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Glauben, der Kirche. Dem Volke die Freiheit, dem Kaiser aber die absolute Alleinherrschaft, das sei das System, welchem man folgen müsse.

Stuttgart, 21. Mai.

41. Sitzung der Kammer der Abgeordneten. T.-O.: Nachexigenzen. Verwilligt 94,440 für Errichtung einer Filial-

strafanstalt des Zuchthauses zu Ludwigsburg in der vor­maligen Festung Hohenasperg. (Ber.-Erst. Ebner.) Schnaidt bittet dabei in Berücksichtigung zu nehmen, daß im Bedarfsfall wieder eine Garnison Vorbehalten bleiben könne. Lenz spricht von einer Strafabtheilung für gebildetere Gefangene wegen leichter Vergehen als Preßvergehen und Be­leidigungen. Min. v. Faber: In allen OA.-Gerichtsgefängnissen sei darauf Bedacht genommen durch bessere Zimmereinrichtung, nur in Crailsheim noch nicht. Ferner verwilligt 185,100 zu Herstellung eines Laboratoriums

für angewandte Chemie an der Universität zu Tübingen. Dann 78,000 für einen Rindvieh st all in Hohenhei m. Erst nach langer Debatte genehmigt, nachdem verschiedene Ausstellungen am Plane gemacht worden, die aber Zipperlen erfolgreich vertheidigte. Zu Kap. 42 weitere 60,000 jährl. nachträglich infolge der durch Hochwasser im Winter 1882,83 verursachten Uferbeschädignngen als Flußbaubeiträge für Gemein­den. Zu Kap. 101, Gebäudekosten; für Aufwand zu Erbauung einer neuen evangelischen Kirche in Simmersfeld OA. Nagold, welche zu 90,000 be­

rechnet ist, wovon für 1883,85 40,000 cIL nöthig sind. Genehmigt vorbe­hältlich späterer Regreßansprüche; endlich zu Kap. 112 Tit. 21 zu Waldweg- herstellungs- und Unterhaltungskosten weitere 90,000 ^ Nächste Sitzung Freitag Nachm. 4 Uhr. Branntweinsteuer u. s. w. Man hofft bis Ende ds. Mts. oder 1. Juni den Landtag vertagen zu können.

Uhr 35 Min. Nachts, Ankunft in Stuttgart Punkt 8 Uhr Morgens. Von diesen 24 Stunden sind noch 4 Stunden und 40 Min. für Rast und Er­holungszeit abzurechnen.

Heidenheim, 23. Mai. Der Besitzer der Steinheimer Tertiär­sandgrube, Pharion, hat nun, veranlaßt durch die trockene Witterung, die I Nachgrabungen nach den noch fehlenden Ueberresten des Mastodons wieder ausgenommen. Wie er gehofft, so fand er das bis jetzt noch fehlende Kreuz­bein, den andern Stoßzahn von 21 Zoll Länge und verschiedene andere Knochen, so daß er bis auf einige Rückgralwirbel das vollständige Masto­donskelett beisammen hat.

Aalen, 23. Mai. Im benachbarten Hofherrenweiler hat sich heute früh ein 60jähriger Mann erschossen. Wie man vernimmt, war derselbe auf heute vor das Amtsgericht vorgeladen.'

Bei hin gen, OA. Ludwigsburg, 23. Mai. Gestern Vormittag wurde die Leiche eines bis jetzt unbekannten, im mittleren Lebensalter stehen­den -Mannes aus dem Wasser gezogen. Die Kleidung des ertrunkenen Mannes ist eine ziemlich anständige, außer einem Spiegelchen und 36 Pf. Geld wurde nichts bei ihm vorgefunden, das auf seine Persönlichkeit rc. schließen läßt.

Heilbronn, 23. Mai. Der Postpraktikant I. Klaffe Gottfried

Fugmann von Dürrenzimmern, welcher bei dem hiesigen Postamte Dienste leistete hat sich des Betrugs, sowie der Urkundenfälschung im Amte schuldig gemacht und ist nun flüchtig. Fugmann wird bereits steckbrieflich verfolgt.

Hall, 22. Mai. Heute Nacht sank bei Vollmond die Temperatur nahezu bis auf den Gefrierpunkt. An manchen Orten gabs Reif. Insbe­sondere im Michelfelder Thal war ein starker Reif, der den Gartenpflanzen wehe gethan hat.

Tages - Neuigkeiten.

Stuttgart, 24. Mai. Se. Exz. der Hr. Staatsm. v. Hölder hat Dienstag Nachm. 4 Uhr das württ. Exportmusterlager mit einem Be­suche beehrt und hat bei etwa 3stündigem Aufenthalt die Ausstellung einer gründlichen Einsichtnahme unterzogen. Der Minister war geführt von OR.R. v. Gaupp, Vorstand der Zentralstelle für Gew. und H. und gleichzeitigem Vorsitzenden des Ausschusses des Exportmusterlagers; ebenso von dem Dir. Zilling. Nicht bloß die Ausstellung hat sich allmälig erweitert, so daß sie jetzt fast die ganze Querseite der Gallerte in Anspruch nimmt, sondern auch die Verwaltungslokalitäten. Das Zimmer links vom Eingang ist ebenfalls gemiethet worden, wohl auch, um es vor Uebergang in andere Hände zu schützen. Es ist zum hocheleganten Empfangszimmer eingerichtet worden, in welchem Dir. Zilling arbeitet; das ursprüngliche Lokal ist Bureau­zimmer; das Empfangszimmer, das von Gerson u. Weber eingerichtet wor­den, Ausstellungsraum; hier werden Möbel, Geräthe, Gemälde, Gardinen, Majoliken, Broncen u. s. w. in ihrer eleganten Anwendung gezeigt.

Eßlingen, 22. Mai. Leider beginnt die Blutlaus sich an unseren in höchster Blütenpracht stehenden Apfelbäumen zu zeigen. Das schneeige Weiß der Apfelblüten, welche von dem Insekt angegriffen sind, ver­wandelt sich in ein rostähnliches Braun, die betreffenden Bäume gewähren dadurch einen unerfreulichen Anblick.

Neuenbürg, 23. Mai. Heute sind es 100 Jahre seit der Ein­äscherung des größeren Theils der Stadt, wobei auch die Kirche und die öffentlichen Gebäude zum Opfer sielen. Die Erinnerung hieran entsprechend zu würdigen, fand heute ein feierlicher Dankgottesdienst statt, an dessen Schluß der Stadtvorstand eine aktenmäßig geschöpfte übersichtliche Darstellung der denkwürdigen Katastrophe gab.

Reutlingen, 22.'Mai. Heute früh 4 Uhr zeigte das Thermo­meter 0 Grad. Ein Reifen deckte die Fluren, Frühkartoffeln und Bohnen haben gelitten; ob auch Obst und Wein, kann bis jetzt nicht ermittelt werden.

Tuttlingen, 21. Mai. Vor einigen Tagen führte Postamtsassi­stent A. Hilbert von hier einen Schnell- und Dauerlauf aus, der seines Gleichen suchen dürfte. Die Tour, um welche es sich handelt, ist die von hier bis Stuttgart und beträgt dieselbe 121 Kilometer. Herr Hilbert mar- schirte um 8 Uhr Morgens hier ab, in Balingen Uhr, Tübingen 12

Handel Lr Verkehr.

Biberach, 23. Mai. Viehmarkt. Zufuhr über mittel, Han­del lebhaft, namentlich Jungvieh gesucht. Zufuhr 396 Stück, und zwar:

8 Zugochsen mit einem lebenden D.G. von 8001400 Pfd. und einem D.E. von 230410 157 fette und trächtige Kühe, D.G. 600IIOOPfd.

D.E. 170330 156 fette und trächtige Kalbeln, D.G. 5001000 Pfd.,

D.E. 180310 14 Farren, D.G. 3001200 Pfd., D.E. 100320

50 kleine Rinder und Saugkälber, D.G. 80300 Pfd., D.E. 34125 o/L Verkauft 378 Stück.

(Eingesandt.) Wie man hört, soll bei der Königl. Postdirektion eine Bittschrift der Gemeinde Gechingen um einen fahrenden Postboten, wie solche schon längst nach Deckenpfronn und Zwerenberg gehen, vorliegen und in Folge dessen bereits in Erwägung gezogen sein, ob nicht diesem Ge- i such unter Aufhebung des Deckenpfronner Wagens entsprochen werden zM

Daß sich die Deckenpfronner gegen eine solche Maßnahme wehren wer- s den, ist selbstverständlich; aber der Einsender dieses glaubt auch, daß es nicht minder Sache der CalweL Geschäftsleute ist, sich gegen dieses Projekt zu ver­wahren , denn hierdurch wäre, vym geschäftlichen Standpunkt aus, Decken- psroNn für Calw ganz verloren, weil für die alltäglichen Bedürfnisse

dann viel zu weit von Deckenpfronn entfernt wär^

Der Einsender dieses möchte den Gechingern bas Glück erstL? Fahrpoß gewiß von ganzem Herzen gönnen, aber daß dies cmf Deckenpfronn^' M demnächst auch Calwer Kosten geschehen soll, das ist doch nicht ganz gerecht, um so mehr, als ein absolutes Bedürfniß keineswegs vorliegt, da ja ein Fußbote den Brief- und Geldverkehr vermittelt und für Beschaffung der üb­rigen Bedürfnisse durch zwei tägliche Milchfuhrwerke mehr als genügend ge­sorgt wird.

Der Hauptzweck dieses ist die Frage anzuregen, ob nicht ein gemein­sames (nicht bloß vereinzeltes) Vorgehen der hiesigen Geschäftsleute in Ge­stalt einer Bittschrift mit genauer Schilderung der ganzen Verhältnisse an­gezeigt wäre, womit aber keineswegs dem Gechinger Wunsch nach einer Fahr­post entgegen gearbeitet werden soll, im Gegentheil könnte vielleicht gleich­zeitig die Errichtung einer Fahrpostlinie AlthengstettGechingen befürwortet werden.

über der Sophalehne, Hut und Handschuhe befanden sich auf Commode. Er saß, die Beine über einander geschlagen, nachlässig zurückgelehnt in der So- phaecke und stieß behaglich die Rauchwolken seiner Cigarre vor sich hin.

Da seid Ihr schon wieder, Liese, das hat sich bald gemacht!" redete er die Eintretende freundlich an."

Ich weiß jede Flasche im Dunkeln zu finden! ... ich bring Ihnen jede Sorte herauf . . . mitten in der Nacht! . . . Dies ist eine Flasche vom besten und ältesten Rothwein, den wir haben!"

Sie hatte inzwischen den Kork abgezogen und ließ nun den flüssigen Purpur in das Glas laufen.Warum habt Ihr nicht zwei Gläser gebracht Liese? Hätte gar gern mit Euch auf eine glückliche Zukunft, auf ein ge­deihliches Fortbestehen des braunen Ebers angestoßen."

Viel zu viel Ehre für mich alte Perfon! Nein, das erste Glas ge­hört dem Vater!"

Ich trink seine Gesundheit, Liese! Aber seid so gütig und kredenzt mir das Glas!"

Die Alte nippte von dem Wein.Ich Hab' Ihnen wirklich die beste Sorte vorgesetzt!" meinte sie treuherzig,allein ... ich weiß bei alledem nicht, ob ich Ihren Geschmack getroffen habe!"

Wein ist Wein," meinte der junge Mann und stürzte hastig das Glas hinunter,je älter und stärker, desto besser ist er."

Mein's auch," nickte Liese,Sie werden gut danach schlafen und das wünsch' ich Ihnen von Herzen!"

Sie hatte während dieser Worte die Gardinen von dem Himmelbett zurückgestreift und dasselbe in Ordnung gebracht. Nachdem sie ein Tischchen

herangerückt und den Stiefelknecht bereit gestellt hatte, verließ sie mit freund­lichemgute Nacht" das Zimmer.

Gäbe viel darum, wenn ich morgen früh die Empfangsceremonie mit ansehen könnt!" murmelte sie vor sich hin, während sie nach ihrem Dach­kämmerchen hinauf kletterte.Glaub's nicht, daß der Alte noch länger den Unversöhnlichen spielt. Er geht ja nun auch dem Grabe entgegen und m !

Thorschluß giebt man nach. Wenn's zu End' geht, da sieht man manches m i anderen Augen an ! ja, ja, ich weiß das an mir selbst!" damit begab sie sich zur Ruhe.

Martin war unterdessen in den Pferdestall gegangen. Derselbe be­stand aus einer größeren und einer kleineren Räumlichkeit. In der ersteren standen zwei wohlgenährte braune Rosse an der Krippe; in der letzteren be­fand sich ein Bett und eine Häckselmaschine. Das kleine, von Weinlaub umrangte Fenster ging auf den Garten hinaus, hinter welchem unmittelbar die düstere Tannenwaldung begann.

Der brave Martin schlief alsbald ein und träumte von einer soliden Dorfkneipe, der er als wohlerfahrener thatkräftiger Eigenthümer Vorstand. Plötzlich aber schreckte er auf. Es war ihm in seinem verworrenen Traume gewesen, als habe ein dumpfer Krach sein Ohr berührt.

Er beruhigte sich sogleich wieder, als er eines der Pferde nebenan mit den Hufen schlagen hörte. Behaglich dehnte er die schlaftrunkenen Glieder.

Da hallte ein Schuß durch die Nacht, ein zweiter, ein dritter es klang wie ein erstickter HülferUf. '

(Fortsetzung folgt.)