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SCHWÄBISCHES TAGBLATT
Zwei Jahre sowjetische Herrschaft in Königsberg satorischen Grundlagen, daß der bereits er-
Bon. Im April 1946 wurde durch einen Er- laẞ des Präsidiums des Obersten Sowjets, dem höchsten Regierungsorgan der Sowjetunion, die Stadt Königsberg mit den umliegenden Landkreisen zum sowjetischen Staatsgebiet erklärt. Aus Anlaß des zweijährigen Jubläums dieser Annexion hat die Moskauer„ Prawda" aus der Feder eines gewissen Schtscherbakow,
des Sekretärs des Gebietskomitees der Kom- munistischen Partei in Kaliningrad, der neuen Bezeichnung für Königsberg, eine Art Rechen- schaftsbericht veröffentlicht, der die Ent- wicklung schildert, die dieser Teil unserer alten ostpreußischen Provinz unter der So- wjetherrschaft genommen hat. Der Artikel ist nicht für deutsche Leser bestimmt und gibt daher auch keine Antwort auf diejenigen Fra- gen, die uns am stärksten bewegen. So wird nichts darüber gesagt, wie viele Deutsche jetzt noch in dem neuen russischen Territorium leben und welches Schicksal die anderen, die
staatliche und genossenschaftliche Industrie- betriebe in Gang gebracht worden. Da es Pri- vatbetriebe im Rahmen einer echten Sowjet- wirtschaft nicht gibt, dürfte mit diesen An- gaben die gesamte zurzeit arbeitende In- dustrie erfaßt sein. Unter den produzieren- den Unternehmen erwähnt Schtscherbakow ein Zellulose- und Papierkombinat, eine wei- tere Papierfabrik, eine Waggonfabrik, Schiffs- werften, elektrische Kraftwerke und Unter- nehmen der Bernstein- Fischkonserven- und Holzindustrie. In den Sammelbegriff„ indu- strielle Betriebe" werden auch Eisenbahn- knotenpunkte und ein Handelshafen für See- schiffe einbezogen.
Für die ehemaligen deutschen Eigentümer der nunmehr sozialisierten Fabriken mag es eine bittere Genugtuung sein, daß in einer Leistungskonkurrenz aller Zellulose- und Pa- pierfabriken der Sowjetunion das Zellulose- und Papierkombinat Nr. 1" im Kaliningrader bei ist es gewiß kein schlechtes Zeichen für die von den früheren deutschen Verwaltungs- stellen geschaffenen technischen und organi-
vor dem Einmarsch der Roten Armee nicht Gebiet den zweiten Platz erobern konnte. Da-
mehr evakuiert werden konnten oder wollten, ereilt hat. Wir wissen nur, daß Tausende in das innere Rußlands deportiert wurden und seitdem für ihre im Restdeutschland ver- bliebenen Angehörigen verschollen sind. Im- merhin gibt der Aufsatz einigen Aufschluß über die politischen und wirtschaftlichen Maßnahmen der jetzigen Machthaber, die im Hinblick auf die wenigen Nachrichten, die wir aus diesem verlorenen Landesteil erhalten, der Registrierung wert sind.
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In der Hierarchie der Sowjetverwaltung hat das neue russische Territorium die Stellung einer ,, Oblast" auf deutsch ,, Gebiet" halten. Dies ist eine Verwaltungseinheit, die funktionsmäßig etwa den Gouvernements des zaristischen Rußlands entspricht, diese an flächenmäßigem Umfange aber meist über- trifft. An der Spitze einer„ Oblast" stehen als Repräsentant des Staates der Vorsitzende des Gebietsvollzugskomitees und- von die- sem unabhängig als politischer Kontrolleur und Hüter der Parteiinteressen der Gebiets- sekretär der Kommunistischen Partei, dessen Position etwa mit der eines Gauleiters wäh- rend des Nazi- Regimes verglichen werden kann. Schtscherbakow weist dann auch beson- ders auf die Leistungen der Partei für die po- litische Neuordnung hin, durch die ,, dieser Teil des Baltikums in einen blühenden so- zialistischen Landstrich und in eine unangreif- bare Bastion an der westlichen Grenze des Landes des Sozialismus" verwandelt werden soll., Viele tausend Familien von Kolchos- bauern und Arbeitern sowjetischer Staatsgüter", sowie zahlreiche Ingenieure, Techniker, Agrar- fachleute, Aerzte und Spezialisten der ver- schiedensten Berufszweige aus allen Teilen Rußlands, die in dem neuen Gebiete ange- siedelt wurden, sind dazu berufen, diese Auf- gabe zu lösen. Wie ernst es dem Bolschewis- mus damit ist, beweist der Einsatz von ,, mehr als zehntausend Agitatoren und die Einrich- tung von 730 Agitationszentren zur weltan- schaulich- politischen Erziehung der Arbeiter, der Kolchosbauern und der Intelligenz".
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Was den Stand der Sozialisierung auf dem Industriellen Sektor anbelangt, so sind nach den Angaben des Parteisekretärs
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Mitverantwortung der Frauen FRANKFURT. Der interzonale Frauenkon- greß in Frankfurt brachte am vergangenen Montag in einer Entschließung zum Ausdruck, daß die Freiheit der Persönlichkeit und die Achtung der Menschenwürde unbedingte Vor- aussetzung für den Frieden seien. Abgelehnt wurde jegliche Gewaltmethode und jeder To- talitätsanspruch.
wähnte Handelshafen für Seeschiffe
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mit wohl nur Pillau gemeint sein kann trotz der durch die Kriegsereignisse einge- tretenen Zerstörungen die zweitbesten Lei- stungen von allen Seehäfen in der Sowjet- union, deren Grenzen immerhin großen Meeren liegen, aufzuweisen hat. Entsprechend der erstrangigen Bedeutung, die dem ehemaligen Ostpreußen als landwirt- schaftlichem Produktionsgebiet zukommt, be- faßt sich Schtscherbakow ziemlich eingehend mit den agrarpolitischen Maßnahmen seines Parteikomitees. Seinem Artikel zufolge ist der ehemalige ostpreußische Großgrundbesitz, ( soweit er an Rußland gefallen) in 53 Staats- güter und 367 Kolchosgüter aufgeteilt worden, die in technischer Hinsicht von 30, zugleich als politische Stützpunkte dienenden, Maschinen- und Traktorenstationen versorgt werden. Im Rahmen des neuen Fünfjahresplanes ist im Kaliningrader Gebiet eine wesentliche Steigerung der Produktionskapazität der In- dustrie und Landwirtschaft vorgesehen. Der Schwerpunkt liegt dabei naturgemäß auf dem Agrarsektor, und hier wiederum auf der Ent- wicklung der Tierzucht.
Nachrichten aus aller Welt
BADEN- BADEN. Nach einer amtlichen Bekannt- gabe sind die Lebenshaltungskosten der französi- schen Zone gegenüber der Vorkriegszeit um 20 bis 23 Prozent gestiegen.
FREIBURG. Die Kommunistische Partei Südba- dens hat an die Landtagsabgeordneten die Auffor- derung gerichtet, im Landtag ein gemeinsames Be-
kenntnis zu einem unteilbaren Deutschland abzule- gen und eine entsprechende Aenderung der Ver-
fassung des Landes Baden herbeizuführen.
STUTTGART. Nach einer Mitteilung der amerika- nischen Militärregierung betragen die Besatzungs- kosten in Württemberg- Baden pro Kopf der Bevöl- kerung monatlich 5 Mark. Dies ist der niedrigste
Satz in der Bizone.
MÜNCHEN. Vor der Münchener Spruchkammer ist der Bildhauer Prof. Joseph Thorak als vom Be- freiungsgesetz nicht betroffen bezeichnet worden. Thorak, der nicht der NSDAP angehörte, sei kein Nutznießer gewesen, da er mit seinen Arbeiten auch in einem anderen Land sein Einkommen gehabt hätte.
MUNCHEN. Hitlers Chauffeur und Begleiter bis zum Jahr 1928, Emil Maurice, ist als Aktivist für 4 Jahre in ein Arbeitslager eingewiesen worden.
BAD REICHENHALL. Die bekannte Fliegerin H.
Reitsch ist bei dem Versuch, mit falschen Papieren nach Salzburg zu reisen, an der Grenze festgenom- men, nach kurzer Zeit jedoch wieder auf freien Fuß gesetzt worden.
AUGSBURG. Eine Augsburger Spruchkammer hat Prof. Will Messerschmitt als Mitläufer zur Zahlung eines Sühnebetrags von 2000 RM. verurteilt.
FRANKFURT. An Stelle von Dr. Wilhelm Doerr, der zum Mitglied des Bizonen- Sekretariats für den Marshall- Plan in Paris ernannt wurde, übernimmt Dr. Heribert Kalveram das Amt des Verwaltungs- direktors des Wirtschaftsrates.
ESSEN. Der britische Minister für deutsche Ange-
legenheiten, Lord Pakenham, erklärte bei einem Besuch im Ruhrgebiet, eine Einstellung der Demon- tage sei nicht vorgesehen.
BERLIN. Die Relegation der drei Studenten Schwarz, Stolz und Heß, die bekanntlich auf Ver- langen der Verwaltung für Volksbildung in der Sowjetzone ausgesprochen worden war, wurde am Dienstag vom Senat der Berliner Universität gut- geheißen.
BERLIN. Im Treptower Park soll nach den Plä- nen des Stalin- Preisträgers Wucketich ein Riesen- denkmal für gefallene Rotarmisten errichtet werden.
Erklärung und Gegenerklärung
TÜBINGEN. Die VVN machte einem
Anfang dieser Woche in offenen Brief Staatspräsident Bock darauf aufmerksam, daß sie in Württem- berg- Hohenzollern als einzigem deutschen Land noch nicht anerkannt sei.
In demselben offenen Brief wird dem Innen-
28. Mai 1948
Reemtsma vor Gericht HAMBURG. Am Montag begann ein Prozeß gegen den bekannten Zigarettenfabrikanten Philipp Reemtsma, dem vorgeworfen wird, sidenten Göring die Niederschlagung gegen durch Bestechung des ehemaligen Ministerprä- ihn schwebender Strafverfahren herbeigeführt zu haben.
Reemtsma hat die von seinem Vater 1908
gegründete Firma 1921 mit einem Kapital von 10 000 RM. in eine Aktiengesellschaft umge- wandelt und sie in den folgenden Jahren durch Aufkauf anderer Zigarettenfabriken wie Ma- noli, Jasmatzi, Adler, Althaus, Eckstein, Grei- ling, Lande, Haus Neuerburg und Batschari zu einem Millionenunternehmen entwickelt, das im Jahr 1939 30 Milliarden Zigaretten her- stellte, das heißt zwei Drittel der deutschen Gesamtproduktion, und zusammen mit fünf angegliederten holländischen Gesellschaften dem Inhaber einen steuerpflichtigen Jahresge- winn von 115 Millionen RM. einbrachte. Die Anklage wirft Reemtsma vor, daß er diesen Aufstieg seiner Beeinflussung hoher Regie- rungsstellen zu verdanken habe. So soll er auf dem Weg über den Steuerausschuß des Reichs- tags die Gesetzgebung zu seinen Gunsten be- einflußt und bei der Uebernahme der Firma Batschari 14 Millionen RM. Steuergelder hin- terzogen haben. 1929, 1932 und 1933 wurden
BERLIN. Am vergangenen Dienstag wurde auf Strafverfahren gegen ihn niedergeschlagen, der Interzonengeneratortagung die Nachricht von das letzte auf Veranlassung Görings, dem er der Erfindung eines neuen Generatorkraftstoffes be- eine Million RM. gezahlt haben soll. Inwie- kanntgegeben, der aus Abfallprodukten, die in un- weit die Einstellung dieser Verfahren auf Be- beschränkter Menge vorhanden sind, hergestellt stechungsmanöver Reemtsmas zurückzuführen ist, wird der weitere Verhandlungsverlauf er- geben müssen.
werden kann.
BERLIN. Die Sowjetbehörden haben die Absicht, den gesamten Flugververkehr nach Berlin über den sowjetisch kontrollierten Flugplatz Schönefeld zu leiten. Dazu erklärte ein britischer Sprecher, die Sowjetbehörden wollten damit lediglich den Flug- verkehr der Westmächte behindern. Diese hätten nicht den geringsten Grund, die in ihren Sektoren gelegenen Flugplätze Tempelhof und Gatow aufzu- geben.
BERLIN. Auf Anordnung der Sowjetbehörden wur- den die in den S- Bahnzügen im französischen Sektor für alllierte Besatzungsmitglieder reservierten Ab- teile abgeschafft. Die französische Militärregierung hat die Behauptung, die Berliner Stadtbahn sei in allen
Sektoren der Stadt exterritorial und unter-
stehe nur der sowjetisch kontrollierten Eisenbahn- direktion, zurückgewiesen.
BERLIN. Aus der sowjetischen Besatzungszone trafen 140 000 m Stoff, 25 000 Paar Schuhe, 76 000 Paar Damenstrümpfe und andere Gebrauchsgegenstände in Berlin ein, die demnächst im sowjetischen Sek- tor verteilt werden sollen.
PARIS. Der Direktor für wirtschaftliche und finan- zielle Angelegenheiten der französischen Besatzungs- truppen in Deutschland, Filippi, wird am 1. Juni den Posten des Direktors für Außenhandelsbezie- hungen im französischen Finanz- und Wirtschafts- ministerium übernehmen.
BRÜSSEL. Die holländische Armee führt gegen- wärtig Ausbildungsmanöver motorisierter Einhel- ten in den belgischen Ardennen durch. KOPENHAGEN. Der dänische Finanzminister trat in einer Rede gegen die Teilnahme Dänemarks am Westblock ein. Dänemark müsse seine Landesver- teidigung ausbauen und mit den nordischen Ländern eine enge Zusammenarbeit suchen.
BERN. Auf Einladung des englischen Königs hat eine Schweizer Trachtengruppe anläßlich der Feiern zum 82. Geburtstag der Königin Mary in den könig- lichen Gärten Londons Volkstänze vorgeführt und Volkslieder gesungen.
WASHINGTON. Der außenpolitische Ausschuß des Repräsentantenhauses hat einen Bericht über die ,, Strategie und Taktik des Weltkommunismus" her- ausgegeben.
Anmeldung der VVN im Jahre 1947 bei der Militär- regierung bis zum 8. Mai 1948 keinerlei Schritte mehr unternommen worden sind. Die Militärregie- rung habe die Anmeldung nach der Spaltung der VVN zurückgegeben. Nunmehr lägen zwei Anmel- dungen vor, einmal von der VVN und einmal von dem BNV( Bund der vom Nationalsozialismus Ver- folgten). Der von der VVN am 8. Mai erstmals wie- der eingereichte Antrag sei am 25. Mai an die Mi-
In einer weiteren Resolution wurde die Wie- derherstellung der deutschen Einheit als Vor- aussetzung für die Gesundung des deutschen ministerium vorgeworfen, es verfolge in der Frage litärregierung weitergeleitet worden.
Lebens gefordert. Außerdem trat der Kongreẞ für die Hinzuziehung von Frauen zur verant- wortlichen Mitarbeit in Arbeitsrechtsfragen, bei der Neugestaltung der Sozialversicherung, der Vorbereitung einer deutschen Verfassung, der Bemühungen zur Linderung der Notlage Ausgewiesener und Geflüchteter und der ge- rechten Verteilung der Lebensgüter ein.
In langem Galopp
Von Werner Bergengruen
Das war in den vierziger Jahren, unter der Regierung Nikolais I., der in einem Feldbett schlief und sich so gern den Soldatenkaiser Bennen hörte.
Timofej Alexandrowitsch Lykin war Unter- leutnant im Ismailowski- Garderegiment, sehr verliebt in Anastasia Nikiforiwna Rjabtschi- kowa und dazu verdammt, zur Kasernenwache gerade in jener Nacht kommandiert zu wer- den, in der Rjabtschikows ihren großen Ball gaben.
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Lykin war ein leichtsinniger Hund. Eine Weile schwankte er, dann sagte er sich: ,, Nur für eine halbe Stunde, inzwischen wird gewiß nichts passieren", und fuhr auf den Ball. Kaum war er bei Rjabtschikows, als unan- gemeldet der Kaiser erschien, wie er das häu- Ag zu tun pflegte. Der Kaiser hatte einen schar- fen Blick und ein gutes Gedächtnis und pflegte die Tagesbefehle seiner Garderegimenter ei- genhändig zu unterzeichnen.
Plötzlich verließ er den Ball, setzte sich in seinen Schlitten und befahl dem Kutscher, ihn im langen Galopp zur Ismailowski- Kaserne zu fahren.
Vor der Wachstube stand der Unterleutnant Timofej Alexandrowitsch Lykin und rappor- tierte.
,, Brüderchen", sagte der Kaiser ,,, schneller als ich fährt nur der Teufel. Er holt dich, wenn du jetzt lügst. Wie bist du hierhergekom- men?" ,, Hinten auf dem Trittbrett von Ew. Majestät Schlitten, Ew. Majestät", sagte Lykin. Der Kaiser wandte sich zu seinem Adjutan- ten:„ Der Unterleutnant Timofej Alexandro- witsch Lykin wird zum Gemeinen degradiert. Der Gemeine Timofej Alexandrowitsch Lykin wird zum Kapitän befördert."
Wenn Lykin später diese Geschichte er- zählte, pflegte er hinzuzusetzen: ,, In Preußen wäre die Sache ärger ausgegangen. Aber in Preußen hätte ich vielleicht auch nicht so große Lust gehabt, auf den Ball zu fahren."
der Anerkennung der VVN eine Verschleppungs- taktik. Im Gegensatz zu einer Mitteilung, aß Ar- beitsminister Wirsching die Bearbeitung dieser Angelegenheit übernommen habe, habe dieser bei einer mündlichen Rücksprache VVN- Vertretern ge- genüber festgestellt, daß ihm eine solche Aufgabe nie übertragen worden sei.
Aus einer Erklärung des Innenministers Renner zu diesem Brief geht hervor, daß seit der ersten
Kleine Kulturgeschichte des Badens
„ Ich geschweige allhie deren unverschambten Menns- und Weibspersonen, so in öffentlichen Wäs- sern, Flüssen und Güßen bey offener Straßen und hellem lichten Tag, vor Augen jeder männiglichen, Alte sowohl als Junge gantz unverschambt baden und... schwimmen, wie ich dann diß mit meinen Augen an einem Sambstag abend von etlichen vier- und fünffzehnjährigen gantz entblößten Mägdelein mit höchster meiner Entsetzung angesehen."
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Wenn man solche schamhaften Zeilen liest stammen aus dem Jahre 1610-, dann kann man ver- stehen, wie unendlich lange es gedauert hat, bis
sich die moderne Badekultur unserer Tage durch- gesetzt hat. Immerhin wurde in Frankfurt am Main im Jahre 1774 die erste öffentliche Badeanstalt er-
Zur Erklärung des Arbeitsministers äußerte der Innenminister, daß in einer Besprechung der bei- den Minister volles Einverständnis darüber bestan- den habe, daß die Bearbeitung der Betreuung der VVN aus dem Innenministerium herausgelöst und dem Arbeitsministerium übertragen werden solle. Nach Ansicht des Innenministers handelt es sich bei dem Anspruch der Opfer des Faschismus um einen Rechtsanspruch, der dem der Kriegsopfer entspricht.
tranken, musizierten und tanzten. Natürlich war auch der Weltkurort Baden- Baden schon zur Rö- Imerzeit bekannt. Er führt seit althochdeutscher Zeit den Namen Badum, der deutlich auf das Bad hin- weist. Aachen, das römische Aquae Grani, wurde schon von König Pippin besucht und von Karl dem Großen wegen seiner wohltuenden heißen Quellen zur Residenz erkoren. Auch in Bad Pyrmont such- ten schon der Große Kurfürst, Zar Peter der Große, Friedrich der Große, die Königin Luise und auch Goethe Erholung. Viele andere Heil- und Seebäder können noch auf eine interessante Geschichte zu- rückblicken. Baden
noch vor 175 Jahren eine„ Verrücktheit" und vor ein paar tausend Jahren etwas, das nie- mand hätte entbehren wollen. Die Römer waren begeisterte Freunde des Badelebens, und die Grie- chen zur Zeit Homers ehrten den Gastfreund da- durch, daß sie ihm ein warmes Bad bereiteten. Man
Strafanträge im Röchlingprozeß
RASTATT. In dem seit 16. Februar vor dem Tribunal General in Rastatt andauernden Prozeß gegen Hermann Röchling und vier Mitangeklagte ist die Beweisaufnahme abge- schlossen worden. Am vergangenen Montag hat der französische Regierungskommissar in einer mehrstündigen Rede die Anklage be- gründet, wobei er ausführte, die vorgelegten Dokumente ließen keinen Zweifel zu, daß Röchling Angriffskriege befürwortet und Pläne vorgelegt habe, um die Kriegsausrüstung Deutschlands schon ab 1936 zu steigern. Eine schwere Verletzung der internationalen Ab- machungen stelle die Teilnahme der Ange- klagten an der Deportation ausländischer Ar- beiter nach Deutschland dar.
Am Dienstag stellte Regierungskommissar Gerthoffer als Vertreter der Anklage folgende Strafanträge: für Hermann Röchling lebenslängliche Gefängnisstrafe und Beschlag- nahme seines Vermögens; für Ernst Röchling 20 Jahre Gefängnis und Vermögensbeschlag- nahme; für von Gemmingen 15 Jahre Ge- fängnis und Vermögensbeschlagnahme; für die Direktoren Maier und Rodenhauser 5 bis 10 Jahre Gefängnis und je 100 000 Mark Geld- strafe. Außerdem beantragte er für sämtliche Angeklagte die Aberkennung der bürger- lichen Ehrenrechte.
Neue Kritik an Nürnberg und Dachau
MÜNCHEN. Nach der Kritik von Landes- bischof Wurm an der Art der amerikanischen Prozeßführung in Nürnberg und Dachau hat nun Weihbischof Dr. Johannes Neuhäus- ler eine Erklärung veröffentlicht. Er habe im März dieses Jahres Material über den Mal- medy- Prozeß an verschiedene amerikanische Kongreßmitglieder gesandt und eine neue Untersuchung ohne Drohungen und Zwangs- maßnahmen gefordert. Unterdessen habe das amerikanische Kriegsministerium mitgeteilt, daß die von 43 auf 12 reduzierten Todesur- teile bis zur Nachprüfung nicht vollstreckt würden. Die Verurteilten haben Weihbischof Neuhäusler ihren Dank für dessen Interven- tion übermittelt.
Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger Weitere Mitglieder der Redaktion:
Dr. Helmut Kiecza und Joseph Klingelhöfer( z. Zt. i. Urlaub) Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1.50 RM., durd die Post 1.74 RM., Einzelverkaufspreis 20 Pfg. Erscheinungstage Dienstag und Freitag
Kulturelle Nachrichten
Der Kinderfunk des Südwestfunks veranstaltete im März ein Preisausschreiben, das el- nen unerwartet starken Widerhall fand. Ueber eine Viertelmillion Kinder beteiligten sich, von denen 117 912 richtige Lösungen einsandten. Durch das Los wurden 5000 glückliche Gewinner bestimmt.
In Baden- Baden ist eine Modeschule eröff- net worden, die in- und ausländischen Schülerinnen fachliche Ausbildung bis zur Meisterprüfung vermit- telt. Baden- Baden hofft dadurch neben Frankfurt und München ein neues Modezentrum zu werden.
Auf Einladung der portugiesischen Regierung wird die Bayerische Staatsoper München An- fang Juni ein Gastspiel mit Wagners ,, Tristan" und " Walküre" in Lissabon geben. Das Münchener En- semble wird für dieses Gastspiel durch einige Mit- ter Oper ergänzt werden.
richtet, für damalige prüde Zeiten ein großes Wag- nis. Die erste Damenschwimmschule entstand erst 1833 in Wien, wo man noch mit bis oben zugeknöpf- lagerte sich nicht eher zum Mahl, als man gebadet glieder der Hamburger, Stuttgarter und Frankfur-
ter Kleidung zimperlich ins Wasser ging. 1777 ent- stand das erste Flußbad auf dem Rhein bei Mann- heim. Das Meer wurde ängstlich gemieden. Der erste, der den Gedanken der Gründung eines See- bades in die Tat umsetzte, war Prof. Dr. Samuel Gottlieb Vogel in Rostock, der 1793 das See- und Moorbad Heiligendamm bei Doberan gründete. Den- noch ging die Entwicklung sehr langsam vor sich. 1823 wurde das Seebad Helgoland, 1824 Swinemünde gegründet. Ein paar Jahre vorher hatten Herings- dorf und Wyck auf Föhr schon bescheidene Anfänge als Seebadeorte gemacht.
Deutsche Aerzte, u. a. der berühmte Hufeland, pro- pagierten das Baden als gesundheitsfördernd, so daß immer mehr Heilbäder und Badeanstalten ent- standen. Durch die Heilkunde wurde auch der große Wert der Mineralbäder bald wissenschaftlich
er-
schlossen. Eines der bekanntesten Modebäder frühe-
rer Zeiten war Bad Schwalbach bei Wiesbaden mit seinen vielerlei Konzerten und Abwechslungen. Alles, was ein bißchen vornehm" sein wollte, mußte wenigstens einmal in Schwalbach gewesen sein. In Frankfurt am Main nahm man sogar eine Zeitlang
in die Eheverträge die Bestimmung auf, daß die
Flitterwochen in Schwalbach zu verbringen seien.- Eines der ältesten Bäder ist Wiesbaden. Im 14. Jahr- hundert besaß es bereits elf Bäder und wird in einem lateinischen Gedicht erwähnt, in dem Hein- rich von Langenstein von den großartigen Wies- badener Badefesten erzählt. Männer und Frauen, so heißt es dort, trafen im Bad zusammen, aßen,
hatte. Heute ist das Baden wieder zu einem Volks- vergnügen geworden, wie es schon einmal im Mit- telalter der Fall war. In den öffentlichen Badean- stalten Deutschlands im 15. und 16. Jahrhundert hielten sich die Menschen oft den ganzen Tag über auf. Die Zeiten sind vorüber, wo Goethe das Baden in Wasser und Luft noch für eine„ Verrücktheit" erklären konnte und wo man vor der ,, höchst ge- sundheitsschädlichen Unsitte des täglichen Waschens" allen Ernstes eindringlich warnte. H. P.
Drostetage in Meersburg
Am vergangenen Sonntag begannen in Meersburg die Feierlichkeiten zum 100. Todestag der Annette von Droste- Hülshoff, zu denen viele Tausende Be- sucher aus Deutschland und der Schweiz gekommen waren. Das historische„ Fürstenhäusel" wurde als Drostemuseum der Oeffentlichkeit übergeben. Am 24. Mal, dem Todestag der Dichterin, wurden feier- liche Gedenkstunden am Grabe und im alten Schloß mit einer Ansprache des Präsidenten der Droste- Gesellschaft, Prof. Dr. Benno von Wiese, Re- zitationen und Musikvorträgen abgehalten, an denen auch Nachkommen der Droste teilnahmen. Im Mit- telpunkt des Nachmittags stand eine Rede des Zü- richer Universitätsprofessors Dr. Emil Staiger über ,, Dämonie und Gnade im Werk der Droste".
Am Dienstag verlieh Staatspräsident Wohleb im Rahmen eines feierlichen Staatsaktes den badischen Dichterpreis an Gertrud von Le Fort und Reinhold Schneider.
Im Hinblick auf die bevorstehende Währungsre form ordnete der Hamburger Oberbürgermeister Brauer als Hilfe für die Studenten an, daß diese den Studienbeitrag für das kommende Wintersemester bereits jetzt bezahlen können.
Der ehemalige Präsident der Reichsfilmkammer, Karl Fröhlich, wurde in Berlin entnazifiziert, da er mit Hilfe prominenter Zeugen nachweisen konnte, daß seine Mitgliedschaft zu der NSDAP nur nominell war und er seine nichtnazistische Haltung stets bewahrt habe.
Der Autor des bekannten Romans ,, Im Westen nichts Neues", Erich Maria Remarque, ist aus den USA wieder nach Europa zurückgekehrt und hält sich zunächst in Frankreich auf.
Richard Strauß hat die Aufführung seiner Oper ,, Danae" in Deutschland und Oesterreich untersagt, mit der Begründung, daß es in beiden Ländern kein Opernhaus mehr gebe, das technisch und räum- lich diesem Werk gewachsen sei.
In der Nähe von Lyon wurde eine Totenstadt mit etwa 50 Sarkophagen ausgegraben, die vermut- lich aus dem 6. und 7. Jahrhundert stammen. Aus den Inschriften ist zu schließen, daß in jener Zeit dort eine germanische Kolonie war.
Die UNESCO bereitet für den 2. August eine Weltkonferenz der Universitätsrektoren in Utrecht in Holland vor. Es wird die erste Konferenz dieser Art seit elf Jahren sein.
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