58. Jahrgang.
Nro. 108.
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Amtkitire KeAaantmatkungen.
Tages - Neuigkeiten.
Calw.
Bekanntmachung.
Unter dem Rindvieh des Martin Bürkle, Adam Scheible und Georg Kusterer in Speßhardt, des Christof Visel, Maurers in Holzbronn, sowie unter den Schafheerden des Gutspächters Fischer auf Hof Dicke und des Schäfers Johannes Wacker von Holzbronn ist die Maul- und Klauenseuche ausgebrochen, was hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.
Den 12. Sept. 1883. K. Oberamt.
Drück, Amtm., A.-V.
Politische Nachrichten.
Deutsches Reich.
Gastein, 10. Sept. Fürst Bismarck fühlt sich hier recht wohl und behaglich. Er erscheint gegen früher geradezu abgemagert. Sein Gang aber ist elastisch und stramm, seine gute Laune und Arbeitskraft aus früheren Zeiten haben sich wieder eingestellt. Die Badekur schlägt dem deutschen Reichskanzler vortrefflich an, trotzdem er einen großen Theil des Tages den Staatsgeschäften widmet. Er arbeitet bis 1 Uhr Mittags, dann macht er zumeist einen Ausflug zu Wagen. Abends kann man den Fürsten auf der Kaiserpromenade spazieren gehen sehen. Vor einigen Tagen war der deutsche Botschafter Fürst Hohenlohe beim Fürsten Bismarck zu Besuch, und jeder Tag bringt einen anderen diplomatischen Gast.
— Der Grund, weßhalb der Kaiser die Grundsteinlegung des Reichstagsgebäudes noch verschoben hat, soll der sein, daß er'wünschte, der Kronprinz des deutschen Reiches möge dabei zugegen sein (der Kronprinz war abwesend zur Inspektion der Truppen in Süddeutschland). „Mein Sohn", bemerkte der Kaiser Wilhelm scherzend, „wird im Reichstagsgebäude mehr als ich zu thun haben." Man habe nun den 18. Januar als wahrscheinlichen Tag bezeichnet. Dieser Tag, an welchem die Wiederaufrichtung des deutschen Kaiserthums in Versailles gefeiert wurde, wäre auch an sich der Passendste. Dagegen stehe für ein Fest, das im Freien vor sich gehen müsse, die Ungunst der Jahreszeit entgegen. Es werde darum jetzt zur Grundsteinlegung wahrscheinlich der 22. März 1884 ausersehen werden. Der Tag sei umsomehr dazu geeignet, als er nicht blos Kaisergeburtstag sei, sondern 1871 an diesem Tage auch der erste deutsche Reichstag eröffnet wurde.
Wittenberg, 12. Septbr. Zur Feier des 400jährigen Luther- Jubiläums sind die Straßen und Häuser der Stadt mit Kränzen und Guir- landen festlich geschmückt und reich beflaggt. Der Zuzug der Festgäste wächst mit jeder Stunde.
O e st e r r e i ch.
— Die. „N. Fr. Pr." bringt folgende Mittheilung über das Testament des Grafen Chambord: der Nachlaß besteht in vier Herrschaften, und zwar: Chambord (Frankreich), St. Hubert (Banat), einer Herrschaft in Galizien und Frohsdorf. Ferner gehört zum Nachlasse das kleine Jagdschloß Vrunn- see in Steiermark. Das in Obligationen vorhandene Vermögen beträgt ungefähr 8 Millionen Gulden. „Ich bestimme," heißt es im Testamente, „daß meine theure Gemahlin für die Dauer ihres Lebens in dem unbeschrankten Nutzgenusse meines gesammten Nachlasses, ausschließlich der später erwähnten Legate verbleibe. Nach dem Tode meiner Gemahlin soll mein Vermögen an meine beiden Neffen, den Herzog v. Parma und den Grafen v. Bardi, übergehen, und zwar in der Weise, daß dem Ersteren zwei Drittheile, dem Grafen von Bardi ein Drittheil meiner Hinterlassenschaft zufällt." Es folgen nun sieben Legate, und zwar erhalten des Grafen beide Nichten, die Großherzogin Alice von Toscana und die Herzogin Margarethe von Madrid 500,000 Francs, das in Lyon gegründete Institut für die Propaganda des katholischen Glaubens gleichfalls 500,000 Francs, 400,000 Francs wurden dem päbstlichen Stuhle mit der Verfügung zugedacht, daß dieses Kapital fruchtbringend anzulegen sei und das jährliche Erträgruß dem Pabste als Peterspfennig zufalle. Den Armen von Paris sind 100,000, den Armen jener Gemeinde, in welcher, wie es im Testamente heißt, „ich meine Augen für immer schließen werde", 20,000 Francs ausgeworfen. Da Graf Chambord in Frohsdorf starb, so fällt der erwähnte Betrag dieser Gemeinde zu. Die letzten Anordnungen enthalten Bestimmungen wegen jährlich zu lesender Seelenmessen in Frohsdorf und Görz, wozu die erforderlichen Dotationen ausgeworfen werden, sowie Verfügungen wegen Pensionen von Bediensteten des Hauses. Dies der wesentliche Inhalt des Testamentes.
Wildbad, 11. Sept. Der Schaden an Gebäuden, Maschinen und Zubehörden bei dem Brande der Obermüller'schen Kunstmühle wird üüs 50,000 berechnet, der Verlust an Mehl und Frucht wird incl. des durch Wasser beim Löschen entstandenen Schadens auf 1800 Ctr. geschätzt.
Stuttgart, 12. Septbr. In letzter Zeit wurden hier nächtlicherweise viele Diebstähle mittelst Einsteigens in Wirthschaftslokalen und Privathäusern verübt. Gestern ist es der Fahndungspolizei gelungen, den wegen Diebstahls schon vielfach bestraften 36 Jahre alten Christian Nuding von Geradstetten, Schorndorf, festzunehmen. Derselbe hat mit seiner Zuhälterin, der Eva Knödel von Königsbach, Baden, in einem Hause der Eichstraße hier gewohnt ; sie hatten die Absicht, sich in nächster Zeit zu heirathen. Bei der Durchsuchung der Wohnung fand die Polizei, daß fast der ganze Hausrath aus gestohlenen Gegenständen bestand. Nuding ist ein gefährlicher und gewandter Dieb, er hat einen großen Theil feines Lebens im Zuchthaus verbracht. Die Knödel wurde ebenfalls festgenommen.
Stuttgart, 12. Septbr. Den Einweihungsfeierlichkeiten des Niederwalddenkmals wird das Präsidium des württ. Kriegerbundes durch eine entsprechende Deputation beiwohnen; der deutsche Kriegerverein Stuttgart wird durch eine Abordnung (Vorstand und 3 Mitglieder) mit Vereinsfahne sich betheiligen. Auch von 'den Vereinen Heilbronn, Cannstatt und andern sind Vertreter angemeldet, so daß der württ. Kriegerbund durch eine stattliche Anzahl Krieger vertreten sein wird.
- Böblingen, 11. Sept. Auf einem hiesigen Grundstück wurde eine Kartoffel ausgegraben, welche ein Gewicht von 1165 Gramm hatte.
Lorch) 10. Sept. Heute wurde unser vor Kurzem gewählter Stadtschultheiß Sigel, bisher Schultheiß in Plüderhausen, in sein neues Amt eingesetzt. In der Frühe schon hatte eine stattliche Zahl von Wagen Vertreter der Gesammtgemeinde Lorch nach Plüderhausen gebracht, um den neuen Ortsvorstand in seine neue Heimath zu geleiten. Unter großer Theilnahme der Bevölkerung wurde er an dem Eingang zur Stadt, den eine Ehrenpforte zierte, empfangen. Eine wirkungsvolle Ansprache des Bezirksvorstandes zeigte den Akt in seiner ganzen Bedeutung. Möchten alle berechtigten Wünsche, die sich an solchen Eintritt ins Amt knüpfen, sich erfüllen; das war der Gedanke der Meisten im Blick auf den großen und immer größeren Einfluß, den Persönlichkeit und Wirken eines Ortsvorstandes auf einer Gemeinde Wohl und Wehe üben.
Ulm, 10. Sept. Das Ulm. Tgb. schreibt: In einem hiesigen Handlungshause wurde mehrfach die Portokaffe bestohlen und aus Geld-Packeten, die mit der Post versandt wurden, Beträge von 20 entwendet, ohne daß es gelungen wäre, den Dieb zu entdecken. In vergangener Woche nun kam einem Kommis des betr. Geschäftes ein goldener Ring, den er aus Versehen im Comptoir zurückgelassen hatte, abhanden. Der Verdacht der Thäterschaft lenkte sich auf den 15jährigen Laufburschen, der aber den Diebstahl beharrlich in Abrede zog. Bei seiner Durchsuchung auf der Polizei fand sich jedoch der gestohlene Ring vor und war nun sicher anzunehmen, daß er sich auch das Geld angeeignet hatte. In der That gestand denn auch der Bursche nach mehrstündigem Leugnen ein, daß er die Porto-Kasse bestohlen und die ihm zur Verbringung auf die Post übergebenen Geld-Packete zurückbehalten, geöffnet, aus denselben größere Beträge entnommen und dann solche mit dem ihm zugänglichen Geschäfts-Siegel wieder verschlossen habe. Die Summe des in kurzer Zeit Entwendeten beträgt ca. 270 ^L, die der Bursche gänzlich verbraucht haben will.
Vermischtes.
— ZurKatastropheinJava. Die britische Admiralität hat vom Commodore der Corvette „Swift" nachstehendes Telegramm datirt Weetavreden vom 9. September erhalten: „Ich kam gestern in Batavia an und gehe heute nach der Meerenge von Sunda ab. Der große Canal ist wahrscheinlich unverändert. Es schwimmt viel Bimmstein umher. Die Canäle zwischen Krakatva und Sebooko sind gesperrt. Das Licht im Leuchtthurm in Anjer ist erloschen. Das temporäre Leuchtfeuer in Flat Point ist auf 12 Meilen sichtbar. Das ursprüngliche Licht wird in 8 Tagen wieder hergestellt sein. Das Java-Hauptlicht ist unversehrt. Die holländischen Behörden treffen alle Vorsichtsmaßregeln. Der Admiral benachrichtigte mich, daß seine Schiffe in der Einfahrt in die Meerenge drei Monate hindurch kreuzen werden, um Schiffe zu warnen.
— Einer der größten Industriellen Münchens, der Handschuhfabrikant Röckl, verunglückte dieser Tage in Reichenhall dadurch, daß er von seinem