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sitzen, und den Mut zum Risiko der Ausein- andersetzung im Parlament und zur Distan- zierung gegenüber seiner eigenen Fraktion ha- ben. Er ist ebensowenig Befehlsempfänger sei- ner Fraktion wie die Regierung etwa ein Aus- schuß des Parlamentes.
Im demokratischen Staatswesen sind die Parteien unentbehrliche Hilfsorganisationen. Vermögen sie sich nicht selbst in den Schran- ken zu halten, die ihnen durch das Staats- grundgesetz bestimmt sind, dann müssen Re- gierung und öffentliche Meinung als Volks- kontrolle dafür Sorge tragen. Dadurch, daß die Parteien sich in der Weimarer Republik ihnen nicht zustehende Rechte anmaßten und es den Regierenden an Zivilcourage und persönlicher Ueberlegenheit fehlte, jene in ihre Schranken zu weisen, gingen sie zugrunde. Heute laufen die Parteien wieder Gefahr, die unpopulärsten Erscheinungen unseres öffentlichen Lebens zu werden, wenn sie nicht aus den Fehlern von damals lernen.
Empfang beim Kontrollrat
BAD NAUHEIM. Die Ministerpräsidenten aller Länder der vier Besatzungszonen Deutsch- lands werden auf Vorschlag des Koordinie- rungsausschusses des Alliierten Kontrollrats auf der nächsten Sitzung des Kontrollrats empfangen werden.
Industrieplan für Westdeutschland
WASHINGTON. Außenminister Marshall hat auf einer Pressekonferenz bekanntgegeben, daß in Kürze ein Plan zur Neufestsetzung der
Industriekapazität der vereinten Westzonen
Deutschlands veröffentlicht werden wird.
Danach soll unter anderem vorgesehen sein, die Erzeugung verschiedener chemischer Pro- dukte in der anglo- amerikanischen Zone zu steigern sowie die gegenwärtige Stahlproduk- tion im Ruhrgebiet zu erhöhen.
Prozesse vor dem Nürnberger Tribunal NÜRNBERG. Einen Ueberblick über die lau- fenden Prozesse und die in nächster Zeit zu erwartenden Anklageschriften gab General Telford Taylor, amerikanischer Hauptan- kläger bei den Kriegsverbrecherprozessen in Nürnberg, anläßlich einer Pressekonferenz mit amerikanischen und deutschen Reportern. Im Prozeß gegen die 23 Naziärzte und Wissenschaftler wird Ende dieser Woche die Beweisaufnahme beendet sein.
In den Prozessen gegen Oswald Pohl und die Nazijuristen, sowie im Flick- Prozeß, wird die Verteidigung zu ihrem Vortrag noch den ganzen Monat Juli benötigen. Die öffentliche Verlesung der bereits überreichten Anklage- schrift und die Vorstellung der Angeklagten im Prozeß gegen die Südost- Generale soll am 7. Juli stattfinden. Der Prozeß soll spätestens am 16. Juli beginnen.
Die Vorstellung der 24 angeklagten Direk- toren des IG.- Farbenkonzerns ist für den 21. oder 22. Juli vorgesehen. Für den 9. Juli ist eine Sitzung aller Nürnberger Tribunale vor- gesehen, in der über den Begriff„ gemeinsame Verschwörung", der im anglo- amerikanischen Recht große Bedeutung hat, entschieden wer- den soll. Die Verteidiger in den schwebenden Prozessen haben wiederholt beantragt, den Begriff fallen zu lassen, da er im deutschen Recht unbekannt ist.
Auf die noch zu erwartenden Anklageschrif- ten eingehend, verwies General Taylor auf die heute unterzeichnete Anklageschrift gegen die dem ,, Reichskommissar für Festigung des deut- schen Volkstums" unterstellt gewesenen Haupt- ämter. Den Angeklagten wird zur Last gelegt, im Interesse der„, Germanisierung" und" Um- siedlung" Angehörige fremder Staaten aus ihren Wohngebieten vertrieben, zur Zwangs- arbeit verschleppt und ihre Kinder entweder germanisiert oder aber entführt oder ausge- rottet zu haben.
Ende dieser Woche soll eine weitere Anklage- schrift gegen den ehemaligen Chef des Sicher- heitsdienstes, Otto Ohlendorf, und die ehema- ligen Chefs der„ Einsatzgruppen" im Osten überreicht werden. Der amerikanische Haupt- ankläger bezeichnete diesen Fall als„ den
Mordfall unter den Mordfällen".
16]
Das Bild des Kaisers
Novelle von Wilhelm Hauff
Sie errötete, als sie die beiden jungen Män- ner sah, doch, als habe dieser Besuch nichts Auffallendes an sich, lud sie dieselben durch einen freundlichen Wink ein, näherzutreten. Ihr kommt wohl, um die schöne Aussicht von meinem Turm zu betrachten?", sagte sie.„ Jetzt erst fällt mir ein, daß du nie hier warst, Al- bert, aber so ganz bin ich schon an diesen herrlichen Anblick gewöhnt, daß es mir nicht einmal einfiel, dich hierher einzuladen."
11.
Das Gemach war klein, die Geräte gehör- ten einer früheren Zeit an, aber dennoch war alles so freundlich und geschmackvoll geord- net, daß Rantow, nachdem er die Aussicht ge- prüft, die nächsten Umgebungen gemustert und alles recht genau angesehen hatte, dieses Zimmer für das schönste im Schloß erklärte. Nur eine breite Kiste, von schlechtem Holz gezimmert, die auf einer Kommode stand, schien ihm nicht mit den übrigen Gerätschaf- ten zu harmonieren. So ungern er die beiden Liebenden, die, anscheinend in die Aussicht auf das Tal hinab vertieft, eifrig zusammen flüsterten, stören mochte, so war doch seine Neugierde, zu wissen, was der geheimnisvolle Schrank verberge, zu groß, als daß er nicht seine Base darüber befragt hätte. ,, Bald hätte ich das Beste vergessen!", rief sie aus.„ Das Bild für Ihren Vater ist heute angekommen, Robert; ich habe es hierher ge- stellt, weil mein Vater nie hierher kommt, und weil ich es doch auch betrachten wollte." Sie rückte mit diesen Worten den Deckel des Schranks Willi half ihn herabnehmen, und das Bild eines Reiters, der auf einem Pferd eine Anhöhe hinansprengt, wurde sichtbar. ,, Bonaparte!", rief Rantow, als ihm die küh- nen, geistvollen Züge aus der Leinwand ent- gegensprangen.
SCHWÄBISCHES TAG BLAIT
Der Parteikongreß der SPD.
Der Innenminister von Nordrhein- Westfalen,
Dr. Schumacher wieder zum ersten Vorsitzenden gewählt NÜRNBERG. Der Parteikongreß der SPD. maße sei niemals eine vorwiegend geschäft- vereinigte mehr als 300 deutsche Delegierte liche Angelegenheit, sondern zeuge von echter und 9 ausländische Delegationen in Nürnberg. Hilfsbereitschaft. Unter den auswärtigen Gästen, die den Kon- greß begrüßten erntete der französische So- zialist Salomon Grumbach besonderen Beifall, als er der Hoffnung Ausdruck gab, daß die Sozialdemokratische Partei Deutschlands bald ebenfalls in der Reihe des internationalen So- zialismus stehe. Grumbach trat dann für die territoriale Einheit Deutschlands ein, man kann Deutschland ebensowenig in zwei Zonen teilen wie Europa selbst".
Der erste Vorsitzende Dr. Schumacher sprach über das Thema ,, Deutschland Europa". Er sagte, man werfe den Deutschen heute vor, daß sie keine Initiative zeigen würden und vor allem nicht einig genug seien. Den Grund dafür sehe er jedoch in der Tatsache, daß die
Alliierten allein die nötigen Schlüsselstellun- gen in der Hand hätten. Für Europa und Deutschland gäbe es keine Option für Osten oder Westen. Die Zerreißung Deutschlands be- deute die endgültige Zerreißung Europas und der Welt quer durch Deutschland. Dr. Schu- macher betonte dann die Wichtigkeit der Zu- sammenarbeit mit den europäischen Nationen. Eine der wichtigsten und fruchtbarsten Vor- aussetzungen dafür sei die Annäherung zwi- schen Franzosen und Deutschen. Das Verhält- nis Deutschland Frankreich sei ein Grad- messer der lebendigen Menschlichkeit in Eu- den Kreisen auseinander, die die amerikani- ropa. Dr. Schumacher setzte sich scharf mit sche Wirtschaftspolitik in Europa als eine Po- litik des ,, Dollar- Imperialismus" denunzieren wollen. Ein Hilfsplan von so gewaltigem Aus-
Dr. Walter Menzel, stellte in seinem Referat über den Aufbau der deutschen Republik die Forderung, daß in einer deutschen Verfassung das Bekenntnis zu einem europäischen Staa- tenbund vorangestellt werden müsse. An
sichtbarer Stelle müsse auch ausgesprochen
sein, daß der Krieg kein Mittel der Politik
mehr sein dürfe. Bei dem Streit um Zentralis- mus oder Föderalismus würde übersehen, daß der Zentralismus Hitlers ein solcher der Ver- waltung gewesen sei. Diese Art von Zentralis- mus lehne die SPD. ab.
Deutschland braucht wieder einen Reichs- tag, der aber vom Volk und nicht von den Län-
4. Juli 1947
Kleine Weltchronik
Amerikanische Zone
vorschlag der bayerischen Gewerkschaften auf Ein- führung der 40- Stundenwoche zurückgewiesen, um den Eindruck zu vermeiden, daß die Deutschen nicht arbeiten wollten.
MUNCHEN. Die Unternehmerverbände haben den
NÜRNBERG. In einer Druckerei ist ein 22jähriger Lebensmittelkartenfälscher gefaßt worden, der seit der 78. Zuteilungsperiode Zucker-, Fett- und Fleisch- marken hergestellt hat.
BAYREUTH. Die Bayreuther Spruchkammer hat Winifried Wagner in die Gruppe der Belasteten ein- gereiht und zu 15 Monaten Arbeitslager und Ein- zug von 60 Prozent ihres Vermögens verurteilt. BAD NAUHEIM. Der frühere deutsche Hafen Stettin ist von den sowjetischen Behörden offiziell in polnische Verwaltung übergeben worden. FRANKFURT. An der in Hessen ausgebrochenen Paratyphus- Epidemie sollen bereits 3000 bis 4000 Personen erkrankt sein.
derparlamenten gewählt werden soll. Der Red- Britische Zone
BREMERHAVEN. Im Juni sind 72 Fischdampfer und 65 Kutter mit einer Ladung von rund 7 Mill. Kilogramm Frischfisch im Werte von 2 Millionen Mark gelöscht worden
ner forderte dann Einschränkung der Anwen- dung von Volksentscheidungen und Abschaf- fung des Rechtes von Notverordnungen, um den gewählten Volksvertretern die Möglich- dungen auf das Volk oder die Reichsregierung schlagende Wetter sind 6 Grubenarbeiter getötet keit zu geben, schwerste politische Entschei-
abzuwälzen.
DORTMUND. Bei einem Explosionsunglück durch
und 5 verletzt worden.
BRAUNSCHWEIG. Die Bewachung der Zonen- grenze zwischen Sachsen- Anhalt und Niedersachsen ist bei Helmstedt und im Harzabschnitt verstärkt worden.
Dr. Schumacher wurde mit 340 von insge- samt 341 gültigen Stimmen wieder zum ersten Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands gewählt. In seinem Schlußwort sagte Dr. Schumacher, die Sozialdemokratie Berlin sicht eines neuen Europas zu formen. sei berufen, mit Hilfe der Demokratie das Ge-
Der Parteikongreß der Sozialdemokratischen Partei hat in der Presse des Auslandes die größte Beachtung gefunden.
Sollen Deutsche nach Frankreich auswandern?
Das Ergebnis einer Umfrage des sozial- psychologischen Instituts Der französische Außenminister Bidault Auswanderungslustigen stehen jedoch 47 Pro- hatte bekanntlich vor einiger Zeit den Vor- zent gegenüber, die eine ablehnende Haltung schlag gemacht, deutsche Kriegsgefangene soll- eingenommen haben. ten als freie Arbeiter in Frankreich bleiben. Auch die Frage der Auswanderung deutscher Arbeitskräfte nach Frankreich war gleichzeitig von ihm angeschnitten worden. Die deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich hatten in- zwischen Gelegenheit, sich zu entscheiden. Nach Mitteilungen aus französischer Quelle haben sich in den ersten Wochen der Befra- gung nur wenige Kriegsgefangene zum Ver- bleiben in Frankreich entschlossen.
Welche Haltung nimmt die deutsche Be- völkerung zu dem aufgeworfenen Problem ein? Das Sozialpsychologische Institut in Baden- Baden hat in Württemberg- Hohenzollern, Süd- baden und in der südlichen Pfalz eine Befra- gung durchgeführt. Dabei hat sich ergeben, daß die Schweiz die größte Anziehungs- kraft auf Auswanderungslustige ausübt, denn 17 Prozent der Befragten haben sich für dieses Land entschieden.
Im Vergleich dazu ist der Prozentsatz der- jenigen, die nach Frankreich gehen wür- den, nicht unbeträchtlich( 12 Prozent) 5 Pro- zent der Befragten würden gerne nach Eng- land gehen, 3 Prozent in die Niederlande, 2 Prozent nach Schweden und 7 Prozent in andere Länder. Diesen insgesamt 46 Prozent
Loritz läßt nicht locker Wüste schicken", erklärte der ehemalige baye- PFARRKIRCHEN.„ Man will mich in die rische Sonderminister Alfred Loritz in einer WAV.- Versammlung auf die Erklärung des WAV.- Abgeordneten Meißner hin, Loritz habe die Partei völlig vernachlässigt.
Loritz war auf dieser Versammlung plötzlich erschienen und hatte sich zur Diskussion ge- meldet. Er behauptete, den jungen Politikern seiner Partei seien die Erfolge zu Kopfe ge- stiegen, aber er hoffe, die Krise gut zu über- stehen. Dann ging der Ex- Sonderminister zu Angriffen auf die Regierung über. Neun Stun- den vor seiner Entlassung habe er gegen zwei
belastete Münchener Bankiers Haftbefehle er-
BERLIN. Im Mai sind 43 800 Spruchkammerver- fahren in der amerikanischen Zone verhandelt wor- den. Davon wurden 48 als Hauptschuldige verur- teilt, 825 erhielten Arbeitslagerstrafen, 4405 Geld- strafen und 13 886 wurden als Mitläufer eingestuft. Der Rest fiel unter die Amnestie.
BERLIN. 19 Deutsche, die mit deutschen Geweh- ren und 1350 Schuß Munition bewaffnet waren, sind unter dem Verdacht, seit Oktober 1946 in rus- sischen Uniformen Straftaten verübt zu haben, ver-
haftet worden.
porte aus Königsberg mit insgesamt 2400 Deutschen
BERLIN. Die ersten offiziellen Flüchtlingstrans- sind in Berlin eingetroffen.
Ausland
LONDON. Das Oberhaus hat den Gesetzentwurf über die allgemeine Wehrpflicht angenommen. GENF. Ab 1. Juli hat die internationale Flücht-
lingsorganisation( IRO) die Arbeit der UNRRA.
übernommen.
Auch über die Frage, ob durch eine Aus- wanderung eine Verbesserung der Lage dieser Deutschen eintreten würde, ist man geteilter Meinung. 39 Prozent glauben, ihre Lage ver- bessern zu können, während 40 Prozent dies verneinen und 21 Prozent darüber keine be- stimmten Ansichten haben. Man legte weiter Wert darauf, die Einstellung der deutschen Bevölkerung zur Frage des Verbleibens der deutschen Kriegsgefangenen in Frankreich kennenzulernen. Die Befragung hat ergeben, daß 32 Prozent der Befragten den Kriegsge- fangenen ein Verbleiben in Frankreich emp- fehlen, 39 Prozent sich dagegen aussprechen, französischen Besatzungszone über den Austausch während 29 Prozent auch hier auf jede klare Stellungnahme verzichtet haben.
Ein wesentlich anderes Bild ergibt sich bei Beantwortung der Frage, ob es für deutsche Arbeiter vorteilhaft wäre, nach Frankreich auszuwandern. 43 Prozent haben diese Frage bejaht, 32 Prozent verneint und 25 Prozent offengelassen. Die direkte Frage, ob man selbst Lust hätte, in Frankreich ansässig zu werden unter den gleichen Rechten, die ausländischen Arbeitern eingeräumt sind, ist jedoch von 60 Prozent der Befragten verneint worden. Nur 24 Prozent haben sich dafür ausgesprochen.-el-
lassen, sie hätten jedoch Helfer in der Regie- rung gehabt. Persönliche Angriffe richtete Lo- Vorsitzenden der CDU., Josef Müller, deren ritz gegen Dr. Högner, Dr. Horlacher und den Akten ,, er bestens im Gedächtnis habe".
An diese Behauptungen knüpfte sich eine erregte Debatte an. Meißner warf Loritz unter, anderem vor, gefälschte Kassenberichte vorge- legt zu haben. Man werde ihn deshalb noch gerichtlich belangen!
Kilogramm erhöht worden, so daß in Rom jetzt ein Kilogramm Brot 55 bis 65 Lire kostet. Es kam be- reits zu Proteskundgebungen.
ROM. Der Brotpreis in Italien ist um 15 Lire pro
PRAG. Die tschechoslowakische Regierung hat das Abkommen zwischen der Tschechoslowakei und der
von Lebensmitteln ratifiziert.
BUDAPEST. Das ungarische Parlament hat mit überwältigender Mehrheit den von der Regierung vorgeschlagenen Dreijahresplan für die ungarische Wirtschaft gebilligt. Der neue Plan sieht über sechs Milliarden Gulden an Investierungen vor, die zum
größten Teil durch neue Steuern eingebracht wer- den sollen.
BEIRUT. Der Zeitungsverlegerverband beschloß einen dreitägigen Streik zum Protest gegen das Ge- setz, auf Grund dessen der Staat das Recht hat, eine Zeitung zu verbieten.
NEW YORK. Ein amerikanisches Flugzeug hat bei einem Flug ,, Rund um die Welt" in 13 Tagen und drei Stunden 42 000 Kilometer zurückgelegt. Die Flugzeit betrug 101 Stunden.
WASHINGTON. Das Repräsentantenhaus hat einen Gesetzentwurf dem Senat zur Bestätigung vorge- legt, der die Hawai- Inseln als 49. Land der USA.
aufnimmt.
WASHINGTON. General Eisenhower hat eine Er-
höhung der Wehrkredite gefordert, da die ameri- kanischen Streitkräfte nur noch an zweiter Stelle
in der Welt stünden.
WASHINGTON. Die türkische Regierung hat die USA. um die Überlassung von zehn amerikanischen Schiffen gebeten.
Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker, Dr. Ernst Müller und Alfred Schwenger. Weitere Mitglieder der Redaktion: Albert Ansmann. Dr. Helmut Kiecza und Josef Klingelhöfer.
Der mit der vorläufigen Wahrnehmung der Geschäfte des bayerischen Sonderministers be- auftragte Staatssekretär Dr. Hagenauer er- klärte, daß er sich nur als aushilfsweiser Platzhalter" fühle. Drei weitere einflußreiche Beamte aus den Reihen der WAV. seien gleich- Monatlicher Bezugspreis einschl. Trägerlohn 1,50 RM., durch
falls entlassen worden.
,, Erkennst du ihn?", fragte Anna lächelnd. Grenzen des Anstandes halten? Herr! Wie ,, Das war der Sieger von Italien!"
,, Ich hätte nicht geglaubt, daß die Kopie so gut gelingen könnte", bemerkte Willi.„ Aber wahrlich, David war ein großer Maler. Wie edel ist diese Gestalt gehalten, wie glücklich der Einfall, diesen hochstrebenden Mann nicht in der gebietenden Stellung eines Obergene- rals, sondern in einer Kraftäußerung aufzufas- sen, die einen mächtigen Willen und doch eine so erhabene Ruhe in sich schließt."
,, Ich kenne das Original", sagte Rantow. ,, Es ist in der Galerie zu Berlin aufgestellt, und ich finde diese Kopie trefflich; für Liebhaber des Gegenstandes, worunter ich nicht gehöre, gewinnt dieses Gemälde um so höheres Inter- esse, als die Idee dazu von Napoleon selbst ausging. Man sagt, David habe ihn malen wollen als Helden, den Degen in der Hand, auf dem Schlachtfelde; Bonaparte aber er- widerte die merkwürdigen Worte: Nein, mit dem Degen gewinnt man keine Schlachten; ich will ruhig gemalt sein auf einem wil- den Pferde.""
-
,, Dank dir für diese Anekdote", erwiderte Anna. ,, Sie macht mir das Bild um so lieber, und nicht wahr. Robert", setzte sie hinzu, auch dein Vater soll durch seine Originalität nur noch mehr erfreut werden."
,, Anna!", unterbrach die Beschauenden eine dumpfe, wohlbekannte Stimme. Sie sahen sich um, der alte Thierberg, auf seinen Diener gestützt, stand mit hochrotem, zürnendem Ge- sicht und zitternd vor ihnen; der General, welcher seitwärts stand, schien verlegen und ängstlich. Aber so schnell war dieser Schreck, so groß die Furcht Annas vor ihrem Vater und so furchtbar sein Anblick, daß sie zu schwan- ken anfing, und hätte der General sie nicht unterstützt, sie wäre in die Knie gesunken.
,, Sind das die gerühmten Sitten Ihres Herrn Sohnes", wandte sich der Alte bitter lachend zu dem General, indem er bald den Sohn, bald den Vater ansah. ,, Heißt das, was Sie mir vorzumalen suchten, sich in den zartesten
kommen Sie dazu, mit meiner Tochter allein auf ihrem Zimmer zu sein?"
,, Onkel!", rief Rantow, um ihn zu belehren. ,, Schweig, Bursche!", antwortete ihm der zürnende Alte, indem er immer den jungen Willi mit glühenden Blicken ansah.
die Post 1,74 RM., Einzelverkaufspreis 20 Pfg. Erscheinungstage Dienstag und Freitag.
rung und Freude. ,, Gott im Himmel!", rief er aus, indem er das Mützchen abnahm, das er beständig trug.„ Wer hat mir das getan, wo- her, woher habt ihr ihn? Wer hat ihn meinen Gedanken nachgebildet, wer hat mir diese Züge, diese Augen hier, hier aus meinem Her- zen herausgestohlen?"
,, Ich denke", erwiderte dieser ruhig und mit Die Männer sahen sich staunend an, betre- stolzer Fassung ,,, die Erziehung Ihrer Tochter ten richtete sich Anna auf und trat näher, und Annas Sitten müßten Ihnen Bürge sein, denn sie besorgte, ihr alter Vater rede irre. daß ein Mann, selbst wenn er allein käme ,,, Wer hat dieses Bild hierher gestellt?", fragte sie besuchen dürfte, vorausgesetzt, sie will ihn empfangen, und über den letzteren Punkt steht nach allen Gesetzen der guten Sitte der jungen Dame selbst, nicht aber Ihnen, Herr von Thierberg, die Entscheidung zu."
Diese Worte schienen seinen Eifer noch mehr zu entflammen, er atmete tief auf, aber in die- sem Augenblick trat sein Neffe mutig dazwi-
schen und redete ihn auf eine Weise an, die,
wie ihn sein kurzer Aufenthalt bei den Thier-
bergs gelehrt hatte, die Wirkung nicht verfeh- len konnte. ,, Herr von Thierberg", rief er be- stimmt und mit ernster Miene ,,, Sie haben mir vorhin zu schweigen geboten, ich werde aber nicht schweigen, wenn man meiner Ehre zu nahe tritt. Ich bin es gewesen, der Herrn von Willi hierher führte, ich bin es gewesen, der ihn hier unterhielt, und er hat mich hierher begleitet, weil ich ihn darum gebeten habe."
,, Du warst zugegen?", fragte der Oheim mit etwas gemilderter Stimme.„ Aber, was Teufel, geht dich das Zimmer meiner Tochter an? Was hattest du hier zu suchen?"
Mit einer theatralischen Wendung und spre- chender Miene wandte sich der Neffe gegen die Hinterwand des Zimmers, deutete mit dem ausgestreckten Arm hin und sprach:„ Hier steht, was ich suchte."
Der Alte trat mit schnelleren Schritten, als seine Krankheit erlaubte, näher. Er betrach- tete das Bild und blieb mit einem Ausruf des Erstaunens stehen; seine trotzige Miene klärte sich auf, seine Stirn entfaltete sich, sein blit- zendes Auge schimmerte nur noch von Rüh-
er nach einer Pause, indem er sich umwandte, und alle sahen Tränen in seinen Augen glän-
zen.
,, Ich, mein Vater", sagte Anna zögernd. ,, O du gutes Kind", fuhr er fort, indem er sie in seine Arme schloß.
, Wie unrecht habe ich dir getan! Als ich in tief gekränkt, und doch hast du mich so un- dieses Zimmer trat, glaubte ich, du habest mich
endlich erfreut!
Kennst du ihn, Hans?", wandte er sich an seinen Diener. ,, Kennst du ihn nicht wieder?"
-
,, Gott straf mich er ists!", erwiderte der alte Reitknecht. ,, Solche schreckliche Augen machte er gegen die fünf Buschklepper, die uns auszogen, o, das war ein braver Herr!" Die, welche den Herrn und seinen Diener so sprechen hörten, konnten sich von ihrem Staunen kaum erholen, sie sahen sich lächelnd an, als ahnten sie eine sonderbare Fügung des Geschicks, als sei ein schweres Gewitter seg- nend über ihnen hinweggezogen. Der General aber, der bald Anna, bald das Bild mit blit- zenden Augen betrachtet hatte, trat näher heran und fragte den alten Thierberg, wen er denn in diesem Bilde wiedererkenne?
,, Das ist derselbe treffliche Kapitän", ant- wortete er ,,, der mich am Fuß des St. Bern- hard aus der Gewalt ruchloser Soldaten er- rettete; wie? Er ist derselbe, von welchem ich Ihnen so oft erzählte; das Muster eines braven Mannes, eines gebildeten und klugen Solda-
ten."
( Schluß folgt
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