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Amerika.

Die Einwanderung ist in diesem Jahre bei weitem nicht so stark, wie 1881 und 1882. Im August sind nur 38,388 Emigranten in den verschiedenen Häfen der Ver. Staaten gelandet, gegen 43,076 resp. 56,744 in den Parallelmonaten der beiden Vorjahre, und seit 1. Januar c. 406,453 gegen 550,151 gleichzeitig 1882 und 494,230 in 1881. Doch besteht dieselbe in letzter Zeit mehr als früher aus tüchtigen Bauern- und Arbeiterfamilien, die zum großen Theil mit ansehnlichen Mitteln herüber kommen, und eine werthvolle Mithilfe an der Erschließung der landwirth« schaftlichen Ressourcen Nordamerikas bilden. Die bedeutende Einwanderung von Proselyten der in Europa, namentlich in Skandinavien, England und Deutschland, unablässig thätigen M o r m o n e n - Missionäre hat die leidige Mormonenfrage in den Vordergrund geschoben. Der Zuwachs, welchen die Sekte fortwährend von Europa erhält, läßt durchaus nicht auf die baldige Vernichtung dieses Auswuchses unserer Civilisation schließen.

Cage8orllnung

des K. Amtsgerichts Calw in der öffentlichen Gerichtssitzung.

I. Am Montag, den 8. Oktober, 1883, Nachmittags 3 Uhr, über Forst strafsachen.

a) Namen der Beschuldigten.

1) Johannes Niethammer, Bauer von Güll-

lingen.

2) Georg Kalmer, Mühlbaner von da.

3) Peter Blau, Taglöhner von Licbenzell.

4) Dessen Ehefrau, Catharinc Blau von da.

5) Daniel Wmst, Bäcker von Möttlingen.

6) Eatharine Hardter von Holzbromi.

7) Joh. Georg Hardter, Bauer von da.

Nachmittags 4 Uhr.

8) Jung Jakob Großmann, Flößer in Un- Staatswald unteres Maile, Revier Lie-

terrcichenbach. I benzell.

II. Am Dienstag, den 9. Oktober, 1883, Vormittags 10 Uhr.

b) Namen der beschädigten Waldeigenthümer, bezwse. Ort der Thal.

Holzbronner Gemeindewald.

Staatswald Kohlberg, Revier Liebenzell. Staatswald Anzenbiegel, Revier Liebenzell. Holzbronner Gemeindewald.

1) Leonhard Weik, Bauer in Althengstett.

2) Jakob Pfeisser von Lützenhardt.

3) Anna Marie Proh von Oltenbronn.

4) Philipp Proß von da.

b) Joh. Georg Hamann, Bauer von Mar­linsmoos.

Allhengstetter Gemeindewald. Sommenhardter Gemeindewald.

Simmozheimer Gerechtigkeitswald. Martinsmooser Gemeindewald.

Vormittags 1l Uhr.

6) Peter Eharrier, Ctrumpfwcbcr von Neu- hengstett.

Calwcr Stadtwald.

Zur Beurkundung Amtsrichter Deckinger.

Tages - Neuigkeiten.

Calw, 5. Okt. Dem Vernehmen nach hat der Ausschuß des landw. Bezirksvereins in seiner Sitzung am 3. Okt. beschlossen, in Folge der ein­gelaufenen Anmeldungen wieder einen Transport Allgäuer Kühe und Kalbeln aufzukaufen. Die Kaufskommission wird am 6. Okt. abreisen, um den am 8. und 9. Okt. in Chur stattfindenden Centralviehmarkt zu besuchen und ist dieselbe beauftragt, 6 Kühe und 6 Kalbeln zu kaufen, wenn die Preise nicht allzu hoch sind. Nach eingezogenen Nachrichten ist der Viehhandel in der ganzen Schweiz dieses Jahr ein ungewöhnlich lebhafter und sind da­durch die Preise überall in die Höhe gegangen. Es ist deßhalb ganz in das Ermessen der Kommission gelegt, zu kaufen oder nicht zu kaufen, weil die Kasse des landw. Bezirksvereins doch nicht immer allzu großen, beim

Wiederverkauf sich ergebenden Ausfall übernehmen möchte. Sind die Preise in Chur annehmbar, so würde das Vieh schon am nächsten Mttwoch, spätestens Donnerstag hier eintreffen und würde der Verkauf am Samstag, den 13. Okt. stattfinden, worüber besondere Bekanntmachung erfolgen wird. An der Versteigerung kann sich jeder Bezirksangehörige betheiligen und ist nur zu wünschen, daß die consequent fortgesetzten Bemühungen des landw. Bezirks­vereins für Einführung dieser für unsere Verhältnisse so ausgezeichnet passen­den Race in immer weiteren Kreisen Anerkennung finden möchten. Unter denjenigen Landwirthen, welche im Besitze der seither eingeführten Thiere sind, ist nur Eine Stimme der Befriedigung und des Lobes über die vortreff­lichen Eigenschaften derselben.

Durch den in letzter Nr. gemeldeten Brand in Oberhaugstett wurde eine große mit reichen Vorräthen an Früchten, Heu u. dergl. voll­gefüllte Doppelscheuer aus den Grund zerstört. Der Schaden, der nur zu verhältnißmäßig niederen Beträgen versicherten Eigenthümer ist ein beträcht­licher. Durch die eifrige Thätigkeit der Löschmannschaften von Oberhaugstett und der benachbarten Gemeinden, insbesondere der Feuerwehr von Neubulach, wurden die sehr bedrohten Nachbargebäude, wenn auch mehr oder weniger beschädigt, gerettet. Leider ist bei den Löscharbeiten ein Feuerwehrmann von Neubulach verletzt worden/ wie wir indessen hören, ist die Verletzung keine gefährliche. Ueber die Entstehung des Brandes konnte bis jetzt nichts vermittelt werden.

Reutlingen, 3. Okt. Heute Vormittag wurde Wundarzt K. von hier verhaftet und dem Amtsgericht übergeben. Derselbe hat gestern Abend ein neugeborenes, todtes Kind, in eine Zeitung eingewickelt, hinter der Faß­remise der Koch'schen Bierbrauerei unter einem Steinhaufen versteckt und wurde dabei von einem Bierbrauerlehrling beobachtet. Es wurde auf der Polizei Anzeige gemacht und heute in der Frühe der Leichnam des Kindes unter dem Steinhaufen vorgefunden. Dasselbe ist ein vollkommen ausge­bildetes Knäbchen. Ob ein Verbrechen vorliegt, wird die Untersuchung er­geben. (Schw. K.-Ztg.)

Von der Jag st, 3. Okt. Bei uns trifft man hin und wieder noch Schwalbennester mit kaum erst flüggen Jungen, oder gar mit solchen, die ihren Ausflug erst Ende dieser Woche erwarten. Auch Nester der grauen Bachstelze mit Jungen werden noch gefunden.

Geschäft und Gemüth. Ueber Berufskrankheiten sind be­reits wiederholt wissenschaftliche Erörterungen in die Oeffentlichkeit gedrungen. Ein französischer Arzt hat nun auch den Versuch gemacht, den psychologischen Einfluß der Berufsarten zu ergründen, und eine soeben erschienene Broschüre, die den TitelGeschäft und Gemüth" trägt, enthält die Ergebnisse dieser wirklich »icht ganz haltlosen Theorien. Nach den Beobachtungen jenes Ge­lehrten sind Zuckerbäcker, Bonbonverkäufer, kurz Leute die mit Süßigkeiten handeln,verdrießliche" Leute, die Umgebung des Papiers sollschweigsam" machen, und so erklärt sich das höfliche, aber einsilbige Wesen der Buchhänd­ler und Papierverkäufer. Diesanftesten und geduldigsten" Menschen trifft man in Handschuhläden; Lederwaaren wirken überhaupt besänftigend auf das Gemüth ein. Stoffe, insbesondere Seidenstoffe, sollen dieLangmuth" stählen, ebenso besitzen Optiker einen bewundernswürdigenGleichmuth." DieMit­theilsamkeit und Zuvorkommenheit" der Barbiere ist bekannt, und hier sei die im Deutschen sprichwörtlicheböse Zunge" des Scherenschleifers, der ewige Durst" des Bürstenbinders eingeschaltet. Die Beschäftigung mit dem Tabak soll dieliebenswürdigen" Gemüthsanlagen fördern, demnach sollen die Cigarren- und Tabakhändlerhöfliche" Leute sein;nervös aufgeregt und ungeduldig" geberden sich nach der Versicherung des Forschers Porzellain- Verkäufer. (Ließe sich in Fällen alsstrafmildernd" verwenden.)

Kgl. Standesamt Calw.

Vcm 24. Sepibr. bis 3. Oktbr. 1883.

Geborene.

2t. Septbr. Johanna Sofie, Tochter des Carl Spöhrer, Handeisschuldirektors.

27. . Wilhelm, Sohn des Heinrich Zipperer, Tacfiöhners.

1. Oktdr. Carl Ruvolf, Sohn des Wilhelm Schnaufer, Bahnhoftaglöhners.

Gestorbene.

3. Oktbr. Rosine, T. r. Joh. Friedr. Schwämmle, Bäckers und Wirkhs, 13 Mon. alt.

Staunen, wie die Deputation, nachdem sich die Thür auf das Zeichen der Hausglocke geöffnet hatte, im Innern des Hauses verschwand. Man sah ferner, wie nach Verlauf von kaum zehn Minuten die Herren wieder heraus­traten und lebhaft unter einander flüsterten. Am aufgeregtesten erschien der Rentier, dessen Züge von Heiterkeit strahlten, und der mit dem wuchtigen Spazierstocke Bewegungen in der Luft beschrieb, die denen eines Tambour­majors auf ein Haar glichen.

Du hast richtig combinirt, Ottilie!" wandte er sich zu Hause ange­langt, an seine Tochter,er hat die Einladung angenommen."

Meine Combinationen sind immer richtig, Vater!" versetzte sie.

Kaum hatten sich die guten Einwohner des Städtchens von ihrem Er­staunen über das Eindringen in die Steinfels'sche Wohnung erholt, als sie auch schon von Neuem durch ein märchenhaft klingendes Gericht in Aufregung versetzt wurden.Der Fremde", hieß es plötzlich.der Sonderling, von dem kein Mensch recht weiß, was er ist oder treibt, der stolze Mann, der es nicht einmal der Mühe werth hielt, sich den Honoratioren der Stadt vorzustellen, wird den Ball und das Concert im Schützenhause besuchen."

Wie ein Lauffeuer verbreitete sich diese Nachricht in der kleinen Stadt. Ein Nachbar rief sie dem andern zu. Die Dienstmädchen gruppirten sich um die Brunnen und flüsterten sich ihre Ansichten darüber in's Ohr. Die jungen Damen probirten die Ballroben und drehten sich vor den Spiegeln.

Die Hausfrauen ermahnten die Männer, sich ja rechtzeitig mit Billeten zu versehen, und wie nöthig dies war, stellte sich bald heraus, indem bereits am dritten Tage nach dem Bekanntwerden der Neuigkeit kein einziges Billet mehr zu haben war.

Der Fremde schien von der Aufregung, deren Ursache er war, nicht das Geringste wahrzunehmen. Nach wie vor sah man ihn nie an einem der

Fenster seiner räumlichen Wohnung. Nach wie vor machte er in später Abendstunde seine einsamen Spaziergänge. Er schien sein lichtscheues Wesen nicht im Geringsten geändert zu haben, nnd doch hatte er bestimmt seine Theilnahms an der Festlichkeit zugesagt.

Wohl schüttelte noch Mancher zweifelnd den Kopf und Rettig konnte sich, je näher der wichtige Tag heranrückte, desto weniger der Zweifel er­wehren. Ottilien's Glaube war dagegen nicht im Geringsten erschüttert.

Endlich schlug die von so Vielen sehnlich herbeigewünschte Stunde.

Es war ein prächtiger Sommer-Nachmittag, nicht zu warm, obgleich sich kein Wölkchen am tiefblauen Himmel zeigte. Schon drei Stunden, bevor das Concert dem Programm zufolge beginnen sollte, war der Schützengarten vollständig gefüllt, und kaum vermochten die später erscheinenden Gäste noch hier und dort Platz zu finden, obwohl der Garten einen bedeutenden Umfang hatte. Rettig stand am Eingänge auf der Lauer, den Blick auf den von der Chaussee abführenden Weg gerichtet. Er glich in seinem hastigen, un­ruhigen Wesen mit dem starren Blick beinahe einem Habicht, > der den gün­stigen Augenblick erspäht, in welchem er sich auf seine Beute stürzen kann; aber derjenige, welchen er so sehnlich erwartete, schien sich nach Art vor­nehmer Leute Zeit lassen zu wollen. Um 4 Uhr sollte das Concert beginnen. Es war bereits >/z5 Uhr, und der Fremde war noch immer nicht sichtbar. Die Musiker mußten anfangen, wollten sie nicht den Unmuth des Publikums erregen, und sie begannen endlich mit einem kräftigen Militärmarsch, dem verschiedene Potpourris, Tänze und Quadrillen folgten. Der erste Theil des Concerts ging vorüber, das Orchester machte eine Pause von einer halben Stunde. Auch diese verging, aber kein Steinfels ließ sich blicken.

(Fortsetzung folgt.)