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zur Verfolgung des Krieges geschaffen ist. Aber dieses Ziel war schon dadurch erreicht, daß das Gericht sich überhaupt konstituiert hatte. Wie der Prozeß auch ausging, die Teil- nehmer haben sich durch ihre Teilnahme un- ter sein Gesetz gestellt. Sogar ohne Prozeß wäre es möglich gewesen, jetzt ein positives internationales Recht zur Strafverfolgung der Kriegsanstifter zu schaffen.
Der Prozeß ist also noch mehr als das Be- dürfnis der öffentlichen Meinung, die Naziver- brecher bestraft zu sehen.
ist der Ausdruck einer tiefen Unruhe der ganzen Welt, deren bloßes Objekt wir in Ge- fahr waren, zu werden. Er hat diese Gefahr überwinden helfen, indem er das„ Urteil der Welt" in einer langen Verhandlung fing und in einem Urteil bändigte, das uns die Mög- lichkeit gibt, wieder Subjekt zu werden. An uns liegt es, das ganz zu begreifen, damit wir dankbarer und kräftiger unserer und der Welt Not helfend dienen.
Regierung der nationalen Union PARIS. Nachdem Thorez und Bidault bei der Wahl des Ministerpräsidenten in der National- versammlung nicht die erforderliche Stimmen- zahl erhalten haben, sind vom Präsidenten der Nationalversammlung, Auriol, mit den Vertretern der einzelnen Parteien Besprechun- gen geführt worden, die nach den letzten Mel- dungen das Ergebnis hatten, daß sämtliche Parteiführer der Bildung einer Regierung der nationalen Union zustimmten. Die Wahl des neuen Regierungschefs war für Donnerstag vorgesehen( bis zum Redaktionsschluß lag eine Meldung darüber noch nicht vor. Die Schriftltg.) Die Parteien haben sich nach einer Ver- öffentlichung der Pressestelle der Nationalver- sammlung über ein Memorandum geeinigt, das die einzelnen Punkte der zukünftigen Außen- und Innenpolitik zusammenfaẞt. In der Außen- politik wird die Zusammenarbeit mit allen freien Völkern unter Achtung der nationalen Unabhängigkeit, die Festigung des französisch- russischen Bündnisses und das Anstreben eines Paktes mit Großbritannien und den Vereinig- ten Staaten hervorgehoben. der den bereits bestehenden ergänzen soll. Die Beibehaltung der Besetzung Deutschlands bis zu einem spä- ter festzusetzenden Zeitpunkt, völlige Ab- rüstung und Internationalisierung des Ruhr- gebietes sind weitere Forderungen.
Französischer Schritt in London
Der französische Botschafter in London. René Massigli, unterrichtete dieser Tage die britische Regierung über das Miẞfallen Frank- reichs an der Englandreise von Dr. Schu- macher. Frankreich könne zwar verstehen, daß der Parteiführer seine Bruderpartei in London besuche, aber der Besuch habe durch den Staatsempfang einen Charakter angenom- men, der nicht geeignet sei, das Werk der Alliierten zu fördern.
Das Foreign Office hat gegenüber dieser De- marche folgende Erklärung abgegeben: Groß- britannien hat keineswegs die Absicht, das Wiederaufleben des deutschen Nationalismus und Militarismus in irgendeiner Erscheinungs- form zu gestatten. Nichts liegt unserer Absicht ferner, als das Auftauchen eines neuen Füh- rers zu erlauben. Im Gegenteil: Unsere ganze Politik ist darauf gerichtet, die Demokratie in Deutschland zu entwickeln, und wir haben keineswegs den Wunsch, dort wieder die Dik- tatur einer einzigen Partei, wie sie auch heißen möge, aufkommen zu sehen.
Im britischen Unterhaus wurde der Besuch des ersten Vorsitzenden der Sozialdemokrati- schen Partei Deutschlands, Dr. Kurt Schuma- cher, erörtert. Ein Abgeordneter der britischen Arbeiterpartei stellte die Frage, in welcher Form die französische Regierung wegen dem Besuch Schumachers vorstellig geworden sei. Staatsminister Mac Neil antwortete, der fran- zösische Botschafter in London habe dem bri- tischen Außenministerium einen Besuch abge- stattet. Staatsminister Mac Neil erklärte wei- ter, er habe dem französischen Botschafter dargelegt, den Sozialdemokraten aller Länder und auch den deutschen Sozialdemokraten seien zahlreiche Achtungsbezeugungen erwie- sen worden.
Robert Bosch
Eine Buchbesprechung Theodor Heuß hat 1932 das geistreiche und sarkastische Hitlerbuch, 1937 die monumen- tale Naumannbiographie und 1941 die Lebens- geschichte des Zoologen Dohrn erscheinen las- sen. Er krönt seine publizistische Schriftstel- lerei mit dem 732 Seiten großen Werk über Robert Bosch, das bei Rainer Wunderlich ( Hermann Leins) in sehr gediegener Ausstat- tung erschienen ist. Bücher von Heuß sind immer etwas Außerordentliches, sie stehen in der publizistischen Literatur Deutschlands ein- sam da in der Art wie in ihnen Sachkunde, psychologische Durchdringung, Zeitanalyse be- handelt sind. Alle Vorzüge seiner Kunst dar- zustellen, zu skizzieren, Wesentliches als Leit- linien in einer Vielfalt von Möglichkeiten zu sagen, finden in dem jüngsten Kind seiner Muse eine beglückende Erfüllung. Ich stehe nicht an, hier von einem Kunstwerk zu reden, das dem Schriftsteller so viel Ehre macht wie dem Helden, der in seiner Mitte glänzt und von dem aus eine technische, industrielle, wirt- schaftliche, geistige, politische Umwelt be- leuchtet und durchdrungen ist. Selbst wenn man einräumt, daß dem Verfasser alle Ar-
SCHWABISCHES TAG BLATT
,, Normung der Rüstung"
Eine Aussprache im englischen Unterhaus/ Attlee verteidigt die Regierung
Die seit längerer Zeit zwischen England und Amerika geführten Besprechungen über eine militärische Zusammenarbeit haben so- wohl in Amerika als auch in England in wei- ten Kreisen starke Beachtung gefunden und jetzt zu Erklärungen geführt, die von ameri- kanischer und englischer Seite abgegeben wur- den.
Nach einer Meldung aus Washington hat der Sprecher des Staatsdepartements erklärt, daß die Regierung der USA. keinerlei Ab- kommen auf politischem oder militärischem Gebiet mit Großbritannien oder irgendeinem anderen Land geschlossen habe. Der im Laufe des Krieges eingeleitete Meinungsaustausch zwischen den Vereinigten Staaten, Großbritan- nien und Kanada über eine ,, Normung der Rüstungen" in den drei Ländern wird aller- dings fortgesetzt. Der Sprecher machte aber keinerlei Andeutungen darüber, wie weit die drei Mächte in dieser Normung zu gehen be- absichtigen oder darüber, welche Bedeutung diesen Besprechungen eigentlich beizumessen ist.
Auch der englische Ministerpräsident Att- lee hat zu dem gleichen Thema im Unterhaus gesprochen. Er lehnte nähere Angaben über den Stand der englisch- amerikanischen Bespre- chungen über die gemeinsame Nutzung von Marine- und Luftstützpunkten ab und begrün- dete diese Zurückhaltung damit, daß eine ver- frühte Angabe nur geeignet sei, eine Unruhe hervorzurufen. Attlee würde, so sagte er, jede Art von Besprechungen über die Angleichung von Bewaffnungsarten auch zwischen Groß- britannien und der Sowjetunion begrüßen, womit er anzudeuten beabsichtigte, daß die Besprechungen Englands mit Amerika nicht gegen die Sowjetunion gerichtet seien. Attlee sagte, nachdem Großbritannien und die Ver- einigten Staaten in Europa eine gemeinsame Besatzung unterhalten, sei es nicht verwun- derlich, wenn England fortfahre, mit dem ame- rikanischen Generalstab zusammenzuarbeiten. Auf eine Frage, ob er versichern könne, daß die britische Regierung kein Militärbünd- nis mit irgendeiner anderen Macht ohne die Zustimmung des Parlaments abschließen würde, gab Attlee zur Antwort, es sei schlecht mit den bestehenden Grundsätzen zu vereinbaren, wenn die Regierung vorher die Zustimmung des Parlamentes zu einzelnen Schritten ein-
( Fortsetzung von Seite 1)
550 Angeklagte vor Gericht Der Zeuge Berhauer, ein 28 Jahre alter Lothringer, berichtet von der aus Verzweif- lung geborenen Absicht des Häftlings Günther, mit einem Kameraden durch Dynamit, das man aus den Gruben stehlen konnte, das La- ger zu sprengen. Oehler habe den Günther von der Mine nach dem Lager vor sich her- getrieben. Bei der Gegenüberstellung mit dem Zeugen behauptet Oehler, der Häftling hätte ihn mit einem Stein, den er auf dem Wege aufgehoben habe, angegriffen. Daraufhin habe er ihn mit zwei Schüssen niedergestreckt. Nach der Bekundung des französischen Arztes Dr. Morel sei Günther durch drei Schüsse in
den Rücken und einen Schuß in den Mund
getötet worden.
Auch aus den Aussagen des Belgiers Gott- man ergibt sich ein erschütterndes Bild der Erlebnisse der Häftlinge des Lagers Schörzin- gen, namentlich in den letzten Tagen des Krie- ges. Beim Heranrücken der alliierten Truppen wurden die Internierten in südlicher Richtung in Marsch gesetzt und mit dieser Elendskara- wane flüchteten auch die Kommandoführer des Lagers und ein SS.- Führer Jakob mit seiner Familie und seinem gesamten Hausrat. Die SS.- Mannschaften versuchten den Marsch der Flüchtlinge mit allen Mitteln zu beschleunigen and sie wurden buchstäblich zu Tode gehetzt. Alle Zeugen belasten Teschow und Oehler, die auf den ersten Blick von ihnen wieder- erkannt wurden.
holen müßte. Die britische Regierung wünsche zur Erhaltung des Friedens nicht nur Bünd- nisse mit Amerika, sondern auch mit allen an- deren Ländern.
Churchill forderte eine sofortige Aus- sprache über die indische Frage. Darüber soll heute oder morgen eine Debatte stattfinden.
Unterzeichnung am 10. Februar 1947 NEW YORK. Nach einer Meldung der fran- zösischen Nachrichtenagentur AFP. haben die Außenminister beschlossen, daß die Friedens- verträge mit Italien, Bulgarien, Rumänien, Ungarn und Finnland am 10. Februar 1947 in Paris unterzeichnet werden sollen.
Ueber die letzten ausstehenden Fragen zum Triester Problem ist inzwischen eine Eini- gung erzielt worden. Eine internationale Kom- mission wird zur Ueberwachung des Freiha- fens Triest eingesetzt. Ihr gehören an: Groß- britannien, die USA., Rußland, Frankreich, Jugoslawien, Italien, die Tschechoslowakei, Oesterreich, Ungarn, Polen und die Schweiz. Die Kosten sollen unter die einzelnen Natio- nen aufgeteilt werden. Treuhänder über den Vertrag ist die französische Regierung. Das Freihafengebiet wird erst in einigen Jahren lebensfähig sein, sobald die Wirtschaft des Hinterlandes sich erholt hat. Der Freihafen
Triest hat also ein internationales Regime er-
halten, die Verwaltung wird aber autonom
sein.
In-
In der Vollversammlung der UN. ist lebhaft über die Frage der Zählung der Truppenstärken diskutiert worden. Grund- sätzlich wurde der Einrichtung eines inter- nationalen Systems der militärischen spektion zugestimmt. Nach längerer Aus- sprache wurde beschlossen, daß die einzelnen Mitgliedstaaten einem Ausschuß bis 1. Januar 1947 eingehende Informationen über die Streitkräfte in fremden Ländern und im eigenen Lande einschließlich der Bewaffnung Auskunft erteilen sollen. Die Resolution dar- über wird noch einmal dem Unterausschuß
für die Abrüstung überwiesen.
zum
Mit 20 gegen 40 Stimmen bei einer Stimm- enthaltung hat die Kommission für Bevor- mundungsfragen beschlossen, die Bevormun- unter- dungsabkommen einer Revision
ziehen.
zu
sind die Angeklagten Oehler und Teschow durch weitere Aussagen der Zeugen schwer belastet worden. Die Methoden ihrer Quäle- reien wurden allgemein als bestialisch bezeich- net, und die Einzelschilderungen französischer, slowakischer und anderer früherer Häftlinge machten auf alle Anwesenden tiefen Eindruck. Eine erschütternde Anklage war auch die Aus- sage eines französischen Priesters, der er- klärte: ,, Wir waren keine Menschen mehr, wir wurden wie Tiere behandelt."
13. Dezember 1946
Der neue Kleinstaat
Es ist ein recht süffiger Wein, der uns in Singen a. H. kredenzt wird. Otto Feger hat ihn uns schon in seinem Buche ,, Schwäbisch- alemannische Demo- kratie" schmackhaft angepriesen und alles zusam- mengetragen, was wir Schwaben und Alemannen gegen unsere Brüder im Norden klagend vorzu- tragen haben: preußische Untertanengesinnung und die dazugehörende preußische Herrschsucht, Fried- rich II. und Bismarck, Schnoddrigkeit und An- maßung. Er konnte auf Beifall rechnen.
Nun haben sich die Herren konstituiert und sich mit Telefon, Geschäftsstelle und dem nun einmal dazugehörenden Präsidenten an der Spitze der Oeffentlichkeit als Schwäbisch- alemannischer Hei- matbund vorgestellt. Der Sitz ist Singen a. H.
Man will die schwäbisch- alemannische Demokra- tie als einen neuen Staat proklamieren und sich vom übrigen korrupten Deutschland abhängen. Die benachbarte Schweiz reizt zu solchen naheliegen- den Entschlüssen.
Schade, die neuen Staatsschöpfer kommen 300 Jahre zu spät. 1946 wirken solche rückwär- von einer moralischen Schuldverpflichtung billig tigen Konstruktionen als ärmliche Versuche, sich loszusagen.
Kein Schwabe und kein Alemanne wird Ein- wände erheben, wenn der politische Schwerpunkt Deutschlands dem Dunstkreis des preußischen Ber- lin entzogen wird. Aber wenige Schwaben wer- den wünschen, daß man Deutschland zu diesem Zwecke in autonome Einzelstaaten zerlegt, was die Gründung des schwäbisch- alemannischen Staates zur Folge hätte.
Der Heimatbund erstrebt den Anschluß seines neuen Kleinstaates an eine europäische Union. Ein vortrefflicher Gedanke, der auch schon außer- halb von Singen a. H. ausgesprochen worden ist. Nur können wir nicht einsehen, weshalb der Um- weg über ein autonomes Bayern, Schwaben und Rheinland hierzu notwendig ist. Wäre das nicht ebenso trefflich mit Deutschland zu machen?
Kleine Weltchronik
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Der Oberbefehlshaber der britischen Zone, Marschall Douglas, hat in einem Telegramm die Bergarbeiter und die Leiter der Ruhrkohlenindustrie dazu beglückwünscht, daß die tägliche Kohlenförderung zum erstenmal auf über 200 000 Tonnen angestiegen ist.
Bevin und Byrnes haben über Palästina Besprechungen geführt und beschlossen, keine Schritte ohne gegenseitige Verständigung zu unternehmen.
Der Weltsicherheitsrat hat sich mit der griechischen Forderung auf Ernennung eines Ausschusses zur örtlichen Untersuchung von Grenzzwischenfällen beschäftigt. Die Vertreter der einzelnen Länder sind gehört worden
Die Revisionsverhandlung vor dem Obersten Staatsge-. richtshof der USA. im Falle John Lewis wird erst am 14 Januar 1947 stattfinden.
Eine englische Note beschuldigt Albanien des Völker- rechtsbruches. Es wird Schadenersatz für die in der Straße von Korfu infolge Verminung beschädigten briti- schen Zerstörer verlangt. 44 Besatzungsangehörige sind ums Leben gekommen.
Die mitteleuropäische Konferenz der Sozialistischen Par- teien in Prag hat einen Antrag einstimmig angenommen, der den Sturz des Francoregimes fordert.
Wegen Vorbereitung zum Sturz der polnischen Ueber- Nordwürttembergische Regierung zurück- gangsregierung hat ein polnisches Militärgericht sechs Mitglieder einer polnischen Organisation zum Tode ver- urteilt.
getreten
STUTTGART. In Anwesenheit von Gouver- neur Sewall sowie des Präsidenten der Be- ratenden Landesversammlung von Südwürt-
temberg und Hohenzollern, Karl Gengler, trat der neugewählte Landtag für Nordwürt- temberg- Baden am Dienstag zu seiner ersten Sitzung zusammen. Alterspräsident Wilhelm Keil ging auf die Bedeutung des Aufbaues der Demokratie ein und erwiderte die aus Süd- württemberg- Hohenzollern übermittelten Wün- sche und Grüße auf das herzlichste. Gouver- neur Sewall hielt eine kurze Ansprache,
Präsidenten des
Die jugoslawische Regierung hat erneut in Athen ge- gen das Ueberfliegen ihres Hohheitsgebietes protestiert. Der Weltgewerkschaftsbund wird mit der griechischen
Regierung über die Freiheit der griechischen Gewerk- schaften Verhandlungen aufnehmen.
Die rumänische Bauernpartei fordert unter Berufung auf das Moskauer Abkommen über freie Wahlen einen neuen Wahlgang.
Der Führer der Saadistenpartei, Nokraschy Pascha, ist mit der Regierungsbildung beauftragt worden. Die Re- gierungskrise ist wegen der Zukunft des Sudans im Rahmen des englisch- ägyptischen Vertrages ausgebrochen. Die iranischen Regierungstruppen sind jetzt bis 180 Kilometer südlich Täbris vorgedrungen.
Die syrische Regierung ist zurückgetreten. Die chinesische Regierung hat die Bedingungen der Kommunisten zur Wiederaufnahme der Verhandlungen
worauf das Haus den Abgeordneten Simp- fendörfer( CDU.) zum Landtages wählte. Er verlas im Anschluß daran ein Schreiben des Ministerpräsidenten abgelehnt. Dr. Maier, wonach die württembergisch- badische Regierung ihren Rücktritt erklärt, aber die Geschäfte bis zur Neubildung des Ka-
Auch am dritten Tage der Beweisaufnahme binetts weiterführen wird.
wurde, die essayistisch angelegt, den Gesetzen des epischen Romans folgt und die Wirklich- keit als rational- irrationales Geschehen eines notwendigen Soseins begreift. Dies war mög- lich, weil der Verfasser verehrend dem in Bosch sich auswirkenden demokratischen Le- bens- und Weltgefühl zugetan ist. Heuß braucht nicht wie bei Hitler die Mittel der Ironie und der soziologischen Umwege, um einem Thema gerecht zu werden, er kann direkt aussagen und den ideellen Komplex mit ganzem Ernst freilegen. Er kann, was mit Bosch in Erscheinung trat, vollkommen aus einer ihm geläufigen schwäbischen Atmosphäre entwickeln, gleichsam so, als ob der Aufstieg dieses Mannes von einem durchschnittlichen Elektrotechniker um 1880 zum Lenker einer Weltfirma und zum geistigen Walter über eine ganze Fabrikstadt vom Ja und Amen jener höheren Mächte begleitet gewesen ist, die wir undeutlich genug mit dem Namen„, schwäbi-
scher Geist" bezeichnen.
mag sein, daß dieser oder jener Sachkenner es als Mangel ansieht, wenn sein Name und sein Beitrag für die Boschleistung nur flüchtig erwähnt wird, während die Gründergeneration und die hohe Reihe der ersten Vertrauens- männer und Mitarbeiter mit einem Text be- dacht werden, der dem des Meisters kaum nach- steht, doch würden wir dies begreiflich finden im Hinblick auf den Schiffskatalog von Perso- nen und Dingen, die als Mitspieler in dem gewaltigsten industriellen Epos auftreten, das die schwäbische Wirtschaftsgeschichte kennt.
Heuß hat als Historiker seine Kapitel ent- worfen und gestaltet und die Eigenart von Bosch selbst in den Mittelpunkt gestellt. Es wird weit ausgegriffen und tief in das mitbe- kommene Erbe des Aelblers hineingeleuchtet, es ranken sich um den Organisator und Tech- niker die wundersamsten kulturpolitischen Ereignisse, in denen Bosch, der humanitäre Rationalist und Landsmann, plötzlich in einem
Herausgeber und Schriftleiter: Will Hanns Hebsacker. Dr. Ernst Müller, Rosemarie Schittenhelm, Alfred Schwenger und Werner Steinberg( zurzeit erkrankt). Weitere Mit- glieder der Redaktion: Albert Ansmann. Hansjörg Koch
urkundeten Schrift darüber, daß dieser Groß- industrielle für ganz Württemberg die Rolle eines Landesvaters gespielt hat, von dessen Wirken nicht nur die Fabrikanlagen zeugen, sondern auch eine stattliche Anzahl öffent-
licher Gebäude.
Ich weiß nicht, ob ein Berliner oder ein Westfale das Boschbuch wird in seiner tief- sten Absicht begreifen können, aber das weiß ohne Unterschied ich, dem Schwaben ist es eine jener Schrif- der Parteien und Stände
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ten, die er neben Schiller und Hölderlin, neben Mörike und May Eyth legen und hoch in Ehren halten wird. Ernst Müller
Kulturelle Nachrichten Hans Moser gastiert in Zürich. Peter Kreuder hat einen Vertrag für Amerika unterschrieben. Paula Wessely, zur- zeit in einer Wiener Nervenheilanstalt, soll im neuen Jahr am Hebbeltheater Berlin auftreten. Der totgesagte Schauspieler Oscar Sima lebt auf seinem Gut in Nieder- österreich. Erna Sack hält sich gegenwärtig in einem Klo- ster bei Salzburg auf. Maria Cebotari, die lange Jahre der Berliner Staatsoper angehörte, ist für 1947 an die Wiener Staatsoper verpflichtet. Benjamino Gigli trat zum erstenmal nach dem Kriege auf einer Londoner Bühne in ,, Bohème" auf.
chive und der wohlgesammelte Briefwechsel sen, um was es eigentlich geht, wir nehmen selbstbewußt dem alldeutschen Rüstungskon- jüdische Eigentümer, der in den Vereinigten Staaten an-
Ob wir uns in ein Kapitel über Motor und Zündung, über Arbeiterbewegung und Arbeits- kampf, über Industrieverfassung und Soziali- sierung, über die Auseinandersetzung mit Amerika, über öffentliches und privates Schick- sal vertiefen, wir sind immer im Zentrum des- teil nicht nur an der Interessantheit der Boschschen Individualität, die wahrlich mit bedeutenden Akzenten gezeichnet ist, nicht nur an dem Werden und Wachsen einer feinmecha- nischen hochspezialisierten Industrie, nicht nur an allen möglichen Erfindungen und Konjunk- turstatistiken, sondern unsere Teilnahme liegt immer dank der Kunst des Schriftstellers eine Schicht tiefer in dem Bereich, wo wir uns als Demokraten und als Schwaben angesprochen fühlen, die das, was hier mit Bosch vor sich des Boschgeistes zu sein glauben.
wohlüberlegten Mäzenatentum steht und aus der Stille und mit Hilfe seines Privatsekreta- riats überall dabei war, wo es die weltbürger- liche Art seiner Industrie verlangte, wo der überzeugte Gläubige eines friedlichen Fort- schritts die Wissenschaft und die Kunst för- derte, wo der Großindustrielle trotzig und zern die politische Gefolgschaft versagte, wo der Sozialist Bosch, der zeitlebens sozialdemo- kratisch gewählt hat, einen praktisch- vernünf- tigen Sozialismus verwirklichte, der alle Ge- werkschaftsprogramme übertraf, wo es galt, mittellose Begabte durch erste Erzieherautori- täten als Auslese und ohne den Umweg über ein Akademikertum der Volksgemeinschaft zu gewinnen, wo es darum ging, dem über alles geliebten Heimatland die kostbaren Quellen der Verjüngung, die gewachsene Natur zu erhal- wahrnahm, ihrer demokratischen Gesinnung wegen von den Nazis verfolgte aufrechte Menschen in dem Betrieb unterzubringen. So wird Heußens Buch auch zum Dokument für das stille Walten eines guten Genius, zur be-
Das Stuttgarter Schauspielhaus( Stutt- garter Neues Theater) fällt unter die Vermögenskontrolle und wird unter Treuhänderschaft gestellt, da der frühere sässig ist, Anspruch auf sein Eigentum erhoben hat. Die im Jahr 1521 ins Leben gerufene Fuggerei. die den 30jährigen Krieg überdauerte, aber im letzten Krieg zum größten Teil zerstört wurde, wird jetzt wie- der aus den Mitteln der Fuggerstiftung mit großer Ener- gie aufgebaut. Vierzehn der zerstörten Reihenhäuser konn- ten bereits fertiggestellt werden.
zur Verfügung standen, ist das, was über Le- ben und Leistung von Robert Bosch dargebo- ten wird, schon rein denkerisch und noch mehr stilistisch ungewöhnlich, einzigartig, denn es ist von einer Grundkonzeption aus geschrie- ben und der Verfasser scheut nicht, über das Kaleidoskopartige hinaus die eigene Wesens- artung mitzuteilen. Heuß hat keinen Mythus um einen Mann und ein Werk gewoben, es gelang ihm etwas Vollkommeneres: die sach- liche Würdigung und die Verflechtung von Person und Werk in einer Sicht, die geistes- ging, aus vollem Herzen bejahen und ein Teil ten; wo ein edler Humanismus Gelegenheiten Band im Frühjahr erscheinen soll, bereitet der Verlag
geschichtliche Bedeutung beansprucht.
Wer, wie der Berichterstatter, das Buch lite- rarisch liest, wird zugeben, daß mit ihm eine gültige Gattung von Literatur geschaffen
Insofern dies der Fall ist, werden wir dem Buch eine hohe erzieherische und bildende Be- deutung zuschreiben dürfen und darin seinen eigensten Wert erkennen und schätzen. Es
In einem Verlag von Los Angeles ist in einer Auflage von nur 500 Exemplaren als Privatdruck ein neues Buch von Thomas Mann ,,, Leiden an Deutschland", Tage- buchblätter aus den Jahren 1933 und 1934, erschienen. Eine zehnbändige Goetheausgabe, deren erster
Hans Bühler in Baden- Baden vor.
In Paris ist die Tagung der UNESCO., der Organi- sation der UN. für Erziehung, Wissenschaft und Kultur, zu Ende gegangen. Die nächste Tagung findet voraus- sichtlich in Mexiko statt.
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