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9. ^pril 1946
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Nürnberg. In der zu Ende gegangenen Woche ist nach Beendigung der Vernehmung Rib- bentrops als nächster der Angeklagte Keitel zu seiner Entlastung in eigener Sache vernommen worden. Die Anklage bezeichnet Keitel als diejenige militärische Persönlichkeit, die für die Vorbereitung und Führung des Angriffskrieges die Hauptverantwortung trifft. Sie sicht in Keitel nicht nur den Soldaten als solchen, der lediglich militärische Befehle ausführte, sondern den politischen General, der aus eigener Einstellung und eigenem Entschluß den Krieg als wesentliches Mittel der Politik bejaht, »m Ziele zu erreichen, die mit den Mitteln der Diplomatie überhaupt nicht erreicht werden können.
Demgegenüber ist Keitels Verteidigung einfach: Er will nur Soldat und nichts als Soldat gewesen sein. So bestreitet er, als politischer General sich betätigt zu haben, und will nur die Anweisungen Hitlers an die Dienststellen wcitergege- ben haben. Obwohl Keitel selbst erklärte, daß die Wehrmacht noch dem Stand der Ausrüstung erst im Jahre 1945 bereit sein konnte, die ihr zugedachte Rolle zu spielen, hat er aber nichts getan, um den Angriffskrieg mit einem unvollkommenen Instrument zu verhindern.
Keitel will nur „Berater" Adolf Hitlers gewesen fein. Cr übernimmt aber die Verantwortung für olle die Befehle, die seine Unterschrift getragen haben. Fast die meisten wichtigen Befehle trugen Keitels Unterschrift, auch solche, gegen die er sich angeblich aus Gründen des Völkerrechts ausgesprochen hat. Keitel hatte als Leiter des OKW. kein direktes Kommando und in wichtigen Angelegenheiten konnte er nichts unternehmen, ohne daß Hitler dazu seine Genehmigung gegeben hätte, betont der Angeklagte. In den hohen Ossiziers- kreisen hatte Keitel einen Spitznamen bekommen: „Der Herr Jawohl". Es war nämlich bekannt, daß Keitel auf alle Befehle Hitlers stets nur die Antwort: „Jawohl, mein Führer" gehabt hat und somit nicht gerade eine Persönlichkeit, sondern mehr eine Marionette gewesen ist. Typisch ilt auch für Keitel, der nach seinen Erklärungen Offizier aus Ueberzeugunq und Liebe gewesen ist, daß er zwar der NSDAP nicht gls Mitglied angehörte, aber dennoch das ihm verliehene Goldene Ehrenzeichen der NSDAP, nicht zurückgewiesen hat. Er behauptet, nie an Zusammenkünsten der leitenden Nazis teilgenommen zu haben.
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Hitler hatte keine Berater, sagte Keitel im Verlauf seiner Verteidigung. Zu den Besprechungen mit seinen Generälen ergrisf er allein das Wort, um seine Auffassung auseinanderzuseßen. Dann verließ er die Versammelten, ohne sie nach ihrer Meinung zu fragen. Der Angeklagte behauptet, die Angriffspläne Hitlers im einzelnen nicht gekannt zu haben, dagegen kannte ich die territorialen Probleme, die eine Folge des Versailler Vertrages waren, und ich war der Ansicht, daß sic so oder so geregelt werden müßten." Sechs oder acht Wachen nach der Besetzung Oesterreichs gab Hitler Keitel Aufschlüsse über den „grünen Plan" und erteilte Direktiven für einen Angriff auf die Tschechoslowakei, ohne >edoch das Datum fcstzuscben. In bezug auf Danzig erklärt Kciicl: „Wir wollten keinen Krieg, aber wir mußten dem Füh- rer der deutschen Nation gehorchen. Vor allem waren wir nicht dazu bereit, den großaugclcgtcn Angriffskrieg durchzusühren. Wir waren uns darüber klar, daß Frankreich und England zwangsläufig angreifsn würden und daß in diesem Falle Deutschland den Sieg nicht davontragen könne." In diesem Zusammenhang erklärt der Angeklagte weiter: „Nach Ende des polnischen Feldzuges glaubte ich den Krieg beendet, denn die Tatsache, daß Frankreich Deutschland nicht angegriffen hatte, während der Großteil der deutschen Truppen in Polen war. bestärkte den deutschen Generalstab in seiner Auffassung, daß die Westmächte keinen Krieg wollten. Weiter sagt er, daß nach Beendigung des Feldzuges in Polen die leitenden Män- ner de? OKW. sich gegen die Durchführung eines Winterseldzuges aussprachen. „Hitler, der um jeden Preis diesen Feldzug im Westen durchführen wollte, beschuldigte mich, an einer Verschwörung
gegen ihn beteiligt zu sein, was eine heftige Krise zwischen ihm und nur hervorrief."
Zu Beginn des 100. Verhandlungstages (Mittwoch) erklärt Keitel, nicht für den Krieg gegen die Vereinigten Staaten gewesen zu sein: „Wir Generäle hegten lediglich die Hoffnung, daß die Japaner Sowjetrußland angreifen würden."
Keitel gibt zu, daß er verschiedentlich den Besetzt erteilt hat, Geiseln zu verhaften. Er erklärt, daß diese Verhaftungen nur von Offizieren ungeordnet werden konnten, die mindestens Majorsrang hatten. Diese Erklärung entschuldigt natürlich in keiner Weise sein Verhalten in dieser Frage. Weiterhin gibt der Angeklagte zu, daß er dem Oberkommandierenden der deutschen Truppen in Frankreich Stülpnagel die Ermächtigung gegeben hat, als Vergeltung gegen Attentate gegen Mitglieder der Wehrmacht Geiseln hinzurichten. Er hat die Stirn zu behaupten daß gegen französische Geiseln und unschuldige Zivilisten keine Grausamkeiten begangen worden sind Erläuternd bemerkt er: „so etwas ist nur im Osten und in den Balkanländern vorgekommen"
In diesem Zusammenhang spricht der Angeklagte davon, daß vom Jahre 1941 an die französische Widerstandsbewegung ein erhebliches Ausmaß angeuouunen hatte. Gegen die Verbreitung der Widerstandsbewegung in allen Gegenden Frankreichs wurden nach und nach immer schärfere Maßnahmen getroffen. Keitel erklärt, daß im Frühjahr 1942 die Unterdrückungsmaßnahmen gegen die französische Widerst rndsn»w»'gung von Himmler getroifen worden sind. Von diesem Zeitpunkt an gab Deutschland die Politik einer Zusamenarbeit auf und die Regierung von> Vichy verlor den letzten Rest von Ansehen, das sie in Deutschland genossen hatte. Der Angeklagte »ersteigt sich zu der Behauptung, daß es für die Mitglieder der Widerstandsbewegung besser gewesen ist. nach Deutschland verbracht zu werden, als im eigenen Lande interniert zu sein. Er erklärt dann: „Wir wußten nicht mehr,, wie wir uns der Kühnheit der Fallschirmjäger und der alliierten Kommandos gegenüber verhalten sollten." Seiner Ansicht nach Halle niemand das Recht, gegen die drakonischen Maßnahmen Hitlers zu protestiei-en. da das Vorgehen dieser Snnderabteilungen in der Haager Abmachung nicht vorgesehen war. Der Angeklagte vergißt — oder er tut wenigstens so. als ob er vergäße — daß diese Abmachung geschlossen worden ist, als Fallschirmtrnppen noch nicht bekannt waren. Keitel erklärte, in Frankreich habe es damals bis zu hundert Spremzstnffanschläge gegeben. So sei dann beschlossen worden, daß diese Leute z» bestrafen seien. Keitel erklärte ferner, daß. er und Iodl gegen die Befehle Hitlers, amerikanische und britische Saboteure zu erschießen, Stellung genommen hätten. Hitler hätte jedoch ihren Standpunkt nicht berücksichtigt.
Als das Verhör Keitels den Hauptpunkt der gegen ihn gerichteten Anklage berührte, die „Vorbereitung von Angriffskriegen", versucht er die
Verantwortung dafür mit einem einzigen Satz von sich abzuwülzen: „Der Begriff Angriffskrieg ist ein politischer und kein militärisch-soldatischer, so daß für diese Entschlüsse nicht die Soldaten, sondern die Politiker verantwortlich sind." — Keitel gab zu, daß ein großer Teil von Befehlen und Verordnungen mit seinem Namen in Verbindung stand und daß viele von ihnen „Abweichungen vom Völkerrecht" enthielten. Er übernehme grundsätzlich die Verantwortung für alle Folgen, die sich aus diesen von ihm Unterzeichneten Befehlen ergeben.
Der Angeklagte Behauptet, er habe niemals den Befehl gesehen, in dem die Rede davon ist, daß Kriegsgefangene an die Gestapo auszuliefern seien. Schließlich wird zur Ermordung der 50 Offiziere der RAF. im Stalag Luft 3 übergegangen. Keitel wälzt die Verantwortung für diese Maßnahme auf Himmler ob. Er betont nach besonders, daß er über das Vorhandensein der Konzentrationslager wohl unterrichtet gewesen sei. er habe jedoch nicht gewußt, daß dort die Internierten eine so schlechte Behandlung erfuhren. „Ich habe nichts gewußt von medizinischen Experimenten, die mit den Internierten durchgeführt wurden.".
In Bezug auf General Girand gibt Keitel zu, daß ihm dessen gelungene Flucht in einen derartigen Zorn versetzt habe, daß er wohl die Worte gebraucht haben könne, daß dieser „lebendig oder tot" nach Deutschland zurückgebrncht werde» müßte.
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Keitel wurde im weiteren Verlauf seiner Vernehmung von dem russischen Ankläger Rudenko und dem englischen Ankläger M a x w e l l - F y f e ins Kreuzverhör genommen. Auf die Bemerkung Rudenkos, daß Hitler im Juni 1941 die Annexion der Krim, der baltischen Länder, Weißrutheniens und der Ukraine gefordert hätte, erklärte Keitel diese Forderungen als „Fnntafiegebilde", er mußte .zugeben, daß er die Richtlinien zur wirtschaftlichen Ausbeutung Rußlands an die Wehrmacht weitergegeben habe er hätte angenommen, daß es sich nicht nm eine Aushungerung der Sowjetbevölkerung handeln sollte. Aus einem von Rüden ko vorgelegten Bericht Keitels ging hervor, daß der Angeklagte die Maßnahmen gegen die russischen Kriegsgefangenen gebilligt.hat. weil es sich nach Keitels Ansicht „um die Vernichtung einer Weltanschauung" gehandelt hätte
Der englische Ankläger hielt Keitel von ihm selbst geschriebene Briefe vor, nach denen Keitel dem Oberst Amen erklärte, er Hobe „oft gegen seine innere Stimme und eigene Ileberzeuqung" handeln müssen. Keitel gab zu, daß die Anordnungen Hitlers über die Behandlung der Bewohner besetzter Gebiete grausam und brutal gewesen sind. Auf verschiedene Dinge wollte sich Keitel nicht erinnern können, behauptet jedoch, er habe niemals etwas unternommen, ohne den Führer zu unterrichten. Der Befehl über die Erschießung feindlicher Fallschirmjäger habe nicht seiner „inneren Stimme" entsprachen, auch der Befehl der Erschießung zahlreicher Geiseln in Frankreich will Keitel nur unterschrieben, ohne ihn gebilligt zu haben.
Hpkiiliinzr ciei- 8 ? 0 . — Uinkeit c!^i- OOO.
In einer Sitzung van 10 der 20 Berliner Kreis- vorsitzenden der SPD. ist letzte Woche beschlossen worden, sich vom Zenträlausschuß loszusagen, in Zukunft keine Weisungen mehr vom Berliner Bezirksvorstand anzunehmen und aus 7. April eine Parteikonferenz einzuberufen, die eine autonome Berliner Parteileitung wählen solle.
Berlin. Die Führung der SPD. westlicher Richtung in Berlin besteht aus Franz Ncumann, Gerhard Außner, Kurt Swolinsky, Dr. Schulz und dem aus dem Zentralvorstnnd ausgestoßencn und aus der Parte! ausgeschlossene» Karl I. Germer. Die „Westler" haben ihrerseits die Mitglieder des Zentralvorstcmdes Grotewohl und Fechncr aus der Partei ausgeschlossen. Die Bezirksleitung der KPD. in Berlin ruft zusammen mit dem Bezirksausschuß der SPD. (östlicher Richtung) Organisationsausschüsse ins Leben, die für die neue Einheitspartei werben sollen. Bei der Berliner Verkehrsgesellschaft und der Gas-AG. haben innerhalb 43 Stunden 1300 Arbeiter ihren Eintritt in die Sozialistische Einheitspartei vollzogen.
Berlin. Das Mitglied des Berliner SPD.-Zen- tralvorstnnds Gniffkc wird sich nach Westdeutsch
land begeben, um mit den vielen westdeutschen Parteifreunden Beziehungen anzuknüpfcn, die sich brieflich für die sofortige Gründung der Einheitspartei ausgesprochen haben. — In S a ch s e n und B r a n d e n b u r g ist die Verschmelzung am 7. April erfolgt. .
Am 3. April hat in Stuttgart eine Besprechung stnttgcfunden. an der Vertreter der bayerischen ESU., der Christlich-Demokratischen Union Württembergs, Badens, Großhcsscns und der britischen Zone teilnahmen.
Nach einer längeren Aussprache beschlossen die Parteivertrcter, eine gemeinsame Erklärung herauszugeben! in der es heißt, daß die Vorsitzenden der CSU. in Bayern und der CDU. in Württemberg, Baden und Großhesscn über die entscheidenden Grundsätze der Union für den Aufbau eines neuen demokratischen Deutschlands volle Uekereinstimmung erzielt haben.
Auch mit den Vertretern der CDU. in der britischen Zone sei Uebereinstinmnmg erzielt worden. Es wurde beschlossen, beiderseits Schritte sür den Zusammenschluß der Union zu unternehmen.
Civ lauer 1 rüblingaabencl in Kerlin. k!in lüebee- psar etsnd dinier klein Otadtbaiia und seil die eraten 8terne in cler 8pree sebinimern. 11s unten lagen Ksllcen, sUciin geacRiclitet und traclcen. und sie gingen liinnnter. dis war clort gsnr dnnlcel. 8<Rritte ertönten hinter ihnen.
„lemsncl lcst ^ng5t, wir inöeliten uns daa Teilen nehmen", iiiisterte da« Zlädchen. „Cr will uns retten. welch ein 8pa6!" Oie blieben liart an cler kannte sieben uncl starrten in clie Hut. Her Zlann war heran: ,,^»s machen Oie bier?"
„Kir nullen sterben", hauchte clie Heuchlerin lcläglcch uncl krente sieb auf seinen Zuspruch.
„Oterben?" versetzte cler ßlaiin ungerührt, „aber nich in mein' Kevier! Hier ist 'ne Uaustelle. null hier bin ich blachtwschter. (lebnse gekalligst ein Otüclc weiter »ncl Sterben 8ie äs, wenn 8ie Tust haben!"
Car Heine Anstalten, sie au trösten! küne Enttäuschung. 8eukaencl wandten sich die beiden auin (leben.
Der 8euk/er lielj den Itlann sich auf sein Ker- lincr Herr, besinnen. „Tun Oie was IBitzliches dabei!" rief er hinterher. ..-Zuf der Kröche fehlt ein gutes Otüch vorn (Inländer, Venn 8ie da runterspringen. hönnte es wie ein Unglüeh »ussehen. und man macht endlich die laiche ru!"
8n ist der Orubling in Kerlin! Ulan denlct nur an ordentliche Krüchengeläncler und nicht an dio blot der lliebespasre.
Oie Linftvit Oeutsdilkln^«
Der Länderrat der amerikanischen Zone und der Zonenbeirat der britischen Besetzungszone haben in einer gemeinsamen Entschließung in Stuttgart die Wiederherstellung der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands als notwendig bezeichnet, die auf die Dauer ohne politische Einheit nicht möglich sei.
Diese Einheit könne ohne die Hilfe der Besatzungsmächte nicht herbeigeführt werden. Zunächst handle es sich um einen aufeinander abgestimmten Aufbau der Länder und Zentralstellen.
Oie iisterreiesiiselie Verknssunß
Wien. Der Alliierte Rat hat nun, wie der österreichische Bundeskanzler Figl bekanntgege- ben hat, die österreichische Bundesregierung verständigt, daß er die vom Parlament angenommene Bundesverfassung nicht sanktioniert.
In Oesterreich sei trotzdem keine versassungslose Lage eingetreten, fügt Bundeskanzler Figl hinzu, da die Verfassung vom 1. Mai 1945 und die Ver- fnssnngsgcsetze vom 12. Oktober und vom 13. Dezember 1945 nach wie vor in Kraft seien. Die Verfassung, nach der das Parlament augenblicklich arbeite, sei vom Alliierten Rat gebilligt worden.
Das fteike küsc-n
Der ehemalige Freiburger Oberbürgermeister und Ncichsfinanzministor im Kabinett Brüning, Dr. Dietrich, hat kürzlich in einem Radiovortrag über den Ankauf der Aktienmehrheit an der Kclsenkirche- ncr Bergwerks-AE. durch die Regierung Brüning gesprochen. (Eclsenkirchen hatte die Mehrheit bei der Bergwerksgesellschaft Phönix und beherrschte mit Phönix zusammen den Deutschen Stahlverein.) Der Äkticnkauf durch die Reichsrcgierung, der damals in der Oeffentlichkeit stark kritisiert würde, hat darnach politische Hintergründe gehabt. Briand hatte eine deutsch-französische Zusammenarbeit auf schwerindustriellem Gebiet angeregt, wie sie privatim auch schon von den beiderseitigen Industrie- Magnaten schon betrieben worden war. Indem das' Reich sich in den Besitz der entscheidenden Wirtschafts- Positionen an der Rühr setzte, sollte eine neue Aera der politischen Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich eingeleitet werden.
Aber Brüning wurde gestürzt und Hitler gab später den westfälischen Industriebaronen ihren Aktienbesitz zurück, zum Dank dafür, daß sie ihn in den Sattel gehoben hatten.
Dr. Dietrich ist der Meinung, man brauche nur an damals wieder anzukniipfen und die Ruhrschätze für den Staat zu rekkamieren, um mit der ebenfalls verstaatlichten französischen Schwerindustrie zu einem gedeihlichen Zusammenarbeiten zu kommen. Das Nuhrproblem verliere damit seine Gefährlichkeit. Die Ruhr wäre dann nicht mehr, wie bis jetzt immer, ein heißes Eisen.
Herausgeber und Fcbritlleiter: ZVill llanus llebsacker Ver- antwmtlich für poINilc und (Virtscbsft: Or. fvicb 8chgirer; tiir k'sciilletua: Kurt llesc-bmarin: für Oporc. ..lZbriscNrbs ZVeit" und „llmscbeu": Xtfred Kcbwenaer llntstiansdruclc der pubinxer Obrnnilc
Vier IVsonselien inic! iliK
Friedrich Hölderlin hat drei Jahre in Franken gelebt und gedichtet. Der Schauplatz seines Wirkens war das alte Schloß Waltershausen im Grabfeld- gau, ein Edelsitz zwischen Bad Neustadt a. Saale und Königshofen, der einige Jahre vor dem letzten Krieg durch eine ebenso gräßliche wie geheimnisvolle Mordtat viel von sich reden gemacht hat. Die- ses in seiner jetzigen Gestalt zu Beginn des 17. Jahrhunderte erbaute turmbewehrte Schloß, in dem von 1525 bis 1732 die Herren Marschnlk v. Ostheim ihren Sitz hatten, ist eine der vielen Hölderlin-Gedenkstätten. Schloß Wnitershansen ist aber auch der Geburtsort der Fre'm EbarlolleMarschalk v. Ostheim, die als junge Frau Charlotte v. Kalb durch ihre geistvolle Freundschaft mit Friedrich v. Schiller, Jean Paul und Friedrich Hölderlin ln die deutsche Literaturgeschichte eina->gnngcn ist.
Als der junge Hölderlin in Tübingen seine theologischen Studien beendet hatte, erhielt er van Friedrich Schiller eine Empfehlung als Hauslehrer zu der adeligen Familie von Kalb nach Schloß Waltershausen, wo er vor allem die Erziehung des Sohnes der Familie v. Kalb in die Hand nehmen sollte. Im Frühling des Jahres 1793 trifft der junge Dichter auf Wollershausen ein und bezieht im Schloß das aussichtsreiche TurmzimmerO Die jugendliche Schlaßherrin empfängt ihn mit herzlicher Freude, denn sie weiß von seiner dichterischen Bedeutung. Die Freude ist um so größer, als Hölderlin ihr Nachrichten von Schiller überbringt, der ihr während ihrer Mannheimer Zeit persönlich so sehr nabegcstanden ist. Hölderlin fühlt sich auf Schloß Waltershausen sehr wohl, in seinem romantischen Turmzimmer arbeitet er u. a. schon an seinem „Hyperion". Auf Schloß Waltershausen reift in ihm auch der folgenschwere Entschluß, seine bisherige berufliche Laufbahn aufzugeben und sich — letzten Endes unter dem Eindruck der Werke Schillers und Klopstacks — ganz der Dichtung und der schriftstellerischen Tätigkeit zu widmen. — Darüber hinaus beansprucht ihn der gesundheitliche Zustand des Sohnes von Cbarlotie v. Kalb -mehr als ihm lieb ist. Die vielen Nachtwachen am Bett des Kranken zehren allzusehr an des Dichters Geist und Körper. Im Januar 17SS entschließt sich
Hölderlin daher, den Posten als Hauslehrer bei Charlotte v. Kalb aufzugeben und Schloß Waltershausen zu verlassen. Die vier Menschen aber, die in diesen eindreiviertel Jahren aus Waltershausen miteinander gelebt haben, gehen später einer düsteren Zukunft entgegen: Charlotte v. Kalb verläßt 1304 ihren ihr zwangsweise angetrauten ungeliebten Gatten und verliert hernach nach einem Prozeß ihr gesamtes Vermögen, der Schloß- Herr va» Wollershausen, der kgl. französische Kapitän Heinrich v, Kalb, erschießt sich 1306 in einem Münchner Gasthof „wegen wirtschaftlichen Ruins", der Sohn Charlattens, den Hölderlin betreute, begeht ebenfalls Selbstmord und der Dichter Friedrich Hölderlin selbst verfällt dem Wahnsinn, Wal- tershnusen, die romantische Idylle, ward zum Un- glücksschloß, , ,
Charlotte o. Kalb hat Hölderlin nie wieder gesehen. Sie litt unter der Vorstellung, daß er mit 32 Iobren dem Wahnsinn verfallen war, von dem ihn erst 1343 der Tod erlöste. Im gleichen Jahr, da er starb, segnete auch sie, arm, blino, verlassen und vergessen von der Welt, in Berlin das Zeitliche. Lugust Sisgbarclt
Wn Hölclbrliri xekoron
Weich umhegt der Himmel die Weiten. Eng grenzt durchschimmernder Nebel die Sicht, läßt lichte Fernen ahnen, Tau schmückt das hohe Gras. Langsam weicht der schleierige Nebel dem klaren Tag. Schlanke Pappeln erheben sich in langen Reiben, geleiten den gelassen dahinströmenden Neckar- flutz.'
Bei Lauffen aber braust und zischt er auf in Strudeln.
Sanfte Hügel umhegen die Stadt in weiten Bogen mütterlich. Obstbäume wachsen aus den Wiesen und weichlinigen Hügelrücken. Die Halden tragen Reben.
Bis an die Stadtmauer her wachsen Weinstöcke und ranken sich an sie und an manches Haus. Klein, lieb und sehr sauber steigen die Häuser den Hang hinauf, sammeln sich droben um den ragenden Bau der Kirche. Auf dem andern Hang bergen sie sich hinter den wappengeschmückten Torturm. Einig» fürwttztg» sind jetzt auf ot« Mau« g».
klettert, sehen hinaus ins Tal und hinauf zur sa- genhast alten Burg.
Mahnend ernst steht die Pfalz auf der Felsenspitze Insel mitten im Brausen der Wassermas. sen. So wogten Menschenmecre dahin.
Feierlich wacht der Bergfried. Ruhevoll dehnt sich das Land. Eines Kindes Lächeln und seine ersten Laute waren hier.
Das wcitgeschwungene Tal, weichlinige Rebenbügel und Halden und der fernher grüßende Wald, der unendliche Himmel sahen seinen ersten selbständigen Schritt. Friedrich Hölderlin hat hier seine Wanderschaft über die Erde begonnen, Lauffen wurde ihm das Tor zur Welt,
Vom früheren Prämonstrntenserlnnenkloster verwittert noch eine Mauer, von der man nicht weiß, ob sie vom Kreuzgang übrig blieb oder zur Umgrenzung des einstigen Anwesens gehörte. Doch lange bevor diese Bauten zerfielen, waren sie keine klösterliche Behausung mehr. Als Staatsgut wur- den die Ländereien bewirtschaftet durch einen Kla- sterhofmeistcr. Dieses Amt hat ums Jahr 1770 Heinrich Friedrich Hölderlin versehen und hier mit seiner Frau Johanna Christian« Heyn, der Cleebronner Pfarrtochter, aus Sachsen stammend, seine kurze Ehe gelebt.
Zusammengestürzt ist der Klosterbau, in dem Hölderlin am 20. März 1770 gebaren wurde. Kein Gebäude erinnert an das Kindsein dieses Menschen. Der Garten hütet das Wissen.
Leise und wellenlos gleitet ein Flüßlein an seinem Rand hin. im Schatten der Buchen. Eiben und Zypressen, Das Zaberflüßlein, auf seinem Weg znm Neckar, van dem der Dichter später sang:
In deinen Tälern wachte mein Herz mir auf...
Da spielt ich sicher und gut Mit den Blumen des Hains,
Und die Lüftchen des Himmels
l spielten mit mir.
Ich verstand die Stille des Äthers,
Der Menschen Wort« verstand ich nie.
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Krn /ec/e?' rur/l se/ron u-a§ §ern.
Ooeküs
^«Ilcs sVjit^Iipclk-r ^cnclvmip siftnnkmms
Zu neuen Mitgliedern der Kaadömis ^ranasiss sind gewählt worden: Paul Claudel, Maurice Garcon, Graf Charles de Chambrun, Marcel Pagno >, Jules R o m a i n s, Dr. Henri Mondor.
Der Schriftsteller Paul Claudel ist schon seit langer Zeit auch in den übrigen europäischen Ländern als ein geistvoller Künstler bekannt und sein literarisches Werk ist durch seine Bekehrung zum Katholizismus im Inhre 1336 tief beeinflußt worden. Sein Stück „Der Seidenschuh" gehört zurzeit zum Repertoire des französischen Theaters. 1893 trat Claudel in die diplomatische Laufbahn ein und war u. a. Botschafter in Tokio und Washington.
Rechtsanwalt u,id Schriftsteller Maurice Earcon, 1369 in Lille geboren, ist seit 1922 ständiger Mitarbeiter Pariser Zeitungen und Zeitschriften und hat zahlreiche Vorträge in Frankreich und im Ausland gehalten. Seine Werke sind in Frankreich stark beachtet worden.
Graf Charles de Chambrun begann seine diplomatische Laufbahn 1996 als Attachs in der französt. schen Botschaft beim Vatikan und war u. a. auch als Diplomat in Berlin, London und Washington, später als französischer Gesandter in Athen. Wien und Ankara. Von 1933 bis 1936 war er wieder Botschafter in Rom.
Marcel Pagnol hatte nur eine kurze Profes- sorcnkaufbahn und widmete sich seit 1922 in Paris der Schriftstellcrei, wo er zusammen mit Nivoicr mit dem Stück ..l,c-8 inai'clmvü-! cle eloire" seine» ersten großen Erfolg hatte.
Jules Romains ist das Pseudonym für Jules Peri- goule. Schon als Achtzehnjähriger veröffentlicht er seine ersten Gedichte, nach dem Weltkrieg scheidet er aus dem Ilnterrichtswesen aus und wird erfolgreicher Bühnenschriftstellcr.
Dr. Henry Mondor ist Professor der Chirurgie an der Pariser piedftinischcn Fakultät, Mitglied der Akademie für Medizin. Als Arzt und Schriftsteller gleich bekannt, verdanken wir ihm viele wissenichaft- lichen Abhandlungen und literarischen Werke wie z. B. „Briefe und Bilder für Georges Duhamel" so. «te ein mus eigültig-, Quellen»er« ilLer daZ