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Afrika.

In derPall Mall Gazette" schildert Claude Vincentz, ein englischer Kolonialbeamter, welcher Egypten jüngst bereiste, die Lage als eine äußerst bedenkliche:Die Lage in Egypten, sagt er, ist weit ernsthafter, als irgend jemand in England anzunehmen scheint. Für den Augenblick herrscht noch die Ruhe vor dem Sturm. Der Ramadan begann am 25. Juni und vier Wochen lang nach diesem Datum wird der Mahdi keinen Marsch unternehmen. Aber dann wird der Sturm losbrechen. Die Gleichgültigkeit, die in London herrscht, setzt mich in Erstaunen. Man hat dort gar keinen Begriff von der Bitterkeit, mit der wir in Egypten von einem Ende zum andern gehaßt werden. In erster Reihe werden wir gehaßt, weil wir Christen sind, zweitens, weil wir Ausländer sind, und drittens, weil wir, obschon zwei Jahre bereits im Land, niemanden Gutes gethan haben, nicht einmal uns selbst. Die Schmähungen gegen die Engländer, welche imBosphore", Nubars Leibblatt, veröffentlicht werden, sind ungeheuerlich in ihrer Wildheit, und gerade die schlimmsten werden ins Arabische übersetzt und zirkulieren überall. Es gibt keine Moschee in Kairo oder Alexandrien, in der die Gläubigen nicht ermahnt würden, sich zur Rache gegen die Ungläubigen vorzubereiten. Ueber das ganze Land hin ist die Haltung der Bevölkerung die des Abwartens. Sie warten auf die Ankunft des Mahdi. Das ist die große Gefahr, die zu be­kämpfen wir uns sofort vorbereiten sollten, zu deren Abwendung aber, so viel ich es übersehen kann, wir nichts thun.Zerschmettert ihr nicht den Mahdi, so wird der Mahdi euch zerschmettern", wie Gordon sagt,das ist die ganze Wahrheit in einer Nußschale." _

Tages - Neuigkeiten.

Blumenfreunde machen wir darauf aufmerksam, daß Gärtner Klöpfer im Besitze einer schön blühenden 4.'u6eu ist. und solche

von heute an 8 Tage beim Georgenäum zur Ansicht aufgestellt hat.

s. Am 8. ds., Abends 7 Uhr, ist in Altbulach durch schnelles und besonnenes Eingreifen Erwachsener ein durch spielende Knaben in einem Schopf gelegter Brand verhütet worden, der recht gefährlich hätte werden können.

s. Am letzten Montag, den 14. d. M., Nachmittags 4 Uhr brannte in Aichelberg, diess. Oberamts, ein Doppelwohnhaus mit Scheune und Schopf Heselschwert und Wurster bis auf die Grundmauern nieder. Das Feuer entstand im Schopfe, welcher mit Waldstreu rc. ange­füllt war, auf bis jetzt nicht erhobene Weise. Die Eigenthümer sind nicht versichert.

8 . Der Gewitter stur in vom 10. ds. hat auch im diess. Bezirke, wie in den angrenzenden, bedeutenden Schaden an Wald- und Obstbäumen,

. Fenstern, Dächern, Kaminen rc. angerichtet.

* Aich Halden, 19. Juli. Letzten Donnerstag, Abends Oz9 Uhr, schlug der Blitz in das Haus des Bauern Groß Hans und legte es in kurzer Zeit samt Scheuer und Schopf in Asche. Nur mit Noth konnte man eine kranke Frau im Hause und das im Stall befindliche Vieh retten. Leider ist der betreffende Bauer nicht versichert. ^ ^

Gültlingen, O.-A. Nagold, 10. Juli. Unter den hiesigen Schul- ,-kmdern grassiren schon seit einiger Zeit die rochen Flecken, und sind seit einigen Tagen so viele Kinder davon ergriffen worden, daß gestern alle Schulen ge­schlossen werden mußten.

Stuttgart, 18. Juli. Ein schon oft bestrafter Dieb, Schreiner Eberhard Fischer aus Giengen, der erst am 1. Juli aus dem Zuchthause in Ludwigsburg entlassen wurde, machte heute Morgens zwischen 3 und 4 Uhr in einem Hause' in der Königsstraße einen Besuch. Er stieg mit uner­hörter Frechheit durch ein offen stehendes Fenster im Parterre in ein Zimmer, dessen Bewohner im gleichen Zimmer schliefen. Der Dieb nahm verschiedene Werthsachen, u. A. eine goldene Uhr und 400 baares Geld an sich und wollte sich dann stillschweigend, auf demselben Wege, auf dem er gekommen, wieder entfernen. Allein der Bestohlene erwachte noch rechtzeitig und machte

den sich heftig wehrenden Dieb, mit Hilfe des herbeigerufenen Hauseigen- thümers dingfest. Er wurde sodann zwei Schutzleuten übergeben.

Ludwigsburg, 18. Juli. In letzter Zeit ist unsere Stadt wieder­holt von Gaunern und Sträflingen, die der Beschäftigungsanstalt Vaihingen entlaufen waren, ausgesucht worden. Die hiesige Polizei ist aber denselben bald nach dem Betreten der Stadt auf die Fersen gekommen uO hat sie an ihren unfreiwilligen Bestimmungsort wieder zurückbringen lassere Gestern Nachmittag hat ein solch arbeitsscheuer Vaihinger Sträfling m Arrestlokal, in den er wegen Betrunkenheit und Bettelns verbracht wurde, sich die Kleider bis auf das Hemd total vom Leibe gerissen, und wurde von dem Polizeioffizianten in ganz nacktem Zustande im Arrestlokal umher­springend angetroffen.

Rottweil, 17. Juli. In Wurmlingen bei Tuttlingen trat am 28. Mai d. I. ein Handwerksbursche während der Maiandacht der Gemeinde in die kathol. Kirche und rief mit lauter Stimme:Ihr sollt verflucht und verdammt sein für Zeit und Ewigkeit, Euch soll nichts mehr wachsen". Der Thäter, Wagner Joh. Eipper von Kayh, O.A. Herrenberg, wurde dafür von der Strafkammer mit 0 Monaten Gefängniß bedacht.

Gaildorf, 18. Juli. Gestern Abend gegen 6 Uhr wollten auf der Unterrother Staige einige Steinfuhrwerke beladen abwärts fahren; bei einem derselben war die sog. Mücke zum Sperren in nicht ganz guter Beschaffenheit und dadurch kam das Fuhrwek ins Rollen, der Besitzer desselben fiel vom Wagen und verletzte sich der Art am Kopf und Rücken, daß der Tod fast augenblicklich eintrat; auch hatte er neben andern Körperverletzungen einen Bruch des linken Unterschenkeln erhalten. Noch von Glück kann man sagen, daß dieses Fuhrwerk das erste war, sonst wäre mit den 5 andern Fuhrwerken noch weiteres Unglück nicht wohl zu verhüten gewesen.

Hall, 16. Juli. Seit drei Tagen haben wir durch Gewitter den langersehnten Regen bekommen. Dem heute Nachm, um 4 Uhr aus­gebrochenen Gewitter ging ein orkanartiger Sturmwind voran, der an Bäu­men, Kaminen und Fenstern nicht unbedeutenden Schaden anrichtete. In einer Fabrik wurde ein Dampfkamin eingeworfen. Mit knapper Noth konnte die Frau des Fabrikbesitzers, die in dem an das Kamin anstoßenden Garten mit ihrem Kinde sich befand, sich mit diesem noch in das Haus flüchten, als das einstürzende Kamin den Kinderwagen unter seinen Trümmern begrub.

Ravensburg, 18. Juli. Auf dem hies. Bahnhof hat heute im Beisein des Reg.Komm. und einer Anzahl Offiziere und Militärbeamten die alljährige Uebung im Verladen von Militärfahrzeugen stattgefundm. Mehrere Herren vom kgl. Hofe in Friedrichshafen kamen vorgestern nach Niederbiegen und begaben sich alsbald zu Wagen nach dem Hecklerweiher bei Blitzenreute aus die Wildentenjagd. Auch Gäste von Weingarten hatten sich betheiligt. Gegen 12 Uhr Mittags erfolgte die Rückfahrt nach Friedrichshafen mit ziemlich gut gespicktem Waidsack.

Leipzig, 16. Juli. Die Festzeitung für das 8. deutsche Bundes­schießen ist erschienen. In der Einladung heißt es u. a.: In sicherem, von .-Deutschlands greisem Heldenkaiser beschirmten Frieden leben Europas Völker, ungestört die Segnungen der Kultur genießend, nebeneinander. Und ein Fest des Friedens und der Verbrüderung ist es, das wir mit Euch feiern wollen. Mögen auch, seitdem Deutschland durch Einigkeit stark geworden, -nationale Verbrüderungsfeste gegenwärtig nicht mehr die Bedeutung haben wie ehedem, da sie dem Sehnen und dem Drange nach Zusammenschluß der Stämme beredten Ausdruck gaben, immerhin haben sie noch damit eine schöne Aufgabe zu erfüllen, daß sie die verbliebenen Spuren des Sondergeistes tilgen und daß sie auch bei denen, die außerhalb des deutschen Reiches deutsche Art und deutsche Sitte pflegen, das Gefühl der Stammesgemein­schaft beleben und kräftigen. Und wo könnte ein deutsches Nationalsest bester gefeiert werden, als auf dem großen Wahlplatze, auf welchem einst in ge­waltigem Kampfe die Ketten der unserem Volke auferlegten Fremdherrschaft zerbrochen wurden! Die Hauptmomente des Festes sind: Sonntag 19. Juli, 11 Uhr: Festzug. 1 Uhr: Parade der Festzugsgruppen auf dem Festplatze.

Als der Nuntius mit dem Verhafteten das Zimmer verlassen hatte, warf ich folgende Zeilen auf ein Blatt Papier nieder:

Geehrter Herr Präsident!

Wie Ihnen aus vorliegenden Acten bekannt ist, spielt in dem Prozeß gegen die Elise Jordan eine Korbflasche eine bedeutend Rolle. Soeben, in diesem Augenblicke, führt der Zufall diese Korbflasche, deren Verschwinden ein Hauptbelastigungsmoment gegen die Angeklagte bildet, mir in die Hände.

Es ist klar in der Hand, daß derjenige, welcher die Korbflasche entwendet, auch das gefundene Fläschchen mit Blausäure in der Wohnung des Pfarrers zurückgelasten haben kann. Damit nimmt nun der Prozeß eine ganz andere Wendung, und da es leicht möglich ist, daß durch das au» die vorliegenden Thatsachen begründete Verdict der Geschworenen einen Justizmord begangen, wenigstens aber die Haft einer vielleicht Unschuldigen wesentlich verlängert werden könnte, so bitte ich den Herrn Präsidenten so dringeno wie ergebenst, falls das Verdict in diesem Augenblicke noch nicht verkündigt sein sollte, die Verhandlung zu ver­tagen."

Daß der in diesem Fall den Vorsitz führende Richter auf mein Gesuch sofort eingehen würde, wußte ich, unv wenige Minuten später trat der Staats­anwalt sowohl, wie der Vertheidiger in mein Bureau, das sicherste Zeichen dafür, daß die Schwurgerichtshandlung aufgehoben war.

Beide Herren bestürmten mich mit Fragen über den Grund, weshalb ich die Vertagung der Verhandlung beantragt hätte. So gern ich auch viel­leicht mochte, ich durfte ihre Neugier nicht befriedigen. Die Korbflasche hatte ich bereits in einem Schubfache des Schreibsekretärs verborgen, und so mußten denn die Herren ohne irgend etwas erfahren zu haben, mein Zimmer wieder verlassen.

Ich befand mich wieder allein und zwar in einer furchtbaren Aufregung. Mußte ich doch annehmen, daß derjenige, der den Mord verübte, eben der

Gerechtigkeit sozusagen in die Arme gelaufen sei, in dem Augenblicke, wo ein unschuldiges Opfer die That sühnen sollte.

Ich konnte kaum die Zeit abwarten, bis der verwahrloste Patron wieder vorgeführt wurde, der vor Allem seinen Rausch ausschlafen mußte, damit überhaupt mit ihm verhandelt werden konnte.

Endlich waren die drei Stunden, die ich ihm zur Ruhe bewilligt hatte, um. Mein Nuntius, der zugleich die Stelle eines Gefangenenwärters an dem Kreisgerichtsgefängniß versah, war pünktlich. Es war ein alter, geschulter Beamter und hatte noch nie seinen Dienst auch nur eine Minute versäumt.

Elf Uhr mochte es sein, als mir der Vagabund vorgeführt wurde; Schlag zwei Uhr öffnete sich die Thür und wiederum stand der rüde Patron mit dem vom Genuß von Spirituosen gerötheten, ja fast geschwollenen Gesicht mir gegenüber.

Na, das ist recht, Kunzmeier," sprach ich ihn. an,daß Sie auch ein­mal zu mir kommen. Ich habe so viel von Ihnen gehört, daß es mir wirklich lieb, einen so alten Stammgast unserer Strafanstalten auch einmal kennen zu lernen." ..

Sehen Sie, Herr Kreisrichter", wenn ich die Wahl hätte, dann wurde ich mir immer so gemüthliche Herren aussuchen, wie Sie sind, denn als ich das letzte Mal in Posen abgefaßt wurde, da war der Herr Richter mcht halb so gemächlich." _ ^ .

So, so! na, jeder hat darin seine eigenen Ansichten. Doch sagen Sie mir, wann war denn das, wo Sie zum letzten Male abgesaßt wurden?"

Na, es können jetzt doch wohl drei Jahre her sein."

Drei Jahre! Und wie lange haben Sie in Rawitsch zugebracht -

Etwa zwei und ein halbes Jahr. Ich wurde am O.Julr entlasten!

Ueberrascht blickte ich den Vagabunden an. Ueberrascht, ja rch mochte fast sagen erschreckt! Denn wenn seine Aussagen auf Wahrheit beruhten, jo war ich mit meinen Combinationen noch weit im Felde.

(Fortsetzung folgt.)