3. Dom 10. Januar 1620 bis zum 81. Dezember 1620
10 635 900.
4 . Vonckl. Januar bis zum 31. Dezember 1821 10 049 700.
Dom 1. Januar bis zum 28. Februar 1922 1 548 400.
Insgesamt 28 751000 Tonnen vom 11. November 1918
bis zum 28. Februar 1922.
Die auf Grund des Luxemburger Protokolls gemachten Lieferungen sind noch nicht in Franken festgesetzt worden, da deren Preise endgültig durch ein Schiedsgericht bestimmt werden sollten, dessen soeben gefällter Spruch nunmehr zur .Anwendung gelangt.
Die in Ausführung des Friedensverkrags gemachten Lieferungen (einschl. der vorausgeleisteken), die Deutschland bei der Entschädigungskommission gutgeschriebcn werden, stellen einen Wert von 1 Milliarde 468 228 000 Franken dar. Das Office des Houilieres Sinistres, die amtliche Derteilungsstelle für den deutschen Kohlenkribut, hak ober für die Entschädigungskodlenlieserunqen (dis zum 28. Februar 1922) 2 Milliarden 633 263 004 Franken er- löst — in welcher Summe außer dem Kohlenwert auch die Ausgleichszuschläge (also z. B. die französischest Staarszu- bußen an^die Bezieher der teueren englischem Kohle) enthalten sind, welche diesen Brennstoff belasten.
Kleine politische Nachrichten.
Kabinellsrak
Verün/82 ch?ai. In der heutigen Sitzung de?-Neichs- ^blneirs erstatteten die deutschen Vertreter in Genua Bericht.
Das zerstörte Heeresgerät
Berlin, 22. Mai. Das bei der Reichstreuhandgesellschaft yrr Zerstörung gesammelte Kriegsgerät betrug am 1. März 1922 in runden Ziffern 5,9 Millionen Gewehre und Karabiner, 105 000 Maschinengewehre, 29 000 Minenwerscr und Granatwerfer, 55 000 Geschütze und Geschützrohre, 28 009 Lafetten, 39 Millionen scharfe Ärtilleriegefchosse und Minen. 16 Millionen scharfe Hand-, Gewehr- und Wurfgranaten, 60 Millionen scharfe Zünder und 470 Millionen Handwasfen- municion, 14 000 Flugzeuge, 28 000 Flugzeugmotmen. Die Zerstörung dieser Mengen ist fast ganz durchgeführt oder wird !m Laufe des Sommers beendet. Hiernach läßt sich der Stander Entwaffnung Deutschlands am 1. März 1922 beurteilen.
Der .parlamentarische Beirat" im besetzten Lehret.
Loblenz, 22. Mai. In den Diensträumen des deutschen Reichskommissariats fand am Samstag eine Sitzung des sogenannten parlamentarischen Beirats für die besetzten Gebiet« statt. Es wurden viele Klagen gegen die rücksichtslose Wegnahme von Weide- und Ackerland für die Uebungsplätze der fremden Truppen, gegen die zunehmende Beschränkung der Rede-, Vereins- und Pressefreiheit, gegen die schweren Be- satzungslastcn und die dadurch verursachte Wohnungsnot oorgebracht. Der Reichskommisfar Fürst Hatzfeld versprach, die Beschwerden zu vertreten.
der Gimpelfänge«
Skrockbnra, 22. Mai. Ministerpräsident Poincarö ^der, anstatt Lloyd George auf seiner Durchreise durch Pa- ris nach Straßdurg gefahren war, um einer Zusammenkunft ehemaliger Frontkämpfer cmz-uwahnen, hielt in der Versammlung eine Rede, in der er u. a. behauptete:
„Keiner von euch ist von den Gefühlen der Rache und der Gewalt beseelt. Keiner von euch hat Beherrschungs- Absichten. die die Verleumdung uns so gern zuschiebt. Keiner unter euch wünscht, daß unsere Beziehungen zu Deutschland vergiftet bleiben durchs die Erinnerungen die
a'.'ch--.,,, Lahre. In csrraMurg, rroMSk und MSkyauM kennt' Zeder die „Alldeutschen", jeder weiß, wessen sie fähig find und was sie tatsächlich unternommen haben, um sich der Ausführung des Vertrags von Versailles zu entziehen. Das Elsaß wird niemals dis Fabel von der Entwasf» n u n g Deutschlands als Wahrheit ansehen. Das Elsaß fühlt : zu lei Hk-heraus, was sich hinter der Maske del^Polizeikriiste verkämt' und es weiß zu g> t, welche Wasstnlager jeden Tag aus deutschem Gebiet entdeckt werden. Seyen wir mcyr
- mrhei'womg in vielen Ländern, namentlich aber in Ame- i nka, eine deutsche Bewegung durch Drucksachen Bro- s schüren für die Selbständigkeit und Neutralität r Elsaß ^ und Lothringen am Werk? Jedesmal, wenn die Teaälkerung
befragt wird, hat das Elsaß laut seinen Wunsch hinausge- s schrien, französisch zu sein. (!) Gegen diese einmütige Kund- i gebung kann keine Machenschaft von außen etwas unter- : nehmen. Ein Tag wird kommen, wo Deutschland uns anz-u- , greifen gedenkt. Wenn dieser Tag anhebt, dann wollen wir
- bereit sein, nicht nur um zu widerstehen, sondern um zu
> siegen und euch zu befreien. Nur deshalb bleiben wir bewaffnet und nur deshalb haben wir Bündnisse und Freund-
s schäften geschlossen. Als Elsaß befreit war, war unser Glück i unbegrenzt. Wir haben die elsässische Erde zurückgewon- . nen. Man wird sie uns niemals mehr entreißen. Die alten ! Kämpfer halten gute Wacht im Elsaß, wie sie auch gute Wacht halten über die Rechte, die der Friedensvertrag unseren verwüsteten Gebieten gibt. Das besiegte Deutschland
- hat versprochen, uns zu entschädigen. Wir werden nicht ! dulden, daß dieses Versprechen verkannt wird. Die Regie- i rung der Republik ist euch dankbar für Len Beistand, den ! ihr ihrem nationalen Wert in der Erfüllung einer schwie- ) rigen Aufgabe zuteil werden läßt."
j Der Me Viktor von Scheffel — Gott Hab' ihn selig! —
- hätte vermutlich zu dieser ausgezeichneten Rede gesagt: Der
- gediegenste Mist, der mir je vorgekommen ist!
^ 7N"? über das Ergebnis von Genua
! Rvrn» 22. Mai. Der frühere Ministerpräsident Nit-i
> schreibt: Wenn auch die greifbaren Ergebnisse von Genua j besechiden seien, so habe die Konferenz doch gezeigt, daß der
Verband jetzt in zwei Parteien zerfalle. Die Amerikaner
- seien jetzt über die Gesinnung der europäischen Mächte aufge-
- klärt. Lloyd George sei moralischer Sieger, er sei überhaupt r der einzige Staatsmann, der die neue Zeit verstehe und zur , Führung berufen sei
! (Der frühere englische Ministerpräsident sagte dagegen in s einer großen Versammlung in Blackpool, in Genua sei von den ! aestellten Ausgaben keine einzige gelöst worden.)
j Die praktischen Amerikaner
! London. 22. Mai. Den „Times" zufolge soll der amerika- ) nische Botschafter in Rom, Child, von Washington unterwiesen
- worden sein, die amerikanische Regierung halte es für rwt- i wendig, bevor man Beratungen anstelle, eine Kommission von
- wirklichen Sachverständigen nach Rußland zu senden, um die l tatsächlichen Bedürfnisse des Landes zu untersuchen und gs- ; eignete Mittel dafür vorzuschlagen. Gegen eine solche Behand- ! lung der Russenfrage, zu der auch russische Vertreter zuge- i zogen werden könnten, hätte die Regierung der Vereinigten ! Staaten nichts einzuwenden und sie würde kein Bedenken
tragen, sich daran zu beteiligen. Das Ergebnis werde aber s nach amerikanischer Ueberzercgung beweisen, daß das haupt-
- sächlichste Hindernis für die wirtschaftliche Gesundung Ruh- I lands die Sowjetregierung selber sei.
!
! TW km kbmmt »erteil.
Aus Stadt und Bezirk.
i Nagold, den 23. Mai 1922.
^ Konzert in der Turnhalle. W-nr, wie zur Jugend- i tagung am Sonntag, junge Menschen aus allen Gauen zu- i sammenkommen zu Aussprache und gemeinsamem Werk, so
- wollen sie nicht nur beraten und um Probleme ringen. Was ! sie im Innersten leitet und beseelt, das soll auch gcwz un- j mittelbar Exicbnis und Ausdruck finden, sei es in frohem ^ Reigen und Spiel, sei es in ernster Feier. Eine solche Feier i war das Konzert, das uns Karl Schmid mit seiner ' schar in der Turnhalle scheuste. Was wir in dieser Slunde ; hören dursten, waren Tonwerke aus dem Geist der Musik
und aus dem Geist der Jugend geschaffen, und sie fanden i - das war deutlich spürbar — den Weg zum Herzen dieser fügend. Zwei Werke von August Halm: 3 allfranzöstsche Cym sons, für Chor unü Oichester bearbenek, und eine Ba- gatelle in 6dur tür Klavier, waren umrahmt non zwei Kompositionen Karl Schmid's: Präludium und Fuge tu clrnoll und in k'dur, beide für Orchester. Wer dis hohe rchönheir i ücser Werke schon vorher kannte und llebte, der war überrascht, wie viel davon in dem Konzert Gestatt gewann. DaS war nur möglich durch die liebende Hingabe von Choc und ' Orchester an Vas Werk. — Den Orchesterkompofiüonen möchte utz allerdings den großen Tor.körper etwa d?tz Landescheater- i orchesters wünschen; erst so kö.wre ihre ganze Schönheit er- strahlen. Ader auch was Karl Sck-rmds kleine getreue Schar uns gab, ließ den Hellhörtyen Art unü Rang dieser Musik erkennen. Ich grüße da« schöne Nagold, das dem einst hier Weilenden besonders als S-citts edler Musik in dankbarer . Erinnerung bleiben wird Hentz.
Die Rente» der Krieaerwitwe». Wir werden um ! Ausnahme nachstehender Auslassungen gebeten: Die Verfor- i ;ung der Knegerwi wen lichter sich wst die der Krie sbc- i schädigten nach dem Rerchsversorgungsgcsetz Es ist ein Un- j rerschied gemacht zwischen erwerbsfähigen und erw-rbsun- ^ fähigen Witwen. Die erwerbsfähige Wann erhält 30 Pcoz.
! rerjenioen Bezüge, die ihrem Ehemann« im F:Ue vollstän- ^ >!ger Erwerbsunfähigkeit als KciegrbeschÄügter: zugestcroden märten. Die Rem« der erwerbsunfähigen Wirme berrägt ^ 50 Proz. dieser Bezüge Auf Grund des alten Mllikä: Himer- oltedenengesetzes erhielt eine Krisgerwitwe zu Anfang des Krieges ohne dis später eingesühtten Tsuerargszufchlägs
- monatlich 33,35 ^ Vergleicht man diesen Rentenberrng mit
em heutigen Geldwert, so müßte, wenn man der W:tws die gleichen Rsmenbezüge »n Goldinark zukommen lassen wollte, ach den Berechnungen des Statistischen Neich-amts der 70fache Betrag ausgezahlt we-dert. DaS würde etnrn Mo-
- -atssetraq von 2310 ausmache , et o Summe, dl? zur 8estre>tung drs Lebensunterhaltes einer erwerbsunfähigen Witwe in teuren Gegenden als angemessen bezeichnet werden nuß. Gegevwä-.ttg erhallen auf Grund des Rkichkverlor-
i ungsgesetzss dis erwerbsfähigen Krisgerwirwen jr- noch nur tm Durchschnitt in der Or-skloffe ^ eine monmiichs Rente von 188 in der Ortsklasse O eine solche von >39,40 Die erwerbsunfähige Witwe erhält monar- tch in der Ortsklasse 3l3.55 in der Ousk affe L 232,20 Die Wilwen ungelernier Arbeiter erhalttn noch 'urchschnittlich 30—60 monatlich weniger Echt die Witwe stnem Erwerb nach, so erhält sie seit 1. Mä:z d. I cincn nona'.lichen Zuschuß von 160 I Zgesamt stehr also der rwerbSunfädtgen Kriegeiwltwe eines geirrncen Arbeiters, Landwirts. Geschäftsmannes oder Beamten zur Bestreitung ihres LebsnSuruerhaltes monatlich nur ein Betraa von 473,55 ^ in den teuersten Orten und in der Orrskwffs L in solcher von 392,20 ^ zur Beifügung. Daß mit solchen Beträgen der LebenSunter alt nicht zu bestreiten ist, dürfte ohne weiteres klar sein. Deshalb muß die vom Retchsbund -er Kriegsbeschädigten, Kriegsteilnehmer und Kriegerhrnter-
ser Sonne
schildert^Prof. Marcuse in seiner „Himmclskunde" in folgender anschaulicher Weise:
Es ist von besonderem Interesse, sich über die Kraftwirkungen dieses riesigen Zentralkörpers unseres Planetensystems womöglich eine zahlenmäßige Vorstellung zu machen. Zunnächst das Sonnenlicht. Aus photometrischen Messungen folgt, daß ein von der Sonne bei ganz klarem Himnrel beschienenes Blast Papier ebenso hell beleuchtet wird, als wenn eine irdische Lichtquelle von etwa 300 000 Normalkerzenstärks in einem Meter Entfernung vom Papier aufgestellt ist. Die kräftigste Bogenlampe der elektrischen Technik liefert ungefähr 10 000 Kerzenstärken. Diese Lampe müßte bis auf 20 Zentimeter einem weißen Stück Papier nahe gebracht werden, um dieses gleich hell zu beleuchten, wie das Sonnenlicht es tut. Die Lichtquelle am Himmel befindet sich aber nicht in zwei Zehntel Meter Entfernung vom Papier, sondern in 150 000 Millionen Meter. Man findet daher unter Berücksichtigung des photometrischen Gesetzes von der Abnahme der Lichtkraft im Verhältnis des Quadrats der Entfernung, daß die Leuchtkraft der Sonnenoberfläche die ungeheuere Energiemenge von 27 000 Millionen Meterkerzen darstellt. Bedenkt man ferner, daß unsere Atmosphäre über die Hälfte des Sonnenlichts wegnimmt, so findets)rnan für die Sonne eine Energiemenge an Lichtstrahlen von 4b 000 Millionen Kerzen, von der man sich kaum eine Vorstellung machen kann.
Noch gewaltiger ist aber die Arbeit, die von den dunklen Wärmestrahlen der Sonne auf der Erde geleistet wird. Ein, schwarz», 1 Quadratmeter große Fläche, eine Sekunde lang den Wärmestrahlen der Sonne ausgesetzt, erhöht ihre ursprüngliche Wärmeinenge um drei Zehntel Kalorien. Eine Kalorie ist bekanntlich die Wärmemenge, welche notwendig ist, um 1 Kilogeramm Wasser von 0 Grad auf 1 Grad zu erwärmen. Rechnet man diese Leistung in Kraft um, so folgt hier eine Arbect von etwa 1,7 Pserdekräften (eins Pferdekraft ist diejenige Kraft, die 75 Kilogramm in einer Seku. de einen Meter hoch hebt). Die Hälfte der Wärmestrahlen wird noch von der Atmosphäre verschluckt. Es leistet also die Sonnenwärme auf ein Quadratmeter in einer Sekunde die Arbeit von 3,4 Pferdekräften. Nun ist die Entfernung der Sonne aber nicht 1, sondern 150 000 Millionen Meter von der Erde. Berechnet man hiernach die wirkliche Arbeit der Sonnen- wärms 1-Meler von der Sormenobersläche entfernt,^ findet ' man pro Quadratmeter und Sekunde die Zahl von^157 000 5sterdestärken. Die gan^ Sormenobersläche ist aber 58 Mu- -zton-tt Q >adraime:cc groß; daher ergcvr -sich für die Acbeit
k's d-.e Sonnenstrahlen leisten, die ungeheuere Zahl von einer O">: drill-on Pferdestärken. Das ist eine Zahl, von der^ M 2 N n's seine richtige Vorstellung machen kann. Aber wenn'man l-ie Kraf' nsngen dem Verständnis näher bringen will, so kann man diese Arbeit auf unsere Atmosphäre spezialisieren und z. B. ausrechnen, welche Wärmearbeit auf der Erdoberfläche von der Sonne geleistet wird.
Die Erde kann als eine große Kraftmaschine angesehen werden, die am Aequator erwärmt und an den Polen abgekühlt wird. Nun lehrt die Meteorologie, daß jährliich etwa 700 Billionen Kubikmeter Wasser in den Aequatorgegenden durch die Tätigkeit der Sonne verdampfen und nach den Polen befördert werden. Wenn man diese Wassermenge über ein Areal von der Größe Europas verteilt, so käme ein Meer mit einer Tiefe von 66 Metern heraus. Das ist eins ungeheure Arbeit, die die Sonn» jährlich allein auf der Erde vollbringt, oder, wenn man die Ausmaße unseres Planet?n vergleicht"inft dem Raum, den die anderen Plane-n einnehmen, rni 300millionsten Teile des Sonnensystems
Warum errichtete der Mensch Pfahlbauten?
Selten hat eine Entdeckung die Phantasie der Menschen so gefesselt wie das Bekanntwerden der Pfahlbauten als der frühesten menschlichen Siedlungen. Das urgeschichtliche For- schungsnstitut in Tübingen, das sich diese Studien zu seiner besonderen Aufgabe gemacht hat, veröffentlicht in dankenswerter Weise im Verlag von Dr. Benno Filser zu Augsburg-Stuttgart eine „Volkstümliche Reihe", die die gesicherten Kenntnisse der Urzeit verbreiten soll, und als erster Band ist sine vortreffliche Arbeit „Pfahlbauten am Bodensee" von Dr. Hans Reinerth erschienen. Hier wird auch die vielerörterte Frage gelöst, warum der primitive Mensch jene Pfahlbauten errichtete, deren wichtigste Beispiele uns am „Schwäbischen Meer" erhalten sind. Man hat uns diese Pfahlbauten als „Wasserburgen" erklärt, in die sich der in Felle gehüllte, notdürftig gegen die Unbilden des Wetters geschützte, mit Pfeil, Bogen und Lanze bekleidete Mensch der jüngeren Steinzeit zurückzog. Die vom Ufer oft weit ab- lisgmden Seedörfer sollten ihren Bewohnern Schutz gegen feindlich? Stämme und wilde Tiere gewähren. Auch „Sommerwohnungen" hat man dis Pfahlbauten genannt^die der primitive Mensch sich wegen ihrer luftigen und gesunden Lage schuf, und so ist diese ganze Art der Siedlung, in dem die Secdörfer der Sundainseln als Vergleich angeführt wurden, aus,hygienischen Gründen erklärt worden. Der Mensch der Vorzeit habe die Wasserwohnungen den Landsiedlungen
i vorgezogen, weil bei letzteren die Abfälle liegen biicbcn, sich anhäufien 'md Krankheiten erzeugten, während das Master ; den Unrat' wsgfpülte. Doch all diese Deutungen dürsten un- i zulässige Uebertragungsn unserer Anschauungen in eine ferne Vergangenheit sein. Was für den Kulturmenschen unserer Tags gelten würde, gilt keineswegs für den Steinzeit- menschen, der, wie zahlreiche Fundstellen lehren, seine Dörfer mit großem Wohlbehagen mitten in ausgedehnte Sumpfstrecken baute. Einen so ausgeprägten Sinn für Gesundheitspflege dürfen wir bei den Pfahlbauern noch nicht voraus- setzsn. Zudem dürften nach den neuesten geologischen Untersuchungen die Pfahldörfer des Badensers durchaus nicht ständig im Wasser gestanden haben- Man hat nämlich an den Seen und Torfmooren Oberschwabens eine nacheiszeit- liche Trockenperiode festaestellt, die bei sämtlichen Seen eine plötzliche Senkung des Wasserspiegels um mehrere Meter bedingte. Diese Trockenperiode, die vielleicht ein Jahrtausend dauerte, fällt in die Zeit der Pfahlbauten. Da der Bodensee die Trockenperiode mitmachte, und sein Spiegel um 3—5 Meter damals niedriger lag als heute, so werden die meisten Siedlungen, die uns heute als Seedörfer erscheinen, Uferanlagen gewesen sein, die nur auf Pfählen errichtet wurden, um sie vor Hochwasser zu schützen
Der Mensch der Eiszeit, ^der mit dem Abschmelzen der Gletscher zur Jagd noch die Fischerei erlernte, war darauf angewiesen, seine Siedlung an das Wasser zu verlegen. Der Entstehung der Seen folgte die Bildung der Wälder aus der Spur. Alles Jagdwild hauste im Urwald, und der Urwald umgab dicht die Wasserfläche, in der die Fische gefangen wurden. Wo konnte also der Vorzeitmensch seine Nahrung reicher und günstiger finden cils> an der Grenze zwischen Wasser und Urwald, am Rand der Seen? Der Siedler, der mit unendlicher Mühe die vielen Tausende van Pfählen bearbeitete und festrammte, verfügte noch nicht über die Metallwerkzeuge späterer Zeit; er konnte also keine Waldstrecksn ausroden und dort Platz für seine Siedlungen schaffen. Er war auf Freiland angewiesen, und es scheint ihm gleichgültig gewesen zu sein, ob dies Freiland Sumpf, Moor oder das Ufergelände eines Sees war. Me Siedlungskarten der Steinzeit, die von der modernen Forschung entworfen worden sind, zeigen ganz klar, daß der primitive Mensch einzig und allein an den Ufern von Seen, in Mooren und Sümpfen sich niederließ. Damit sind auch die Hauptgründe dafür angegeben, warum er solche Pfcchlbauten errichtete. Es boten sich hier gleich günstige Umstände für Jag- und Fischerei, Freiland, das nich^piüh- sam gerodet zu werden brauchte, und bei Hockwaffer lagen die Wohnstätten doch trocken.