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England.
— Bedeutende Londoner,Handlungshäuser haben sich jetzt beschwerdeführend an die englische Regierung gewandt wegen des dem engl. Handel auf Madagaskar durch die Maßnahmen der Franzosen bereiteten Schadens und weisen nach, daß seit Besetzung der dortigen Haupthandelsplätze seitens der Franzosen der ganze Handel mit dem Innern Madagaskars aufhören müßte.
Türkei.
— Die Erdbeben scheinen nicht mehr von der Tagesordnung verschwinden zu sollen und das Jahr 1883 in dieser Hinsicht zu einem besonderen Unglücksjahr gestempelt zu sein. Am Montag haben nämlich in Tschesme, in der Nähe Konstantinopels, wiederholt Erdstöße stattgefunden und bedeutenden Schaden verursacht. Die Größe des Unglücks darf nach dem Umstande bemessen werden, daß der Commandant des vor Tschesme liegenden englischen Geschwaders, Vice-Admiral Lord John Hay, den engl. Botschafter in Konstantinopel telegraphisch um schleunige Hilfe dringend ersucht hat.
China.
— Die Lügen der französischen Blätter, welche einen Vertragsabschluß mit den schwarzen Flaggen behaupteten, treten jetzt zu Tage. Stach einer telegraphischen Meldung aus Hongkong wird in Haiphon der Angriff einer 1200 Mann starken Seeräuberbande, welche einige Meilen von der Stadt lagert, dringend befürchtet und daher seitens der dortigen französischen Garnison die in Aussicht stehenden Verstärkungen ängstlich erwartet. In den chinesischen Lagern nördlich von Hanoi herrscht ebenfalls große Thätigkeit und außerdem werden noch anderweitige Angriffe der Schwarzflaggen befürchtet, jedenfalls ist die Lage der Franzosen in Tonking wieder eine höchst bedenkliche geworden.
Tages - Neuigkeiten.
— Von Angehörigen des K. W. Landjägerkorps erhielt durch Höchste Entschließung Sr. Maj. des Königs u. And. eine Geldprämie der Stations- kommandant Schneider von Calw. Eine öffentl. Belobung wurde zu ^ Theil dem Landjäger Mühlberger von Calw.
^Hü Gechingen. Eingsdt. Kaum sind 8 Tage verflossen, daß die ">, Deckenpfronner Dampfdreschmaschine hier arbeitet, so haben sich die Land- wirthe schon so damit befreundet, daß ein unternehmender Geschäftsmann, Schlosser G., sich veranlaßt sah, eine gleiche Maschine anzuschaffen und arbeiten noch etwa 14 Tage beide Maschinen nebeneinander. Auch hat derselbe eine fahrbare Mosterei, Mühle und 2 Pressen, erstellt, die Jedermann ermöglichen, iin eigenen Hofe zu mosten. Die Ersparniß an Zeit durch diese Maschinen kann nicht hoch genug angeschlagen werden wenn man bedenkt, welche vermehrte Arbeiten die Cultur der Handelsgewächse auch in den Wintermonaten verursacht. Möge die erübrigte Zeit zu Meliorationen den Winter über verwendet werden, was bei unserer Lage und Bodenverhältnissen immerhin lohnend sein wird.- Besonders aber möchte Einsender im Hinblick auf diese Zeitersparnis aufmerksam machen auf bessere Pflege der Obstbaumzucht, die hier mit Unrecht so sehr vernachlässigt wird, trotzdem hiefür Hunderte von Mark nach auswärts wandern, die füglich selbst verdient werden könnten. Am meisten ist aber der weiblichen Bevölkerung die Zeit im Winter zu gönnen, die sonst wochenweise beim Dreschen mithelfen mußten und wird hoffentlich in Folge dessen das goldene Sprichwort wieder zu Ehren kommen — selbstgesponnen, selbstgemacht rc. — und den alten Stolz unserer Hausfrauen — volle Leinwandtruhen — wieder zur Geltung bringen ^
Schramberg, 24. Okt. Zur endlichen Entdeckung und Habystft- werdung des kürzlich vom Schwurgericht Offenburg zum Tode verurtheilten Tennenbronner Raubmörders Rutschmann von Hohentengen hat die unermüdliche Thätigkeit des hiesigen Landjägers Krohmer nicht unwesentlich beigetragen. Von den auf Antrag der Staatsanwaltschaft Offenbach vom bad. Justizministerium verwilligten Belohnungen an diejenigen Personen, welche durch ihre Leistungen die Verhaftung Rutschmanns ermöglichten, resp. diese selbst Vornahmen, erhält nun Krohmer als Anerkennung den Betrag von 100 «4L Neben diesem Betrag sollen noch zwei weitere Belohnungen ä 100 «M, eine solche mit 80 -4L. und zwei mit 60 -4L. zur Auszahlung genehmigt sein.
wie ausgestoßen. Fräulein Ottilie wurde von keinem Mädchen aus der Straße mehr angesehen, denn wenn man auch nichts dagegen hatte, daß sie einen hergelaufenen Hallunken zu ihren Verehrern zählte, so konnte man es doch nimmermehr verzeihen, daß sie einen so reichen Mann zum Ehegatten bekam, wie der Steinsels war.
Und die Heirath mit dm Fremden war eine beschlossene Sache, denn Bürgermeisters Minchen hatte erzählt, daß, als sie ihre Freundin vor dem Fremden gewarnt, diese ihr zur Antwort gegeben habe: „Was willst Du Kind? man muß doch unter die Haube. Uebrigens brauchst Du keine Sorge um mich zu haben. Es ist eine alte Geschichte, daß die Ehemänner ihre ersten guten und braven Frauen zu Tode Hetzen, dafür werden sie von ihren zweiten Weibern in's Grab gebracht. Glaube es mir, ich nehme den Steinfels unter meinen Pantoffel und ziehe ihn mir so, wie ich ihn haben will. Ich habe Zeug dazu!"
Diese tapfere Rede war im Städtchen mit allerlei Zusätzen und Ausschmückungen circulirt und hatte natürlich überall die Vermuthung wachgerufen, daß es mit dem Aufgebot der Verlobten nicht mehr weit im Felde sei. Aber trotz alles Wartens und Höffens wollte es nicht dazu kommen. Scharfe Beobachter konnten jedoch eine gewisse Veränderung in Fräulein Ottilien's Wesen wahrnehmen. Sie sei stiller, nachdenklicher geworden, hieß es. Ein gewisser schwärmerischer Zug gebe sich in ihrem Antlitze kund, der sie interessant mache. Eine wohlthuende Bescheidenheit, Zurückhaltung habe das früher vorlaute, eigensinnige Wesen gänzlich verdrängt. Worin man aber die Ür-
Freiburg, 24. Oktober. Banguier Leovold Weil aus München wurde heute Morgen dahier verhaftet und machte in dem Augenblick seiner Festnahme einen Selbstmordversuch mit einem Revolver, den er bei sich führte. Der Verhaftete wurde schwer verwundet in das Hospital verbracht.
Vermischtes.
— lieber das Auftreten der Trichinose in Emersleben und an andern Orten in der Nachbarschaft von Halberstadt (Prov. Sachsen) wird der Nordh. Z. aus dem erstgen. Dorfe geschrieben: „In Emersleben liegen gegenwärtig 183 Personen, in Deesdorf etwa 70 bis 80, in Nienhagen 67, in Crottorf etwa 30 bis 40; ferner liegen an Trichinose erkrankt Personen in Gröningen, Klein-Gröningen, Quenstedt, Schwanstedt und Wegeleben. Die Todesfälle haben auch ihren Anfang genommen, und zwar in Quenstedt 1, Emersleben 5, Gröningen 2. Von 30 bis 40 Personen erwartet man jeden Tag die Todesnachricht zu hören. Das Elend ist unsäglich, in Emersleben, Crottorf, Deesdorf. Nienhagen liegen ganze Familien darnieder, das Vieh haben daselbst Bekannte weggeholt, um es zu füttern, da Niemand sich darum kümmern kann und es sonst verhungern müßte. Nach der Meinung der Aerzte ist noch eine weitere Ausdehnung der Krankheit zu befürchten, da nach den bisher gemachten Erfahrungen Personen, welche trichinöses Fleisch nicht frisch, sondern als Blutwurst, Sülze, gekochtes Fleisch u. s. w. genossen haben, oft erst nach 4 Wochen und noch später von der Krankheit ernstlich ergriffen worden sind. Die gerichtliche Untersuchung ist in vollem Gange."
HaudelHVerkehr.
Viehmarkt.
* Weil der Stadt, 22. Okt. Kirchweihmarkt. Die Zufuhr beträgt 109 Paar Ochsen, 556 St. Kühe und Schmalvieh, 140 St. Läuferund fette Schweine und 1290 St. Milchschweine. Auf dem schwach befahrenen Ochsenmarkt wurde Fettvieh rasch verkauft und pr. Ctr. lebend Gewicht 35—44 -4L. bezahlt. Im Zugvieh war der Handel weniger belebt. Es wurde bezahlt pro Paar 40—54 Karolin. Melkvieh war in schönen Stücken zugetrieben, aber auch hier war der Handel nicht besonders lebhaft. Der Preis bewegte sich von 200—400 -4L Fette Rinder waren gesucht und wurden pr. Ctr. lebend Gewicht mit 30—34 «4L bezahlt. Auf dem Schweinemarkt war wenig fette Waare zu finden. Es wurde pr. Ctr. lebend Gewicht bezahlt 45—46 -4L., Läuferschweine wurden bezahlt mit 40 bis 80 -46 pro Paar. Milchschweine kosteten 20—30 «4L pro Paar.
Auf der mittelmäßig befahrenen Schranne wurde bezahlt für Dinkel von 7—7 70 L pr. Ctr.,
Haber „ 5,80—6 25 ,. „
Hopfenpreiszettel.
* Weil der Stadt, 25. Okt. In den Hopfenhandel, welcher bisher hier ruhte, scheint nun einiges Leben kommen zu wollen, es sind dieser Tage einige Pöstchen verkauft worden. Es wurde bis zu 175 -4L pr. Ctr. bezahlt. Die Inhaber größerer Parthien halten bis jetzt zurück, doch, dürfte bei mäßiger Steigerung des jetzigen Preises der Handel belebter werden.
Weinpreiszettel.
Illingen. Vorrath ca. 100 Hektoliter. Qualität gut. Preis "41)0—130 -46. Käufer sind freundlichst eingeladen. Das Schulth.-Amt nimmt gerne jeden Auftrag entgegen.
K g l. S t a n d e s a,n t Calw.
Bein 16. bis 21. Oktober. 1833.
Geborene.
16. Okl. Marie Elise, Tochter des Rudolf Schmerle, MetzgermcisterS.
18. „ Adolf Julius, Sohn des Jakob Schwenker, Schreinermeisters.
20. „ Robert Johannes, Sohn des Johannes Mehl, Werkmeisters.
21. „ Carl Friedrich, Sohn des Adolf Ziegler, Metzgermeisters.
Gestorbene.
2l. » Luise Panline. Tochter des Friedrich Knecht. Amtsgerichtsdieners, 9 Wochen alt.
24. . Christoph Friedrich Schaal, Bäckermeisters, 69 Jahre alt.
sache dieser Veränderung zu suchen hatte, darüber konnte Niemand Aufschluß geben.
In dieser Weise waren den guten Kleinstädtern einige Wochen vergangen, ohne daß irgend ein bemerkenswerthes Ereigniß ihnen die Lösung des Näthsels gebracht oder sie auf neue Räthsel geführt hätte. Mit ihnen waren auch die letzten sommerlichen Tage verschwunden, und die schönen Hellen Feierabende, die man so traulich vor den Hausthüren im Freien verplaudert, die sich so vortrefflich zu allerlei Beobachtungen und Herzensergüssen geeignet hatten, waren vorüber. Regenschwangere Wolken hingen in der Luft. Der Herbstwind brauste über das Stoppelfeld und jagte die gelben Blätter der Linden und Akazienbäume, welche vor den Häusern standen, im wilden Tanze über das Straßenpflaster. Man war nun wieder auf das vom Lampenlicht erhellte Familienstübchen angewiesen, und da saßen die Familienglieder einander gähnend gegenüber, der Vater ruhig seine Pfeife schmauchend, wenn er nicht außerhalb seiner vier Pfähle bei einem Glase Bier saß, die Mutter mit ihren Töchtern nähend oder stickend. Worüber sollte man auch sprechen? Das Thema der häuslichen Angelegenheiten war bald erschöpft. Politisirt wurde nur im „schwarzen Adler", wo ein paar Zeitungen auslagen, und das war das Vorrecht des Honoratioren-Clubs. Wer nicht dazu gehörte, durfte nur andächtig den Weisheitssprüchen lauschen. Seinen Senf dazuzugeben, hieß sich allgemeiner Verachtung aussetzen.
(Fortsetzung folgt.)