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ttgung des FtnanzministerS zur Ermäßigung des Steuersatzes sprach man sich einmütig aus.
Handelsabkommen mit Amerika?
London, 20. Aug. „Daily Telegraph" meldet au» Washington: In politischen Kreisen ist man allgemein der Ansicht, daß die Verhandlungen mit Berlin sich nicht auf der Grundlage eines Sonderfriedens, sondern auf der eines Handelsvertrages bewegen. Das Handelsabkommen werde nur eine vorübergehende Maßnah - e sein, unter der die Konsuln besondere Vollmachten erhielten. Die Handelsbeziehungen zwischen beiden Ländern würden wieder ausgenommen werden.
Der Metallarbeiterstretk in Mitteldeutschland.
Berlin, 20. Aug. An dem Memllarbetterstretk sind, wie aus Halle gemeldet wird, 9000 Metallarbeiter beteiligt. Die Streikleitung erklärt, wenn die Arbeitgeber in den nächsten Tagen die Forderungen nicht erfüllten, so würde man die Solidarität der übrigen Arbeiterschaft anrufen. Auch in den Städten Merseburg, Göttingen und Weißenfels, sowie in verschiedenen kleineren Orten wurde von heute ab der Streik in der Metallindustrie beschlossen.
Englands Pläne sür den Fall des Bruchs.
Berlin, 20. Aug. Der „Chicago Tribüne" wird aus Dublin gemeldet, daß im Falle des Abbruchs der Verhandlungen zwischen England und Irland alle Führer der Sinnfeiner verhaftet würden und das irische Parlament der Auflösung verfiele, ebenso wie die aufrührerischen Organisationen. Energische Maßnahmen würden gegen dis republikanische irländische Armee getroffen und über l00000 Irländer würden interniert oder deportiert werden.
Preiserhöhung im Innern, Abba« nach außen.
Bukarest. 20. Aug. Der Ministerrat hat beschlossen, den Preis für einen Waggon Weizen für den Verbrauch im Innern von 15000 auf 18000 Lei zu erhöhen. Gleichzeitig wurde beschlossen, den Ausfuhrzoll auf Holz und auf Petroleum und die daraus gewonnenen Erzeugnisse herabzusetzen.
Aus Stadt und Bezirk.
Nagold, 22. August 1921.
Wochenhtlfe und Wochensürsorge. In dem in der
SamSIagSnummer veröffentlichten Aufsatz hat sich ein Irrtum eingeschltchen, insofern, als dar neue Gesetz nicht am 21., sondern schon am 6. August in Kraft getreten ist.
Aufstellung eines Dieselmotors. Am SamStag wurde im hiesigen Elektrizitätswerk eine neue Kraftanlage, (Schiffs- dteselmotoranlage) dem Betrieb übergeben. Dieselbe stammt au» Marinebeständen und wurde erbaut von der Maschinenfabrik AugSburg-Nürnberg in Augsburg; sie leistet bei 375 minutl. Umdrehungen 400 ?8 dauernd und funktioniert zur vollsten Zufriedenheit. Durch den Einbau dieser Anlage ist die Kraftversorgung der an das Elektr.-Werk Nagold angeschloffenen Gemeinden wesentlich verbessert und auf lange Zeit sichergestellt Der Kostenaufwand ist ein sehr erheblicher, jedoch' ist da» Elektr.-Werk Nagold nunmehr völlig unabhängig von der Kohlenbewirtschaftung, da daS Dieselmotorentreiböl im freien Handel leicht erhältlich ist.
s- Ferienfahrt des D K. Etliche Wochen herrschte reges jugendliches Leben in unserer Stadt. Die Vereinigungen der Schülerbibelkreise Mittelbadens hatten 2 Feriensahrten hieher unternommen. In den hiesigen Schullokalen untergebracht. mittelst eigener Küche im Gasthaus zum .Schiff" verpflegt, fühlten sich die wohlgeordneten Scharen hier recht heimisch. Und auch die hiesige Einwohnerschaft brachte der guten Sache volles Verständnis u. Wohlwollen entgegen. — Gewissermaßen als Abschiedsgabe veranstalteten die jungen Schüler am gestrigen .Sonntag-Nachmittag ein kleines Fest. Mit frischem Lied und einer Ansprache des Leiters, Herrn Stadtvikar Ein Wächter-Pforzheim, eröffnet, boten die Stunden den anwesenden jungen und alten Nagoldern viel Anregung in Scherz und Ernst. Herr Sladtpi. Or. Schatrer entbot den Gästen freundliche Worte und Wünsche, etliche»
aus der Geschichte des SchloßbergS mitteilend. Der allgemeine Gesang „Im schönsten Wiesengrunde" nahm die warmen Heimattöne auf, in die die Ansprache ausklang. — Nun versetzte eine von den Pforzheimern gebotene dramatische Darstellung des „Handschuh" von Schiller die Zuschauer in große Spannung. Ein stolzer König, stramme Ritter, holde Frauen, Löwen, Tiger und Leoparten — alles entstieg dem Schloßberggemäuer. Unter Fauchen und Brüllen ließen die wilden Tiere doch die schreckliche Geschichte geschehen, die im Gedichte erzählt ist. ES ging auch alles gut aus, ebenso wie bet den hübschen Szenen „Vom echten und falschen Siegfried", die die Karlsruher Gruppe aufführte. Eitle Prahlsucht und Schwindelei erhielt da ihren wohlverdienten Lohn von schlichtem Heldenmuts und jugendlicher Kraft. Auch hiebei kroch ein fürchterliche« Drachenungetüm herum und heuchle zuckend sein zähe» Leben aus. — Eine hübsche Deklamation, die an Schillers „Glocke" anklang und das Treiben einer Ferienfahrt schilderte, fand vielen Beifall Ein Chorgesang und ernste Worte von Herrn Zeichenlehrer Fink Karlsruhe: „Laßt euch durch nichts das Ziel verrücken!" beschlossen da» Festchen, dem aber noch de» Wetters Gunst und die Abend sonne geleuchtet hatten. Als die Nacht schon hereingebrochen war, loderte am Berghang oberhalb de» Elektrizitätswerkes zum Gedächtnis der Gefallenen au» dem B. K. Kreise ein mächtiges Feuer auf, unter Trommelwirbel immer höher ansteigend. Nach dem Lied „Ich halt' einen Kameraden" folgte eine flammende Ansprache über die Not des Vaterlandes und die Ehre der Toten. Während mit leiser Violinbegleitung „Ich bete an die Macht der Liebe" und „Herz und Herz vereint zusammen" gesungen wurde, spiegelte sich der Schein der erlöschenden Flammen nocheinmal auf über hundert frischen Gesichtern rings im Kreis. So selten bietet die heutige Zeit aus dem Leben der Jugend einen erfreulichen Anblick. DaS war einer von seltener Schönheit! Wir danken den lieben Jungen vom B. K. und ihren Führern, versichern ihren ein gutes Andenken und wünschen ein frohes „Auf Wiedersehen!"
Angefahreu wurde SamStag früh eine ältere Frau von einem Radfahrer, der den Fußweg vom Durchlaß zur Leonhardsstraße benützte. Der rücksichtslose Radler erging sich noch in Grobheiten der Frau gegenüber, anstatt sich der betagten Frau anzunehmen und sich zu entschuldigen. — ES wäre dringend zu wünschen, daß städtischerseitS an Fußwegen, wie an dem oben genannten, hauptsächlich aber am Klebweg, Verbotstafeln angebracht würden, damit diesem Unfug einmal gesteuert würde.
* Angefchoffen. Am SamStag mittag gegen V» 12 Uhr wurde in der Haiterbacherstraße in der Nähe der Gewerbebank daS 8 Jahre alte Töchterchen des Wirts Burghardt z. „GambrtnuS" angefchoffen. Das Geschoß drang dem Kind hinter dem linken Ohr in den Kopf und blieb unterhalb des Auges stecken. Die sofort in Anspruch genommene Hilfe dcS Arztes förderte das Geschoß bis jetzt noch nicht zu Tage. — Soviel bis jetzt bekannt, soll der Täter ein Schüler sein, der Jagd auf Vögel und Katzen machte. Die Untersuchung ist noch nicht abgeschlossen.
* Der Ankauf von Gold für das Reich durch die Reichs- bank und Post erfolgt in der Woche vom 22. bis 28. d. MlS., wie in der Vorwoche zum Preise von 340 für ein 20 Stück, 170 für ein 10 Stück. Für 1 Kg. Feingold zahlt die Retchsbank 47 600 und sür die ausländischen Goldmünzen entsprechende Preise.
* Drucksachenkarten. Die Reichspostverwaltung hat bestimmt, daß auf den als Drucksachen zu befördernden Ansichtskarten außer 5 Wörtern Text noch Datum, Unterschrift, Stand und Wohnung de» Absenders verzeichnet werden dürfen, was von einigen Postanstalten nicht beachtet wurde.
* Keine Schlafwagen zur Leipziger Messe. Von zu- ständiger Seite wird mitgeteilt: Die in Aussicht genommenen Schlafwagen in den Sonderzügen nach und von Leipzig während der Herbstmesse (Stuttgart ab 7.45 Uhr nachm, am 25.,
26., und 27. August und Leipzig 'ab um 7 Uhr nachm, am
1., 2., 3., und 4. September) .werden nicht geführt werden, weil die Nachfrage nach Bettplätzen zu gering ist.
* Was geht mit dem Milchpreis vor? Aus einem Ort des Donaukreise« wird geschrieben: „In den letzten Tagen war eine Versammlung von Molkereibesitzern. Dabei wurde ausgesprochen, daß der Preis für ein Liter Verarbeitung-, milch auf 2 zu erhöhen sei. Welche Folgen hätie das. wenn da« Wirklichkeit würde? Die Frischmilch käme auf mehr als 2 Und was würden Butler und Käse dann erst kosten? Wir stellen fest: Von den Landwirten geht die ge- plante Erhöhung nicht aus. Die meisten Landwirte fangen an, sich klar zu machen, daß sie selbst bei jedem Kreislauf der leidende Teil sind; denn regelmäßig ist die Ordnung folgende: 1. Erhöhung der Lebensmittelpreise; 2. Erhöhung der Löhne und Gehälter; 3 Erhöhung der Steuern; die Mehrsteuern müssen in der Hauptsache von den Landwirten getragen werden, weil Arbeiter und Beamte kaum dar Eristenz- minimum beziehen."
* Die Polizeistunde. Von zuständiger Seite wird mitgeteilt : Wegen der Neuregelung der Polizeistunde, die infolge der bevorstehenden Aushebung der BundeSratsoerordnung, betr. die Ersparnis von Brennstoffen und Beleuchtunpsmitteln notwendig geworden ist, schweben bekanntlich zur Zeit Verhandlungen. Zunächst behält die Verfügung deS ArbeitS- ministeriumS, betr, die Betriebsschlußstunde für Wirtschaften, Theater usw. und die Polizeistunde vom 20 April/15. Juli 1920 nach der die Betriebsschluß und Polizeistunde auf 11 Uhr festgesetzt ist. ihre Gültigkeit.
* Ein zweiter deutsch-evangelischer Kirchentag findet am 11. September und den folgenden Tagen in Stuttgart statt. Den Hauptgegenstand der Beratungen bilden Kirchen- bundSversasiung und -Vertrag. Mit der Tagung verbunden wird eine Reformationsfeier.
* Die Ortsklaffeneinteilung. Wie die „Münchener Neuesten Nachrichten" hören, finden nunmehr die endgültigen Ver- Handlungen über die Einstufung Bayerns, Württembergs u. Badens in die OrtStlasseneinteilung am 23. August im Statistischen ReichSamt in Berlin statt. Den Verhandlungen gehen bereits Besprechungen der Beamtenvertreter voraus.
* Häute» Leder und Schuhe. Die bis Ende Juli anhaltende Aufwänsbewegung für alle Gattungen Häute und Felle ist nunmehr in diesem Monat für einzelne Gewichte Großotehhäute zum Stillstand gekommen. Dagegen konnten sich die leichten Gewichte nicht nur behaupten, sondern zogen sogar erneut etwas an, ebenso Kalbfelle, worauf recht lebhaft geboten wurde und die Preissteigerung gegenüber den Julipreisen bei einzelnen Losen 20 betrug. Dagegen gingen die Preise bei Schaffellen etwas zurück. Im allgemeinen kann man sagen, daß die scharfe Aufwärtsvewegung für das norddeutsche wie für das süddeutsche Gefälle zum Stillstand gekommen ist. — Am Ledermarkt folgt man den Rohhäutepreisen nur sehr zögernd und der neuerliche Umschwung der Rohwarenpreise wird die augenblickliche Lage noch verschärfen. Im Juli zogen die Preise langsam, aber ständig an. Wie sich die Dinge weiter entwickeln, bleibt abzuwarten. — Die Gefahr einer wetteren Verteuerung der Schuhwaren scheint kaum beseitigt.
* Höhere Zinkblechpreise. Die Vereinigung der Zink- blechwalzwerke in Berlin har ihre Werkpreise für Zinkblech um 25 auf 950 pro 100 Klg erböht. — Gleichzeitig hat die Rheinisch Westfälische Zinkblechhändleroeretnigung in Düsseldorf die Lagerpreise für Zinkbleche um 29 auf 1146 bis 1152 pro 100 KIgr. je nach der Zone hinaufgesetzt.
Württemberg.
r Obsterlös. Herenberg, 19. Aug. Wie rasch der Obstpreis in den letzten drei Jahren gestiegen ist, ergibt ein Vergleich der Durchschnittsbelräge, die jeweils bei der Versteigerung des städt. ObstertragS für 1 Zentner erlöst wurden. ES waren 1919 noch 18 ^l, 1920 schon 34 und Heuer sind eS gar 60 »/t, was im Hinblick auf die neulich im Unterland bezahlten Summen noch nicht mäßig genannt werden kann.
Jagdglück. Horb, 20. Aug Zwischen Mühlen und Eyach hatte Herr Postinspektor Wicker das seltene Glück, ein Prachtexemplar von Fischreiher zu erlegen. Ebenso glücklich
A Sieh und falle mit eignem Kopf, g
8 Tu daS Deine und tu eS frisch! 8
Z Besser, stolz aus dem irdnen Topf, Z
2 Als demütig am goldnen Tisch. Arndt. 2
Liebe erweckt Liebe.
Original-Roman von H. CourthS-Mahler 40, (Nachdruck verboten.)
Als die schlanke, vornehm gekleidete junge Dame den Hausflur betrat, schauten aller Augen nach ihr hin. Auch Frau Anna Ritter erblickte ihre Schwiegertochter und stieß einen leisen Freudenruf au».
„Mein Töchterchen!" rief sie, mit frohem Leuchten ihrer stahlblauen Augen.
Und behend lief sie auf Fee zu, die sie umarmte und küßte.
Die Frauen staunten mit großen Augen. Frau Anna Ritter wandte sich ihnen lachend zu.
„Nun trollt euch nur, daß ihr heim kommt, sonst wird daS Essen kalt," schalt sie gutmütig und die Wedlichen drängte die Frauen zum Hause hinaus, schloß die Tür hinter ihnen und verschwand in der Küche.
Frau Ritter rief ihr nach.
„Nun, schnell, Wedlichen, daß auch Ihre Tochter was Warmes bekommt. Wenn Sie gegessen haben, kommen Sie noch mal rüber gesprungen, vielleicht habe ich noch was für Eie zu tun." —
„Ich komme dir wohl ungelegen, liebe Mutter?" fragte Fee. erstant über alles, was sie sah.
Frau Ritters schüttelte lächelnd den Kopf.
„Bewahre, Kind, bewahre! Du darfst nur nicht Übel nehmen, daß ich dich in meinem Arbeitskleid begrüße. Hätte ich eine Ahnung gehabt, daß du jetzt kommst, dann hätte ich meine Kostgänger etwa« früher abgefertigt. Aber nun komm herein in mein Stübchen."
Sie betrachtete lächelnd mit ihren guten Augen daS blühende Gesicht Fees und führte sie in ihr Wohnzimmer, an dessen Fenster jetzt eine Fülle blühender Blumen stand.
„WaS waren denn da» für Frauen, liebe Mutter?" fragte Fee.
Diese lachte verlegen.
„Ach, stehst du, Kindchen, das sind meine Kostgängerinnen. Weißt du, ich muß doch etwas zu tun haben, sonst wird mir Zeit und Weile lang. Na — und der Han» — der gibt mir immer so eine Unmenge Geld, daß ich eS mir schon leisten kann, ein paar arme Menschen satt zu füttern. Da« sind alles arme Frauen, die den ganzen Tag auf Arbeit gehen müssen, um für sich und ihre Kinder den Unterhalt zu verdienen. Sie können außer Sonntags nichts kochen. Da koche ich denn mit meiner Wedlichen jeden Tag einen tüchtigen Kübel voll Essen und da holen sie sich mittag» in ihren Töpfen, soviel sie brauchen, um mit ihren Kindern satt zu werden. Zu irgend etwas muß ich doch auf der Welt noch nütze sein. Und das ist nun so mein Vergnügen. Nur Sonntags koche ich nicht."
Fee fühlte eS wie eine große heilige Rührung in sich aufstetgen. Sie nahm die arbettSharte Hand und legte kosend ihre Wange darauf.
„Liebe, gute Mutter, wie gut bist du — wie selbstlos!"
Frau Ritter lachte verlegen.
„Ach Kindchen, ich weiß doch, wie mir das getan hat, als mein Mann verunglückt war; ich konnte erst manchen Tag nichts Warmes für meinen Jungen und mich schaffen. Ich mußte ja auch auf Arbeit gehen. Und nun, wo eS der liebe Gott so gut mit meinem Hans und mir gemeint hat, nun macht eS mir so große Freude, den armen Frauen ein bißchen zu helfen. DaS ist doch selbstverständlich, Feechen, nicht wahr?"
Fee streichelte ihre Hand.
„Wenn da» Gute doch immer so selbstverständlich wäre! Aber ist dir daS nicht sehr beschwerlich, Mutter? Könntest du die Leute nicht anders unterstützen? HanS würde dir sicher mehr für deine Arme geben, wenn du ihn bittest."
Die alte Frau wehrte heftig ab.
„Nein, nein, Feechen, die Freude möchte ich nicht missen.
Wozu wäre ich dann noch nütze auf der Welt? Ich muß etwas haben, wofür ich meine Kraft einsetzen kann; ich wäre sehr betrübt, wenn ich's nicht mehr könnte. Und Hans um Geld bitten? Ach Feechen, der gibt mir so viel — du glaubst nicht, wie leichtsinnig der herschenkt, wenn man ihn bittet — so wenig leichtsinnig er sonst auch ist.
Fee lächelte, in ihren Augen schimmerte eS feucht.
„Ja, Mutter, daS habe ich schon gemerkt."
Frau Anna Ritter hatte sich am Fenster an ihr Nähtischchen gesetzt.
, Nun setz' dich, Töchterchen, und erzähle mir ein bißchen von Eurer Reise. War's schön?"
Fee zog ein niedriges Holzschemelchen herbei und ließ sich neben ihrer Schwiegermutter darauf nieder.
Die Mutter lachte.
Ach, jetzt sitzest du da, wie mein HanS. Der hockt sich auch "am liebsten auf das Schemelchen, wenn er zu mir kommt, daS Hai er noch aus seinen Kindertagen an sich. Al« Junge saß er immer rittlings drauf und nannte den Schemel sein Reitpferd." ' ,
„Kommt HanS oft zu dir, Mutter? fragte die junge Frau interessiert.
Die Mutter nickte mit strahlenden Augen.
„Natürlich, Töchterchen, jede Woche ein paarmal. Da er nun eine junge Frau hat, wird er nicht mehr so oft kommen, da» geht ja nicht. Aber bisher, wenn seine Geschäfte eS nur irgend erlaubten, kam er drei-, viermal jede Woche. O. er ist ein so guter, liebevoller Sohn und er ehrt seine Mutter, wenn sie auch nur eine schlichte Frau geblieben ist. Ja Feechen, der HanS hat ein liebevolles Herz, obgleich er sich immer so schroff anstellt. Ein Starrkopf ist er schon — aber ein Herz hat er. wie Wachs so weich. Als ich vorigen Herbst krank war, hat er zehn Tage hier im Häuschen zuge- bracht, trotzdem die Wedlichen mich gut verpflegte. Aber erließ sich'S nicht nehmen, bei mir zu bleiben, die halbe Nacht hat er immer bei mir gewacht. Dann pflegte er oben in seinem Giebelstübchen ein paar Stunden zu schlafen. Da hat er schon al« Kind sein Bett stehen gehabt und hat auch dort geschlafen, bis er in England die gute Stelle kriegte. Da hat er mir jeden Monat Geld geschickt, daß ich'S mir ein bißchen behaglich machen konnte. (Fortsetzung folgt.)