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England.

London, 28. Juni. In Alexandrien sind die Straßen verlassen, die Läden meistens geschlossen. Die Panik hat ihren Höhepunkt erreicht, nachdem der französische Consul den französischen Unterthanen gerathen hat, sofort abzureisen. Das Gerücht geht, Arabi Pascha wolle Engländer als Geißeln zurückhalten. In Folge davon sind säinmtliche sich hier aufhaltende Engländer ausgenommen die Consuln, die Zeitungscorrespondenten und das Personal der Ottomanischen Bank auf die Schiffe geflüchtet. Ein türkischer Avisodampfer mit neuen Instruktionen für Derwisch und weiteren Ordres wird erwartet. Arabi soll morgen hierher zurückkehren. F. Ztg.

29. Juni. Aus Alexandrien vom 28. Juni meldet derStandard"- Correspondent, die Gerüchte von Vorbereitungen zur Zerstörung des Suez- Kanals seien meist unwahr. Truppen aus Alexandrien würden Ordnung halten, bis sie zum Widerstande gegen die Invasion berufen würden. Erst dann sei eine wirkliche Gefahr, zu deren Abwendung die Flotte fähig sein sollte.Morning Post" meldet: Deutschland rieth der Pforte, angesichts des wahrscheinlichen Conferenzresultats, die unverzügliche Vorbereitung einer Militär-Expedition nach Egypten. ' F. Ztg.

Aegypten.

Alexandrien, 28. Juni. Meldung desReuterffchen Bureaus": Der englische Vize-Konsul Calvert hat demissionirt. Der den Konsulatsdienst versehende Beamte begab sich gestern zu den englischen Einwohnern und em­pfahl denjenigen, welche in Alexandrien verbleiben wollen, Wohnung in den Burdaus der Eastern Telegraphen-Compagnie zu nehmen; man könne jeden Augenblick aus Konstantinopel Nachricht erwarten, welche, gleichviel ob wahr oder falsch, neueUnruhen in der Bevölkerungverursachen könnten. Der Khedive ist an einem leichten Fieber erkrankt.

Amerika.

Washington, 24. Juni. Das Kabinet hat die an den Präsiden­ten gerichteten Bittschriften von Irrenärzten und Experten, welche dahingehen, die Hinrichtung Guiteau's zu verschieben und eine Kommission zur Untersuch­ung des Geisteszustandes des Delinquenten niederzusetzen zwar in Erwägung gezogen, hat aber in einer heute abgehaltenen Spezialsitzung es abgelehnt, einen Aufschub der Hinrichtung zu bewilligen. Der Fall war der Begutach­tung des Justizministers unterbreitet, welcher dem Kabinet berichtete, daß während des Prozesses zur Genüge festgestellt worden, daß Guiteau vollkom­men bei gesundem Verstände sei.

Tages Iteuigkeiten.

b. Ueber eine Anzahl Teinacher Badgäste werden die Röthenbacher ernstlich böse sein. Diese fuhren in 2 Wagen am letzten Mittwoch Abend durch Röthenbach den Bewohnern zurufend, sie möchten rasch den Oberreichenbachern zur Hilfe eilen, da es dort brenne; ohne Säuinen wurde denn auch die Spritze flott gemacht und ein Feuerreiter zur Recognoscirung abgesandt, der dann mit der erfreulichen Nachricht zurückkehrte, daß es aller­dings dort brenne, daß jedoch einige Einwohner der Nachbargemeinde ihre Felder kohlen.

Stuttgart, 29. Juni. I. M. die Königin, sowie I. K. H. Frau Herzogin Vera mit ihren beiden kleinen Töchtern gedenken sich am Samstag Vormittag mittelst Extrazuges von Cannstatt aus nach Friedrichs - Hafen zu gegeben. I. M. die Königin wird mit den beiden kleinen Prin­zessinnen dort längeren Aufenthalt nehmen, Frau Herzogin Vera aber nach kurzem Aufenthalt sich zum Kurgebrauch nach St. Moritz begeben.

Bei einem am Montag in Eßlingen stattgehabten Zwangsver­kauf wurde aus einer gepfändeten silbernen Tabaksdose und einer silbernen Uhrkette im Gesammt - Taxwerth von 15 die enorme Summe von 1920 erlöst und baar erlegt. Man sieht, das Geld in Eßlingen ist noch nicht alle! In Weh in gen, OA. Spaichingen, sah man dieser Tage einen jungen Mann, der auf einem Velocipede mit der Haue aufs Kartoffelfeld fuhr. Der betreffende junge Mann hat ein solches Vehikel auf der Landes - ausstellung gesehen, die Konstruktion näher studirt und mit Hilfe eines Schmieds seines Heimathsorts ein solches Fahrzeug bauen lassen.

Psalz grafenweiler, 25. Juni. Der Landtagsabgeordnete des Bezirks, Staatsrath v. Bitzer, hat heute, nachdem er zuvor Baiersbronn

und Freudenstadt besucht, auch hier seinen Wählern über seine Thätigkeit in der zu Ende gehenden Landtagsperiode Bericht erstattet. Er begann mit der Versicherung, daß es ihm wirklich Bedürfniß gewesen sei, wieder in seinen Bezirk zu kommen und über die darin herrschende Stimmung sich zu unter­richten. In reichlich einstündiger Rede von gewohnter Klarheit und Frische gab der Herr Abgeordnete ein Bild der ihrem Ende nahen Landtagsperiode. Auch demjenigen, der seiner Zeit den Verhandlungen des Landtags ins Ein­zelne folgte, bot die Rede neue Seiten und Einblicke in die schwierige und vertrauensvolle Aufgabe der Kammer. Die aus etwa 100 Männern besteh­ende Versammlung sprach dem Abgeordneten durch den Mund des Pfarrers Majer ihren Dank aus für seine Wirksamkeit in der Kammer und für die Freundlichkeit, womit er stets bereit gewesen sei, der Jnterssen des Be­zirks und mancher Einzelner, die sich an ihn gewendet haben, sich anzunehmen; er verdient, das war der allgemeine Eindruck, völlig das Vertrauen, womit ihm der Bezirk bisher entgegengekommen ist.

Welzheim, 28. Juni. Die Heuernte ist bei uns in voller» Gang und fällt gut aus, die Früchte versprechen ebenfalls Günstiges, nur dürfte jetzt endlich anhaltend trockene und gute Witterung eintreten, da die heftigen Regen der letzten Tage die überaus üppigen Halmfrüchte, besonders die Winterfrüchte, total auf den Boden gelegt. Flachs wird dieses Jahr sehr rar und nicht schön, er blieb in Folge der früher angehalienen Kälte und Nüsse sehr zurück und wird sich wohl schwerlich mehr erholen, dagegen gibt es bei uns auf der Höhe ziemlich Obst, Aepfel und Birnen, im Thal dagegen rechnen sie nur auf Birnen, Aepfel sollen ganz fehlen. Unsere Fluren blieben vom Hagelschlag vollständig verschont, so daß wir im Ganzen genommen einem guten Jahrgang entgegensehen dürfen. Unsere vorzügliche reine Luft und die herrlichen Tannenwälder ziehen von Jahr zu Jahr mehr fremde Gäste herbei, so daß Welzheim als passender Luftkurort wohl der besonderen Erwähnung werth ist.

Bieringen bei Horb, 27. Juni. Nachdem wir seit 4 Tagen eine Hitze gehabt hatten, welche sogar das Athmen erschwerte, zog sich gestern Mittags einGewitter über dem Neckarthal zusammen, welches besonders unsere Landwirthe mit Besorgniß erfüllte. Es wurde fast eine Stunde durch östliche Luftströmung hingehalten und während dieser langen Zeit zuckten un­unterbrochen Blitze aus den aschgrauen, hagelschwangeren Wolken, das tau­sendfache Geknatter hatte Ähnlichkeit mit Gewehrsalven und wurde hie und da durch einen weithinschallenden Donner der oberen Regionen übertönt. Endlich brachen sich die Wolkenmassen Bahn und das Gewitter wälzte sich thalabwärts, da erbebte auf einmal der Boden und eine Feuergarbe hatte sich in die Fluthen des Neckars gesenkt, welche die vom Bahnhof aus zusehen­den Passagiere blendete; der Blitz hatte aber auch in den hiesigen Telegraphen­apparat geschlagen, wurde indeß durch die Blitzplatte abgeleitet, ohne Schaden anzurichten und nur die Läutewerke von hier bis Eyach schlugen an. Statt des Hagels, der bei längeren: Stehen des Gewitters mit Recht befürchtet wurde, folgte nun eine Menge Regen, der die Temperatur angenehm abgekühlt, hat.

Aalen, 27. Juni. Gestern hielt der württembergische thierärztliche Landesverein seine 39. ordentliche Plenarversammlung hier ab. Es stand u. A. zur Besprechung auf der Tagesordnung die Räude der Pferde und Schafe. Nach dem neuen Seuchengesetz (resp. nach dem hiezu gehörigen württemb. Ausführungsgesetz) müssen raudekranke Pferde und Schafe dem Heilverfahren eines approbirten Thierarztes unterworfen werden. Die bis jetzt am besten bewährten Kurmethoden wurden eingehend besprochen, und die praktischen Erfahrungen gegenseitig mitgetheilt und näher erörtert. So­dann wurde durch Stadtdirektions - Thierarzt Saur von Stuttgart ein interessanter Vortrag über die Gewinnung animaler Lymphe zum Zwecke der Impfung von Menschen gehalten. Seit 1878 hat Herr Saur eine verhält- nißmäßig große Anzahl von eigens hiezu gehaltenen, gut gepflegten, gesunden, jungen Rindviehstücken mit bestem Erfolg geimpft; der diesen Thieren ent­nommene Impfstoff wird jedoch erst dann bei Menschen angewendet, wenn das betreffende Thier bei dessen hierauf alsbald erfolgter Äbschlachtung als vollständig gesund befunden worden ist. Ein weiterer Gegenstand der Be­sprechung war die Identität der Tuberkulose des Menschen mit der des Rindviehes. Die Verhandlungen dauerten über vier Stunden. Nach ein­genommenen: heiteren Mittagsmahle begaben sich die Theilnehmer zur Be­sichtigung des K. Hüttenwerkes nach Wasseralfingen.

Ich muß zuerst Blount Aymar und dann seinen Anwalt sprechen. Ich hoffe, daß ich sie in Stand setzen werde, die Sache aus einem anderen Gesichtspunkte zu betrachten. Juda Murdock's Verfolgung und Ford's Manie dürfen nicht außer Acht gelassen werden, und wer weiß, ob nicht Alles von Anfang bis Ende ein angelegtes Eomplott ist? Der Hut, die Gebeine alles klebrige kann vielleicht in: Voraus von Juda Murdock selbst hingelegt worden sein, in der Absicht, es später auszugraben. Auf diese Weise kann es be­wiesen werden, daß Juda Murdoä hinreichenden Grund hatte, einen solchen Plan zu versuchen, und hinreichende Bosheit, ihn auszuführen. Sein späteres Verfahren wird dies deutlich zeigen. Er mag einige Dinge gefunden haben, die an einen: geeigneten Ort vergraben werden konnten, und die er dann mit des alten Mannes Hülfe ans Tageslicht förderte. Der halb irrsinnige Alte mußte sogleich glauben, daß sie seiner Tochter angehörten, und so wurde dies für hinreichend gehalten.

Aber, Vater, sagte Leila traurig. Juda Murdock hat andere Beweise Papiere, Briefe, z. B.

Es kann sich Herausstellen, daß sie gefälscht worden, Murdock muß ihre Echtheit beweisen, und das, denke ich, wird ihm schwer fallen.

Aber angenommen, das dies Alles geschieht, und der Beweis gegen Blount Aymar ausfällt?

Nun in dem Falle, sagte der Richter, mit einem bedeutungsvollen Blick, müssen wir ein anderes Mittel versuchen.

Hast Du denn noch eins in Aussicht?

Ja.

Und welches?

Das kann ich Dir noch nicht sagen, Leila.

Dann will ich mich in Geduld fügen. Aber von welchem Plane er­wartest Du am meisten?

Sie sind beide gleich gut. Aber wenn der erste mißlingt, wird der letztere von Erfolg sein.

Du glaubst also, daß Blount gerettet ist?

Ich möchte es nicht mit Bestimmtheit sagen.

Gefahr ist noch immer?

Natürlich.

O, wie gespannt werde ich auf Nachrichten aus Walton warten!

Nein, das wirst Du nicht, mein Kind.

Wieso nicht?

Weil Du in Walton sein wirst.

Was? rief Leila in unaussprechlicher Freude und Verwunderung.

Du bist so bleich und elend, mein armes Kind, daß ich es nicht über mein Herz bringen kann, Dich hier zu lassen. Eine Luftveränderung wird Dir gut sein. Die Seereise wird Dir Dein blühendes Aussehen wieder verschaffen. Du sollst mich begleiten.

Ehe noch der Richter seine Worte beendet, lag Leila vor Freude schluch­zend an seiner Brust.

Aber komm, beeile Dich, sagte er. Wir haben keine Zeit zu verlieren. Packe schnell Deinen Koffer, damit wir das Schiff nicht verfehlen.

Leila sprang mit einen: Anflug ihrer früheren Lebhaftigkeit und Munterkeit davon.

(Fortsetzung folgt.)