronomischen ist der meteorologische Herbst zu unterscheiden, der schon Ende August beginnl and den Uebergang von der heißen zur kalten Jahreszeil md die Ernten des Obstes, des Weines, und der späten Herbstfrüchte bringt. In diesem Jahr hat diese Herbstzeii
ehr frühzeitig begonnen, und schon die Tage, die noch zu den ogen. Hundstagen zählten, hatten bereits durchaus Herbstichen Charakter, denn seit den starken Regenfällen in der ^ugustnzjtte hat es kaum einen Tag mit sommerlicher Wärme gegeben.
Erhöhung der Zuständigkeit der Gemeindegerichte. Von
zuständiger Seite wird mitgeteilt: Das Staatsministerium Hai -inen Gesetzentwurf festgestellt, durch den die Zuständigkeil ;er Gemeindegerichte in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten für rroße und mittlere Städte bis zu 1000 Mk., für kleinere Städte md Landgemeinden 1. Klasse bis zu 600 Mk., 2. Klasse bis zu -00 Mk. und 3. Klasse bis zu 200 Mk. Streitwert ausgedehnt vstd. Der Gesetzentwurf soll dem Landtag demnächst zugehen,
Keine Reisebrokmarken. Der Reichsernährungsminister ;at die Wiedereinführung von Reisebrotmarken abgelehnt, m er das Reisen für Luxus halte und Erholungsreisende sich narkenfreies Brot kaufen können. Dagegen soll kür Ferien- under und Kranke, die eine längere Kur gebrauchen müssen, Erleichterungen im Bezug von Markenbrot geschaffen werden
Fracht für Skein- und Kernobst. Wie berichtet, wird mii Aültigkeit vom 16. September bis 31. Dezember 1922 auf dev sieichsbahnstrecken für frisches Stein- und Kernobst, ausgenommen Südfrüchte und Weintrauben, zu den um 40 v. H !rmäßigten Sätzen berechnet.
Trockene Lagerung der Kartoffeln. Die Kartoffeln sink raß aufgewachsen, es ist deshalb bei der Einlagerung doppelst Vorsicht geboten. Am besten eignet sich ein trockener Keller, Zeuchts und schlecht gelüftete Räume begünstigen die Fäul ns und sind deshalb zu meiden. Die Kartoffeln sollen iv Listen gelagert werden, durch die von unten Luft eindringt
Gewaltige Preissteigerung für Düngemittel. Für Kali unk Stickstoffdünger werden Preise verlangt, die von den wenig- ten Landwirten aufgebracht werden können. Der Preis fm superphosphat wurde am 7. September mit 135 Mk. füi ras Kiloprozent wasserlösliche Phosphorsäure notiert. Dabe- vird von Seiten der Industrie bekanntgegeben, daß dies« Preiserhöhung noch immer nicht genüge, um die eigener Kosten der Fabriken zu decken; also mit andern Worten: Dil Düngemittel sollen noch teurer werden. Welche Summer )eute zur Beschaffung von Düngemitteln notwendig sind !ann aus der Tatsache ersehen werden, daß die Bad. landw Hauptgenossenschaft Karlsruhe allein 72 Millionen Mark ari Kredite!» aufzubringen hätte, wenn sie die bei ihr eingegangenen Bestellungen aus Düngemittel zur Ausführung bringen würde. Diese geradezu ungeheure Preissteigerung der Düngemittel bildet eine der größten Gefahren für die Sicherung der Volksernährung, da viele Landwirte auch beim besten Willen nicht mehr imstande sind, die Gelder für Kunstdünger aufzubringen. Wenn es nicht gelingt, den Landwirten genügend« und billig« Düngemittel zu beschaffen, werden alle Maßnahmen zur Sicherung der Brotversorgung versagen.
Zerstörte geistige Arvrn. Vas große islerben unter dev deutschen Zeitungen nimmt immer erschreckenderen, Umfano an. Allein im August haben, wie schon kurz mitgsteilt, 144 Zeitungen und Zeitschriften ihr Erscheinen eingestellt. Und seitdem vergeht kaum ein Tag, der nicht das Eingehen mehrerer Blätter von zum Teil angesehenem Range bringt. Ein Friedhof zerstörter geistiger Arbeit im Dienst der Oeffentlichkeil und des gemeinsamen Vaterlands!
Bestellt den „Gesellschafter"!
Württemberg.
Hirsau. Durch Entschließung des Herrn Staatspräsidenten ist die Odersekcetärstelle der Gruppe VII beim hiesigen StaatSrentamt dem Steuerpraktikanten Hettich von Blau- beuren übertragen worden.
gen. Gino, daß ich in einer Sache, wie diese, nicht den Verdacht de» Verrats verdiene".
„Laß mich dem Calabresen ein Wort inS Prioatohr sagen," bemerkte der Gondolier bedeutungsvoll. — „Stefano Mtlano, wenn du mich liebst,". fuhr er fort, als sie ein wenig auf Seite waren, .zieh das Mädchen in« Gespräch, und handle mit ihr ordentlich wegen de» Wagestücks."
„Soll ich die Weinlese der Don Camillo oder die der VizekönigS von Sizilien verkaufen, Kato? E» ist soviel Wein von beiden an Bord der Bella Sorrentina, daß man die Geschwader der Republik damit flott machen kann."
„Bist du in der Tat trocken, so stelle dich wenigstens al» hättest du welchen, und zögere mit deinen Preisen. Unterhalte sie nur eine Minute mit schönen Worten, daß ich unterdes unbemerkt in meine Gondel treten kann, und dann setze sie — für einen alten bewährten Freund tust du» schon — sanft an dem Kai ab, so manierlich du immer kannst."
„Ich fange an, die Natur de» Handels zu begreifen", versetzte der gefügige Patrone, indem er den Finger an die Nase legte. „So will ich denn da» Weib unterdes unterhalten und von der Blume des Wein» reden, oder wenn du lieber willst, von ihrer eigenen Schönheit; doch ein Wunder müßte eS sein, auS den Rippen der Felucca nur einen Tropfen einer anderen Flüssigkeit zu erpressen, als Lagunen- wasser."
„Du brauchst auf nichts anderes hinzuzielen, als nur auf die Qualität deines Meiner. Die Dirne ist nicht, wie die meisten ihres Geschlechts und wird gleich beleidigt, wenn von ihr die Rede ist. Wahrhaftig, die Marke, die st« trägt, dient eben so gut, ein Gesicht zu verbergen, das dem Auge wenig Versuchung gibt, als aus einem andern Grunde verborgen zu bleiben."
„Da Gino so ohne Umstände auf die Sache eingehe, nahm jetzt der geschmeidige Calabrese heiter und mit einem Ausdruck von schnell gefaßtem Vertrauen gegen die erwartende Annina das Wort, „so fange ich an. mehr an ein gute» Abkommen unter un« in unser beider Sinn und Absichten zu glauben. So schenke mir denn die Ehre, Hella Donna, und tritt in meine geringe Kajüte, auf daß wir ungestörter und mehr zu unserem beiderseitigen Vorteil reden."
Annina hegte zwar bei sich einigen Zweifel, aber sie ließ sich von dem Padrone gern an die Stiege zur Kajüte führen, als sei sie willens, hinabzusteigen. Kaum drehte sie den Rücken, so schlüpft« Tino in die Gondel, und ließ sie mit einem Druck seiner nervigen Arm» weit dem Sprunge eine»
' ^ .
-
Menschen entgleiten. Die Bewegung war rasch, hastig und geräuschlos, aber das argwöhnische Auge Annina's entdeckte La» Entweichen de» Gondolters, als eS freilich zu spät war, chm vorzukommen. Ohne Befangenheit zu verraten, ließ sie sich willig htnabführen, als sei das Ganze so abgeredet.
„Gino sagte, Ihr hättet ein Boot, daS mich freundschaftlich an den Kai setze, wenn unsere Unterredung geendet sei," bemerkte sie mit Geistesgegenwart.
„Die Felucca selbst sollte es tun, wären andere Mittel nicht vorhanden," entgegnete mit Galanterie der Seemann, als sie in das Innere verschwanden.
Nun frei, seiner Pflicht nachzugehen, hing Gino mit doppeltem Eifer ihrer Erfüllung nach. DaS leichte Boot glitt durch die Schiffe hin, und bog mit gewandter Handhabung nur einer Ruders so gut aus, daß eS alle Colltstonen vermied, bi» es in den engen Kanal einfuhr, der den Dogenpalast von dem schöneren und klassischen Bau trennt, der die Gefängnisse der Republick enthält. Die Brücke, welche die Kommunikation de» Kai'S bildet, passierte er zuerst, und dann stahl er sich durch den weltberühmten Bogen, welcher eine bedeckte Gallerte trägt, die von dem obern Stockwerk de» Palast« in das der Gefängnisse führt und nach dem Gang, den die Angeklagten von ihren Zellen zur Gegenwart ihrer Richter hinüber taten, die Seufzerbrücke genannt wird.
DaS Ruder Gino» ließ nun in den Schlägen nach, und die Gondel näherte sich einer Flucht von Treppen, über welche das Wasser wie gewöhnlich seine kleinen Wellen warf. Die unterste Stufe betretend, steckte er einen kleinen eisernen Zapfen, in welchem ein Seil befestigt war, in eine Spalte zwischen zweien der Steine, und ließ sein Boot in dem Halt der eigentümlichen Befestigung zurück. Nach Beobachtung dieser kleinen Vorsicht stieg der Gondolier leichten Trittes unter den massiven Bogen de» Wassertorr de» Palastes hinan, und trat in dessen großen, düstern Hof.
- Zu dieser Stunde war dieser fast verödet Eine einzige Wasserträgerin stand am Brunnen und wartete, bi» das Element sein Becken gefüllt hatte, um ihre Eimer vollzuschöp- sen. Ein Hellebardier marschierte in der offenen Gallerte, am oberen Ende der Rtesentreppe, und dann und wann hörte man auch den Fußtritt anderer Schtldwachen in den langen schweren Bogengängen der Korridor» htnabhallen. Kein Licht fiel au» den Fenstern; daS ganze Gebäude bot ein paffender Bild der geheimnisvollen Macht, die über dem Wohl Venedig» und seiner Bürger zu wachen gewohnt war.
(Fortsetzung folat.)