Hardings Botschaft und die Entente.

Brüssel, 7. März. Die Enttäuschung, die die Botschaft Harding in den Läudern der Entente hervorgerufen hat, kommt nach anfänglicher Zurückhaltung in der Presse unver­hohlen zum Ausdruck. Alle, die mir Ungeduld die Botschaft deS neuen Präsidialen erwartet hätten so faßt derPetit Puristen" sein Urteil zusammen, um endlich zu erfahren, welche Haltung Amerika in der Frage der Liquidation des großen Krieges einnehme, seien aufs schwerste enttäuscht worden. Die Programmreds enthalte nicht ein einziges Wort für die Alliierten; ihr Name sei nicht einmal eiwähnt. Eben­sowenig finde sich in der Botschaft eine Ermahnung an Deutschland, das bei seinem notorischen Mangel an Feinge­fühl Hardings Schweigen womöglich gar als Unterstützung seiner Sache auslegen werde.

Noch schärfer urteilt derFigaro". Er wirft die Frage auf, ob Harding mit seinem veredten Schweigen über die aktuellen europäischen Angelegenheiten dem alten Kontinent habe die Lehre geben wollen, sich nicht länger als den Mit­telpunkt der Welt zu betrachten. DerTemps" steht das Entscheidende in der Erklärung, daß die Union sich künftig im Obersten Rat nicht mehr vertreten lassen und auch weder den englisch-amerikanisch französischen Garantievertrag, noch die Völkeronndsakte ratifizieren werde. Das Blatt sucht dem dem französischen Publikum die bittere Pille dadarch zu ver­süßen, daß es die Worte: Der Präsident der Ver. Staaten werde auf dem Platze sein, wenn es die Zioilisation'zu ver­teidigen gelte, und den Satz, daß keine Nation das Recht habe, sich der Zrhlung ihrer Schulden zu entziehen, als an die Adresse Deutschlands gerichtet zu inleipetieren versucht. Ein erfolgloses Bemühen I Die Erklärungen Hardings lassen keinen Zweifel, datz ihm die Außenstände der Vereinigten Staaten bet der Entente mehr Sorge machen als die euro­päischen Reparationsprobleme.

Die amerikanischen KriegsfchSden.

Paris, 7. März. Wie Havas aus Washington meldet, gehörte zu den letzten Amtshandlungen des scheidenden Präst deuten Wilson die Verweisung eines Schriststikcks an den Senat, das von amerikanischen Bürgern ausgehe und die Kriegsschäden betreffe, deren Ersatz von den Deutschen ge­fordert wersen soll. Die Schäden der von den deutschen U- Booten versenkten Schiffe, die Privateigentümern gehören, sollen sich auf 60 Millionen Dollar belaufen. Eine große Pctroleumgesellschafi forderte 30 Millionen Dollar für die Zerstörung ihres Eigentums in Rumänien.

Gegen die Sowjetherrschaft.

Riga, 7.-z. Ein offizielles Moskauer Radiotelegramm meldet heute, daß noch Beendigung der Petersburger Un­ruhen in Kronstadt plötzlich ein »euer Aufstand ausgebrochen sei. Dieser sei von dem ehemaligen Zarengeneral Koslowski auf dem SchlachtschiffPetropawlowSk" organisiert worden, nachdem zuvor die Sch ffsbesatzung in stürmischen Versamm­lungensozialdemokratische" Resolutionen gefaßt und u. a. dis Einberufung einer Konstituante verlangt habe. Die Sowjetmeldung fügt hinzu, daß die Bewegung von franzö fischen Agenten geschürt worden sei, und meldet schließlich bereits die Liquidation des ganzen Aufstandes. Hier liegt jedoch eine Meldung vor des Inhalts, daß der Aufstand von Kronstadt auf das bereits beruhigte Petersburg zurückgreife; auch ist ein Gerücht im Uinlauf, daß Sinowjew verhaftet worden sei.

Stockholm, 6. März.Noidiska Preßzsntralen" meldet aus Helsingfors: W>e am Samstag in später Abendstunde nach Helsingfors berichtet wurde, befindet sich Kronstadt noch immer in der Gewalt der Aufständischen Das Panzerschiff P tropawlowsk" liegt zur Aktion bereit, die Geschütze gegen Petersburg gerichtet. Es werden militätische Vorbereitungen getroffen. Die Sowjetregierung hat den Eisenbahnverkehr PetersburgOranienbaum eingestellt. Die Fabriken in Petersburg weiden durch die regierungstreuen O fiziersaspi- ranten bewacht und die Arbeiter streng kontrolliert.

Aus zuverlässiger Quelle verlautet, daß Sinowjew von der Peter-Pauls F.stung aus die Operationen gegen die Auf­ständischen leite. Vier Unterhändler, die am Donnerstag von Kronstadt nach Petersburg aknesandt worden seien, seien verhaftet worden. Die leitenden.Persönlichkeiten in Kronstadt seien General Koslowiki sowie die Ojfiziere Brukser u Turinorv.

Helstngiors, 6 März. Hier ist das Gerücht verbreitet.

. An kleinen Dingen muß man sich nicht stoßen, 8 wenn man zu großen auf dem Wege ist. Hebbel. ^

Im Schatten der Schuld.

44 ) Original-Roman von Hanna Förster.

Als der Diener ibr einige Augenblicke später aus dem Auto half, da merkte sie an seinen verstörten Minen, daß auch er jenen Lichtschimmer p< sehen halte. Und sie dachte im stillen:Wie gut, daß es Linas Verwandter, de? zuver- sige Franz ist. Er wird sicher schweigen. Aber ob der Chauffeur nicht darüber reden wird. Da wird es dann mor gen ein Reden und heimliches Flüstern geben und es wird heißen: Im Schlosse spukt es I Das Gerede greift schließlich immer weiter um sich, und allmählich weiß es die ganze Nachbarschaft. Wir, die Bewohner werden dann womöglich noch verrufener sein, als wir es ohnedies schon sind."

Noch spät, als sie längst mit Linas Hilfe sich ousgezogen und die Taffe Tee getrunken, die die fürsorgliche Frau Möl­ler ihr geschickt, und müde in ihrem Bette lag, dachte sie daran, wie mit Ausnahme der Lowitzer selbst und Bennos Kameraden die andern und besonders die Damen sie doch alle ihre Zugehörigkeit zu Frau von Nehring batten fühlen lassen. Kaum, daß man die Formen der Höflichkeit ihr ge­genüber gewahrt.

Renate von Ullmer war zu stolz, um nicht zu leiden unter dem Gedanken, unverdient Zurücksetzung und Verach­tung zu erfahren. Sie nahm sich fest vor, nie wieder eine Festlichkeit, eine Gesellschaft auf Lowitz mitzumachen. Und sie foßie auch den Entschluß, Annelieses Beilobungsfeier und der späteren HochzeitSferer fern zu bleiben, so schwer ihr dies auch werden würde Aber sie fühlte, daß sie das, waS sie heute erduldet, nicht noch einmal durchmachen könnte Wenn

daß die Seeleute von Kronstadt sich der ganzen Insel be­mächtigt und die dort anwesenden Kommunisten gefangen genommen oder getötet hätten.

Paris, 7. März. Die in Paris wohnenden antibolsche- wifttschen russischen Flüchtlinge haben Nachrichten erhalten, nach denen Kronstadt das Zentrum der revolutionären Be­wegung in Rußland ist. Die Unruhen sollen durch das Schließen von Fabriken und die Teuerung der Lebensmittel herooigerufen worden sein. Nach einer anderen Mitteilung sollen die Aufständischen Kconstadter kommunistische Redner gelötet haben.

Der russische Handelsdelegierte Krasstn in Berlin. ^

Berlin, 7. März. Krassin hat seinen Aufenthalt in Berlin um einige Tage verlängert. Er behauptet, daß die Deutsche Bank ihm einen Kredit von vorläufig 25 Millionen Reichs­mark eröffnet habe. Er habe Verträge mit Borstg und So­linger Welken im Werte von vielen Millionen Mark abge­schlossen. Sowj t Rußland will später einen eigenen Handels­delegier! en nach Berlin entsenden, der bereits in der nächsten Woche eintreff, n soll. Ausersehen soll Pcof-ssor Prustan sein, der früher Dozent am Polytechnikum in Petersburg war.

Kleine politische Nachrichten.

Die Bölkerbundskonferenz in Barcelona.

Paris, 7. März. Nach einer Havasmeldunq find die Vorbereitungen für die Arbeiten der am 10 März in Bar­celona stattfindenden Konferenz für Verkehrs- und Transit wesen beendet worden. An der Konferenz werden 44 Staaten beteiligt sein. Eine Reihe von Ländern wie Belgien. Frank­reich, Italien und Rumänien werden durch ihre Verkehrs minister vertreten sein.

Paris, 7. März. Nach einer Havasmeldung hat der Völkerbnndsrat entschieden, daß der brasilianische Botschafter da Cunha das Amt des Vorsitzenden des Rates weiter aus­üben soll.

Das notleidende Deutsch Oesterreich.

Wien, 7. März. DieArbeiterzeitung" veröffentlicht einen Vorbericht der nach Wien entsandten Kommission des internationalen Gewerkichafisbundes, die die Untersuchung der Möglichkeiten eines Wiederaufbaus und der Lage der Arbeiterklasse vornehmen soll. Die Kommission stellt zunächst die eischreckende Unterernährung der breiten Schichten der Be­völkerung fest, den herabgekommenen Zustand der Kleidung, den ungeheuren Wohnunxsmangel und den schlechten Zustand der Häuser und die Unmöglichkeit der Steigerung der Ein­kommen in einer Weise, dis den erhöhten Lebenskosten Rech- Ding tragen würde. Die Kommission kommt zu dem Schluß, daß der Zustand des Staats und seiner Bevölkerung ein geradezu verzweifelter ist. Eine Katastrophe sei unvermeid­lich, wenn nicht in kürzester Zeit Hilfe gebracht werde. Die Kommission ist überzeugt, daß die eigentlichen Gründe dieses Zustands in den Friedensoerlrägen von Sk. Germain und Versailles zu suchen sind, die eine unbedingte Aenderung er­fahren müßten, um dem verstümmelten Staate Oesterreich die unumgänglich nötigen Existenzmöglichkeiten zu geben.

Die Anruhen in Italien.

Rom, 7. März. In Florenz und Umgebung ist der Sonntag ruhig verlausen. Der Tempo meldet aus Lasale Monteferato. daß die Faszisten groß.? Massenkundgebungen veranstalteten, die am Vormittag ohne Zwischenfälle verliefen. Am Nachmittag wurde der Zug jedoch von Kommunisten angegriffen. Die Kommunisten waren in Stärke von 200 Personen. Bei den Unruhen gab es 4 Tote und l2 Verwundete.

Deutsches Unternehmen in Chile.

Paris, 7. März. Nach einer Blätteimeldung teilt der Verireter von Cyile mit, daß die Regierung von Chile einem deutschen metallurgischen Syndikat die Konzession zur Errich­tung einer Eisenerzschmelze erteilt hat. Tüese Nachricht soll eine früher veröffentlichte Meldung richtig stellen, die besagte, die Regierung von Chile habe dem Hause Krupp Land zur Verfügung gestellt, um eine Fabrik zur Herstellung von Kriegsmaterial zu errichten._

Die Abstimmung in Oberschlesien.

Kattowitz, 7. März. Da8 Piebiszitkommiffariat von Deutschland und der Verband heimattreuer Oberschlesier, Zen-

Anneliese erst verheiratet war und in D. wohnte, dann ging es vielleicht eher, daß sie an der Geselligkeit in dem jungen Hausstand teiirtahm, um so mehr, als Graf Benno so sreund- schaftttch gegen sie gesinnt war.

Aber im nächsten Augenblick verwarf sie auch diesen Ge­danken, der so hoffnungsfreudig in ihr aufgetaucht. Nein, nie und nimmer konnte sie in dem jungen Heim verkehren, wo die Möglichkeit bestand, dort jederzeit mit dem Grasen Eberhard von Hollwangen zusammenzutreffen. Mit ihm und mit der schönen hochmütigen Hilla, die dann sicher schon seine Gemahlin war u. mit leidenschaftlichen Blicken ihn ansah.

Renate erschauerte bei diesen Gedanken. Sie war tief unglücklich und litt unsagbar.-

Am nächsten Morgen sah sie blaß und ermüdet aus. Tiefe Schatten lagen unter ihren Augen, die gar nicht so strahlend blickten wie sonst. Lina betrachtete ihre junge Herrin mitleidig und bediente sie mit geradezu rührendem Eifer.

Als Renate frisiert war und ein hübsches blaues Mor­gengewand angezogen hatte, das einen spitzen von zartfar­bigem Sammet garnierien Ausschnitt halte und ihr entzük- kend stand, fttzte sie sich an das kleine Tischchen in ihrem Wohnzimmer und nahm mechanisch eine Handarbeit vor.

Ganz erstaunt stand Lina da. Aber schließlich faßte sie Mut und fiagte bescheidm:

..Darf ich gnädiges Fräulein jetzt das Frühstück bringen?"

Da kam eS Renate zum Bewußtsein, daß sie ganz ver geffen hatte, an das Frühstück zu denken.

Ja. Lina," antwortete sie freundlich,bringen Sie mir eine Taffe Schokolade und ein Stückchen geröstetes Brot, aber bitte sonst nichts, ich bin gar nicht hungrig."

Kopfschüttelnd ging die kleine gutmütige Zofe, um Frau Möller wortgetreu den Auftrag von Fräulein von Ullmer auszurichten. Nicht lanae. nachdem sie sich entfernt batte, klopiie rs an Renates Tür. Auf ihr Herein trat die kleine rundliche G> statt der alten Wirtschafterin herein, ein wohl- gefülltes Tablett in den Händen.

Renate sprang auf.

trale Kattowitz, veröffentlicht folgende Kundgebung: In der 12 Stunde wenden wir uns nochmals an euch und sagen euch, daß die kampfumtoste Heimat auf euch wartet und auf euch rechnet. Die Vorbereitungen für eure sichere Unterbrin- gung sind getroffen. Von Herzen freuen sich eine Brüder und Schwestern daheim, euch zu bewirten und euch zu be- willkommen. Jede von euren Stimmen haben wir nötig um unseren Sieg zu einem überwältigenden zu machen und alle Anzweiflungen von vornherein aus dem Felde zu schla­gen. Einst werdet ihr stolz erzählen von eurer Teilnahme an den enlscheidunpsreichen Tagen. Darum schnallet eure Ränzel. Der Tag ist gekommen, da eure Treue das Schick­sal der Heimat und des gemeinsamen großen Vaterlandes besiegeln soll. Oberschlesieu ruft euch alle.

Borkehrungsmaßnahmen.

Oppeln, 7. März. Die interalliierte Kommission gibt folgendes bekannt: Es wird zur Kemunis der Bewohner Oderschlestens gebracht, daß in allen Fällen, zum Beispiel bet der Verfolgung von Uebeltätern, beim Ausbruch von Un- ^ ruhen, oder wenn sich die Notwendigkeit ergibt, Polizeibeomte ^ schnell von einem Ort zum anderen zu befördern, der ver- ! antwoitliche Führer einer Polizeiabteiiung das Recht , hat, den Chauffeur oder Besitzer eines Kraftwagens auszufordern, sich unverzüglich zu seiner Verfügung zu stellen. Der Besitzer eines Kraftwagens wird eine Entschädigung erhalten.

Tumulte in Oberschlesien.

Beuthsn i. 0. 7. März. Ju einer Versammlung der Oberschlesischen Vokkspartei kam es zu Tumulten und Tätlich­keiten. Mehrere Personen wurden leicht verletzt. Eine fran­zösische Truppenabteilung säuberie die Straßen. Gegen Abend fanden im Schützenhause neue Zusammenstöße statt, die einen blutigen Verlauf nahmen. Mehrere Polizisten wurden schwer mißhandelt und entwaffnet, mehrere Z vilpersonen schwer ver­letzt. Eins Abteilung Franzosen stellte die Ruhe wieder her. Sämtliche Gaststätten müssen auf -Anordnung der interalli­ierten Behörde die Lokale schon um 9 Uhr abends schließen.

Massenkundgebungen für den deutschen Besitz Oderschlesiens.

Vrcslau. 6 März. Eine Massenkundgebung der stimm­berechtigten Obetschlester aus Breslau Stadt und Land, Ohlau und Neummkt hatten heme Nachmittag die Breslauer Ver­einigungen veranstaltet, die sich die Erhaltung Oberschlesiens bei Deutschland zur Aufgabe gemacht haben. Die Stimmbe- , rechtigten von auswärts wurden an den Bahnhöfen mit Mn- i sik empfangen und zum Schloßplatz geleitet, wo sich viele ^ Zehrttau'ende aus allen Schichten der Bevölkerung zu einem großen Festzug versammelten. Der Z g, den eine beytiene Musikkapelle und eine Abteilung Fleischer zu Pferd eröffneten, war in fünf Gruppen geteilt und die einzelnen Absttmmungs- kreise waren nach Orten geordnet. In den Zug der Mar­schierenden brachten die vielen Musikkapellen, die Wagen mit Sludenten in Wichs, mit den Vorständen der Innungen und Gewerkschaften mit ihren unzättiqen Fahnen, sowie die ver­schiedenen Wagen, die Oberschlestens Bergbau, Handel und Industrie versinnbildlichten, Leben und angenehme Abwechs­lung. Der Vorbeimarsch des Zuges dauerte zwei Stunden. Durch die Hauptstraßen der Stadt bewegte sich der Zuq nach der Jahrhundertvalle in Scheitnig, wo Pastor D. Just, Reichs-

tagsabgeordneter Dr Herschet lind Oberbürgermeister Dr. Wag­ner, sowie andere Ansprachen hielten, in denen die Abstim­mungsberechtigten zur Ausübung ihres Stimmrechts ermahnt wurden und die in dem Wunsche gipfelten, Oberschlesien müsse deutsch bleiben. Umrahmt war die Feier von Massen-Män- nerchören.

Air» Stadt und Bezirk-

Nagold, 8. März »921.

* Höhere Iustizdienstprüfung. Infolge der kürzlich vorgenommenen zweiten Justizdienstprüfung ist u. a. zum Gerichtsassessor bestellt worden: Theodor Wied maier von Schönbronn.

* Bestätigung. Die Regierung des Schwarzwaldkreises hat am 4 März 1921 die Wiederwahl des Schultheißen Gott­fried Schleeh in Ueberberg zum Ortsvorsteher in Ueberberg bestätigt.

Schüleranmeldung. Die Anmeldung der schulpflichtigen Knaben geschieht Heuer und künftighin in etwas anderer

Aber liebe Fran Möller," rief sie,warum bemühen Sie swh selbst? Das sollen Sie nicht tun."

Frau Möller ließ sich nicht beirren. Zuerst setzte sie das Tablett ab. Dann sah sie das junge Mädchen forschend an und sagte:

Fräulein Renatchen, mit der Tasse Schokolade und dem Stückchen gerösteten Brot ist es wirklich nicht getan. Hier ist ein weich gekochtes Ei, und ein paar belegte Brö chen habe ich eigenhändig für Sie zurecht gemacht. Sie werden jetzt hübsch folgsam sein und alles aufessen. Nach so einem Fest ist man am nächsten Tag doppelt hungrig. Ich werde nicht eher aus dem Zimmer gchen, bis das Tablett leer ist."

Da mußte Renate lächeln. ' Es sprach so viel mütterliche Liebe aus den Worten der alten Frau.

Nun, da muß ich mich wohl fügen," meinte sie,aber bitte setzen Sie sich und erzählen Sie mir etwas, während ich versuche, all dis guten Dinge hier aufzuessen."

Die alte Frau, die in ihrem dunklen Leinenkleid und mit dem biüienweißen Häubchen so nett aussah, setzte sich auf einen Sessel und sah nun zu, wie Renate sich Mühe gab, einen Appelit zu zeigen, den sie nicht hatte. Sie erzählte allerhand harmlose Dinge. Erst als das junge Mädchen mit einiger Anstrengung und nur, um der guten alten Frau den Gefällen zu tun, das Et und wenigstens die meisten der Blütchen bewältigt, scwie zwei Taffen Schokolade getrunken hatte, sagte sie plötzlich mit ernster Stimme:

Ach, Fräulein Renatchen, wenn ich bloß wüßte, wie ich die Gespenster hier im Hause zur Ruhe bringen könnte. Die Lina hat mir neulich alles gestanden, mir aber fest ver- sprachen, nicht weiter zu schwatzen und auch der Franz ist zuverlässig. Nun behauptet aber plötzlich auch der Cyauffeur, gestern abend sei ein geisterhaftes Licht in den Zimmern deS seligen Grafen gewesen. Und die Köchin erklärte mir infolge dessen vorhin heulend, in einem solchen Hause könne sie nicht länger bleiben, sie habe Angst."

Sie seufzte und sah Renate fragend an, als ob sie ihr Rat geben könne. (Fortsetzung solgt).