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^lactirretilen aus aller ^Vell
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Am Anfang jeder lleberlegung über dieses Erund- problem des deutschen Wiederaufbaus steht die Tatsache, daß der Nationalsozialismus nicht von innen heraus, also durch einmütige Ablehnung de» deutschen Volles selbst beseitigt, sondern durch den Sieg und Einmarsch der Alliierten als Organisation zerschlagen worden ist. Das nazistische Gedankengut dagegen wird solange unseren Volkslörper vergiften, als es uns nicht gelingt, seine Träger rücksichtslos aus allen leitenden Stellen auszumerzen.
Unser Schicksal hängt vom Wohlwollen oder Mißtrauen der Sieger ab. Noch in den Jahren des Kampfes haben sie uns oft genug gesagt, daß sie nur mit einem Deutschland arbeiten würden, das sich konsequent und ehrlich bemühen wird, sein Denken und Handeln auf demokratischen Grundlagen aufzubauen. Wir können es ihnen daher nicht verdenken, wenn sie mit tiefem Mißtrauen die zögernde Reinigung unseres Staats- und Wirtschaftsapparates von Nationalsozialisten betrachten und uns solange nicht wohlwollend gegenüberstehen, als wir dieser einfachsten Forderung nicht Nachkommen. Wir müssen uns daher endlich dazu verstehen, aus ehrlicher Ueberzeugung und politischer Einsicht heraus eine konsequente interne Erfüllungspolitik zu betreiben!
Diesen Forderungen der Wirklichkeit gegenüber mutet es aber wie ein Witz an, wenn heute noch Pgs. seit 1933 als Bürgermeister im Amt sind, wenn Dienststellenleiter, deren wohlwollende Haltung gegenüber Nazis und Kriegsgewinnlern nur allzu bekannt ist, wenn Fabrikanten, die als Nazis mit oder ohne Parteibuch die Ziel« der Partei als deren Hauptnutznießer unterstützten, nun wieder in trautem Verein zusammenwirken. Und nicht nur ein Witz, sondern wirkliche Provokation ist es, wenn heute noch Männer, die andere aus politischen oder rassischen Gründen verfolgt oder denunziert haben, nun heute wieder in ihre Aemter und Stellungen eingesetzt werden. Da es sich fast immer um die wirtschastlich'Stärkeren handelt, haben die wirtschaftlich Schwächeren ganz einfach nicht den Mut, gegen diese Elemente vorzugehen und die aus rassischen Gründen Verfolgten sind heute meist nicht mehr am Leben oder in alle Winde verstreut, so daß sie nicht mehr als Ankläger ihrer Peiniger auftreten können. Außerdem ist zumal in kleinen Gemeinden und Städten die menschliche und persönliche Verflechtung der Nazis untereinander und mit dem größeren wirtschaftlichen Gefüge so eng, daß aus Furcht vor persönlicher Feindschaft niemand so recht wagt, gegen sie vorzugehen.
Es ist aber ganz einfach ein Gebot der Stunde, unser Haus rein zu halten, und es ist bester, wenn einige hundert Unschuldige mit den tausenden von Schuldigen leiden, als daß Hunderttausende von Unschuldigen leiden, nur damit den wirtschaftlich stärkeren Pgs. nichts geschieht. Je radikaler wir die Säuberung durchführen, um so eher wird das demokratische Ausland wieder Vertrauen zu uns haben, um so eher wird es uns gelingen, uns aus dem Zusammenbruch wieder zu erheben. Nationalsozialismus, Militarismus und Kapitalismus, diese drei auf Gedeih und Verderb miteinander verbündeten Todfeinde des arbeitenden deutschen Volkes werden wir aber nur dann besiegen können, wenn wir keinem von ihnen eine Ansatzmöglichkeit mehr bieten, von wo aus sie ihre Herrschaft wieder aufrichten können. Darum müssen Sozialismus und Säuberung stets Hand in Hand gehen und darum ist ein« konsequente interne Erfüllungspolitik der Forderungen der Siegermächte auch ein« innerdeutsche Forderung all jener, die der Gräber am Eismeer oder im Wüstensand, im Kaukasus oder in Frankreich eingedenk sind und in den Trümmern unserer Städte die letzte Konsequenz einer Idee sehen, die als biederer Biertischpatriotismus begann und im blutigen Machtrausch endete, kl. k- *
„Die Neue Zeitung", das in München erscheinende amerikanische Blatt, veröffentlichte vor kurzem Kurzberichte aus bayrischen Kreisen zur Frage der Durchführung des Säuberungsgesetzes und sagte dazu: „. . . Die Berichte aus einer Anzahl von bayrischen Kreisen lasten immer stärkere Verdachtsmomente auf- kommen, daß^die Uebertragung der Vollmacht in deutsche Hände von gewissen Kreisen dazu benutzt wird, das qesamte Säuberungsprogramm zu sabotieren und dadurch das Vertrauen, das die amerikanische Militärregierung den deutschen Behörden erwiesen hat, aufs schwerste zu erschüttern."
6ezen äie Reaktion
Helsinki. Aus dem Parlamentsplatz fanden Demonstrationen statt, bei denen dis Unterdrückung der reaktionären Zeitungen und die Säuberung der Verwaltung und des Heeres von Faschisten gefordert wurde. Auch in anderen Orten Finnlands haben im Laufe der vergangenen Woche ähnliche Kundgebungen stattgefunden, die vom linken Flügel der demokratischen Volkspartei geleitet wurden.
Paris. Wegen Zusammenarbeit mit den Nazis ist der Direktor der Erubenverwaltung von Indo - china verhaftet worden.
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Pforzheim. Di« Wahl des Kaufmanns Hans Mann aus Büchenbronn zum Landrat des Kreises Pforzheim ist für rechtsungültig erklärt worden, da der neue Landrat nicht wie vorgeschriebcn in geheimer Wahl gewählt worden ist.
Karlsruhe. Der ehemalige Intendant des badischen Staatstheaters in Karlsruhe, Hans Herbert Michels, ist vom einfachen Militärgericht wegen Fragebogenfälschung zu einem Jahr Gefängnis und 10 090 Mark Geldstrafe verurteilt worden.
Stuttgart. Die KPD. Württemberg-Badens hat für die kommenden Wahlen zur Landesversamm- lung fünfzehn Kandidaten ausgestellt. Spitzenkandidat ist Albert Buchmann, der Vorsitzende der KPD. in Württemberg-Baden.
München. Der Landesvorstand der bayerischen SPD. hat sich Hegen eine zweite Kammer und gegen einen Staatspräsidenten ausgesprochen.
München. In der ersten Sitzung des neuen Stadtrats ist Di. b. c. Karl Scharnagl (LSll.) mit 35 gegen 4 Stimmen zum Oberbürgermeister gewählt worden. Zum dritten Male steht er damit an der Spitze der Münchener Stadtverwaltung. Zweiter Bürgermeister ist Stadtrat Thomas Wimmer (SPD.).
München. Ein in Allach eingelaufener Zug mit Ostslüchtlingen ist wegen Seuchengefahr in Mühldorf zwei Wochen unter Quarantäne gestellt worden.
München. Der neugewählte Münchener Stadtrat beschloß, die bisherigen Ehrenbürger der Stadt München, Adolf Hitler, Hermann Göring, Franz von Epp, den früheren Reichsschatzmeister Franz Xaver Schwarz und den ehemaligen Gauleiter Wagner von der Liste der Ehrenbürger der Stadt München zu streichen.
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Köln. Die Köln-Düsseldorser-Rhein-Dampfschif- fahrtsgesellschaft hat ihren ersten Dampfer, der wieder auf dem Rhein fährt, in „Friede n" (bisher „Hindenburg" umgetauft.
Hamburg. Auf der Hamburger Stadtbahn ist ein langsam fahrender Kohlenzug zum Stehen gebracht und geplündert worden. Sieben Verhaftungen konnten vorgenommen werden.
Hamburg. In Hamburg ist am 1. Juni eine Gold- und Silberschmiedeschule eröffnet worden.
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Berlin. Der französische Kontrollrat in Berlin wendet sich an alle Personen, die Unterlagen über Staatsangehörige aus Frankreich, Belgien, Holland und Luxemburg besitzen und die Auskunft erteilen können. Angaben von Massengräbern sind zu melden. Erwünscht sind auch Mitteilungen über Frauen, die mit Franzosen verheiratet sind.
Berlin. Die sowjetisch« Militärverwaltung hat zur einheitlichen Klärung der Eigentumsverhältnisse des beschlagnahmten Vermögens der Kriegsverbrecher und aktiven Nazis eine zentrale deutsche Kommission eingesetzt.
Brandenburg. Als „bester Landrat der Provinz" hat der Lanorat des Kreises Zauch-Belzig, Karl Vogt, eine Ehrenurkunde und ein Sonber-
eschenk erhalten. Sein Kreis gilt als Musterlandreis für die vorbildliche Durchführung der Bodenreform und der Frühjahrsbestellung.
Paris. Das ganze Orchester der Mailänder Scala mit 120 Musikern wird Toscanini auf seiner Reise nach Paris begleiten. Die Einnahmen des Konzerts werden dem französischen Roten Kreuz überwiesen.
Wien. Die amerikanischen Behörden haben aus noch unbekannten Gründen den Polizeichef von Salzburg Dr. Dasplgrober und den Polizeimajor Schierl verhaftet.
London. Der britische Faschistenführer Mos- ley ist mit jährlich 3,5 Mill. Lire von Italien bestochen worden. Mosley bestreitet diese Tatsache.
London. Major K. Pounaey ist zum neuen Vorsitzenden des europäischen UNRRA.-Komitees gewählt worden, als Nachfolger von Leith Roß, der Gouverneur der Bank von Aegypten geworden ist.
Warschau. Wegen Zusammenarbeit mit Terroristen sind vier Bezirksorganisationen der Bauernpartei verboten worden.
Montreal. Die Organisation der internationalen Luftfahrt wird hier ständig ihren Sitz haben.
Batavia. Indochinesische Terroristen haben sämtliche Bewohner eines Dorfes ermordet. 600 Erwachsene wurden getötet und 50 Kinder kamen in Flammen um.
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15 Kilometer fange äkolen
Innerhalb von vier Wochen nach dem Beginn der Invasion (6. Juni 1944) sind mehr als eine Million Truppen in Frankreich gelandet und außerdem 183 500 Kraftwagen und 650 000 Tonnen Material einschließlich 9000 Wagenladungen Munition an die Jnoasronsfront gebracht worden. Diese Leistung konnte nur unter Mithilfe besonderer technischer Einrichtungen vollbracht werden, worüber die folgenden Ausführungen unterrichten:
Schon 11L Jahre vor dem Beginn der Invasion wurden in England nach Plänen von Ingenieuren der staatlichen physikalischen Versuchsanstalt Hafenanlagen produziert, die transportierbar waren und dort angelegt werden konnten, wo das Anlegen von Schiffen bisher unmöglich war. 1942 ist dann das Modell eines „schwimmenden Hafens" hergestellt und auf der Konferenz in Quebec von den Ehefs des Stabes der „kombrnierten Operationen" gutgeheißen worden. Zwei solcher schwimmenden Häfen sind vor zwei Jahren bei der Invasion eingesetzt worden und haben elf Tage lang gute Dienste geleistet. Ihre Molen waren insgesamt zwölf Kilometer lang und mit fünf künstlichen Wellenbrechern versehen, für die man sechzig alte alliierte Kriegsschiffe in der Jnva- sionsnacht längs der Küste versenkt hatte. Diese künstlichen Hafenanlagen hatten schwimmende Landcbrük- ken oder Docks, an denen die Schiffe zum Ausladen befestigt werden konnten und schwimmende Piers, über die Tanks von den Schiffen zum Ufer fahren konnten. Die Piers sahen wie schwimmende Brücken aus. Sie waren Fahrstraßen aus Stahl, von stählernen Pfeilern getragen und elastisch genug, der Meeresbewegung zu trotzen. An ihren äußeren Enden waren besonders konstruierte Landeköpse angebracht, die auf Stahlpontons ruhten.
Als der Befehl zur Invasion kam, nahm eine Flottille von 85 Schlepperschisfen die Zementsenkkasten, Wellenbrecher und Piers in England in Schlepp und führten sie über den Kanal zur Normandieküste. Wenige Tage später rollte eine unabsehbare Kette von Nachschubsahrzeugen von diesen „schwimmenden Häfen" an Land. Die Invasion wgr nicht nur das größte militärische Unternehmen der Kriegsgeschichte, sondern auch eine unerhörte technische Großleistung. Die von den Alliierten im ersten Ansturm eroberten
llvck künetliclie Ve/lenbreeber
Stützpunkte an der Atlantikkllste wurden sehr schnell mit Hilfe von technischen Erfindungen ausgebaut.
Dis erste dieser Erfindungen war der „B ull - doze r". Dieses Ungeheuer besteht im wesentlichen aus einer horizontalen Stahlscheibe, die durch eine Kraftanlage angetrieben wird und sich auf Raupen bewegt. Der „Bulldozer" kann sich einwühlen oder antreiben, seine besondere Wirksamkeit besteht in der Vereinigung beider Tätigkeiten. Er bahnt sich einen Weg durch Trümmerhaufen und legt einen Fahrweg in verschütteten Straßen frei. Wo Flugfelder entstellen sollen, wirft er die Erde auf. Drei bis vier Stunden nach der Landung waren bereits „Bulldozers" eingesetzt, um den Bau von Flugplätzen vorzubereiten. Aus den von ihnen geschaffenen ebenen Flächen wurde dann sofort die zweite Erfindung angewandt.
Es war der „Summer Field-Streifen", ein transportabler Metallteppich, der zwei wichtige Funktionen erfüllt: Er kann als Straße im sandigen Gelände dienen und als sofort gebrauchsfertige Lan- dungsflöche für Flugzeuge verwendet werden. Mit der Montage der drer Meter breiten und 23 Meter langen Stahlbandrollen konnte eine Gruppe von 60 Mann an einem einzigen Tage eine Straße von 1.6 Kilometer Länge Herstellen. Das Material für ein Flugfeld kam? in 19 Lastwagen von je zwölf Tonnen transportiert werden.
Die dritte Erfindung war die Baileyb rücke. Mit ihr kann jede Vertiefung bis zu 80 Meter Breite ohne Hilfe von Pontons Lberbrückt werden. Mit Pontons kann sie noch größere Zwischenräume überspannen. Das leichteste Modell der Brücke kann Lasten bis zu 20 Tonnen tragen. Durch Zusammenlegung von Brllckentcilen in zwei- oder dreifacher Stärke kann eine Brücke hergestellt werden, die auch von den allerschwersten Panzern befahren werden kann.
Die beiden anderen Erfindungen sind unter dem Namen „F i d o" und „P l u t bekannt geworden. „Fido" besteht aus perforierten Röhren mit tausenden von winzigen Oeffnungen. die entlang von Flugzeuglandestellen aufgelegt werden. Wenn Petroleum durch diefe Röhren gepumpt und in Brand gesetzt wird, zerteilt sich infolge der Temperatursteigerung auch der dichteste Nebel. Die Einrichtung „Pluto" ermöglichte es, täglich etwa eine Million Gallonen Treibstoff über den Kanal von England nach Frankreich zu leiten.
DüiNtige Oes<1iökt»Ie>ite Kai es in cker „tlnckenken"- Inckusirie eu eilen weiten gegeben nnck üie Oe- sttiiuseklvsigkeit vsr okt ni>j»t eu überbieten. Venn inen krüber Orte mit »nsgesprocbenein Lreincken- vericebr besncbte, gönnte rnen in beeng ank „Kri- ckenkeu" ckie vunckerliebsten Dinge betrachten. D» überrssibt ckesbalb nickt. cksll anlb jetzt ckie Demokratie ru billigen Oesrbiikten berbslten innll. lieber eine besonckers kil»<kige ilngelegenbeit lesen vir in >ler „8ii<lileutscben Zeitung" kolgenckes:
„Demokratie ist Dreiheit!" «tebt »uk einer Postkarte au» ckiinnem, scblecbt geleimtem Papier. Da» Uiinebner Kinckl bält <Iie sebönen Vorte aut einem regenbogenruncken llanck, bocb über sein malrrnn- ckes unck gesunckes O'sickterl gescbvungen null stützt «ick auk ckie Drsuentürme, in lleren blitte cker tol- gencke schöne 8pr»>h ckie vorsilbtig llialektgekarbt» Veisbeit verespkt:
„Das Münchner Dincli gibt clir kunck, Demokratie macht Duropa viecker g'sunck."
Da» Oanee vurcke nebst Stilleren, auclt schlechten, aber harmloseren Dreeugnissen >Ier pvstkartenincku- strie in einem bekannten Münchner Koneertlokal verkaukt. Duck, va» noch «cklimmer ist: es vurck« gekauft. Ds virck virklicb als „Ornü au» München" nach ausvarts verkauft!"
Oie Dlüchllinxslruxe
Der Länderrat der amerikanischen Besatzungszon« hat die amerikanische Militärregierung davon unterrichtet. beim Kontrollrat dahin zu wirken, daß weitere Ausweisungen von Deutschen aus der ESN. bis zum 30. September eingestellt werden. Als Begründung wird angegeben, daß eine weiter« Aufnahme von Flüchtlingen gegenwärtig auf ungeheure Schwierigkeiten stoße. Bezüglich der Rückführung der Evakuierten von einer Besatzungszone in eine andere besteht grundsätzliche Anweisung, daß all« Evakuierten in ihre früheren Heimatgebiete zurückzuführen sind. Der Länderrat bittet, von dieser zwangsweisen Rückführung abzusehen, da auf absehbare Zeit die Transportmöglichkeiten für eine solche Rückführung nicht vorhanden sind.
krsnrösiülA-äeulsljie Dlieri
Im Nachtrag zu unserer Notiz in Nr. 42 vom 28. Mai 1946 über Französisch-deutsche Ehen teilt uns das Office 6e» lateiet» krall?»!, in Tübingen ergänzend mit:
Heiraten zwischen Franzosen und Ausländern (also auch Deutschen) müssen vor der Eheschließung durch deutsche Standesbeamte auf jeden Fall dem Office lies Inrerets krau«»!» mitgeteilt werden. Wenn der zukünftige französische Ehegatte länger als sechs Monate in Deutschland wohnt, mutz er außerdem fein Aufgebot an feinem letzten französischen Wohnort veröffentlichen. Erst nachdem durch das Office cie, lateiet» prsucai» eine Bescheinigung über die Ehefähiflkeit ausgestellt ist, darf die Ehe durch die deutschen Behörden geschlossen werden. Selbstverständlich müssen die zukünftigen Ehegatten dem Office lies lateret» pranca!» oder dem zuständigen französischen Konsulat vor der Veröffentlichung ihres Aufgebots all« durch das französische Gesetz zur Heirat vorgeschriebenen Papiere und Urkunden vorlegen. Nachdem die Ehe durch das deutsche Standesamt geschlossen worden ist, müssen die Ehegatten dem Office cie, lateiet» piaacai» oder dem zuständigen Konsulat eine Zweitschrift ihrer Heiratsurkunde einreichen, die ordnungsgemäß durch den zuständigen Kreisgouverneur beglaubigt sein muß. Nach dem französischen Gesetz vom 19. Oktober 1945 erhalten alle Ausländerinnen (also auch Deutsche), die sich mit Franzosen verheiratet haben, dis französische Staatsangehörigkeit, es sei denn, daß die französische Negierung dagegen Einspruch erhebt. Mit Ausnahme dieser neuen Bestimmung über die Naturalisierung sind die Bestimmungen dieselben wi» vor dem Kriege.
Modernen japanisch« Diierecht
Ein« umwälzende E e s e tz e s v o r l a g e , die die bisherigen Machtbefugnisse der japanischen Männer über ihre Frauen beseitigt und die Frau im Eherecht dem Manne gleichstellt, wird dem japanischen Parlament vorgelegt werden. Di« sozialdemokratische Partei veröffentlicht Einzelheiten dieser Gesetzgebung, die der von General Mac Arthur, dem alliierten Oberbefehlshaber in Japan, geforderten Abschaffung der Ungleichheit vor dem Gesetz entspricht.
Die Vorlage sieht die Beseitigung des gegenwärtigen Scheidungsrechts vor, nach dem der Gatte durch eine formelle Streichung des Namens seiner Frau aus. dem Familienregister eine Scheidung erreichen kann. Ebenso entfällt die alte Familientradition, daß des Mannes Wort unbedingtes Gesetz ist. Das Erbrecht des ältesten Sohnes der Familie wird ebenfalls abgeschafft werden, so daß die Witwe und alle Kinder die Erbschaft antreten können.
Oer 8<üiI»sroÄl 6es Lekulweislers
Von OUristiun IVsensr
Als ich noch jung war und in die Schul« ging, hatten wir eine schone gestromte Katze, die war so gescheit wie ein Mensch. So hatten wir weder Acker noch Wies«, wohin die Katze bei unserer Hantierung vom ersten Frühling bis zum späten Herbst uns nicht schon dutzendmal begleitet hatte, und ohne sich zu fürchten, mochte entgegenkvmmen. wer da wollte. Wer auf einmal wurde sie also in Angst gejagt, daß sie keine zehn Schritte mehr über den Hof hinauszugehen getraute. Das ging so zu: Vater, Mutter und ich, «in Büblein von zehn Jahren, gingen auf unseren Hintererlesacker, um Kartoffeln herauszutun. Als wir nun an dem Fußpfad vorüber wollten, wo die Unterdörfer Herausgehen, ging das Türlein auf, und heraus trat unser damaliger Herr Schulmeister, er hieß Henzler. in einem ausfällig langen, grellbunt gescheckten Schlafrock, und begrüßte uns. da er ein gesprächiger Mann war, in gewohnter freund- licher Weife. Die Katze aber geriet beim Anblick solch niegefehener Kleidungsstücke, die überdem em scharfer Oktoberwind übernatürlich musblähte. in einen solchen Schrecken, daß sie wie toll nach Hause rannte. „ .
Als wir nun des Abends, es war schon ziemlich spät und schon ein wenig dunkel, die Gasse herabgingen. lehnte sich der Herr Schultheiß er h-eß B. und war unser nächster Nachbar, über das Fenster- gestms heraus und rief meinen Vater zu sich her: „Gottlieb, was ist's mit deiner Katz? Ich sah sie vor
paar Strnden wie toll die Straße herabspringen . scheint mir wutverdächtig zu sein.'
Nein Vater lachte und erzählte, daß die Katze zig und allein vor dem Anblick des überlangen, !lldunten Schlafrocks des Herrn Schulmeisters also üat geworden sei. . ^
Vas Fenster flog klirrend zu. und mein Vater -te noch über di« Gaste herüber das Kritzeln der der auf dem Papier, und gleich darauf ertönte ch schon das Glöcklern, da, den Amtsdiener herbei- f Sofort erschien dieser, ein schon älterer Mann schwarzledernen Hosen und leinenem Kittel und iqte untertänig nach dem Befehl des Herrn Schult- iß Dieser herrschte ihn an: „Tua de an. Schutz, er mach tapfer! Des Schreib-, mueßt glei neitrag« ; Oheramt!"
Was geschah! Als wir nächsten Morgen in der hule saßen — wir lasen gerade im Bum Hiob, und ;in Schulkamerad Steinhilber hatte soeben eine hrfeige bekommen —. ging di« Tür auf und herein
trat der Amtsdiener mit dem Befehl des Herrn Oberschulinspektors an den Herrn Schulmeister, sogleich aufs Rathaus zu kommen. Dort war mit dem Herrn Schultheißen der ganze Gemeinderat versammelt und oben am Tisch, der gegen den Brunnen herübersieht, saß der Herr Schulinfpektor. Soeben war davon die Rede, meinen Vater holen und vereidigen zu lasten, als der Angeschuldigte hereintrat.
„Was muß ich von Ihnen hören. Herr Schulmeister?" fuhr ihn der Herr Schulinspektor an.
Herr Henzler mochte wohl nicht ahnen, um was sich's handle, und schaut« bänglich von einem zum anderen.
„Holen Sie sogleich Ihren Schlafrock, Ihren unvorschriftsgemäßen. ordnungswidrigen, unanständigen Schlasrock, Schandrock! Schandrock! sollte ich eigentlich sagen."
Der Amtsdiener war inzwischen auf Befehl des Herrn Schultheißen weggegangen und brachte, den Schlafrock herbei.
„Ziehen Sie ihn an!"
„Schändlich! Schändlich! Empörend! — In solchem Aufzug im Dorf herumzulaufen und der Jugend schon ein solches Beispiel von Unanständigkeit und Unbotmätzigkeit zu geben!"
Und zu den Sitzen der Gemeinderäte sich wendend: „Dankt täglich Gott, daß ihr einen so wackeren Schultheiß habt: es freut mich, zu hören, und ich werde noch heute der hohen Regierung berichten, daß es auch hier Leut« gibt, die der Unbotmäßigkeit und Unanständigkeit zu steuern versuchen. Wer hat den Schlafrock gemacht?"
„Der Meister Blumhardt."
„Wo wohnt der Mann?"
„Hier, Herr Oberschulin'pektor!"
„Lasten Sie ihn'holen. Herr Schultheiß!"
Mit den Watten: „Schütz, gang nuf und hol de Blumhardt!" wandt« sich dieser an den Amtsdiener.
Nach einer Weile kam Blumhardt, ein schon älterer Mann mit nicht unbedeutendem Höcker, und fragte höflich nach dem Befehl Seiner Ehrwürden, des Herrn Kaplan. Durch seinen langen Aufenthalt in Oesterreich hatte er sich nämlich, obschon Protestant, angewöhnt, jeden Geistlichen ohne Unterschied der Konfession mit Kaplan anzureden.
„Hat Er diesen Schandrock gemacht? Hätte gute Lust und ließe Ihn einstecken! Weiß Er nicht, wie ein Schlafrock gemacht weiden muß? Will er Schneider geheißen werden und weiß das nicht!"
Hier wurde Meister Blumhardt empfindlich. „Herr Kaplan! Bin zwanzig Jahre in Wien gewest, habe Seiner Durchlaucht »e» Fürste» Esterhazy Kammer
diener mehr als einmal Beinkleider gemacht, bin selber mit.Euer Gnaden' angeredet worden, möchte solche Zweifel an der Divination meiner Kunst mir höflich verbeten haben."
Der Schultheiß pflichtete hier bei.
Der Herr Schulinspektor fuhr auf: „Das geht nicht daher, daß er Ihnen und Ihrem Jörgle schon Hosen und Rock gemacht, auch das nicht, daß er Seiner Durchlaucht des Fürsten Esterhazy Kammerdiener Beinkleider gemacht hat. Nein! Nein! Die Sachlage ist hier entschieden anders. Ein so raffiniertes Beispiel von Unbotmäßigkeit kann gar nicht strenge genug bestraft werden, um den sich immer breiter machenden Geist der Auflehnung gegen Höherstehende niederzukämpfen. — Hol« Er seine große Schere, Meister Blumhardt!"
„Ich habe sie hier."
„So recht, recht. Meister Blumhardt! Schneide Er hier ab. hier. hier, daß die Schandfiguren da wegfallen! Keine Einrede, keine Einrede. Herr Schulmeister, oder ich laste Sie auf vier Wochen ins Loch stecken. Besser hinauf! Weiter hinauf! Maulhalten, Herr Schulmeister! Roch «in bißchen höher hinauf! So! So kann Er's meinetwegen gehen lasten! Sieht Er jetzt, wie ein Schlafrock für einen unterbedienste. ten Mann zu machen ist? Merk Er sich'», Meister Blumhardt!!!"
Als der Herr Henzler wieder in die Schule zurückkam, lasen wir immer noch im Buch Hiob und mein Kamerad Steinhilber kam gerade an die Stelle, da es heißt: „Schrecklich ist das Schnauben des Leviathans, und wer will ihm nehmen seinen Raub!" Aber der Herr Henzler sah sehr niedergeschlagen aus. und als sein Karlchen, das immer beständig meine Schlüstelbüchsen wegmauste, ihn was fragte, gab er eine ganz verkehrt« Antwort. Und di« Treppe herauf kam ein Gepolter wi« von nägelbeschlagenen Schuhen, und herein trat der Herr Schultheiß mitsamt dem ganzen Eemeinderat und dem Herrn Schulinspektor. And letzterer gebot Stille und sprach also:
„Derweilen nun die so verwickelt« Angelegenheit sozusagen leidlich, daß heißt ohne gerade hartnäckiges Leugnen des Angefchuldigten, obschon man sich besten versehen habe, zum Austrag gelangt ist. so ist auch von einer Vereidiqung des als Zeugen geladenen Schreinermeisters Gottlieb Wagner vorläufig abzusehen."
Da ging der Amtsdiener hinaus und sagte zu meinem Vater, der über die ganze Zeit im Rathaus- ^ang stehend hatt« warten mästen: »Du kahnst jetzt
Oer verstixte Plural
Ihre rot-gold strotzenden Uniformen sind aus dem öffentlichen Leben verschwunden, nur noch in den Zeitungen — sie könnens eben nicht lasten — treiben sie ihr kriegerisches Wesen. Es sind dies nämlich die „Generäle". Und sie stehen dabei dauernd auf Kriegsfuß — wie könnte es auch ander» sein! — mit der deutschen Grammatik!
Wieso? — Nun, „General" ist doch ein Fremdwort französischen Ursprunges. Wie in aller Welt kommt man dazu, sie in „Generäle" umzumodeln? — Das Umlaut-,,8", wo kommt es her? — Es gibt da nur eine Erklärung und die heißt: Macht der Gewohnheit oder das macht die Gewohnheit, allerdings eine verwerfliche! — Durch den häufigen Gebrauch — in vergangenen Zeiten allzuhäufigen — hat man das Fremdwort nicht mehr als solches empfunden und es auf ähnliche Art eingedeutscht wie die Worte Paläste, Hospitäler, Kanäle — ergo auch — Generäle! Die Aehn- lichkeit war eben schlechthin überwältigend! — Da nun aber ihre „Legionenzahl" stark vermindert wurde, wäre es da nicht am Platze, auch wiederum ganz schlicht von „Generalen" zu sprechen? —
Unbegreiflich ist es auch, wie die Techniker dazu kommen, die Mehrzahl „Motore" zu bilden. Es heißt doch auch nicht: Meine Herren Professor«, Pastor«, oder,gar Doktore! —
Aber der verflixte Plural spukt auch in anderen Wörtern. Von Kragen, Bögen, ja sogar von Lägern schreibt man. Und dabei hat jedes in der Schul« gelernt, daß in der schwachen Deklination der Um- laut ä und ö nichts zu suchen hat. — Man denke sich nur, daß es in Eichendorffs schönem Lied: O Täler weit, o Höhen... am Schlüsse heißt: ..Schlag noch einmal die Bogen um mich, du grünes Zelt!" —
Nun hat sich aber bei manchen Wäriern neben der jüngeren Pluralform auf „er" mit Umlaut auch noch eine ältere mit „e" und ohne Umlaut erhalten. Da erscheint uns dann die ältere Form als die edlere und sie wird daher meistens in Dichtungen und Reden verwendet. Ich denke da an Ausdrücke, wie: Denkmale — Denkmäler, Lande — Länder (Es geht durch alle Lande...). Bei anderen liegt zwischen den beiden Formen ein Bedeutungsunterschied z. B. Gesichter — Gesichte. Aehnlich liegt der Fall bei Wort« — Wörter. Morte bedeuten eine sinngemäße Rede, Wörter dagegen eine zusammenhanglose Aufzählung. Man spricht von schöne Worte machen.
Doch: Der Worte sind genug gewechselt! — Lieber Leser, hast du was gemerkt?! — Ja?! — Dann sei'» für heute genug» L. l.»t»