Dokumente entlarven die Kriegshetzer

Berlin. 1. April. Aus der Dokumentensammlung des Auswärtigen Amtes, deren rrste Folge aus 16 Dokumenten besteht, bringen wir heute die letzten 4 zur Veröffent­lichung. Es sind die Dokumente Nr. 4. 7. S und 14.

Oo/lv/ns/r« S

Bericht des polnischen Bot chasters in Paris an den polnischen Autzenminister vom ... Februar 1939

-4uck riieser bereit im kekruar 1939 verkaLte llerickt äe8 pc>Ini8cke» llol8ctiokler8 in psi-,8 s» 8oin :4lini8terium in VVar8ckau reugt von ckem krieg8kelreei8cken Treiben cle8 nme- rikl>ni8cken llot8e>n,kter8 llullitt. Dicker gewi 88 en> 08 e Diplomat eeklärte unter llerugnakme auk sie rögerncls llallunz kmglanci8, sie Vereinigten Staaten würclen -war am Neginn se8 Üriege8 nickt teilnekmen, ikn aber beensen,senn sie D84 verfügen auck kmglans gegen­über über ver8cl>iesene uns ungekeuere 2wi>ns8inittel".

Politischer Bericht Nr. IV/4 Botschaft

der Republik Polen Paris, den ... Febr l939.

Nr. t/l-'/I0

An den Streng geheim!

Herrn Außenminister

in Warschau.

Bor einer Woche ist der Botschafter der Ver­einigten Staaten W. Bnllitt nach einem drei- monatigen in Amerika verbrachten Urlaub nach Paris zurnckgekehrt. In der Zwischenzeit hatte ich mit ihm zwei lang« Unterredungen, die es mir gestatten. Herrn Minister' über seine die euro­päische Situation betreffenden Ansichten zu in­formieren, wie einen Ueberblick über die Politik Washingtons zu geben.

1. Eine Außenpolitik der Vereinigten Staaten, deren Bestreben es ist. unmittelbar an der Ent­wicklung der Verhältnisse in Europa teilzuhaben, gibt es nicht. Eine solche Außenpolitik wäre auch nicht möglich da sie non der öffentlichen Meinung, die in dieser Hinsicht ihre i s o l a t i o n i st i s ch e Einstellung nicht geändert hat, nicht genehmigt werden würde. Dagegen be­steht ein außerordentlich verstärktes Interesse des' amerikanischen Volkes für die europäische Lage. Demgegenüber treten sogar die inneren Angeleaen- heiten in den Hintergrund und verlieren die Auf­merksamkeit. deren sie sich früher erfreut haben. Die internationale Situation wird von den offi­ziellen Kreisen als ungeheuer ernst und unter der Gefahr eines bewaffneten Konflikts stehend be­trachtet

Die maßgebenden Faktoren sind der Ansicht, daß, wenn es zwischen England und Frankreich einer­seits. wie Deutschland und Italien anderer-cits zum Kriege kommen sollte, in dein England und Frankreich eine Niederlage erleiden könnten, dann würden die Deutschen den realen Interessen der Vereinigten Staaten aus dem amerikanischen Kon­tinent gefährlich werden Aus diesem Grund könne man die Teilnahme der Bereinigten Staaten am Kriege auf Seiten Frankreichs und Englands von vornherein vorauSsehen. natürlich erst eine acwisse Zeit nach Ansbruch des Konfliktes. Botschafter Bullitt drückte das wie folgt aus!Sollte ein Krieg auöbrechcn. so werden wir sicherlich nicht zu Anfang an ihm teilnehmcn, aber wir werden ihn beenden."

Nach Meinung Botschafter Bullitts ist die obige Einstellung der maßgebenden Washing­toner Kreise jeglicher ideologischer Elemente bar und ergibt sich ausschließlich aus der Not­wendigkeit, die realen Interessen der Vereinigten Staaten zu verteidigen, die »n Falle einer fran­zösisch-englischen Niederlage ernstlich und unmittel­bar zugleich vom Pazifik wie vom Atlantik her bedroht wären.

Botschafter Bullitt stellte fest, das Gerücht, als ob Präsident Noosevelt gesagt habe, die Grenze der Vereinigten Staaten liege am Rhein, sei falsch. Er gab dagegen seiner Ueberzeugunc, Ausdruck der Präsident habe bestimmt gesagt, er verkaufe Frankreich Flugzeuge, da die französische Armee die erste Verteidigungslinie der Vereinig­ten Staaten sei. Dieses entspräche nämlich voll­kommen seinen Ansichten.

2. Die italienischen Ansprüche ge­genüber Frankreich entbehren absolut aller Grundlagen und Argumente, die sie auch nur teil­weise rechtfertigen könnten. Frankreich kann und darf also nicht einmal scheinbar Zugeständnisse machen. Irgendein Nachgeben Frankreichs würde die Nnterhöhlung seines Prestiges in Afrika be­deuten. Man muß daher jeden eventuellen Kom­promiß auf Kosten französischer Interessen aus- schließen.

Theoretisch genommen bestellt die Befürchtung. England könnte vielleicht zusammen mit Berlin versuchen, Frankreich im Augenblick irgendeiner Spannung einen mit seinen eigenen Interessen nicht zu vereinbarenden Kompromiß aufzuzwin­gen. In diesem Falle jedoch wird Frankreich auf die kräftige Unterstützung Washingtons rechnen können. Die Bereinigten Staaten verfügen E n g- land gegenüber über verschiedene und ungeheuer bedeutsame Zwangsmittel. Allein die Drohung ihrer Anwendung dürfte genügen, Eng­land vor einer Kompromißpolitik auf Kosten Frankreichs zurückzuhalten.

Man muß damit rechnen, daß da?- Prestige Englands durch die Ereignisse im Fernen Osten wie die Resultate der Münchener Konferenz in der amerikanischen öffentlichen Meinung sehr stark gesunken ist. Andererseits ist die amerikanische öffentliche Meinung sich darüber im klaren, wieviel England heute an einer Zu­sammenarbeit mit den Vereinigten Staaten und ihrer Unterstützung gelegen ist. Unter diesen Be­dingungen kann man vermuten, daß Hitler und Mussolini es auf der Grundlage der italieni­schen Ansprüche «Frankreich gegenüber nicht zu einem offenen Konflikt mit England und Frank­reich kommen lassen werden.

Eine schwache Seite der Vereinigten Staaten ist es natürlich, daß sie. obwohl sie schon heute ihren Standpunkt iin eventuellen Kviifliktfalle bestimmt haben, gleichzeitig jedoch an der posi­tiven Lösung der europäischen Probleme keinen aktiven Anteil nehmen können, da die isolatio- 'nistisch eingestellte amerikanische Meinung dieses nicht gestatten würde.

3. Das Verhältnis der maßgebenden amerikani­schen «Faktoren zu Italien und Deutschland ist negativ, hauptsächlich deshalb, weil sie der Ansicht sind, daß die neuen Erfolge der Achse NomBer­

lin. die da?- Prestige wie die Autorität «Frank­reichs und Englands als Imperialmüchte uuter- höhlten. fast schon unmittelbar die rea­len Interessen der Vereinigten Staaten bedrohen. So wird auch die Außenpolitik Washingtons einer eventuellen Wei­terentwicklung der Situation in dieser Richtung entgegenwirken.

Die Vereinigten Staate» verfügen in ihren Be­ziehungen zu Italien und Deutschland über ver­schiedene Zwangsmittel, die heute schon sehr ernst­lich geprüft und aufgestellt werden. Diese über­wiegend wirtschaftlichen Mittel sind oerart. daß sic ohne die geringste Befürchtung eines inner- politischen Widerstandes angewandt werden kön­nen. Sie werden zweifellos sowohl >ür Nom wie für Berlin genügend ausdrucksvoll und fühlbar scin.

Botschafter Bullitt ist der Meinung, ein don den Bereinigten Staaten gleichzeitig auf Italien und Deutschland einerseits wie Eng­

land andererseits ausgeübter Druck könne in bedeutendem Maße dem Ausbruch eines be- »vaffneten Konfliktes Vorbeugen bzw. die Ent­wicklung der europäischen Situation in einer Richtung verhüten, die vom Standpunkt Washingtons aus gesehen, unerwünscht wäre Auf meine Bemerkung, es sei bei der gegen­wärtigen Sachlage jedoch nicht klar, ob die Vereinigten Staaten bereit wären, sich mit Deutschland und Italien um die französischen Kolonien zu schlagen bzw. gegen gewisse Systeme und Ideologien zu kämpfen, erklärte Botschafter Bullitt kategorisch, die Haltung Washingtons würde allein von den realen Interessen der Bereinigten Staaten bestimmt, nicht aber von ideologischen Problemen.

Ich muß hinzufügen. daß' Botschafter Bullitt sich deS rücksichtlvsen Widerstandes «Frankreichs aepe» die italienischen Ansprüche gewiß zu sein scheint und in der Konsequenz eine eventuell mög­liche Vermittlung englischerseits bzw. englisch- deutscherseits, deren Ziel ein Kompromiß auf Kosten Frankreichs wäre, ausschließt.

Ich möchte vorläufig von der «Formulierung meiner eigenen Meinung gegenüber den Aeuße- rungen Botschafter Bnlitts Abstand nehmen. Es ist nämlich mein Bestreben, vorher von ihm noch einige zusätzliche Erläuterungen zu erhalten. Eines aber scheint mir sicher, nämlich, daß die Politik Präsident Noosevelts in der nächsten Zeit dahin gehen wird, den Widersta » d «Frank­reichs zu unterstützen, den deutsch-ita­lienischen Druck zu hemmen und die Kompromiß- lendcnzen Englands zu schwächen.

I. Lukasiewicz.

Botschafter der Republik Polen.

Bericht des polnischen Botschafters in London an drn polnischen Außenminister vom 28. April 1933

Der im äu8rug nackülelieng wieclergegebene kerickt cle8 polnisclien Ilotscliaflerz in Donclon an ita.8 .äiillenminiüteriuni in Warseka» vermittelt einen Mick dinier ckie Kutinen cler eng- liaeken Diplomatie in cien ^tärr- uncl äpriltagen clen .lakren 1939. Dan Dokument reigt clie

raffinierten dlanöver auf, clie Donclon ancvanclte, gegen Dentacklanlt ru rieken.

um SovvsetruLIanci in clen liünkrei8ung8ring

Botschaft

der Republik Polen in London AB/ME No. 1/SE An den Herrn Minister für Auswärtige

London. 26. April 1939. Geheim!

Svw/I9l

Angelegenheiten in Warschau.

Politischer Bericht Nr. 10/3 Englisch-sowjetische Beziehungen.

Die Ereignisse der letzten Wochen haben ein Interesse für die Beziehungen zwischen Großbri­tannien und der Sowjetunion auf die Tagesord­nung gesetzt. Daher scheint es zweckmäßig, ihre Entwicklung in den vergangenen Monaten zu schildern und Aeußerungen der Leiter der briti­schen Politik darüber, die gewöhnlich unter dem Druck aggressiver Fragen der Opposition gemacht wurden, zusaminenzustellen.

Als Herr C h c> m b c r l a i n an die Macht kam. der zum Unterschied von seinem Vorgänger seinen eigenen Standpunkt zur Außenpolitik hatte und nach einer Verständigung der vier 'Weltmächte strebte, wurde nicht nur eine stärkere Bindung an die Sowjets unmöglich, sondern man sah auch unwillig auf die allzu weitgehende prosowjctische Politik der französischen Negierung. Dieie grund­sätzliche Haltung wurde selbst in den Tagen der tschecho-slowakischen Septemberkrise nicht geän­dert. Wochenlang unterhielt die englische Negie­rung keine Verbindung mit dem Sowjetbotichaf- tcr. ja dieser war sogar im September meist ab­wesend von London. Um so größere Verwunde­rung erregte daher dann die bis heute noch nicht ganz geklärte Angelegenheit des Kommuniques des Foreign Office vom 26 September abends, in dem es hieß, daß. wenn Frankreich wegen seiner Verpflichtungen in Mitteleuropa in einen Krieg verwickelt würde, es an seiner Seite Großbritan­nien und Rußland fände. Nach diesem unverhoff­tenHervorspringen". das eher aus einer Stim­mung des Augenblicks als aus einem überlegten und vereinbarten Plan hervvrging. wurden die Beziehungen kühler.

lsircii lllacuiiiski behandelt da»» die tschechische Märzkrisc, die eine neue Lage schafft und die im englischen Unterhaus lebhafte Diskussionen zur Folge hat.

Sv behauptete der sozialistische Abgeordnete Dal ton in einer Unterhausrede vom 1. Avril, daß zwischen dem 19, und 31. März keine Ver­bindung zwischen dem Sowjetbotschafter und dem britischen Außenministerium bestanden habe: (Es folgt ein Zitat.) Zwei Stunden vor der Abgabe der bekannten Erklärung des Premiers vom 31. März wurde Botschafter Maiski über ihren Inhalt unterrichtet.

Die Erklärung, die von der Opposition bejahend ausgenommen wurde, regte allerdings sofort zu der Frage nach der Rolle a» die man den Sowjets zuzuerkennen beabsichtige.

Der Ministerpräsident antwortet darauf:

Die Regierung halte mit verschiedenen anderen Mächten Konsultationen ob. u. a. natürlich auch mit der Sowjetregierung Lord Halifax habe heute früh den sowjetischen Botschafter empfangen und mit ihm eine eingehende Diskussion über dieses Thema gehabt. Es gäbe keinen Zweifel darüber, daß die Prinzipien, auf Grund derer man gegen­wärtig handle, von dieser Regierung vollkommen verstanden und gewürdigt würden.

Auf die Frage der Opposition, ob der Premier die Versicherung geben könne, daß es zwischen Großbritannien und der Sowjetunion keine ideo­logische» Hindernisse gebe, antwortete Herr Cham, berlain:Ve8, I kave no kazitati'on in giving tkat assurance."

Die Ereignisse in Albanien rufen di« Notwen­digkeit hervor, das Parlament während der Ferienzeit auf einen Tag. und zwar am 13. April, einzuberufen.

Im weiteren Verlauf seines Berichtes schildert der polnische Botschafter dann, wie Cbamberlain dem Hanse den Beschluß mitteilte, Rumänien

und Griechenland eine Garantie zu erteilen, die russische Stclliinanahme-dabei jedoch nicht er­wähnte. Graf Naczvnski fährt fort:

Erstmals Sir John Simon auf die zahl­reichen, ihni während der Debatte gestellten Fra­gen antwortete, besprach Chambcrlain ausführ­licher die Verhältnisse zu Nußland.

Ich komme jetzt auf Rußland zu sprechen . . . Die letzten Ereignisse in Europa im März und April mußten notwendigerweise in einer Reihe von Ländern Unruhe Hervorrufen, und zwar des- wcaen, weil sie ihre Unabhängigkeit für bedroht hielten und weil dieses sich ungewöhnlich rasch ent­wickeln könne. Wir nahmen gegenüber den Staa­ten. deren Unabhängigkeit durch ihre jeweilige Gefährdung bedroht war oder bedroht sein konnte, besondere Verpflichtungen auf uns. Während die­ser Verhandlungen blieben wir in engem Kontakt mit der russischen Regierung. Am 29. März teil­ten wir dem russischen Botschafter mit, daß es uns nicht zweckmäßig zu sein scheine, den Gedan­ken einer Erklärung der vier Mächte weiter auf­recht zu erhalten und daß wir deshalb quf eine andere Linie des Vorgehens überaeganqen seien. Der rnssiiche Botschafter wurde über die allge­meinen Umrisse dieser nei^n Methode informiert, die wir unS überlegt hatten und die dazu führte, daß wir gemeinsam mit Frankreich. Polen und Numänien Garantien gaben.

Der russische Botschafter erkannte an, daß dies eine revolutionäre Umänderung in der britischen

Politik darstelle und daß es in hohem Maße zur Aufrechterhaltung des Vertrauens in anderen Landern beitrage. Während der Unterredungen wurde ihm offen zu verstehen gegeben, daß wir keineswegs die Absicht hätten, eine Hilfeleistung der russischen Negierung auszuschließen, wenn diese nur bereit sei. sie in möglichst zweckentspre­chender und effektiver Weise zu erteilen."

. dluf ciiic Anfrage erklärte, wie Racziinski wei- tcr aussiibrt, Sir Simon, daß man britischcrseits gegen sie Möglichkeit einer gemeinsamen Mili- tarallian, mit Frankreich und Rußland keine vrinzivicllen Bedenken babe. Der Bericht fährt fort:

Jiizwischcn finden in London und Vtoskau wei­fte ^^"udümgcn statt über den Anteil und die Rußlands in dem entstehenden neuen Kräfte­verhältnis in Europa. Zweifellos wünscht Eng- land, daß Rußland an diesem Kräfteverhältnis tellnehme, will jedoch keine formale oder engere Bindung. Aus den mir von dem ständigen llnter- staatssckretär im Foreign Office, Cädogan, gegebenen Erläuterungen geht hervor, daß Eng­land und Frankreich sich darauf beschränken wol­len, von Rußland eine Erklärung es werde im Kriegsfälle eine wohlwollende Haltung einnch- men, zu erlangen, um sich so Transit, Zugang zu den Rohstoffen usw. zu sichern. Das könnte z. B. auf dem Wege einer eiuseitigcu Erklärung der Sow'jctregieruug erfolgen, die fcststellen würde, daß im Falle eines deutschen Angriffs auf Polen oder Rumänien Rußland im voraus leine Haltung zu einem derartigen Konflikt feststellen wurde. Die Gegenvorschläge der Sowjets aber, die zn einem Politischen Vertrag der gegenseitigen Hilfe­leistung zu gelangen wünschen sei cs in zwei­seitiger englisch-russischer Form bei entsprechender Anpassung des französisch-russischen Vertrages, sei cs in der Form eines Vertrages zwischen Eng­land. Frankreich und Rußland könnte, wie Cadooan erklärt, England nicht annchmcn und auch Frankreich wolle das nicht. Cadooan berief sich dabei ans wesentliche Rücksichten, wie auf die Reaktion, die das in anderen Ländern Hervorrufe, wobei er unter diesen Polen, Rumänien, Jugo­slawien und Spanien anfzählte. Gleichzeitig jedoch betonte Cadogan die Schwierigkeiten, die die bri­tische Regierung habe; sie wolle eine abschlägige Antwort nicht in einer Weise geben, die verärgern könnte.

Dieser Standpunkt wurde auch Minister Ga­se neu mitgcteilt. In seinen hiesigen Unter­redungen vergewisserte er sich, daß die britische Rccsicrung eine engere Annäherung an die So­wjets meide. Der rumänische Außenminister brachte mir gegenüber die Ansicht zum Ausdruck, daß die jetzigen enalisch-sowietischen llntcrredun- aen ohne konkretes Ergebnis bleiben könnten. Da­her bemüht sich die britische Politik, die allzu deut­liche antideutsche Akzente noch meidet, einer allzu unmittelbaren Binduna an die Sowjets auszu- wcichcn. Jedoch kann die weitere Entwicklung der internationalen Laae in eine Richtung gehen, die die Einhaltung dieser Linie unmöglich macht.

Daher treffen die inzwischen laufenden Ver­handlungen ans viele Hindernisse. Eine zusätzliche Schwieriakeit ist die Haltung der Opvosition und eines gewissen Teiles der Konservativen Partei mit Churchill an der Spitze, die sich deutlich auf einen Krieg vorbereiten und in den Sowjets einen Staat mit großen Reserven und votentiellen mili­tärischen Kräften sehen. Die Schwierigkeiten mit der Opposition können noch mehr mit den An­griffen wachsen, die der Entschluß über die Mili- tärdienstvklicht hervorrief. Denn die Regierung wird in Betracht ziehen und sich möglicherweise Argumenten entgegenstellen müssen, daß eine Allianz" oder eine andere Form der Verbindung mit Rußland eine so drastische Beschlußfassung hätte verhindern können.

Edward Raczynski, Botschafter der Republik Polen.

Bericht des polnischen Botschafters in Washington an den polnischen Außenminister vom 21. November 1938

Die engstirnige politizeks siünztollung cke8 118.4. -llot8ckakter8 Bullitt gebt su8 nackZtelienckem llerickt cies polni8cken llatnekakters in VVaskington kervor. 8eld8t 6rak Lotocki rnuü rugedon, claö Ilultitt c>U8 cken verwickelten eurc,päi8cken tragen nur 8ekr negative Folgerungen riebt, »ncl .ui, jecleni 8n>r cter .Xeuüerungen c1e8 amerikani8cken Diplomaten gprickt cke88en atarker Hall gegen Deutzcklancl uncl 4äolk Hitler.

Botschaft

der Republik Pole» Washington, den 21.11.1938

in Washington

Bctr.: Unterredung mit Botschafter Bullitt An den

Herrn Außenminister

in Warschau.

Vorgestern hatte ich eine längere Unterredung mit dem Botschafter Bullitt, der hier in Ur­laub ist. Eingangs bemerkte er, daß sehr herzliche Beziehungen ihn mit dem Botschafter Lukasiewicz in Paris verbinden und daß er mit ihm sehr gerne verkehrt. Da Bullitt den Präsidenten Noosevelt über die internationale Situation in Europa ständig informiert, und vor allem über Rußland, werden seine Mitteilungen vom Präsi­denten Noosevelt und dem Staatsdepartement mit großer Aufmerksamkeit ausgenommen. Bullitt spricht lebhaft und interessant. Jedoch entspricht seine Reaktion auf die europäischen Ereignisse mehr der Ansicht eines Journalisten als Politi- kers, da er in seiner Unterhaltung die ganze Skala der sehr verwickelten europäischen Fragen be­rührte. Ans ihnen zieht er sehr negative Folge­rungen.

Bullitt zeigte in seiner Unterhaltung im allge­meinen einen großen Pessimismus. Er sprach da­von. daß das Frühjahr 1939 zweifellos wiederum sehr aufregend sein wird, verstärkt noch durch das ständige Ausblitzen der Kriegsmöglichkeiten und der Drohungen von seiten Deutschlands sowie der Gefahr der ungeklärten Verhältnisse in Europa. Er stimmte mit mir überein, daß der Schwer- Punkt der europäischen «Frage sich vomWesten nachdemOsten verschoben habe, da die Kapitulation der demokratischen Staaten in München ihre Schwäche gegenüber dem Deutschen Reiche offenbart hat.

Sodann sprach Bullitt über daS vollständige Nichtvorbereitetsein Großbritannien? zum Kriege

und über die Unmöglichkeit, die englische Indu­strie auf die Massenkriegsproduktion, insbesondere auf dem Gebiet des Flugzeugwesens. umzustellen. Ueber die französische Armee äußerte er sich mit ungewöhnlichem Enthusiasmus, bestätigte jedoch, daß das französische Flugwesen überaltert sei.

Nach dem, was die Militärexperten Bullitt wäh­rend der Herbstkrise des Jahres 1938 gesagt haben, würde ein Krieg mindestens 6 Jahre dauern und würde nach ihrer Ansicht mit einer völligen Zerschlagung Europas und mit dem Koinmunismns in allen Staaten enden. Zweifel­los würde Sowjetrußland am Schluß davon den Nutzen ziehen.

Ueber Sowjetrußland sprach er mit Ge-, ringschätznng. Er redete davon, daß die letzte Rer-/ nignng, und insbesondere die Beseitigung Blu-f chers eine vollständige Desorientierung rn der Noten Armee hervorgerusen habe, die zu kccrvrr kriegerischen aktiven Anstrengung fähig sei. IM allgemeinen ist Rußland, wie er sagte, gegenwar. tig der kranke Mann von Europa. Er verglich es mit dem ottomani scheu Borkriegsstaat.

Ueber Deutschland und den Kanzler Hitler äußerte er sich mit größter Vehemenz und mit starkem Haß. Er sprach davon, daß nur Starke, und zwar am Schluß eines Krieges, der wahn­sinnigen Expansion Deutschlands in Zukunst e,n Ende machen könne.

Auf meine Frage, wie er sich diesen kommen­den Krieg vorstcll'e, erwiderte er, daß vor allem die Vereinigten Staaten, Frankreich und England gewaltig ausrüsten müßten, um der deutschen Macht die Stirn bieten zu können.

Dann erst, wenn der Augenblick reif ist (sprach Bullitt weiter), wird man zuderletz t e n Ent- scheidung schreiten können. Ich fragte ihn, in welcher Weise die Auseinandersetzung er­folgen könne, da Deutschland vermutlich nicht England und Frankreich als erster angreifen