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Samstag, den 6. Mai 1882.
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Politische Nachrichten
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Deutsches Reich.
— Tie bayrische A b st i m m u n g über das Tabakmonopol im Bundesrath geht dahin: „daß die k. bayrische Regierung mit dem Gedanken einer weiteren Entwicklung des Systems der indirekten Besteuerung im Reich und insbesondere auch mit der stärkeren Heranziehung des Tabaks vollkommen einverstanden sei, sich aber durch die zur Zeit vorliegenden Anhaltspunkte nicht überzeugen könne, daß das Monopol zu dem gewünschten finanziellen Ergebnisse führen werde. Sie glaube deshalb dermalen einer Steuerreform, durch welche sich höhere Erträgnisse aus dem Tabak ohne tiefgreifende volkswirthschaftliche Rückwirkungen erzielen lassen, den Vorzug geben zu sollen." Sachsen stimmt im Hinblick auf die schweren volkswirthschaft- lichen und sozialen Bedenken dagegen. Baden, Hessen, Oldenburg, Reuß j. L. betonen hauptsächlich die Schädigung der ausgebreiteten Tabakindustrie in ihren Ländern durch Einführung des Monopols. Bremen läßt ausdrücklich erklären, „daß die Einführung des Reichstabakmonopols nothwendiger- weise den wirthschaftlichen und finanziellen Ruin des Bundesstaats Bremen herbeiführen würde. Es sei allgeniein bekannt, daß die Bedeutung Breinens als einer Handels- mW Seestadt mit dem daselbst zusammenlaufenden großartigen Tabakgeschäft so eng und unauflöslich verknüpft sei, daß die Zerstörung dieses wesentlich auf der Versorgung Deutschlands beruhenden, mit dem Bestehen eines Reichsmonopols unvereinbaren Geschäftszweigs die Grundlagen des Bestandes des gesammten bremischen Handels in verhängnißvoller Weise erschüttern müßte. Der Senat bitte daher, diesem Momente das gebührende Gewicht beizulegen. Württemberg, Sachsen-Weimar und Braunschweig erklären ausdrücklich, daß die Finanzlage des Reichs und der Einzelstanten dringend einer Einnahineverinehrnng bedürfe und das Tabakmonopol der geeignetste Weg dazu sei. Sachsen-Weimar verkennt nicht die Schädigung der Tabakindustrie, verlangt aber, daß das Bedenken vor den augenscheinlichen Bedürfnissen des Reichs zurücktrete, zumal da die Einführung mit besonderer Schonung der vorhandenen Industriellen erfolgen soll.
— Das Berl. Tagebl. bespricht die Thatsache, daß die Zahl der Petitionen, welche bisher beim Reichstag gegen das Tabakmono- p o l eingegangen sind, durchaus nicht so groß sei, wie man vermuthen sollte. Das Blatt sucht das für die Monopolgegner Befremdliche dieser Thatsache wegzndisputiren. Die Thatsache selbst bleibt aber stehen. — Wie der Rat. Z. berichtet wird, soll vorn Präsidenten für nächsten Montag die 1. Lesung der T ab a k m o n o p o l v o r l a ge auf die Tagesor dnung des Reichs- tags gestellt werden. 6 Berathungstage seien hiefür in Aussicht genommen.
Ai u s; l a u d.
Petersburg, 27. April. Die hier versammelten Vertreter der russischen Jude n haben gestern Abend Sitzung gehalten, worin folgende Beschlüsse gefaßt wurden: 1) den Gedanken an eine allgemeine Auswanderung der Juden aus Rußland zu verwerfen; 2) als einziges Mittel, den Verfolgungen und Unordnungen ein- für allemal ein Ende zu machen, wird anerkannt, die Ausnahmegesetze für die Juden seien entgiltig aufzuheben': 3) die Unthätigkeit und Lässigkeit der Regierungsorgane gegenüber den Plünderern und Quälern der Juden ist seftgestellt, deßhalb soll (4 an die Regierung das Gesuch gestellt werden, daß sie Mittel und Wege ausfindig mache, die von den Räubern geschädigten Juden zu entschädigen.
Tages Neuigkeiten.
S t u t t g a r t,- 4. Mai. Gestern Abend kurz vor 6 Uhr ist an einem Neubau in der Kriegsbergstraße, welches die Herren Werkmeister Joos für die HH. Kausleute Böhringer und Geyer erstellen, ein schweres Unglück vorgekommen; es wurde nämlich mittelst einer auf einem Schnurgerüst befindlichen Maschine durch 4 Arbeiter, welche die Maschine bedienten, ein schwerer Stein aufgezogen, bei der Schwenkung des Krahnen mit dem Stein nach demjenigen Platz, wohin der Stein zu stehen kommen sollte, überstürzte die Maschine und fiel mit 2 der Arbeiter vom Gerüst auf die Straße herunter; einer der Arbeiter, Jochs. Kromer, Taglöhner, verh., 50 Jahre alt,
von Balzholz, O.A. Nürtingen, war sofort todt, und Johs. Wiedniann, 2t Jahre alt, led., von Gniebel O.A. Tübingen, ist lebensgefährlich verletzt.
Ludwigsburg, 2. Mai. Die Beisetzung Ihrer Kön. Hoheit der Frau Prinzessin Wilhelm von Württemberg, geb. Prinzessin zu Waldeck und Pyrmont, fand heute Nachmittag von 5 Uhr an gemäß den getroffenen Bestimmungen statt. Vor der Villa stand eine Ehrenkompagnie vom 3. Regiment; etwas herwärts gegen die Stadt eine Eskadron gelbe Ulanen mit umflorter Standarte und der Regimentsmusik; auf der Seite gegen Eglosheim hielt eine Eskadron weißer Dragoner; am Friedhof stand eine Kompagnie des 4. Regiments. Die Truppen waren im Parade-Anzug. Von der Villa bis zum Friedhof, ein Weg von etwa 2 üm, bildete die Garnison Spalier. Die Ordnung war trotz des ungeheuren Menschendranges eine musterhafte. In einem Zimmer der Villa war der Sarg auf einem Katafalk aufgebahrt. Nachdem die Trauernden sich versammelt hatten, traten Ihre Kön. Hoheiten der Prinz Wilhelm und die Prinzessin Friedrich, begleitet von dem Adjutanten Frhrn. v. Röder und der Hofdame Gräfin Uxkull, sowie Ihre Durchl. der Fürst und der Erbprinz zu Waldeck und Pyrmont herein. Der Geistliche, Garnisonsprediger Schweizer, sprach über dem Sarge ein Gebet, und segnete die Verblichene zum letzten Gang ein. Der Abschied des beklagenswertsten Prinzen von der geliebten Gemahlin und Mutter seines verwaisten Kindes war tief ergreifend. Die Dienerschaft des Hauses, welche den Schmerz über den Verlust ihrer gütigen Herrin nicht bemeistern konnte, trug den Sarg zu dem reich geschmückten Königlichen Leichenwagen, der mit 6 Rappen in Trauergeschirr bespannt war. Schwarzgekleidete Reitknechte mit schwarzen und silbernen Schärpen führten die Pferde, Diener mit Palmzweigen gingen neben dem Wagen her; die weibliche Dienerschaft folgte mit Kränzen. Unter den Klängen des Beethoven'schcn Trauerinarsches setzte sich der Zug, an dessen Spitze die Ulanen-Eskradron ritt, in der gestern angegebenen Ordnung in Bewegung. Am Friedhose angekommeu wurde der Sarg von der Musik des Artillerie-Regiments empfangen und von der Dienerschaft zu dem Grab getragen, welches dem Wunsch des Prinzen Wilhelm gemäß der Verewigten als letzte Ruhestätte dienen soll. Es ist unmittelbar neben der mit einem Marmorkreuz geschmückten Grabstätte des verewigten Prinzen Ulrich und die Verblichene soll sich selbst diese Ruhestätte neben ihrem geliebten Kinde auserwählt haben. Die Gruft ist durch die Sorge der Gemeinde Ludwigsburg ausgemauert, und aufs schönste sammt der ganzen Umgebung dekorirt; die dazu nothwendigen Blumen und Gewächse kamen zum großen Theil von den königlichen Gärten der Wilhelm« und Villa. Das Grab der geliebten Prinzessin war zu einem Blumengarten gemacht, Palmen, Rhododondren, Azaleen, Lorbeerbäume umgaben dasselbe, und ausgeschlagen und überdeckt war es von den Zweigen der immergrünen Tanne, als wollte die Liebe damit die Schauer des Grabes verhüllen. Ter Gesang eines gemischten Chors: „Mag auch die Liebe weinen" leitete den Trauerakt ein. Sodann hielt Herr Oberhosprediger Prälat Dr. v. Gerok die Grabrede, die einen tiefen Eindruck hinterließ und die wir im Nachfolgenden wiedergeben:
Gnade sei mit uns, und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesu Christo; Gnade und Friede mit unserer theuren V o ll en d eten vor dem Gnadcnthron Gottes, im Lande des ewigen Friedens; Gnade und Friede mit ihren trauernden Angehörigen und uns Allen von dem Vater aller Gnade und Gott des Friedens, der Wunden schlüget, aber auch verbindet, Lasten auflegt, aber auch tragen hilft denen, die sich zu ihm halten! Amen.
„Kommt, wir wollen wieder zum Herrn, denn Er hat uns zerrissen, Er wird uns auch verbinden." Dies heilige Prophetenmort (Hosea 6, 1.), in dem Herrn geliebte Leidtragende, ruft uns in dieser Trauerstunde dorthin, wo allein Trost und Kraft zu finden ist in den "Röthen des Lebens und bei den Schrecken des Todes; es ruft uns vor das Angesicht unseres Gottes und heißt uns niederfallen mit unserem Leid zu den Füßen des Allmächtigen und Allbarmherzigen, der in der Höhe und im Heiligthum wohnt, aber in Gnaden sich herniederneigt zu Denen, die zerschlagenen und demüthigen Geistes sind, auf daß er erquicke den Geist der Gedemüthigten und das Herz der Zerschlagenen (Jes. 57, 15). Ja, der Herr hat uns zerrissen und verwundet bis ins Herz. Er hat uns zerschlagen und gebeugt bis in den Staub. Die holde Fürstin, die wie ein freundlicher Stern vor fünf Jahren unserem Land aufgegangen war, strahlend von Herzensgüte wie von jugendlicher Anmuth, sie ist in der Blüthe ihrer Jugend, im noch nicht vollendeten 25. Lebensjahr plötzlich wie vom Sturm hinmeggerafft, dahingesunken in die Nacht des Todes. Das schöne Band einer von inniger Herzensneigung geschloffenen, durch innige Herzensneigung von Tag zu Tag beglückten Ehe — es ist nach so kurzer Tauer zerrissen. Das fürstliche Haus in dieser Stadt, unter dessen bescheidenem Dach Liebe und Friede, stilles Glück